News 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Studie: Pferde meiden Herbstzeitlose im Heu nicht
22.10.2021 / News

Mit Herbstzeitlose belastetes Heu stellt eine ernste Gefahr für Pferde dar, wie Forschungsergebnisse zeigen: Die Pferde lehnten das mit dem giftigen Unkraut verunreinigte Heu nicht ab – und manche schienen Herbstzeitlose sogar bevorzugt zu fressen.

Schlechte Nachricht: Pferde erkennen Herbstzeitlose offenkundig nicht im Heu – und vermeiden daher auch nicht die Aufnahme des giftigen Unkrauts. Symbolfoto: Archiv/Pixabay

 

Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) ist ein häufiges Unkraut in extensiv genutzten Wiesen und führt bei einer Reihe von Nutz- und Haustieren – darunter auch Pferde – zu schweren Vergiftungen. Herbstzeitlose kommt auf dem europäischen Festland von Portugal bis in die Ukraine sowie in Großbritannien und Irland vor. Berichten zufolge ist es auch in Dänemark, Schweden, dem europäischen Russland, den baltischen Staaten und Neuseeland eingebürgert. Im Frühjahr entwickeln sich seine Blätter mit einer tulpenartigen Kapsel, die Samen enthält. Aus diesem Grund sind Blätter und Samen der Herbstzeitlose häufig im Heu zu finden. Eine späte Ernte begünstigt die Verbreitung der Samen.

 

Das Gift der Herbstzeitlose wird leider auch bei der Konservierung (Heu oder Silage) nicht abgebaut und bleibt für Pferde höchst gefährlich. Symbolfoto: Wikimedia Commons/Stemonitis

 

In allen Teilen der Pflanze, vor allem aber im Samen, ist das sehr giftige Alkaloid Colchicin enthalten, das als Zell- und Kapillargift ähnlich langsam wirkt wie Arsenik. Erst nach einer stunden- oder sogar tagelangen Latenzzeit treten die Vergiftungserscheinungen auf. Das Gift Colchicin wird auch in konservierter Form (Heu oder Silage) nicht abgebaut, sondern behält auch noch nach mehreren Jahren seine Wirksamkeit. Pferde und Schweine reagieren auf die Giftstoffe besonders empfindlich,. Typische Vergiftungssymptome sind Kreislaufprobleme, Lähmungen, starkes Schwitzen, Speicheln, erhöhter Durst, Kolik, blutiger Durchfall oder auch Blut im Urin.

Obwohl beobachtet wurde, dass Pferde Herbstzeitlose auf Weiden meiden, ist bislang nicht zweifelsfrei geklärt, ob dies auch zutrifft, wenn Heu durch Herbstzeitlose verunreinigt ist. Einerseits berichten Landwirte, dass Pferde die Pflanzen im Heu meiden würden – andererseits gibt es immer wieder Meldungen über klinische Vergiftungs-Symptome bei Pferden infolge von Herbstzeitlose-Kontaminationen des Heus.

Ein Team von Wissenschaftlerinnen des Institiuts für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik der Universität Leipzig machte sich daher daran, in mehreren Testreihen die Fähigkeit von Pferden zu untersuchen, Herbstzeitlose im Heu zu erlemmem imd ui vermeiden. In einem Fütterungsversuch mit sechs erwachsenen Wallachen wurde das Ablehnungsverhalten von mit Herbstzeitlose belastetem Heu eingehend beobachtet und analysiert.

Die Testpferde wurden in Einzelboxen gehalten, mit täglichem Auslauf für mehrere Stunden auf einer Koppel. Sie hatten freien Zugang zu hochwertigem Heu und erhielten einen Mineralstoffzusatz. Im Futterversuch wurde den Pferden manuell mit 1% bzw. 2% Herbstzeitlose belastetes Heu angeboten, jedoch nie länger als eine Stunde.

Ihr Ablehnungsverhalten wurde durch Aufsichtspersonen und durch Videoaufnahmen beobachtet. Wenn ein Pferd während eines Beobachtungszeitraums mehr als zwei Herbstzeitlosepflanzen aufgenommen hat, wurde der Test sofort abgebrochen und an einem anderen Tag wiederholt. Musste die Beobachtungsperioden zweimal abgebrochen werden, wurde das Pferd aus dem Experiment ausgeschlossen. Der Entzug nach der zweiten Einnahme von Wiesensafran sollte sicherstellen, dass keine toxischen Wirkungen auftreten. Die Blutparameter vor und nach dem Experiment lagen im physiologischen Normalbereich.

Das beunruhigende Ergebnis der Tests: Fünf der sechs Pferde nahmen während der ersten Fütterungsperioden Herbstzeitlose auf – zeigten also keinerlei Vermeidungsverhalten. Ein Pferd lehnte zwar zu Beginn der Studie Blätter und Samen vorerst ab, zeigte aber nach der siebten Beobachtungsperiode eine wiederholte Aufnahme von Wiesensafran.

Hunger sei nicht die Hauptursache für die Aufnahme gewesen, da den Pferden ausreichend Heu zur Verfügung stand, so die AutorInnen – die Aufnahme von Herbstzeitlose durch Pferde sei auch bei uneingeschränktem Heuzugang nicht auszuschließen: „Die Gründe für die Aufnahme von Herbstzeitlose sind bei Pferden noch nicht vollständig geklärt. Vier Pferde bevorzugten sogar die Aufnahme von Wiesensafran gegenüber Heu.“

In ihrer Studie wiesen die Autorinnen auch auf EU-Vorschriften hin, nach denen Futtermittel nicht vermarktet oder an Lebensmittel liefernde Tiere verfüttert werden dürfen, wenn sie unsicher ist. Futtermittel sind unsicher, wenn davon ausgegangen wird, dass sie die Tiergesundheit beeinträchtigen. Zu diesen Futtermitteln ist zweifellos auch Heu zu zählen, das mit Herbstzeitlose verunreinigt ist. Mit der EU-Verordnung (EG) 767/2009 wurde das Verbot auf nicht der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere ausgeweitet. Darüber hinaus gilt Colchicin als verbotener Stoff für Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen, und zwar gemäß der EU-Verordnung 37/2010, die auch auf Schlachtpferde angewendet werden kann.

Das Resümee der Autorinnen: „In unserer Studie konnte die Aufnahme von Herbstzeitlose durch Pferde auch unter Fütterungsbedingungen wie der Verwendung von Heu ad libitum nicht ausgeschlossen werden. Die Gründe für die Aufnahme von Herbstzeitlose sind bei Pferden nicht vollständig geklärt. Da eine Vergiftung durch Herbstzeitlose aus der routinemäßigen Fütterungspraxis bei Pferden nicht ausgeschlossen werden kann, sind Wiesen mit Herbstzeitlose für die Heuproduktion nicht geeignet.“

Die Studie „Rejection behaviour of horses for hay contaminated with meadow saffron (Colchicum autumnale L.)" von Clara Mueller, Louisa Sroka, Marie-Lena Hass, Sabine Aboling, Anja These und Ingrid Vervuert ist am 18. Okt. 2021 im ,Journal of Animal Physiology and Animal Nutrition' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen