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Spanische Hofreitschule: Vorwürfe gegen Aufsichtsrat werden jetzt geprüft
18.11.2021 / News

Die elitäre Stallburg ist eigentlich nur den institutseigenen Lipizzanerhengsten vorbehalten – doch dieses Grundprinzip gilt scheinbar nicht für alle ...
Die elitäre Stallburg ist eigentlich nur den institutseigenen Lipizzanerhengsten vorbehalten – doch dieses Grundprinzip gilt scheinbar nicht für alle ... / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

In der Causa rund um die Ausbildung eines Privatpferdes sowie private Reitstunden durch Angestellte der Hofreitschule wird die zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger nun aktiv: Sie werde die Vorwürfe gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden Johann Marihart „rasch und umfassend“ prüfen lassen. Marihart verteidigt indes die umstrittene Vereinbarung.

 

Die Vorwürfe gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden der Spanischen Hofreitschule, Johann Marihart, wiegen schwer: Wie der ORF enthüllte und mehrere Medien (darunter auch ProPferd) berichteten, soll ein Privatpferd, das Mariharts Tochter gehört, jahrelang auf Kosten der Schule ausgebildet worden sein, darüberhinaus habe sie auch noch Reitstunden während der Dienstzeit von Bereitern erhalten, auch Kosten für Hufbeschlag und tierärztliche Betreuung des Pferdes musste die Hofreitschule tragen, so die Vorwürfe.

Nun wird in der Causa – endlich – auch die zuständige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) aktiv: Sie möchte die Vorfälle „rasch und umfassend“ prüfen lassen und aufklären, wie der ORF berichtete. Sowohl die Geschäftsführung als auch die drei vom Ministerium entsandten Aufsichtsräte wurden von ihr aufgefordert, eine Stellungnahme zu den erhobenen Vorwürfen zu übermitteln, die jedenfalls folgende Elemente beinhalten sollen, so das Ministerium: „eine Darstellung der Rechtmäßigkeit, des Umfangs und der Marktüblichkeit des Einstellvertrags, insbesondere vor dem Hintergrund der gültigen Compliance-Bestimmungen“ sowie „eine Darstellung, ob und wie mögliche Interessenskonflikte bzw. die Inanspruchnahme ungerechtfertigter Vorteile vermieden wurden“.

Aktiv geworden ist indes auch Johann Marihart persönlich – er veröffentlichte über eine APA-Aussendung eine Darstellung der Vorgänge aus seiner Sicht, in der er die Vorwürfe als „haltlose Unterstellungen" bezeichnet. Laut Mariharts Darstellung habe seine Tochter im Mai 2013 den damals fünfjährigen Lipizzaner-Hengst Maestoso Fantasca-67 für 12.000 Euro gekauft – und auch von der Option Gebrauch gemacht, den Hengst auf dem Ausbildungszentrum Heldenberg für 1.200 Euro pro Monat einzustellen. Dieser Betrag habe die „Unterbringung und das regelmäßige Bewegen, Longieren oder Führen beinhaltete – sechsmal die Woche für jeweils eine halbe Stunde" beinhaltet, so Marihart. Ausbildung, Beritt oder Unterricht waren demnach in diesem Betrag aber nicht inkludiert bzw. nicht Teil der Vereinbarung. Lt. der offiziellen Website wäre dafür am Ausbildungszentrum Heldenberg nämlich deutlich mehr zu entrichten, nämlich 2.600,– Euro pro Monat für „Ausbildung eines Pferdes oder von Pferd und Reiter (inkl. Beritt und Einstellgebühr)“. Die zweifellos noch intensivere und hochwertigere Ausbildung für den Einsatz in den Vorführungen der Hofreitschule wäre wohl mit einem noch höheren Betrag zu veranschlagen – doch dafür gibt es natürlich keinen „offiziellen“ Tarif, denn diese ist eigentlich nur den institutseigenen Pferden vorbehalten und daher in gewisser Weise unbezahlbar, sprich: auch nicht für viel Geld zu kaufen.

Für das Pferd von Johann Mariharts Tochter ergab sich aber dennoch ein Weg, noch dazu ein deutlich günstigerer. Marihart erklärt: „Als sich 2014 ein Engpass bei Pferden für die Ausbildung und Vorführungen ergab, suchte die Hofreitschule nach Lösungen und stieß dabei auch auf Maestoso Fantasca-67. Der Bereiter sah nun doch Potenzial und aktivierte das Tier als Einspringer für das Haus. Die Auftritte mehrten sich, in den Jahren 2018 bis 2020 schließlich wurde der Hengst insgesamt 129 mal bei einer Aufführung eingesetzt. Das reduzierte aber die Möglichkeit der Eigennutzung für die Besitzerin dramatisch. Neun Monate überließ sie das Tier der Hofreitschule und musste zusehen, wie sie das Tier zumindest ab und zu reiten konnte. So nutzte sie mitunter auch die eine oder andere vertraglich vereinbarte Bewegungseinheit, um wieder einmal in den Sattel zu steigen, während der Bereiter dafür in die Rolle des Beobachters wechselte.“

Gegenüber dem ORF hatte ein Mitarbeiter der Spanischen Hofreitschule den Sachverhalt doch deutlich anders dargestellt: Marihart sei nicht fragend oder bittend an die Bereiter herangetreten, sondern bestimmend und fordernd: „Er mischt sich da schon ein und sagt: ,Wo sind die Bereiter für meine Tochter? Ich brauche jetzt jemanden am Heldenberg!’ oder so. Und da sind die Bereiter und die Bereiterinnen extrem unzufrieden mit der Situation, weil sie dafür nichts bezahlt bekommen – und weil ja auch klar ist, dass auch die Hofreitschule nichts dafür bekommt.“

Auch die Kritik des Rechnungshofs, dass die Hofreitschule jahrelang auch noch die Kosten für Tierarzt und Hufbeschlag für das Privatpferd getragen hat, will Marihart nicht gelten lassen: „Das mag für andere gegolten haben, nicht aber für Maestoso Fantasca-67, weshalb dazu eine Vereinbarung zur Kostenübernahme geschlossen wurde, die der Hofreitschule zugleich „die uneingeschränkte Nutzung“ zusicherte.“ Diese Vereinbarung ist jedoch offenbar erst im Nachhinein – also nach Erstellung des kritischen Rechnungshof-Berichts –  abgeschlossen worden. Im Prüfbericht heißt es nämlich wörtlich: „Eine vertragliche Regelung bezüglich der Kostentragung ab 2014 lag nicht vor. Die Gesellschaft teilte dem RH mit, zur besseren Transparenz einen Nachtrag zum Einstellvertrag bezüglich der Kostentragung zu erstellen.“

Insgesamt sieht sich Marihart als Opfer einer Kampagne von ehemaligen Mitarbeitern der Hofreitschule, die unter dem Deckmantel der Anonymität haltlose Anschuldigungen gegen ihn erheben würden. Diese Vorwürfe weist Marihart in aller Entschiedenheit zurück: „Fantasca ist ein Sponsorpferd, für dessen Haltung und Ausbildung die Spanische Hofreitschule von privater Hand die Kosten erstattet bekommen hat“, so Marihart. „Würde man mehr Menschen für solche Investments gewinnen, ließen sich die finanziellen Probleme der Hofreitschule deutlich lindern.“

Ob Marihart tatsächlich – über die Einstellgebühr (inkl. Bewegung) des Pferdes von 1.200,– Euro monatlich hinaus – für Ausbildung, Beritt und Reitstunden einen adäquaten Kostenersatz geleistet hat, geht aus seiner Darstellung nicht direkt hervor, und das wird wohl auch eine der zentralen Fragen der Prüfung durch das Landwirtschaftsministerium sein. Außer Frage steht jedenfalls, dass Maestoso Fantasca-67 durch die jahrelange Ausbildung und seinen Einsatz bei Vorführungen der Hofreitschule erheblich an Wert gewonnen hat – von dem primär die Pferdesitzerin profitiert, und nicht die Schule.

Das sieht – wie ProPferd bereits berichtete – auch der frühere Oberbereiter Klaus Krzisch so: „Der große Unterschied ist nämlich, dass die Hofreitschule nicht der Eigentümer dieses Hengstes ist und ihn von einem Tag auf den anderen auch verlieren kann, wenn es dem Herrn Marihart einfällt oder wenn man ihn vergrault. Dann wäre der Hengst – der mittlerweile als voll ausgebildetes Pferd einen beträchtlichen Wert darstellt – für die Schule verloren, und auch die gesamte jahrelange Ausbildungsarbeit, die in das Pferd investiert worden ist, wäre dahin. Daher zählt dieses Argument nicht – der Nutznießer der Vereinbarung ist eindeutig Herr Marihart bzw. seine Tochter, nicht die Hofreitschule.“

Gewiss hatte auch die Hofreitschule einen gewissen, jedoch schwer bezifferbaren Nutzen, indem es das Pferd bei Vorführungen verwenden konnte. Auf der anderen Seite handelte es sich jedoch um einen sogenannten „ausgemusterten" Hengst, der züchterisch in Zukunft nicht genutzt werden wird – auf diesen nicht unwesentlichen Aspekt hat der frühere Gestütsleiter von Piber, Dr. Max Dobretsberger, in einem Ö1-Interview hingewiesen: „Bei den Hengsten ist es so, dass wir sie dreieinhalbjährig mustern – die kommen in die Ausbildung, und die besten sollten dann in Wien verbleiben und die müssen auch für die Zucht interessant sein. Das heißt, wenn ein Pferd verkauft wird, dann wollen wir natürlich, dass es definitv auch die Spanische verlässt, weil wir die Plätze brauchen für die genetisch interessanten Hengste.“ Insofern war der Nutzen dieses Hengstes für die Hofreitschule zumindest in dieser Hinsicht eingeschränkt – den deutlich größeren Vorteil hatten wohl, wie die bisher bekannten Fakten nahelegen,  Johann Marihart bzw. seine Tochter, die durchaus in mehrerlei Hinsicht von diesem ungewöhnlichen ,Arrangement’ profitierten.

In jedem Fall bleibt eine schiefe Optik und ein schaler Beigeschmack zurück – das sieht auch David Stögmüller, Rechnungshofsprecher der Grünen, so: „Mich bestätigt der Fall in der Hofreitschule in meinem Eindruck, dass es in Österreich einen Mangel an Bewusstsein für Compliance und Anti-Korruption gibt.“ Für ihn stelle sich sehr wohl die Frage, „inwieweit der Aufsichtsratsvorsitzende durch diese Vereinbarung auch persönlich profitierte. Nicht selten ist in solchen Fällen die Rede von Interessenkonflikten, fehlendem Vier-Augen-Prinzip, personellen Verflechtungen – was bleibt ist ein Verdacht auf Selbstbereicherung und Freunderlwirtschaft. Der bekannt gewordene Sachverhalt muss dringend überprüft werden.“

Hauptkritikpunkt ist für Stögmüller die Tatsache, „dass durch die Ausbildung in der Hofreitschule das Pferd deutlich an Wert zugelegt hat. Zudem wurde ein weiterer Vertrag bekannt, der die Hofreitschule zur Übernahme der Tierarztkosten und der Kosten für den Beschlag des Pferdes verpflichtet habe, obwohl das Tier auch privat durch die Tochter des Aufsichtsratsvorsitzenden genutzt wurde. Dieses Bewusstsein für nicht ganz saubere und transparente Geschäfte gehört in Österreich definitiv geschärft. Zudem ist es wichtig sicherzustellen und offenzulegen, ob es auch andere ähnlich gelagerte Fälle in der Hofreitschule gibt. Es soll nicht das Gefühl entstehen, dass es sich ‚alle da oben‘ einfach richten können, wie sie es brauchen und das auch noch mit Steuergeld. Die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land haben völlig zurecht einen höheren Anspruch auf Transparenz und Redlichkeit", zeigt sich Stögmüller überzeugt.

Es bleibt zu hoffen, dass Ministerin Köstinger das ebenso sieht – und nun rasch und ohne parteipolitische Rücksichtnahmen die Causa aufklärt und wenn nötig Konsequenzen zieht.

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