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Pferde-Herpesviren bleiben im Wasser stabil und infektiös
16.03.2021 / News

Wasserstellen bieten dem Pferde-Herpesvirus exzellente Übertragungsmöglichkeiten – auch und vor allem in Trockenzeiten.
Wasserstellen bieten dem Pferde-Herpesvirus exzellente Übertragungsmöglichkeiten – auch und vor allem in Trockenzeiten. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

Ein internationales Forscherteam fand heraus, dass Süßwasserquellen in freier Wildbahn eine hervorragende Verbreitungsquelle für das Equine Herpes-Virus (EHV) darstellen, insbesondere unter Dürrebedingungen. Das Herpesviren kann sich in solchen Wasserquellen vermehren und ansteckend bleiben – und auf andere Tiere überspringen.

 

Dass Tränken in jedweder Form dem Equinen Herpes-Virus exzellente Übertragungsmöglichkeiten bieten, ist hinlänglich bekannt – dennoch gibt die kürzlich in der Fachzeitschrift ,Science of The Total Environment’ erschienene Studie erstaunliche und spannende Einblicke in die Hintergründe und Wirkungsweisen dieses Mechanismus. Nach Ansicht der Forscher ist es demnach sehr wahrscheinlich, dass sich die Pferde-Herpesviren nach einem langen Evolutionsprozess sehr gut an Wasser als einen ihrer wesentlichen Vektoren angepasst haben – und darin lange Zeit stabil und auch ansteckend bleiben, um sich schließlich einen neuen Wirt zu suchen.

Wasser ist eine Notwendigkeit für alles Leben, aber seine Verfügbarkeit kann begrenzt sein. In freier Wildbahn sind längere Trockenperioden keine Seltenheit, Tiere verschiedenster Arten versammeln sich dann in der Nähe der wenigen Süßwasserquellen und erreichen dort häufig eine große Dichte. Das lockt nicht nur Raubtiere an, die an solchen Wasserstellen ein übermäßiges Beuteangebot vorfinden – sondern bietet offenkundig auch für das Equine Herpes-Virus exzellente Überlebens- und Verbreitungsmöglichkeiten.

Solche Wasserstellen könnten gleichsam zu Schlüsselorten für die Übertragung von Krankheitserregern innerhalb und zwischen Arten fungieren – und speziell das Pferde-Herpesvirus habe sich an Wasser als Vektor für die Verbreitung unter Tieren optimal angepasst, wie ein internationales Wissenschaftler-Team unter der Leitung des Deutschen Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in einer aktuellen Untersuchung darlegt.

Die Forscher reisten zu zahlreichen Wasserstellen in Afrika und der Mongolei und entnahmen Proben von Wasser und Untergrund. Ziel ihrer Studie war es festzustellen, ob die Virusstabilität in begrenzten Wasserquellen für einige Säugetierviren ausreichend ist, um deren Ausbreitung durch das Medium Wasser zu ermöglichen. Diese Hypothese untersuchten die Forscher, indem sie Wasserlöcher in Ökosystemen Afrikas und der Mongolei mit ausgeprägten Trockenzeiten und wachsenden Viren-Populationen in solchen Gewässern untersuchte. Die wissenschaftlichen Ergebnisse zeigen, dass dies tatsächlich möglich war.

Das Equine Herpes-Virus wurde von den Wissenschafltern als Modell ausgewählt, da bekannt ist, dass Herpesviren unter Laborbedingungen wochenlang im Wasser lebensfähig und auch ansteckend bleiben und sowohl in Afrika als auch in der Mongolei in Wildtier-Beständen zirkulieren.  Zudem war den Forschern aus früheren Arbeiten bekannt, dass Zebras und andere Equiden mehr Krankheitserreger abgeben, wenn sie gestresst sind – was in Trockenperioden und dem Gedränge an den wenigen verfügbaren Wasserstellen zweifellos der Fall ist: „Als wir die Auswirkungen von Stress in in Gefangenschaft gehaltenen Zebras untersuchten, konnten wir feststellen, dass dies mit einer vermehrten Abgabe von EHV in die Umwelt verbunden war. Dies deutet darauf hin, dass Tiere gerade zu dem Zeitpunkt, an dem sie gezwungen sind, sich zu versammeln, höchstwahrscheinlich gestresst sind und vermehrt Viren abgeben. Der Stress wirkt gleichsam als eine Art Signal an das Virus, ins Wasser zu gelangen, um noch mehr Individuen zu infizieren“, so Prof. Alex Greenwood gegenüber dem Portal ,Horsetalk.co.nz’.

Diese Zusammenballung verschiedener Arten an den wenigen Wasserstellen ist auch eine Erklärung dafür, dass sich auch Nicht-Equiden mit EHV anstecken – Nashörner sind ein Beispiel dafür. „Wenn Nashörner das Wasser mit Equiden teilen, sind sie wahrscheinlich dem Virus ausgesetzt", so Dr. Sanatana Soilemetzidou, die die Wasser- und Tierproben in der Mongolei sammelte.

Um diese Vermutung zu bestätigen, mussten die Wissenschaftler aber nachweisen, dass das Equine Herpes-Virus in derartigen natürlichen Wasserstellen stabil und vermehrungsfähig bleibt. „Wir waren uns nicht sicher, was uns erwarten würde, da die Kultivierung von Viren aus der Umwelt angesichts all der anderen Mikroben, die wachsen können, wenn Sie ein bestimmtes Virus isolieren möchten, sehr schwierig ist“, so Dr. Anisha Dayaram, Co-Autorin der Studie.

Doch Dr. Dayaram und ihren KollegInnen gelang genau das – sie konnten anhand der Wasserproben aus Afrika und der Mongolei unter Zellkulturbedingungen zeigten, dass sich die Pferde-Herpesviren tatsächlich replizieren konnten und auch infektiös blieben. Dies stellt tatsächlich eine bemerkenswerte Leistung der Herpesviren dar, denn: „Normalerweise ist Wasser für Viren kein ideales Medium, da sich Viren außerhalb von Zellen nicht vermehren können und im Wasser äußeren Einflüssen wie UV-Licht und Temperatur ausgesetzt sind. Aber diese ,Equinen Herpesviren‘ können sich dort halten und andere Tiere infizieren“, so Petra Kaczensky von der Vet.med.uni Wien im Interview mit der Tageszeitung ,Die Presse’.

Und die Wissenschaftler machten noch eine weitere bemerkenswerte Entdeckung – nämlich dass die Pferde-Herpesviren offenbar nur eine begrenzte virale Evolution durchmachen und insgesamt äußerst ,stabil’ bleiben: Die in der Mongolei und in Afrika gefundenen EHVs sind nahezu identisch mit denen bei Hauspferden. Viren neigen üblicherweise dazu, sich schnell zu entwickeln – aber EHVs ändern sich im Laufe der Zeit kaum und sind in diesem Sinne überraschend stabil.

Das Resümee der Forscher: „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Stabilität von Pferde-Herpesviren in Wasser das Ergebnis eines langen Evolutionsprozesses sein könnte, der dazu geführt hat, dass solche Viren tatsächlich an Wasser als Vektor angepasst sind“, so Dr. Alexandre Courtiol abschließend.

Die Studie legt auch nahe, dass das Verständnis der Virendynamik in einigen Fällen einen Blick über die Wechselwirkungen zwischen Virus und Wirt hinaus erfordert und Anpassungen an die Übertragung über die Umwelt beinhalten sollte. Weitere Forschungen sollten u. a. aufklären, ob auch andere Viren Wasser auf ähnliche Weise Wasser als Vektor verwenden können, um sich unter Tieren zu verbreiten.

Die Studie „Seasonal host and ecological drivers may promote restricted water as a viral vector" von Anisha Dayarama, Peter Seeber, Alexandre Courtiol, Sanatana Soilemetzidou, Kyriakos Tsangaras. Mathias Franz. Gayle K. McEwen, Walid Azab, Petra Kaczensky, Jörg Melzheimer, Marion L. East, Oyunsaikhan Ganbaatar, Christian Walzer, Nikolaus Osterrieder und Alex D. Greenwood ist in der Zeitschrift ,Science of The Total Environment' erschienen und kann in englischer Zusammenfassung hier nachgelesen werden.

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