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Deutschland: Die Angst vor dem Wolf geht um
26.05.2015 / News

Seit 1998 gibt es wieder frei lebende Wölfe in Deutschland – das ungehinderte Wachstum der Population bringt immer mehr Probleme mit sich.
Seit 1998 gibt es wieder frei lebende Wölfe in Deutschland – das ungehinderte Wachstum der Population bringt immer mehr Probleme mit sich. / Foto: Fotolia/Vera Kuttelvaserova

... und zwar unter Pferdezüchtern und Pferdebesitzern: Zwei Vorfälle, in denen vermutlich Wölfe Pferde attackierten und in einem Fall sogar ein neugeborenes Fohlen getötet haben, geben Anlass zu Besorgnis.

 

Wer hat Angst vor dem bösen Wolf? Dieser alte Kinderreim gewinnt in Deutschland gerade neue Aktualität. Mittlerweile sind es nicht nur Bauern und Tierzüchter, die hier um ihre Schafe und Ziegen fürchten, sondern auch immer mehr Pferdezüchter und Pferdebesitzer, denen beim Thema Wölfe angst und bang wird.

In Bispringen (Landkreis Heidekreis in Niedersachsen) ist es in der Nacht von 17. auf den 18. Mai zu einem dramatischen Vorfall gekommen: Wie Götz George, Betreiber des Islandpferdegestüts Norderheide, gegenüber dem NDR berichtete, haben vermutlich Wölfe ein neugeborenes Isländerfohlen getötet und nahezu vollständig aufgefressen. Für ihn kommen für die Attacke nur Wölfe in Frage – obwohl eine definitive Bestätigung in Form einer DNA-Analyse noch aussteht. „Was evtl. noch in Frage käme wären wildernde Hunde – aber so ein Fohlen wiegt nach der Geburt 20 bis 25 Kilo, und das wurde komplett aufgefressen."

Ein weiterer Zwischenfall ereignete sich zwei Tage später in Baruth/Mark in Brandenburg: Hier sollen Wölfe versucht haben, zwei ausgewachsene Reitpferde einer Hobbyreiterin zu reißen. Beide Tiere wurden – wie das Online-Portal Mopo24 berichtete – gebissen und schwer verletzt. Die behandelnde Tierärztin und auch der zuständige Revierjagdmeister sind der Meinung, daß es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Wolf war, der die Pferde attackierte  – aber auch hier sollen weitere Untersuchungen endgültige Klarheit bringen. Vanessa Ludwig vom Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz versuchte in einer ersten Stellungnahme zu beruhigen: „Wölfe bevorzugen leichte Beute wie Schafe oder Ziegen, wenn sie Gelegenheit dazu haben. Pferde und Rinder gehören selten zur Beute vom Wolf." Ein Vorfall wie der in Baruth/Mark, bei dem zwei große Reitpferde angefallen wurden, sei ihr in Deutschland bislang unbekannt.

Beide Vorfälle sorgen seither in den sozialen Medien für helle Aufregung und heftige Debatten – und immer häufiger verlangt man von der Politik, das Problem endlich ernst zu nehmen und sich über mögliche Lösungen Gedanken zu machen. Islandpferdezüchter Götz George sieht im herrschenden Jagdverbot die Ursache für die immer häufigeren Attacken – die Tiere haben so ihre natürliche Scheu vor den Menschen und seinem Umfeld verloren. George: „Die Wölfe haben in den letzten fünf, sechs Generationen gelernt, daß der Mensch kein Feindbild mehr darstellt … und man sollte vielleicht darüber nachdenken, ob man sie umerziehen muss."

Das würde bedeuten: Durch kontrolliertes Bejagen dem Wolf seine Grenzen aufzeigen – ohne den Bestand zu gefährden. Doch daran sei bis auf weiteres nicht zu denken, wie Wolfexperten einwenden: Jagd ist keine Option, um das Wolf-Problem zu lösen, der Wolf unterliegt dem Artenschutz in allen Ebenen und darf schon aus rechtlichen Gründen nicht gejagt werden. Sie raten weiter zu konventionellen Schutzmaßnahmen wie Zäunen oder den Schutz ihrer Herden durch Hunde. Auch Pferdezüchter George geht vorerst auf Nummer sicher und wird seine Tiere, vor allem die trächtigen Stuten, einstweilen auf dem Hof belassen – der Aufenthalt auf der Weide ist ihm derzeit zu gefährlich.

In Deutschland gibt es seit 1998 wieder frei lebende Wölfe, die ersten wurden auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz in Sachsen beobachtet, nachdem Deutschland fast ein Jahrhundert lang als wolffrei gegolten hat. Der Bestand hat sich seither kontinuierlich erhöht, heute gibt es in mindestens fünf Bundesländern (Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen) wieder Wölfe, Experten schätzen, dass derzeit ca. 25 Rudel mit insgesamt bis zu 200 Tieren existieren. Allein in den letzten zwei Jahren soll sich die Zahl nahezu verdoppelt haben, was dazu führt, daß die Wölfe ihres Lebens- und Jagdgebiete ausweiten und immer näher an menschliche Siedlungs- und Nutzzonen heranrücken. Die Begegnungen von Menschen und Wölfen werden so immer häufiger – und auch die Konflikte zwischen Naturschützern und Landwirten, die um ihre Schaf-, Ziegen- und Rinderherden fürchten, werden zunehmen. Denn soviel steht fest: Das Comeback des Wolfes in Deutschland hat gerade erst begonnen – und es wird immer deutlicher, daß dies nicht nur positive Seiten hat...

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