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Studie: Schlecht sitzende Gebisse bei Pferden weit verbreitet
23.05.2022 / News

Bild A: Hier passt die Gebissdicke – die Zunge hat genug Platz. Bild B zeigt hingegen ein Gebiss, das zu dick ist – es bietet zu wenig Platz für die Zunge, die teilweise hinter dem Gebiss zurückgezogen ist.
Bild A: Hier passt die Gebissdicke – die Zunge hat genug Platz. Bild B zeigt hingegen ein Gebiss, das zu dick ist – es bietet zu wenig Platz für die Zunge, die teilweise hinter dem Gebiss zurückgezogen ist. / Foto: Mirjami Anttila et.al.
Die oralen Messungen erfassten folgende Parameter: Mundbreite (A), Abstand zwischen Ober- und Unterkiefer (B), Zungendicke (C) und Unterkieferbreite (D).
Die oralen Messungen erfassten folgende Parameter: Mundbreite (A), Abstand zwischen Ober- und Unterkiefer (B), Zungendicke (C) und Unterkieferbreite (D). / Foto: Mirjami Anttila et.al.

Bei mehr als einem Viertel der untersuchten Pferde und Ponys wurde ein Gebiss verwendet, das größenmäßig nicht passte – das ist bedenkliche Resümee einer Studie von Wissenschaftlerinnen der Universität Helsinki.

 

Gebisse üben Druck auf die empfindlichen Strukturen des Pferdemauls aus – ein passendes Gebiss ist daher für das Wohlergehen des Pferdes und eine gute Kommunikation mit dem Tier unerlässlich, so die Wissenschaftlerinnen Mirjami Anttila, Marja Raekallio und Anna Valros von der Universität Helsinki.  Sie untersuchten Variationen in den Mundmaßen von erwachsenen Pferden und Ponys verschiedener Rassen in Bezug auf die Gebisspassung. Sie bewerteten den Sitz des Gebisses, indem sie die Mundmaße mit dem aktuell verwendeten Gebiss verglichen, das vom Pferdebesitzer zur Verfügung gestellt wurde.

Die Studienpopulation bestand aus 308 Wallachen und 246 Stuten im Alter von 5 bis 29 Jahren, die für die routinemäßige Zahnpflege vorgesehen waren und bei dieser Gelegenheit von dem in der Pferdezahnheilkunde erfahrenen Tierarzt untersucht wurden. Dabei wurden unter Sedierung Mundweite, Abstand zwischen Ober- und Unterkiefer, Zungendicke und Unterkieferbreite gemessen. Etwa die Hälfte der Pferde wurde bei Turnieren eingesetzt, 218 wurden als Freizeitpferde zum Reiten oder Fahren eingestuft, weitere 62 wurden für Trabrennen verwendet.

Alle oralen Dimensionen variierten je nach Rasse und Geschlecht, so die AutorInnen: Die Mundbreite und der Abstand zwischen Ober- und Unterkiefer wurden durch das Alter beeinflusst. Die Maulmaße bei Stuten waren signifikant kleiner als bei Wallachen. Bei Finnpferden – einer Kaltblutrasse – waren die oralen Dimensionen größer als bei anderen Rassen; bei Ponys waren sie kleiner. Bei 465 der 554 Pferde wurden Gebissdetails erfasst, fünf favon (1,1 %) wurden gebisslos geritten.

„Es wurde leider häufig ein Gebiss verwendet, das nicht zum Pferd passte“, so das Studienteam in der Zeitschrift Frontiers in Veterinary Science. „Das Gebiss war entweder zu kurz oder zu lang (über 10 mm länger) im Vergleich zur Mundbreite, quetschte die Zunge zwischen Ober- und Unterkiefer ein – oder das Mittelstück war ebenso lang wie die Unterkieferbreite, was möglicherweise Druckstellen oder den sogenannten Nussknacker-Effekt an den Unterkieferladen verursachen konnte.“

Pferde und Ponys hatten im Durchschnitt ein Gebiss, das 3,6 mm länger als die Maulbreite war, aber die Gebisse reichten von 20 mm kürzer bis 30 mm länger. Die Gebisslänge wurde bei 313 von 422 Pferden, bei denen die Gebisse bewertet wurden, als passend bewertet, was 74,2 % entspricht. Allerdings hatten 109 der Pferde – etwas mehr als ein Viertel der 422 Pferde – eine Gebisslänge, die nicht passte. Zu kurz zu sein war etwas häufiger als zu lang.

Der verfügbare Platz für das Gebiss zwischen den Kiefern bei den Studienpferden reichte von 5 mm bis 22 mm, wobei der Durchschnitt 14 mm betrug. Die Bewertung der Gebissdicke zeigte, dass Pferde im Durchschnitt 0,3 mm freien Platz zwischen Ober- und Unterkiefer hatten, wenn das Gebiss im Maul war und die Zungendicke berücksichtigt wurde.

Pferde hatten im Durchschnitt Platz für ein 14 mm dickes Gebiss, ohne die Zunge zusammenzudrücken, berichteten sie. In einigen Fällen stellten die Forscher fest, dass das Gebiss zu dick war und die Zunge zusammendrückte. Das am häufigsten verwendete Gebiss war eine zweiteilige Trense (46,0 %), gefolgt von einer einfach gebrochenen Trense (30,5 %) und einem starrem oder flexiblem Stangengebiss (11,6 %). Der häufigste Seitenteil-Typ war ein beweglicher, durchlaufender Gebissring, der von zwei Dritteln der ReiterInnen verwendet wurde. Das am häufigsten verwendete Gebissmaterial war Edelstahl, das in 74,0 % der Fälle verwendet wurde. Metalllegierungen oder Kombinationen von Metallen wurden in 15 % der von den Besitzern präsentierten Gebisse verwendet.

Bei der Diskussion ihrer Ergebnisse stellten die Autoren fest, dass die größte Variation der oralen Abmessungen zwischen den Pferderassen gefunden wurde. „Dies unterstützt frühere Erkenntnisse, dass die größten Unterschiede in den Schädelabmessungen zwischen den Rassen im nasalen Teil des Schädels zu finden sind.“ Alle Maulmaße der Wallache waren größer als die der Stuten, was durch die Wirkung von Sexualhormonen auf das Pferdewachstum erklärt werden kann.

„Obwohl Rasse, Alter und Geschlecht einen Teil der Schwankungen in den Mundmaßen erwachsener Pferde und Ponys erklären, bestehen individuelle Unterschiede, was die Bedeutung der Messung der Mundmaße und der regelmäßigen Bewertung der Gebisspassung mit zunehmendem Alter des Pferdes erhöht.“ Das Studienteam empfahl, den Sitz des Gebisses regelmäßig mit zunehmendem Alter des Pferdes zu überprüfen.

Die Studie „Oral Dimensions Related to Bit Size in Adult Horses and Ponies" von Mirjami Anttila, Marja Raekallio und Anna Valros ist am 12. Mai 2022 in der Zeitschrift ,Frontiers in Veterinary Science' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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