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Pilzleder könnte schon bald die Pferdewelt erobern
12.07.2021 / News

Das vegane Pilzleder kann nun in industriellem Maßstab in Bioreaktoren fermentiert und als Meterware hergestellt werden, und zwar in einer Geschwindigkeit von 1 m pro Minute.
Das vegane Pilzleder kann nun in industriellem Maßstab in Bioreaktoren fermentiert und als Meterware hergestellt werden, und zwar in einer Geschwindigkeit von 1 m pro Minute. / Foto: VTT Research
Das neue Pilzleder kann eingefärbt und gemustert werden – der individuellen Gestaltung sind damit keine Grenzen gesetzt.
Das neue Pilzleder kann eingefärbt und gemustert werden – der individuellen Gestaltung sind damit keine Grenzen gesetzt. / Foto: VTT Research

Sättel, Stiefel und sonstiges Pferde-Zubehör aus tierischem Leder war jahrtausendelang unersetzbar und alternativlos – doch das klassische Material gerät immer stärker unter Druck. Nun hat ein finnisches Forschungsinstitut eine faszinierende Alternative zur Produktionsreife gebracht – nämlich veganes Leder aus Pilzgeflecht (Mycelium).

 

Seit vielen Jahren forschen Unternehmen auf der ganzen Welt nach tier- und umweltfreundlichen Alternativen zum traditionellen gegerbten Leder aus Tierhaut – und sind dabei schon erstaunlich weit gekommen: So hat vor kurzem das in Kalifornien angesiedelte Start-Up ,MycoWorks’ für Aufsehen gesorgt, weil das weltberühmte Luxus-Label Hermès eine Reisetasche aus Pilzleder in sein Programm aufgenommen hat, das in mehrjähriger Zusammenarbeit zwischen Hermes und MycoWorks entwickelt worden war. Nachdem Hermès auch für sein exklusives Reitsport-Zubehör bekannt ist, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sich auch die ersten Sättel und Stiefel aus dem hochwertigen Pilzleder im Sortiment finden.

Und damit dürfte Hermès nicht allein bleiben – denn weltweit sind die Fortschritte auf dem Gebiet des pflanzlichen bzw. veganen Leders enorm: So hat vor kurzem das finnische Forschungszentrum VTT eine Technologie vorgestellt, welche die industrielle Herstellung von Pilzleder auf Mycelium-Basis als Meterware ermöglicht, und zwar in einer Geschwindigkeit von 1 m pro Minute.

Während die klassische Leder- und auch Kunstlederproduktion aufgrund der ressourcenintensiven Prozesse und der gefährlichen Chemikalien, die bei der Herstellung verwendet werden, große negative Auswirkungen auf die Umwelt hat, handelt es sich bei Mycelium (= Pilzgeflecht) um einen 100 % biologischen Rohstoff, der nachhaltig zu einem lederähnlichen Materialien verarbeitet werden kann. Bisher war die Erhöhung des Produktionsvolumens mit den derzeitigen Methoden eine Herausforderung, da die Myzelkultivierung in einer ebenen zweidimensionalen Form mit begrenzter Größe stattfindet.

Die zum Patent angemeldete Technologie des VTT Technical Research Center of Finland zur Herstellung alternativer Pilzleder-Materialien basiert auf dem Wachstum von Pilzgeflecht in normalen Bioreaktoren. Die Vorteile dieses Ansatzes bestehen darin, dass die Flüssigfermentation in Bioreaktoren leicht auf den kommerziellen Maßstab skalierbar ist und eine ähnliche Fermentationstechnologie bereits verbreitet in der Lebensmittel-, Chemie- und Pharmaindustrie eingesetzt wird.

Der von VTT entwickelte Filmherstellungsprozess ermöglicht eine kontinuierliche Produktion von Myzel-Lederalternativen unter Verwendung der Pilotanlagen von VTT. Die großen Vorteile dieser Herstellungsmethode sind gleichbleibende Qualität, wettbewerbsfähige Produktionspreise und reduzierte Restmengen, auch Größenbeschränkungen sind damit künftig kein Problem mehr. Erste Produktanwendungen für das Material könnten beispielsweise Accessoires, Schuhe und Bekleidung sein – doch auch einer Verwendung für Sättel und sonstiges Reitsport-Zubehör steht grundsätzlich nichts im Wege.

Pilzleder hat gegenüber den üblichen kunstoffbasierten veganen Alternativen erhebliche Vorteile: Es kann die Feuchtigkeit der Haut aufnehmen, ist dabei atmungsaktiv und wasserabweisend – so wie tierisches Leder, jedoch ohne dass dafür ein Tier sterben müsste. Auch die meist hochgradig umweltschädigende Ver- und Bearbeitung des Leders – von der Gerbung bis zur Färberei, die in der Regel unter erheblichem Chemikalien-Einsatz abläuft – entfällt zur Gänze, von den oftmals schändlichen Arbeitsbedingungen in den ausgelagerten Gerbereien im Globalen Süden, viele davon in Bangladesch, ganz zu schweigen.

Kein Wunder also, dass man beim finnischen Pilzleder-Hersteller vollauf von den Vorzügen des neuen Produkts überzeugt ist – und an seine Zukunft glaubt. Wie Géza Szilvay, Senior Scientist von VTT, bestätigte, habe das Material nicht nur ein ledriges Aussehen und Gefühl, sondern es sei ebenso stark und belastbar wie tierisches Leder. „Außerdem bietet es die Möglichkeit, eingefärbt und gemustert zu werden, und es enthält keine Träger- oder Trägermaterialien.“

Das VTT-Team arbeitet nun daran, die Reißfestigkeit und Abriebfestigkeit durch biobasierte Ansätze zu verbessern. Die von Business Finland finanzierte Arbeit von VTT soll zu einer schnelleren Verfügbarkeit von Pilzleder-Alternativen auf dem Markt beitragen.

Dem Durchbruch für dieses neue, faszinierende Material ist man mit der neuen Produktions-Technologie jedenfalls einen bedeutenden Schritt nähergekommen, wie auch dieses Video von VTT zeigt …

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(YouTube)

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