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Tierärzte schlagen Alarm: Pferde werden fetter und fetter
20.04.2018 / News

Viele Pferde kommen zu dick aus dem Winter – und nehmen im Frühling, wenn das Gras durchkommt, weiter zu: ein Teufelskreis.
Viele Pferde kommen zu dick aus dem Winter – und nehmen im Frühling, wenn das Gras durchkommt, weiter zu: ein Teufelskreis. / Symbolfoto: Irene Gams

Britische Tierärzte warnen: Immer mehr Pferde leiden an den negativen Folgen von Überernährung und Fettleibigkeit – jedes Jahr müssen Dutzende Tiere deswegen eingeschläfert werden.

 

Tierarzt Dr. Joe Mackinder wollte bei einem Vortrag, den er Anfang des Monats hielt, seine Zuhörer aufrütteln – und probierte es mit einer kleinen Schock-Therapie: Er wies darauf hin, dass immer mehr Pferde in Großbritannien an Übergewicht leiden – und dass allein in seiner Klinik, dem ,Rainbow Equine Hospital’ in Yorkshire, jährlich rund 30 Pferde aufgrund von Fettleibigkeit und deren negativen Folgen (insbesondere Hufrehe) eingeschläfert werden müssen.

Der Hinweis verfehlte seine Wirkung nicht – und erhielt landesweite Publizität, als Mackinder seine Diagnose in der größten Pferdezeitschrift des Landes, ,Horse&Hound’, wiederholte: Übergewicht ist ein wachsendes Problem für das Pferdewohl insgesamt – und man werde es nur lösen können, wenn sich die Einstellung der Besitzer zu ihren Tieren und ihrer Ernährung ändert. „Tatsächlich fragen sich immer mehr Tierärzte – nicht gerade verzweifelt, aber doch ziemlich nachdenklich – wie wir es den Leuten beibringen können, dass ein übergewichtiges Pony nichts ist, auf das sie stolz sein sollten?“ so Joe Mackinder.

Mackinder ist in seiner täglichen Arbeit mit dem Problem und seinen dramatischen Begleiterscheinungen konfrontiert, wie er weiter ausführte: „Wir haben eine große Praxis mit insgesamt 17 beschäftigten Tierärzten, und wenn man es zusammenzählt, dann gibt es Wochen, wo wir fünf oder sechs Pferde einschläfern müssen, wenn das Frühlingsgras durchkommt. Wir alle sehen viel zu viele übergewichtige Pferde mit Hufrehe – und müssen etliche davon wegen akuter oder chronischer Verlaufsform einschläfern.“

Doch Hufrehe ist nicht das einzige Problem, das durch Fettleibigkeit verursacht oder begünstigt wird: Es häufen sich auch Verletzungen der tiefen Beugesehne oder der Seitenbänder: „Wenn die Pferde leichter wären, würde auch weniger Druck auf diese Strukturen ausgeübt. Natürlich können wir das nur schwer quantifizieren, weil diese Verletzungen auch bei leichteren Pferden vorkommen. Aber der Hauptpunkt meines Vortrags war das equine metabolische Syndrom (EMS) als Hauptursache für Hufrehe. Wenn ein Pferd übergewichtig ist, EMS hat und dann auch noch Hufrehe bekommt, dann ist eine erfolgreiche Behandlung tatsächlich sehr schwierig.“

Viele Besitzer, ist Mackinder überzeugt, sind durchaus stolz darauf, wenn ihr Pferd wohlgenährt dasteht und gut aussieht – und das kann man ihnen auch nicht verübeln. Dennoch ist diese Einstellung – zumal in ihrer übertriebenen Form – ein Teil des Problems: „Tatsächlich mögen es viele Menschen nicht, dünne, rippenscheinige Pferde zu sehen“, so Mackinder – dies gelte vielen als Hinweis auf schlechte oder mangelhafte Ernährung: „In der Regel werden sie auf einem Bauernhof viel mehr Kritik hören, wenn man die Rippen beim Pferd sehen kann, als wenn ihr Pferd fettleibig ist – denn daran haben sich die meisten gewöhnt. Natürlich will niemand ausgemergelte Pferde sehen – die Leute wollen, dass sie einen guten Eindruck machen. Aber genau das ist ein trügerischer Eindruck – denn kein Pferd ist jemals daran gestorben, nur weil es etwas schlanker war.“

Mackinder warnt auch davor, dass nicht nur Ponys von diesem Problem betroffen sind: Einer seiner jüngsten Patienten war ein Turnierpferd, das nach einer kurzen Pause – in der es weiter seine übliche Ration erhielt – eine Hufrehe entwickelte. Und er erinnert daran, dass Pferde „in freier Wildbahn – obwohl ich diesen Begriff nicht mag“ auch ein wenig dünner aus dem Winter kommen, da das Futter in dieser Zeit knapp und die Lebensbedingungen hart sind: „Pferde sind sehr gut darin, im Frühling rasch wieder an Gewicht zuzulegen – doch viele Besitzer füttern sie den ganzen Winter üppig durch und decken sie auch noch ein, sodass sie in vielen Fällen viel zu dick aus dem Winter herauskommen und noch dicker werden, wenn im Frühling das Gras durchkommt. So werden sie ständig fetter und fetter, und das ist das Problem.“

Dr. Joe Mackinder rät Besitzern dazu, mit Tierärzten und Futtermittelfirmen nach Lösungen zu suchen – viele haben jetzt Waagen, die ein genaueres Ergebnis als die konventionellen Gewichtsbänder liefern. Tierärzte können auch die Insulinspiegel bei gefährdeten Tieren untersuchen, die auf tieferliegende Probleme hinweisen können: „Und fragen sie Leute, die sich wirklich auskennen – etwa ihren Trainer – nach deren ehrlicher Meinung. Und machen Sie ganz einfache Tests: Können Sie die Rippen ihres Pferdes leicht fühlen? Hat ihr Pferd einen großen, runden Apfelhintern oder einen Fettansatz am Nacken? Das sind alles Dinge, die darauf hinweisen können, dass es etwas zu dick ist – und dass es ein paar Umstellungen braucht, um wieder etwas an Gewicht zu verlieren.“

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