Gestern Nachmittag brach ein Fiakerpferd am Wiener Ring zusammen und verstarb – nach ersten Erhebungen dürfte ein Aortenriss die Todesursache gewesen sein.
Der Tod eines Fiakerpferdes am gestrigen Freitagnachmittag (28. Mai 2021) dürfte wohl auf einen Aortenabriss zurückzuführen sein – davon geht jedenfalls Fiaker-Sprecherin Ursula Chytracek aus, wie sie gegenüber der Tageszeitung ,Kurier' bestätigt. Das Pferd war am Ring plötzlich zusammengebrochen und verstorben, auch eine sofort alarmierte Tierärztin konnte nicht mehr helfen. Die Wiener Feuerwehr hat bestätigt, dass es zu keinem Zusammenstoß mit anderen Verkehrsteilnahmern oder einer sonstigen Kollission gekommen war – das Tier sei ohne jegliche Fremdeinwirkung gestorben.
Das Pferd wurde nach dem Zwischenfall – der unter Passante für erhebliches Aufsehen sorgte – abgedeckt. Nach der Freigabe durch die herbeigerufene Tierärztin wurde das Pferd von der Wiener Feuerwehr mit einem Spezial-Anhänger abtransportiert. Es wurde zum Veterinäramt (MA 60) überstellt und soll nun genauer untersucht werden, um die Todesursache zu ermitteln.
Für die Tierschutzorganisation VGT war der Vorfall Anlass, einmal mehr ein Verbot der Fiaker in Wien zu fordern: VGT-Fiaker-Kampagnenleiter Georg Prinz zeigt sich entsetzt: „Wir sind unglaublich betroffen über diesen tragischen Unfall. Er zeigt wieder mal – eine Großstadt wie Wien ist ein lebensgefährlicher Orte für ein Tier wie ein Pferd. Wir fordern Tierschutzstadtrat Jürgen Czernohorsky und Verkehrsstadträtin Ulli Sima auf, endlich zu handeln, bevor noch weitere Pferde an dieser längst veralteten Tradition zugrunde gehen müssen. Der VGT fordert eine lückenlose und transparente Aufklärung des Falles. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, woran das Pferd gestorben ist."
Gänzlich anders reagierte naturgemäß das betroffene Fiaker-Unternehmen Paul, bei dem Pferd Nelson seinen Dienst leistete. In einem emotionalen Facebook-Posting zeigte man sich über den Verlust schockiert und tiefbetroffen und verabschiedete sich mit rührenden Worten, die in der Community große Anteilnahme und Zustimmung fanden: „Trauer ist kein Ausdruck...unerwartet wurde unser geliebter „Bomber“ Nelson heute Nachmittag aus dem Leben gerissen. Wir sind immer noch fassungslos. Laut Amtstierarzt war es ein Riss in der Aorta, direkt vor dem Burgtheater. Schirch zum ansehen & auch in den Medien macht es keinen guten Eindruck. Doch bei all dem, noch viel tiefer sitzt der Schmerz. Vor allem seine langjährigen Kutscher Pietko & Miki stehen immer noch unter Schock. Wir wissen nicht, was wir noch sagen sollen. Es ist als wäre ein Teil von uns gegangen. Nelson du warst ein Pferd, wie man es sich nur vorstellen kann. Gutmütig, ein großes Herz, ein einzigartiger Charakter, so kräftig & voller Ausstrahlung. Ruhe in Frieden.“
Aortenriss – der gefürchtete Sekundentod bei Pferden
Ein Aortenriss kann jedes Pferd treffen, wie viele Beispiele in der Vergangenheit zeigen: Erst vor wenigen Wochen war das Pferd Rock’n Rose von Mannschafts-Olympiasiegerin Dorothee Schneider bei einer Siegerehrung währedn der Pforzheimer Dressurtage zusammengebrochen und verstorben – auch hier wurde als Todesursache ein Aortenriss vermutet und in der Folge auch bestätigt. Die Aorta ist die Hauptschlagader, die das Blut vom Herz weg in die Organe und Gliedmaßen leitet – dort, wo sie der höchsten Belastung ausgesetzt ist, nämlich in unmittelbarer Nähe des Herzens, kann sie reißen oder platzen.
Eine definitive Ursache bzw. Auslöser für einen derartigen Aortenabriss gibt es in den meisten Fällen nicht. In der Regel sind Gefäße betroffen, die nahe am Herzen liegen und nicht so robust sind wie andere Arterien. Kommt es z. B. nach einem Pferderennen oder einem anspruchsvollen Springparcours beim Pferd zu einem drastischen Anstieg des Blutdrucks, können diese Gefäße dem Druck nicht standhalten – und es kommt zur tödlichen Ruptur der betroffenen Arterie.
Man kann lt. Experten beim derzeitigen Wissensstand davon ausgehen, dass es beim Aorta-Abriss bei Pferden zwar eine Korrelation zwischen dem Blutdruckanstieg und der Ruptur der Hauptschlagader gibt. Das heißt aber nicht zwingend, dass nur Pferde in leistungsgeprägten Sportarten wie Springen, Vielseitigkeit (vor allem Geländeritte) oder Pferderennen einen Aortenabriss bekommen können: Es trifft auch Freizeitpferde. Ein intensiver Ausritt mit langen, schnellen Galoppphasen kann bei einem Pferd, das für gewöhnlich 23 Stunden in der Box steht und normalerweise nur leicht geritten wird, ebenfalls zu einem Aortariss führen. Man hat auch schon Fällen gehört, in denen Pferde einfach tot auf der Koppel gefunden wurden und man dieselbe Todesursache vermutet – obduziert wird hier aber im Normalfall nicht.
Eine wichtige Rolle beim Phänomen Aortariss scheinen Vorbelastungen zu spielen: Gefäße können aus diversen Gründen (z.B. Wurmbefall, stumpfes Trauma, sonstige Vorschädigungen etc.) schon vor einem Blutdruckanstieg Schädigungen in kleinerem Ausmaß haben. Das erhöht das Risiko für einen Abriss des Gefäßes um ein Vielfaches. Der plötzliche Blutdruckanstieg wäre dann zwar der Anlass bzw. der Auslöser des Aorta-Abrisses, aber eben nicht die eigentliche Ursache. Im Übrigen gibt es derartige Fälle auch beim Menschen – man erinnere sich nur an den Fall der damaligen Innenministerin Österreichs Liese Prokop, einer ehemaligen Leistungssportlerin, die am Silvesterabend 2006 plötzlich zusammenbrach und noch auf dem Weg ins Krankenhaus verstarb. Die Todesursache: eine geplatzte Hauptschlagader in der Nähe des Herzens.
Wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Phänomen sind rar – es kann im Grunde jedes Pferd treffen. Es gibt auch keine Hinweise, dass sich die Gesamtzahl der Fälle gegenüber früher drastisch erhöht hätte. Für die unterschiedliche Wahrnehmung sorgen im Wesentlichen die Medien, die spektakuläre Fälle von berühmten Sportpferden wie des Hengstes Hickstead 2011 natürlich ausführlich berichten und ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit bringen. Der Tod eines normalen Freizeitpferdes auf der Koppel wird von der Öffentlichkeit hingegen kaum wahrgenommen.. Was aber nicht heißt, dass es solche Fälle nicht gibt – vielleicht sogar öfter, als man ahnt …