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Deutscher Tierschutzbund fordert Pferdeverbot im Karneval
21.02.2025 / News

Der Einsatz von Pferden bei Karnevalsumzügen ist seit vielen Jahren heftig umstritten.
Der Einsatz von Pferden bei Karnevalsumzügen ist seit vielen Jahren heftig umstritten. / Symbolfoto: Deutscher Tierschutzbund

Der Deutsche Tierschutzbund hat in einer aktuellen Presseaussendung seine Forderung erneuert, Pferde nicht mehr in Karnevalsumzügen einzusetzen. Der Stress durch Lärm, Menschenmengen, Berührungen etc. sei den sensiblen Fluchttieren nicht zumutbar und stelle auch für Teilnehmende und Zuschauer ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar.


Der Deutsche Tierschutzbund hat in einer Pressemitteilung seine langjährige Forderung nach einem Pferdeverbot bei Karnevalsumzügen nochmals unterstrichen. Die Fluchttiere seien während der Umzüge, wie es heißt, „erheblichem Stress ausgesetzt, der durch die fremde Umgebung, Lärm, Menschenmengen und unerwartete Berührungen entsteht." Neben dem Tierschutzproblem stelle dies ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko für Teilnehmende und Zuschauer dar, wie Unfälle mit Pferdekutschen in der Vergangenheit immer wieder gezeigt haben.

„Pferde reagieren bei Gefahr instinktiv mit Flucht und Karnevalsumzüge sind Extremsituationen für die sensiblen Tiere. Bei dem Gedränge, lauten Musikkapellen, betrunkenen und lärmenden Menschen ist es nicht verwunderlich, wenn Pferde scheuen oder durchgehen. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Unfällen. Diese wären vermeidbar, wenn endlich auf den Einsatz von Pferden im Karneval verzichtet würde. Hinzu kommt, dass sich in den meisten Fällen Reiter und Pferd nicht kennen, sie bilden also kein vertrauensvolles Pferd-Reiter-Gespann“, so Andrea Mihali, Expertin für Pferde beim Deutschen Tierschutzbund. Aus Gründen des Tierschutzes und der Sicherheit aller Beteiligten, appelliert der Verband an alle Verantwortlichen, Städte und Festkomitees, zukünftig keine Pferde im Karneval einzusetzen.

Befürworter von Karnevalsumzügen mit Pferden verlassen sich auf bestimmte Trainingsmethoden zur Desensibilisierung der Tiere und auf strengere Kontrollen vor und während der Umzüge. Die im Jahr 2023 eingeführten Leitlinien des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen ändern dennoch nichts an der Tierschutzproblematik. Den Leitlinien nach muss es unter anderem möglich sein, Pferde an mehreren Punkten der Zugsstrecke herauszunehmen. Zudem sollen die für die Pferde Verantwortlichen ihre Tiere regelmäßig auf ihren Einsatz vorbereiten – zum Beispiel, indem sie an bestimmte Reize wie Wurfgeschosse, Lärm oder Flatterbänder gewöhnt werden. „All diese Bemühungen reichen jedoch nicht aus“, mahnt Mihali. „Die Pferde können noch so routiniert sein und auf strapaziöse Situationen vorbereitet werden – für die Tiere sind solche Veranstaltungen trotzdem ein großer Stressfaktor und die Menschenmengen am Straßenrand bleiben unkontrollierbar. Zudem werden sie nur zur Unterhaltung eingesetzt. Es gibt also überhaupt keinen vernünftigen Grund, die Tiere diesem Stress auszusetzen.“

Auch für Mitwirkende und das Publikum am Straßenrand stellen Pferde in Karnevalsumzügen ein unkalkulierbares Risiko dar. Das zeigte unter anderem ein schwerer Unfall beim Rosenmontagszug in Köln im Jahr 2018. Fünf Menschen wurden dabei verletzt – Pferde einer Kutsche waren durchgegangen. Auch in Sonnenwalde in Brandenburg gingen bei einem Karnevalsumzug im Jahr 2023 die Pferde einer Kutsche durch. Dabei wurde der Kutscher schwer verletzt. Und 2017 ereignete sich auch beim Bonner Umzug ein Unfall. Ein Pferdegespann ergriff mitsamt Wagen unkontrolliert die Flucht und kollidierte unter anderem mit parkenden Autos. Während der Festausschuss Bonner Karneval Konsequenzen zog und seit 2023 von dem Einsatz von Pferden absieht, rücken Karnevalshochburgen wie Köln, Düsseldorf und Mainz nicht von der fragwürdigen Tradition ab. So liefen in Köln allein beim Rosenmontagszug 2024 insgesamt 234 Pferde mit, so der Deutsche Tierschutzbund abschließend. (Anm.: In früheren Jahres waren es allerdings bis zu 500 Pferde – die Anzahl wurde also deutlich reduziert.)

Hintergrund: Jahrelanger Kampf um Pferdeverbot im Karneval

Seit vielen Jahren wird der Einsatz von Pferden auf den traditionellen Karnevalsumzügen in Deutschland heftig und vielfach auch emotional diskutiert. Tierschützer fordern mit Nachdruck ein Verbot von Pferden bei Umzügen, Volksfesten und Brauchtumsveranstaltungen, weil die Tiere dort unzumutbaren Belastungen und erheblichem Stress ausgesetzt wären – die Befürworter eines Pferde-Einsatzes verweisen auf die lange Tradition und die tiefe Verbundenheit vieler Karnevals-Teilnehmer mit ihren Tieren, gerieten aber in den letzten Jahren zusehends in die Defensive, nicht zuletzt aufgrund mehrerer Zwischenfälle, die es mit Kutschen oder Einzelreitern in Köln und anderen Karnevals-Hochburgen gegeben hat.

Wichtig ist der Hinweis, dass die Zwischenfälle der letzten Jahre, insbesondere jener beim Kölner Karneval 2018, nicht ohne Folgen geblieben sind, sondern zu einer Vielzahl von Veränderungen und Verschärfungen geführt haben. So ist der Einsatz von Pferden beim Kölner Rosenmontagszug nur noch unter einer ganzen Reihe strenger Auflagen und unter noch schärferen Kontrollen zulässig: Es darf u.a. die gesamte Einsatzdauer von Pferden einschließlich der Transportzeit maximal neun Stunden betragen – und nach vier Stunden ist eine ausreichende Pause zur Erholung zu gewähren. Alle Pferde müssen eine sogenannte Gelassenheits-Prüfung nach dem Reglement der FN absolvieren – als Nachweis, dass sie auch in ungewöhnichen Situationen ruhig und gelassen bleiben. Auch die akustische Belastung der Tiere muss so gering wie möglich gehalten werden: Die sogenannten ,Pauken-Pferde’ sind nicht mehr zugelassen, d. h. im Sattel eines Pferdes darf keine Trommel mehr geschlagen werden. Generell sollen Pferde auch möglichst weit von Kapellen im Zug laufen – und auch auf den Tribpnen soll die Musik abgeschaltet werden, sobald ein Reiterkorps daran vorbeizieht. Ebenso sollen die Kontrollen während des Zuges noch einmal verschärft werden – auch ein spezieller Ordner-Dienst wird eingeführt, die mit den Pferden mitlaufen und besonders darauf achten sollen, dass keine Gegenstände auf die Tiere geworfen werden.

Die ,Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V.', die sich bereits im November 2016 ausführlich mit dieser Frage beschäftigt hatte und dazu ein umfassendes Merkblatt herausgegeben hat, sieht die Sachlage ebenfalls differenzierter: Ein Einsatz von Pferden bei derartigen Veranstaltungen sei grundsätzlich vertretbar – sofern auf das Wohl der Pferde, deren Ausbildung sowie ein sicheres Gesamtumfeld geachtet werde. Im Resümee der Analyse heißt es: „Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Ausbildung und Gewöhnung der Pferde sowie die individuelle Eignung neben der Qualifikation des Reiters bzw. Fahrers Schlüsselkriterien für den tierschutzgerechten Einsatz von Pferden in Festumzügen sind. Außerdem muss der Einsatz sorgfältig geplant sein, und für eventuelle Notfälle muss Vorsorge getroffen werden."

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