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Stärkereiche Ernährung und ihre fatalen Folgen für den Pferdedarm
21.05.2022 / News

Faser- und ballaststoffreiche Ernährung ist für die Darmgesundheit bei Pferden von zentraler Bedeutung – bei stärkereichem Futter ist hingegen Vorsicht geboten.
Faser- und ballaststoffreiche Ernährung ist für die Darmgesundheit bei Pferden von zentraler Bedeutung – bei stärkereichem Futter ist hingegen Vorsicht geboten. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

Eine aktuelle Studie der Universität Turin untersuchte die Risiken, die mit der Fütterung von Pferden mit einer stärkereichen Ernährung verbunden sind. Dabei nahmen die ForscherInnen u. a. auch die potenziell schädliche Rolle von Valeriansäure im Darm unter die Lupe.  


WissenschaftlerInnen der Universität Turin fanden heraus, dass eine stärkereiche Ernährung signifikante Veränderungen im Darmmilieu von Pferden verursacht. „Eine stärkereiche Ernährung hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Darmumgebung des Pferdes in Bezug auf Trockenmasse, Produktion flüchtiger Fettsäuren und Partikelgrößen“, so Federica Raspa und ihre ForscherkollegInnen in der Zeitschrift ,BMC Veterinary Research’.

Die zentrale Erkenntnisse des Studienteams: „Wir haben einen Anstieg des Trockensubstanzgehalts im rechten Dickdarm sowie verringerte Partikelgrößen und eine erhöhte Produktion von Valeriansäure in allen untersuchten Darmabschnitten beobachtet." Ihr wichtigstes Resümee: „Stärkereiche Ernährung sollte zugunsten ballaststoffbasierter Ernährung vermieden werden, um die Darmgesundheit von Pferden zu erhalten."

Ausgangspunkt ihrer Untersuchung war die Tatsache, dass noch immer viele Pferde mit hohen Mengen an Stärke in den Rationen gefüttert werden – und das trotz der bekannten Vorteile einer ballaststoffbasierten Ernährung zur Förderung der Darmgesundheit und des Tierwohl insgesamt, wie die ForscherInnen feststellten.

Den negativen Folgen dieser Fütterungspraxis wollten sie in einer vergleichenden Untersuchung auf den Grund gehen. Sie machten sich daran, die Auswirkungen von zwei verschiedenen Diäten – eine basierend auf hohen Mengen an Stärke und eine basierend auf hohen Mengen an Ballaststoffen – auf spezifische Parameter der Darmumgebung in verschiedenen Teilen des Darms im Verdauungstrakt von Pferden zu vergleichen. Sie konzentrierten sich auf die Mengen an Trockenmasse, organischer Substanz und Aschegehalt sowie die Partikelgrößenverteilung und flüchtige Fettsäuren.

Ihre Untersuchung umfasste 19 Bardigiano-Pferde, die zur Schlachtung bestimmt waren. Neun wurden mit hohen Mengen an Stärke gefüttert, in einer Diät, die 43 % Heu und 57 % stärkereiches pelletiertes Futter umfasste. Die anderen 10 wurden mit hohen Mengen an Ballaststoffen gefüttert, in einer Diät, die 70 % Heu und 30 % eines ballaststoffreichen pelletierten Futters umfasste.

Die AutorInnen berichteten, dass Pferde, die mit der stärkereichen Diät gefüttert wurden, einen höheren Trockenmassegehalt im dorsalen Teil des Dickdarms hatten. Sie zeigten auch einen höheren Gehalt an organischem Material und Asche in bestimmten Darmabschnitten, etwa der Brustbeinflexur, der Beckenflexur, dem Dickdarm und dem Rektum.

Die Pferde mit der stärkereichen Ernährung hatten zudem einen höheren Anteil an Partikeln, die durch ein 8-mm-Sieb zurückgehalten wurden, und einen höheren Anteil an Partikeln, die durch das feinste Sieb (weniger als 1 mm) gespült wurden. Die Gesamtmengen an flüchtigen Fettsäuren sowie Valeriansäure waren bei Pferden, die mit stärkereichem Futter gefüttert wurden, signifikant höher als bei Pferden, die mit ballaststoffreichem Futter gefüttert wurden.

Tatsächlich machte Valeriansäure etwa 40 % der gesamten flüchtigen Fettsäuren aus, die im Enddarm der Gruppe mit hohem Stärkegehalt produziert werden. Valeriansäure wird von Darmbakterien aus unverdauten Kohlenhydraten hergestellt. Es hat eine hohe Fettlöslichkeit und kann die Verdauungsschleimhaut durchdringen. Frühere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass es zur Entwicklung von Magengeschwüren bei Pferden beitragen kann. „Dieser Effekt könnte auch im Enddarm von Bedeutung sein, wo Entzündungsprozesse oft mit stärkereichen Diäten in Verbindung gebracht wurden“, sagten sie. Im Darm der mit ballaststoffreicher Ernährung gefütterten Pferde wurde Valeriansäure hingegen überhaupt nicht nachgewiesen.

Die Forscher sagten, dass ihre Ergebnisse die Vorstellung bestätigen, dass die Zusammensetzung der Nahrung und damit die Praktiken des Fütterungsmanagements in der Lage sind, die Darmumgebung und ihre Funktion zu beeinflussen. „Wichtig ist, dass die beobachteten Veränderungen auch hauptsächlich an jenen Darmsegmenten lokalisiert waren, die bei Kolikenoperationen häufig mit Verdauungsproblemen in Verbindung gebracht werden.“  In Anbetracht der Ergebnisse sollte eine ballaststoffbasierte Ernährung bei Pferden gefördert werden, um die Darmgesundheit zu schützen, so das Resümee der WissenschaftlerInnen.

Sie betonten weiters, dass hohe Gehalte an flüchtigen Fettsäuren, die bei Pferden mit stärkehaltiger Ernährung gefunden werden, das Risiko von Verdauungsstörungen erhöhen könnten – und dass die Partikelgröße im Darm anscheinend nicht nur durch das Kauen und den Zustand der Zähne beeinflusst wird, sondern auch durch die Stärkemengen in der Nahrung. „Es ist bekannt, dass hohe Mengen an unverdauter Stärke für Veränderungen oder Verschiebungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms verantwortlich sind, die zu einer Verringerung der Aktivität fibrolytischer Mikroorganismen und in der Folge zu einer Verringerung der Fermentationsfähigkeit der Faser führen. Dieser Aspekt erscheint besonders wichtig, wenn man bedenkt, dass die adäquate Ballaststoffverdauung als entscheidend für die Verringerung der Partikelretention im Darm angesehen wird, deren Auftreten das Risiko einer Dickdarmblockade erhöht.“

Die Studie „A high-starch vs. high-fibre diet: effects on the gut environment of the different intestinal compartments of the horse digestive tract" von Federica Raspa, Ingrid Vervuert, Maria Teresa Capucchio, Elena Colombino, Domenico Bergero, Claudio Forte, Martina Greppi, Laura Cavallarin, Marzia Giribaldi, Sara Antoniazzi, Damiano Cavallini, Ermenegildo Valvassori und Emanuela Valle ist am 19. Mai 2022 in der Zeitschrift ,BMC Veterinary Research' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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