News 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Tierschutzgesetz soll noch vor der Nationalratswahl repariert werden
23.09.2017 / News

Vor Einführung des privaten Tieranzeigen-Verbots fanden sich über 1.000 Pferde-Anzeigen auf willhaben.at – aktuell sind es rund 200.
Vor Einführung des privaten Tieranzeigen-Verbots fanden sich über 1.000 Pferde-Anzeigen auf willhaben.at – aktuell sind es rund 200. / Foto: Screenshot willhaben.at

Das umstrittene österreichische Tierschutzgesetz könnte noch vor der Nationalratswahl am 15. Oktober 2017 geändert werden – doch auch an der beabsichtigten ,Reparatur' gibt es Kritik.

 

Wohl selten hat es unmittelbar nach Beschluss eines Gesetzes so zahlreiche und so heftige Kritik gegeben wie im Fall der Ende April 2017 in Kraft getretenen Novelle zum österreichischen Tierschutzgesetz: Madeleine Petrovic, Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins, sprach von einem „unfassbaren gesetzlichen Pallawatsch" und von „juristischen Voodoo-Aktionen". Vor allem das weitreichende Verbot, Tiere im Internet zu inserieren, sorgte für einen Sturm der Entrüstung, nicht zuletzt auch unter Pferdefreunden, die plötzlich ihre geliebten Vierbeiner nicht mehr über populäre Online-Plattformen wie willhaben.at anbieten durften. Viele kleine Tierschutzvereine, die kein behördlich bewilligtes Tierheim betreiben, waren ebenso von diesem Anzeigenverbot betroffen – auch für sie war die Gesetzesänderung schlicht eine Katastrophe.

Nach monatelangen Verhandlungen und vereinzelten Notmaßnahmen zeichnet sich nun eine Lösung ab, die zumindest die gröbsten Missstände beseitigen soll: Am 20. September wurde vom österreichischen Nationalrat ein Fristsetzungsantrag von SPÖ, ÖVP und Neos mehrheitlich angenommen, der eine Änderung des umstrittenen Tieranzeigen-Verbots (§ 8a, Abs. 2) des Tierschutzgesetzes vorsieht. In der „reparierten" Fassung soll dieses Verbot folgendermaßen aussehen:

(2) Das öffentliche Feilhalten, Feil- oder Anbieten zum Kauf oder zur Abgabe (Inverkehrbringen) von Tieren ist nur in folgenden Fällen gestattet:
1. im Rahmen einer gemäß § 31 Abs. 1 genehmigten Haltung oder
2. durch Züchter, die gemäß § 31 Abs. 4 diese Tätigkeit gemeldet haben, sofern sie nicht auf Grund einer Verordnung von dieser Verpflichtung ausgenommen sind, oder
3. im Rahmen oder zum Zweck der Land- und Forstwirtschaft bzw. von in § 24 Abs. 1 Z 1 genannten Tieren oder
4. die Suche von Interessenten für einzelne, individuell bestimmte Tiere mit einem Alter von mehr als sechs Monaten bzw. für Hunde und Katzen bei denen die bleibenden Eckzähne bereits ausgebildet sind, die nicht bei ihrem bisherigen Halter bleiben können oder dürfen, durch den Halter oder eine gemäß § 30 mit den Pflichten eines Halters betraute Person, Vereinigung oder Institution, wobei bei Hunden nachzuweisen ist, dass diese seit mindestens sechzehn Wochen in der Heimtierdatenbank gemeldet sind.
Dies gilt auch für derartige Aktivitäten im Internet.
"

Diese Neuformulierung würde in der Tat zwei wesentliche Kritikpunkte am bestehenden Gesetz beseitigen:

1) Durch die Aufnahme landwirtschaftlicher Nutztiere (lt. § 24 Abs. 1 Z 1 – siehe Ziffer 3) wären Pferde endlich explizit vom privaten Anzeigenverbot ausgenommen – was dazu führen sollte, dass auch große Vermittlungsportale wie willhaben.at wieder Pferdeanzeigen uneingeschränkt und ohne weitere Hürden akzeptieren (was sie derzeit nur unter gewissen Voraussetzungen und einer eingehenden Klärung des Anbieter-Status tun – siehe etwa diese Info von willhaben.at dazu);

2) Durch die Aufnahme von Ziffer 4 dürften Tiere auch von Privatpersonen inseriert werden, die sich aufgrund einer Notlage oder ungünstiger äußerer Umstände (z. B. Alter, Krankheit etc.) von ihrem Haustier trennen müssen. Einzige Voraussetzung: Das Tier muss älter als sechs Monate bzw. es müssen bereits die Eckzähne ausgebildet sein – und Hunde müssen bereits seit 16 Wochen in der Heimtierdatenbank gemeldet sein. Das soll den Internet-Handel mit Hundewelpen oder kleinen Kätzchen – insbesondere aus benachbarten osteuropäischen Staaten – effektiv unterbinden.

Ob diese Bestimmung – bzw. der ebenfalls in Ziffer 4 angeführte Hinweis auf „gemäß § 30 mit den Pflichten eines Halters betraute Person, Vereinigung oder Institution" – tatsächlich eine Erleichterung für die vielen kleinen, ehrenamtlich arbeitenden Tierschutzvereine bringen wird, bleibt vorerst abzuwarten und wird wohl unter Juristen noch intensiv diskutiert werden. Die grüne Tierschutzsprecherin Christiane Brunner hat bereits am Mittwoch massive Kritik an der Änderung geäußert, wörtlich von „Nebelwerfen" gesprochen und einen eigenen Initiativantrag eingebracht – der jedoch keine Mehrheit im Plenum fand.

Die Chancen, dass die von SPÖ und ÖVP eingebrachte Änderung noch vor der Nationalratswahl am 15. Oktober 2017 beschlossen wird, stehen offenbar gut: Nach Einschätzung zahlreicher Beobachter gilt die Neuregelung des Tierschutzgesetzes zwischen den Regierungsparteien als „akkordiert" und soll – gemeinsam mit weiteren Gesetzes-Projekten wie der Verlängerung des Kinderbetreuungsausbaus, einer Formalkorrektur des Fremdenrechtspakets sowie der Erhöhung der Pensionen – in der Nationalratssitzung am 4. Oktober 2017 beschlossen werden. Man wird sehen, ob das alles auch tatsächlich so passiert ...

NACHTRAG (vom 6. Oktober 2017)

Wie das österreichische Parlament in seiner Korrespondenz mitteilte, wurde in der Nationalrats-Sitzung am 4. Oktober 2017 der oben zitierte Antrag mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Neos mehrheitlich angenommen – hier der Link dazu.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...

Weitere Artikel zu diesem Thema:

30.06.2017 - Die nächste Katastrophe: Auch viele Tierschutzvereine von Anzeigenverbot betroffen18.06.2017 - Tieranzeigen-Verbot: Vorerst keine Änderung bei willhaben.at22.05.2017 - Verbot privater Tieranzeigen: Ministerium liefert neue Details03.05.2017 - Verbot privater Tieranzeigen – ein Multi-Organ-Versagen02.05.2017 - Verbot privater Pferdeanzeigen: Große Empörung & erste Petition31.03.2017 - Tierschutzgesetz novelliert: Viel Kritik, wenig Lob
Zur Übersichtzurück weiter

 
 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen