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Aortenrissen bei Pferden auf der Spur: Risiko steigt mit dem Alter
13.07.2021 / News

Die belgischen Wissenschaftler untersuchten die mikroskopischen und biomechanischen Eigenschaften unterschiedlicher Arterien-Abschnitte.
Die belgischen Wissenschaftler untersuchten die mikroskopischen und biomechanischen Eigenschaften unterschiedlicher Arterien-Abschnitte. / Foto: Lisse Vera et.al./PLOS ONE

Aortenrisse bzw. -rupturen sind immer wieder Ursache für den plötzlichen Tod von Pferden. Belgische Wissenschaftler haben untersucht, welche Prozesse zu derartigen Rupturen beitragen – und warum hauptsächlich ältere Pferde davon betroffen sind.


Wenn Pferde an Aortenrissen bzw. -abrissen versterben, ist dies stets ein besonders dramatisches Geschehen, weil der Tod binnen kürzester Zeit eintritt, mitunter sogar vor den Augen der Öffentlichkeit, wie zuletzt beim Pferd Rock’n Rose von Mannschafts-Olympiasiegerin Dorothee Schneider, das während einer Siegerehrung zusammenbrach und verstarb.

Über die Ursachen von Aortenrissen bzw. -abrissen gibt es zwar einige Hypothesen, aber wenig gesicherte Erkenntnisse, auch wissenschaftliche Untersuchungen dazu sind bislang rar. Belgische Wissenschaftler rund um Lisse Vera von der Universität Gent wollten dies ändern und ein wenig Licht ins Dunkel bringen: Vor allem interessierte sie die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen Aortenrupturen und dem Alter von Pferden gibt. Immerhin ist bekannt, dass die Arterienwände mit dem Alter versteifen, obwohl die zugrunde liegenden altersbedingten biologischen Veränderungen bislang kaum geklärt wurden.

Lisse Vera und ihre Kollegen machten sich daran, den Einfluss des Alterns durch mikroskopische Analyse der Arterienwand sowie durch Untersuchung ihrer biomechanischen Eigenschaften mittels spezieller Ausdehnungs- bzw. Drucktests zu untersuchen. Kreisförmige Schnitte unterschiedlicher Arterienabschnitte wurden von 14 Warmblutpferden ab 15 Jahren und sechs jüngeren Warmblütern entnommen. Sämtliche Pferde waren aus unterschiedlichen klinischen Gründen eingeschläfert worden, keines hatte jedoch an kardiovaskulären Problemen gelitten.

Proben aller Arterien wurden unter dem Mikroskop untersucht, um die exakte Stärke der Intima-Media-Dicke (das sind die innersten zwei Schichten der Arterienwand) sowie den Flächenprozentsatz von Elastin, Aktin der glatten Muskulatur und Kollagen Typ I und III zu bestimmen.

Die Ergebnisse waren eindeutig: Bei älteren Pferden wurde eine signifikant größere Intima-Media-Dicke festgestellt. Die älteren Pferde hatten im Vergleich zu jungen Pferden auch einen signifikant höheren Flächenanteil an Aktin der glatten Muskulatur. Die Forscher fanden keine altersbedingten Unterschiede in der Menge an Elastin und Kollagen.

In einem weiteren Test wurden Proben unterschiedlicher Arterien-Abschnitte mechanisch mit einem speziell entwickelten Testgerät mit Ultraschall untersucht. Bei acht der 78 Arterienproben, die bei hohem Druck (zwischen 250–300 mmHg) getestet wurden, traten Rupturen auf. Alle bis auf einen der acht Brüche traten in Gewebeproben der älteren Pferde auf. Der Bruch trat am häufigsten direkt unterhalb der Stelle auf, an der die Arterie am Testgerät fixiert war.

In einem weiteren Schritt untersuchten die Forscher auch, wie sich der Druck im Detail auf die Arterien auswirkte – und fanden auch hier signifikante Unterschiede zwischen den beiden Altersgruppen. Sie konnten deutliche Unterschiede in den Druckflächenkurven einzelner Arterien-Abschnitte und der Druck-Dehnbarkeits-Kurve der proximalen Aorta zwischen jungen und älteren Pferde nachweisen. Die Studie zeigte auch eine altersbedingte Verdickung der Arterienwand bei Pferden – ein Phänomen, das bereits bei menschlichen Patienten beschrieben wurde, wenngleich die Ursachen dafür wohl andere sind.

Das Resümee der Wissenschaftler: „Zusammenfassend wurden deutliche Unterschiede in den histologischen und biomechanischen Eigenschaften der Arterienwand zwischen den elastischen zentralen Arterien und den muskulöseren peripheren Arterien gefunden. Die proximale Aorta (zum Körperzentrum hin verlaufend) enthielt den größten Flächenprozentsatz an Elastin, während die distale Aorta (vom Körperzentrum entfernt), die A. iliaca externa und die Oberschenkelarterie den größten Flächenanteil an Kollagen Typ III enthielten. Die höchste Dehnbarkeit wurde für die distale Aorta und nicht wie erwartet für die proximale Aorta gefunden. Der histologische Vergleich der Arterienwand von alten und jungen Pferden zeigte eine dickere Arterienwand bei alten Pferden und einen höheren Flächenanteil von Aktin der glatten Muskulatur. “

Insgesamt deuten die Ergebnisse auf eine Prädisposition älterer Pferde für Arterienrupturen hin, so die Wissenschaftler – zweifellos ein wertvoller Befund, um das Phänomen der Aortenrisse bei Pferden besser zu verstehen.

Die Studie „Histological and biomechanical properties of systemic arteries in young and old Warmblood horses" von Lisse Vera, Sofie Muylle, Glenn Van Steenkiste, Patrick Segers, Annelies Decloedt, Koen Chiers und Gunther van Loon ist am 12. Juli 2021 in der Zeitschrift ,PLOS ONE' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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