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Pferde und Menschen betroffen: West-Nil-Virus in Europa auf dem Vormarsch
13.09.2018 / News

Das West-Nil-Virus wird durch Stechmücken übertragen und breitet sich in Europa immer weiter aus.
Das West-Nil-Virus wird durch Stechmücken übertragen und breitet sich in Europa immer weiter aus. / Foto: Fotolia/13li396
Diese Karte zeigt die aktuellen Krankheitsfälle in Europa – auch Österreich ist betroffen.
Diese Karte zeigt die aktuellen Krankheitsfälle in Europa – auch Österreich ist betroffen. / Grafik: European Centre for Disease Prevention and Control/ECDC

Das gefährliche West-Nil-Virus breitet sich in Europa immer weiter aus: Bereits 800 Krankheitsfälle wurden heuer registriert, mindestens 71 Menschen starben. Vor allem in Südeuropa ist die Situation besorgniserregend.

 

Wie das Europäische Zentrum für Krankheits-Prävention und -Kontrolle (ECDC) letzte Woche mitteilte, ist das gefährliche West-Nil-Virus in Europa weiter auf dem Vormarsch: Allein in der Woche von 31. August bis 6. September wurden in den EU-Mitgliedsstaaten 86 neue Krankheitsfälle bei Menschen gemeldet (Ungarn – 38 Fälle, Kroatien – 22 Fälle, Griechenland – 19 Fälle, Frankreich – 5 Fälle, Österreich – 2 Fälle). Im an die EU angrenzenden Serbien wurden 49 Fälle registriert. Im selben Zeitraum wurden auch 40 Krankheitsfälle bei Pferden gemeldet (25 in Italien, 11 in Ungarn, 3 in Griechenland und 1 in Rumänien).

Bereits 71 Todesfälle in Europa

Die bisherige Jahresbilanz ist ernüchternd und dokumentiert eindringlich, mit welcher Intensität und welchem Tempo sich die gefährliche Viruserkrankung in Europa ausbreitet: Im Jahr 2018 wurden bislang insgesamt 798 Krankheitsfälle bei Menschen festgestellt: 327 in Italien, 168 in Griechenland, 134 in Ungarn, 117 in Rumänien, 25 in Kroatien, 16 in Frankreich, 10 in Österreich und 1 Fall in Slowenien. Auch EU-Nachbarländer wie Serbien (262 Fälle), Israel (49 Fälle) und Kosovo (3 Fälle) waren betroffen. Insgesamt gab es in diesem Jahr bereits 71 Todesfälle durch die gefürchtete Krankheit (26 in Serbien, 18 in Griechenland, 13 in Italien, 12 in Rumänien und jeweils ein Fall in Ungarn und im Kosovo.

Bei Pferden wurden im Jahr 2018 bislang 117 Krankheitsfälle an die Behörden gemeldet – besonders stark betroffen waren Italien (66 Fälle) und Ungarn (42 Fälle), während es in Griechenland (8 Fälle) und Rumänien (1 Fall) nur sporadische Erkrankungen gab.

Erster Krankheitsfall in Deutschland

Insgesamt erreicht die Ausbreitung des West-Nil-Virus in Europa damit 2018 neue Dimensionen – die auch bei Experten Besorgnis erregt: 2014 hatte es in der EU lediglich 74 Krankheitsfälle bei Menschen gegeben, 2015 waren es 108 Fälle, 2016 225 Fälle und 2017 204 Fälle. Diese Zahl wird heuer um ein Vielfaches übertroffen. Die Gründe für die Ausbreitung des Virus und den dramatischen Anstieg der Infektionsfälle bei Menschen sehen Experten auch in der langanhaltenden Hitzeperiode dieses Jahres, vor allem auch in den südeuropäischen Ländern. Diese Bedingungen begünstigen die Ausbreitung der gefährlichen Viren, die sich bei 30 Grad Celsius deutlich schneller vermehren können als bei kühler Witterung. Dies führt auch dazu, dass sich der Erreger immer neue Verbreitungsgebiete erschließen kann, wie man heuer auch in Südfrankreich und in Kroatien beobachten konnte. Ende August wurde das West-Nil-Virus erstmals auch in Deutschland nachgewiesen – und zwar bei einem infizierten Bartkauz in Halle (Saale).

Auslöser und Symptome

Das West-Nil-Fieber ist eine akute, viral bedingte Erkrankung, die zahlreiche Vogelarten, Säugetiere (u.a. Pferde, Hunde, Katzen etc.), aber auch den Menschen betreffen kann. Auslöser ist das West-Nil-Virus, das zur Gattung der Flavi-Viren zählt, zu denen auch das Gelbfieber und die Japanische Enzephalitis gehören und das über Stechmücken übertragen wird. Die Inkubationszeit beträgt zwischen 3 und maximal 14 Tagen. Beim Menschen bleiben rund 80 % der Infizierten ohne Symptome – in den restlichen Fällen können grippeähnliche Krankheitsanzeichen (Fieber, Muskelschmerzen etc.) auftreten. Nur bei etwa 1 Prozent der Erkrankungen ist das zentralen Nervensystem betroffen, dann können Meningitis, Enzephalitis oder schlaffe Lähmungen auftreten. Die Sterblichkeitsrate bei Patienten mit einem solchen neuroinvasivem Krankheitsbild liegt zwischen vier und 14 Prozent, bei über 70-Jährigen kann sie 15 bis 29 Prozent betragen. Pferde entwickeln eine Entzündung des Gehirns (Enzephalomyelitis) mit hohem Fieber oder zeigen gar keine Symptome. Ebenfalls symptomlos verläuft in der Regel eine Ansteckung mit dem West-Nil Fieber bei Hunden und Vögeln. Letztere können in seltenen Fällen eine Gehirnentzündung entwickeln.
Pferde und Menschen gelten als „Endwirte" bzw. als „epidemiologische Sackgassen“, d. h. sie sind weder „direkt ansteckend“, noch kommen sie (aufgrund des tiefen Virusgehaltes in ihrem Blut) als Quelle für die Ansteckung von Mücken in Frage. Während es für Pferde einen wirksamen Impfstoff gibt, liegt im Falle des Menschen bislang kein solcher vor.

Entstehung und Übertragung

Das West-Nil-Virus wurde erstmals 1937 im West-Nil-Distrikt von Uganda nachgewiesen. Bis in die 90er Jahre waren Häufungen von WNV-Infektionen beim Menschen selten. 1957 wurde in Israel eine WNV-Epidemie gemeldet, bei welcher es erstmals zu schweren Verlaufsformen und Todesfällen bei Menschen kam. 1996 trat in Rumänien eine grössere Epidemie auf, wo 89% der hospitalisierten Patienten eine Infektion des zentralen Nervensystems (ZNS) aufwiesen. In den USA ist das West-Nil-Virus zum ersten Mal 1999 (Ostküste, New York) bei Vögeln und später bei Menschen und Pferden aufgetreten. Das Virus breitete sich anschliessend über Vögel (Reservoir) rasch nach Westen und auch nach Norden und Süden aus.

Vorsichtsmaßnahmen für Pferdehalter

In Europa ist es in den letzten Jahren immer wieder zu sporadischen Ausbrüchen bei Pferden gekommen, so etwa 2006 in Frankreich, 2008 in Ungarn, 2010 in Rumänien und Bulgarien sowie in Portugal, 2011 Spanien in Mazedonien und 2012 in Italien sowie in Griechenland und Kroatien. In Österreich wurde der erste Krankheitsfall bei einem Pferd 2016 nachgewiesen. Experten weisen darauf hin, daß das Risiko, sich mit dem West Nil Virus zu infizieren und in der Folge an West Nil Fieber zu erkranken, hierzulande nach wie vor sehr gering ist – es besteht somit keinerlei Grund zur Panik. Dennoch sind – auch aus anderen Gründen – bestimmte Vorsichtsmaßnahmen sinnvoll, um seine Pferde so gut es geht vor Mückenstichen zu schützen und generell Maßnahmen zu treffen, um die Gelsenplage einzudämmen. Hier einige Empfehlungen des Gesundheitsministeriums:

•    Stechmücken sind in der Morgen- und Abenddämmerung besonders aktiv. Daher gilt es besonders in der Dämmerung, die Tiere in den Stall zu führen.

•    Fenster mit Mückennetzen abdichten, Stall-Türen in der Nacht und in der Dämmerung geschlossen halten.

•    Gelsenmenge reduzieren: Stechmücken legen ihre Eier in jede Wasseransammlung ab. Um die Vermehrung zu vermeiden, sollte man Regentonnen abdecken und Tränken täglich reinigen.

•    Waschplätze trocken halten: An den Waschplätzen der Tiere ist darauf zu achten, daß das Wasser in die Kanalisation abfließt.

•    Bei Bauvorhaben ist die Stechmückenproblematik zu berücksichtigen. Falsch konzipierte Raumplanungs- und Wasserbauprojekte können zu Massenvermehrungen von Stechmücken führen.

•    Im Bereich der Landschaftsplanung sind Maßnahmen zur Eindämmung der Vermehrung von Stechmücken wie Reduktion von Nistplätzen oder die gezielte Einbringung von Mitteln gegen Larvenbildung in Wasser-Reservoirs sinnvoll.

•    Impfstoffe für Pferde: es gibt mehrere zugelassen Impfstoffe. Pferde sind 2 Mal im Abstand von 3-5 bzw 4-6 Monaten und danach jährlich zu impfen.

•    Bei fieberhaften Erkrankungen, die möglicherweise in Verbindung mit zentralen nervalen Störungen auftreten, ist differenzialdiagnostisch jedenfalls an eine WNV-Infektion zu denken.

•     Klinische Enzephalomyelitis ausgelöst durch WNV-Infektion ist anzeigepflichtig, daher ist der Amtstierazt/Amtstierärztin zu informieren.

Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) hat einen Info-Folder über das West Nil Virus herausgegeben, der hier kostenlos zum Download zur Verfügung steht.

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