News 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Tierärzte schlagen Alarm: Pferde müssen jetzt abnehmen!
21.01.2019 / News

Ein drastisches Beispiel: Soweit kann es kommen, wenn Pferde übermäßig gefüttert, übermäßig eingedeckt und zu wenig trainiert sind ...
Ein drastisches Beispiel: Soweit kann es kommen, wenn Pferde übermäßig gefüttert, übermäßig eingedeckt und zu wenig trainiert sind ... / Symbolfoto: Archiv/World Horse Welfare

Die Vereinigung britischer Pferdetierärzte (BEVA) appelliert eindringlich an Pferdebesitzer, jetzt zu handeln, um Übergewicht bei ihren Pferden abzubauen und die damit verbundenen Risiken für deren Gesundheit zu reduzieren: Der Winter ist richtige Zeitpunkt, um unnötige Kilos zu verlieren.

 

Bei den britischen Tierärzten läuten die Alarmglocken schon seit einiger Zeit – doch unter den Pferdebesitzern scheint sich das nötige Problembewusstsein nur sehr langsam einzustellen: Übergewicht ist mittlerweile die größte Bedrohung für die Gesundheit der Pferde in Großbritannien. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass mehr als die Hälfte der britischen Pferdepopulation übergewichtig oder fettleibig ist – und das hat die Vereinigung britischer Pferdetierärzte BEVA (British Equine Veterinary Association) vor wenigen Tagen zum Anlass genommen, einen eindringlichen Appell an die Pferdebesitzer zu richten: Diese müssen handeln, um zu verhindern, dass ihre Pferde an den durch Übergewicht bedingten gesundheitlichen Risiken Schaden nehmen – und jetzt sei der richtige Zeitpunkt dafür.

Wie die BEVA in ihrer Aussendung darlegt, sind es die modernen Haltungsbedingungen, die immer öfter zum Problem werden: In der heutigen Zeit ist es für viele Besitzer nicht nur einfach, sondern auch sehr verlockend, ihre Vierbeiner mit allem zu versorgen, was die Szene oder der Markt bereithalten – reichlich Rau- und Kraftfutter, moderne Stallungen und die neuesten Pferdedecken. Der leichte und vielfach übermäßige Zugang zu all diesen Dingen ist zwar gut gemeint, hat aber oft den gegenteiligen Effekt – und erhöht das Risiko von potentiell tödlichen Krankheiten wie Hufrehe oder den durch Übergewicht verursachten übermäßigen Druck auf Bewegungsapparat und Gelenke.  Zuviel Gewicht führt bei einem Pferd oder Pony auch dazu, dass seine Fähigkeit zu aktiver Bewegung und sportlicher Tätigkeit beeinträchtigt wird.

„Es gibt eine verzerrte Wahrnehmung darüber, wie ein gesundes, normalgewichtiges Pferd aussehen soll"

Fettleibigkeit ist bei Pferden kein neues Problem, so die BEVA weiter, aber es scheint sich zusehends auszubreiten und nicht nur Ponys, sondern auch andere einheimische Rassen zu betreffen. Studien haben gezeigt, dass Fettleibigkeit nicht nur bei Freizeit-, sondern auch bei Sportpferden auftritt, insbesondere bei Dressur- und Springpferden.

„Es ist nicht allein die Tatsache, dass viele Pferde – wenngleich ungewollt – übermäßig gefüttert, übermäßig eingedeckt und zu wenig trainiert sind – es gibt auch eine verzerrte Wahrnehmung darüber, wie ein gesundes, normalgewichtiges Pferd aussehen sollte, und deshalb ist Übergewicht zur Norm geworden“, so Dr. David Rendle vom ,Health & Medicines Committee’ der BEVA. „Eine kürzlich durchgeführte Befragung unter 500 Pferdebesitzern hat gezeigt, dass es den allermeisten Besitzern schwerfällt, übergewichtige Pferde zu erkennen – und daß Übergewicht insbesondere bei Springpferden als weitaus angemessener und passender wahrgenommen wurde als bei anderen Reitsportdiszipinen.“

Als typisches Beispiel führt die BEVA in ihrer Aussendung die 17-jährige Ocko an, eine stark übergewichtige Cob-Stute, die im März 2018 eine Hufrehe entwickelte und aufgrund der damit verbundenen Schmerzen kurz vor dem Einschläfern stand. Joe Mackinder, ihr behandelnder Tierarzt am Rainbow Equine Hospital in Yorkshire, diagnostizierte bei ihr EMS, also das equine metabolische Syndrom und stellte für sie eine spezielle zuckerarme Diät zusammen, damit Ocko auf sichere Weise Gewicht abbauen konnte. Zusätzlich verschrieb er Medikamente, um das Abnehmen zu beschleunigen und der Hufrehe entgegenzuwirken.

„Wir sind jetzt stolz darauf, dass wir ihre Rippen sehen können“

Joe Mackinder: „Ocko war im Winter geschoren und hatte nur eine dünne Decke, so war es ihr möglich, bei den kälteren Temperaturen abzunehmen, wie das Pferde eigentlich tun sollen. Die Besitzer hielten sich penibel an alle Ratschläge und Vorgaben und hielten auch den Ernährungsplan akkurat ein. Im August war Ocko wieder normal und hatte viel Gewicht abgebaut – sie war wieder gesund, hatte viel mehr Energie und war in immer besserer Verfassung.“

Ockos Besitzerin Andrea Hetherington dazu: „Ich möchte allen Pferdebesitzern dringend dazu raten, auf ihren Tierarzt zu hören und sich an das zu halten, was er ihnen vorschlägt und empfiehlt. Es geht nicht über Nacht – es braucht Zeit und Geduld. Die Veränderungen, die wir für Ocko vorgenommen haben, werden für den Rest ihres Lebens gelten, damit sie so gesund wie möglich bleibt. Wir sind jetzt stolz darauf, dass wir ihre Rippen sehen können. Wir haben nie gemerkt, wie übergewichtig sie war – und als wir gewarnt wurden, dass sie zuviel Gewicht zulegt, haben wir alle möglichen Ausreden und Entschuldigungen gefunden. Die Folge davon war, dass wir sie innerhalb weniger Stunden um ein Haar verloren hätten. Das hätten wir uns niemals vergeben können.“

„Es scheint ein Stigma zu sein, auf einem fitten, etwas dünneren Pferd zu reiten"

Lucy Grieve, Vorsitzende des ,Ethics & Welfare Committee’ von BEVA, schloss sich diesen Ausführungen an: „Es scheint in vielen Einstellbetrieben geradezu ein Stigma zu sein, wenn man auf einem fitten, etwas dünneren Pferd reitet – obwohl ein solches Pferd mit hoher Wahrscheinlichkeit gesünder ist als das übergewichtige Pferd daneben.“ Und weiter: „Ich kann nicht genug betonen, dass Vorbeugung besser als Heilen ist. Das Vermeiden einer Gewichtszunahme ist bekanntermaßen einfacher als das Abnehmen – umso wichtiger ist es, dass man rechtzeitig erkennt, ob das Pferd allmählich zunimmt und unnötige Fettpolster aufbaut. Tierärzte und Besitzer müssen dabei als Team zusammenarbeit und regelmäßig die Pferde überwachen. Es ist enorm wichtig, Maßnahmen zur Unterstützung der Gewichtskontrolle zu ergreifen und ein gesundes Idealgewicht festzulegen, um die erhöhten Risiken und Gefahren, die im Frühling auf Pferde und Ponys zukommen, zu reduzieren.“

Die BEVA ist gerade dabei, neues Informationsmaterial und neue Tools zu erstellen, um Tierärzte bei ihrer Arbeit mit den Besitzern zu unterstützen und das Problem des Übergewichts bei Pferden und Ponys gemeinsam zu bekämpfen.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen