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FEI-Messkeil soll zu eng verschnallte Nasenriemen künftig verhindern
22.10.2024 / News

Der neue FEI-Messkeil soll helfen, die korrekte Nasenriemen-Verschnallung schnell und unkompliziert zu überprüfen.
Der neue FEI-Messkeil soll helfen, die korrekte Nasenriemen-Verschnallung schnell und unkompliziert zu überprüfen. / Foto: FEI
Design und Dimensionen des neuen FEI-Messkeils ...
Design und Dimensionen des neuen FEI-Messkeils ... / Foto: FEI

Die FEI hat nach jahrelangen Diskussionen und anhaltender Kritik ein neues Messgerät vorgestellt, mit dem sichergestellt werden soll, dass Nasenriemen in Zukunft nicht mehr zu eng verschnallt werden können. Das neue Tool wird im ersten Quartal 2025 schrittweise bei FEI-Veranstaltungen eingeführt.


Wie die FEI in einer Aussendung mitteilte, wurde das Design des neuen Messgeräts nun –nach einer erfolgreichen Testphase – fertiggestellt und der Öffentlichkeit präsentiert. Das Tool war zuvor in  mehr als 600 Tests bei FEI-Veranstaltungen in den Disziplinen Springreiten, Dressur, Vielseitigkeitsreiten, Distanzreiten und Fahren auf seine Tauglichkeit und Praktikabilität erprobt worden. Die Tests wurden von den teilnehmenden Pferden, Athleten, Pferdepflegern und Offiziellen gut angenommen, so die FEI.

Die Verschnallung des Nasenriemens bei FEI-Veranstaltungen in allen FEI-Disziplinen wird künftig mithilfe des neuen Geräts – eines einfachen Messkeils – beurteilt, der von der FEI in Zusammenarbeit mit externen Experten entwickelt wurde.

Das FEI-Messgerät ist ein ,Tool zum Durchziehen', das unter dem Nasenriemen über dem Nasenbein eingeführt und von oben nach unten durchgeschoben wird. Der Test ist schnell und unkompliziert und dauert nur wenige Sekunden. Wenn der Messkeil hindurchgeht, ist der Nasenriemen locker genug. Wenn das Gerät jedoch nicht leicht hindurchgeht, gilt der Nasenriemen als zu eng und es gelten die in Artikel 1044.8 der FEI-Veterinärvorschriften beschriebenen Konsequenzen.

Diese lauten in der ab 1. Jänner 2025 geltenden Version:

Ein zu fest verschnallter Nasenriemen, der mit einem von der FEI zugelassenen Messgerät festgestellt wird, zieht folgende Konsequenzen nach sich:
– Vor dem Wettkampf: Die Kombination aus Pferd und ReiterIn darf nicht starten, wenn der Nasenriemen nicht wieder so verschnallt wird, dass er genügend Spielraum bietet.
– Während des Wettkampfs: Die Kombination aus Pferd und ReiterIn wird aus dem betreffenden Wettbewerb ausgeschlossen, der/die ReiterIn erhält eine Gelbe Verwarnungskarte.

Der FEI-Messkeil wird im ersten Quartal 2025 schrittweise bei FEI-Veranstaltungen eingeführt. Er kann von jedem erworben werden, und weitere Informationen hierzu werden zu einem späteren Zeitpunkt bereitgestellt. Darüber hinaus werden disziplinspezifische Protokolle und Schulungsmaterialien für FEI-Funktionäre, Athleten und deren Hilfspersonal erstellt.

Die FEI bedankte sich ausdrücklich bei allen Athleten, ihren Hilfsteams, FEI-Funktionären, Organisationskomitees, Vertretern der FEI-Interessengruppen und nationalen Verbänden, die an der Testphase dieses Projekts teilgenommen oder dazu beigetragen haben.

Kommentar: Die FEI und der Nasenriemen – ein schwieriges Thema

In den letzten 15 Jahren ist der Nasenriemen als Teil der Pferdeausrüstung und seine Verschnallung immer mehr in die Kritik geraten – nicht zuletzt durch eine Reihe wissenschaftlicher Studien, in denen die Auswirkungen von zu eng verschnallten Nasenriemen unter die Lupe genommen wurden.

Bereits im Jahr 2010 haben Dr. Kathrin Kienapfel und Prof. Holger Preuschoft eine vielbeachtete Untersuchung vorgelegt, die anhand der Anatomie eines Pferdeschädels zeigen konnte, daß es keine Rolle spielt, ob der Nasen- oder der Sperrriemen zu fest verschnallt wird – in beiden Fällen kann das Pferd das Maul nicht mehr öffnen und dadurch auch nicht kauen.

2013 untersuchten irische Wissenschaftler rund um Orla Doherty von der Universität Limerick, wie eng Nasenriemen in der Praxis verschnallt werden. Die Ergebnisse waren ernüchternd: Von 201 jungen Vielseitigkeits- und Hunterpferden, die untersucht wurden, hatten nur 12% die Nasenriemen locker genug angelegt, um zwei Finger darunter zu führen. 47% hatten die Nasenriemen so eng verschnallt, dass gar keine Finger darunter gepasst haben. Zudem entwickelten die Wissenschaftler erstmals eine Methode, um mittels spezieller Sensoren die Druckbelastung zwischen dem Nasenriemen und dem Nasenrücken bzw. der Pferdehaut überprüfen. Die Messungen zeigten deutliche Druckhöhepunkte bei bestimmten Reitlektionen, etwa bei Wendungen, Übergängen oder beim Rückwärtsrichten – demzufolge könnte die Druckbelastung durch zu eng verschnallte Nasenriemen zu ernsten Gewebe- und Nervenschäden führen.

Auch 2016 bestätigte eine umfassende australische Studie: Zu eng verschnallte Nasenriemen führen bei Pferden zu erhöhtem Stress und unterbinden normale Verhaltensweisen wie Gähnen, Kauen oder Lecken. Wörtlich heißt es: „Die vorliegende Studie erbringt den Beweis, daß Pferde physiologischem Stress ausgesetzt sind, wenn sie einen eng verschnallten Nasenriemen in Kombination mit einer Kandare tragen. Es zeigen sich erhebliche Veränderungen in der Herzschlagrate, der Herzschlagvariabilität sowie der Augentemperatur, was darauf hinweist, daß Pferde Schmerz und Unbehagen verspüren, wenn der Nasenriemen so eng verschnallt ist, daß kein Abstand mehr zum Nasenrücken besteht. Gähnen, Lecken und Kauen sind praktisch nicht mehr festzustellen – und die Schluck-Frequenz halbiert sich bei der engsten Nasenriemen-Verschnallung."

Erkenntnisse wie diese führten letztlich dazu, dass die Internationale Gesellschaft für Pferdewissenschaften (ISES) im Jahr 2019 ein Positionspapier verfasste, um den Stand der Forschung zusammenzufassen und gegen zu eng verschnallte Nasenriemen im Pferdesport vorzugehen. Darin wurde auch die bis dahin geltende Haltung der FEI implizit kritisiert: FEI-Stewards werden seit 2016 angehalten, die Verschnallung des Nasenriemens zu überprüfen, indem ein Finger zwischen der Wange des Pferdes und dem Nasenriemen eingeführt wird. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass selbst ein extrem enges Reithalfter es weiterhin ermöglicht, einen Finger oder ein Messgerät leicht zwischen die Wange des Pferdes und das Reithalfter zu platzieren, da das Gesicht des Pferdes an der Seite viel flacher und stellenweise konkav bzw. hohl ist. Eine Messung an dieser Stelle sei daher schlicht sinnlos und ohne jede Aussagekraft, so der Tenor der Kritiker.

Die FEI hat diese Argumente jahrelang weggewischt – hat aber zuletzt wohl immer deutlicher wahrgenommen, dass diese Haltung letztlich die wissenschaftliche Evidenz ignoriert und eine dauerhafte Angriffsfläche bietet, zumal in einer Zeit, in der sich die Diskussionen um Tierschutz und Pferdewohl im Turniersport immer mehr verschärfen. Diesem wachsenden Druck hat die FEI mit der nun beschlossenen Änderung nachgegeben – spät, aber doch – sodaß man die nun vorgestellte Neuregelung jedenfalls als Fortschritt und als positiven Beitrag zum Schutz des Pferdewohls im Sport bezeichnen kann.

 

In diesem Video der FEI wird vorgezeigt, wie der neue Messkeil verwendet wird ...

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