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20 % lehnen jeglichen Pferdesport ab: "Weckruf für alle Beteiligten"
23.06.2022 / News

Szenen wie diese (der US-Springreiter Kevin Lemke prügelt nach einer Verweigerung auf sein Pferd ein) sind Gift in der öffentlichen Wahrnehmung und untergraben die soziale Akzeptanz des Pferdesports ingesamt.
Szenen wie diese (der US-Springreiter Kevin Lemke prügelt nach einer Verweigerung auf sein Pferd ein) sind Gift in der öffentlichen Wahrnehmung und untergraben die soziale Akzeptanz des Pferdesports ingesamt. / Symbolfoto: Archiv/Vimeo/PETA

Die Tierschutzorganisation ,World Horse Welfare’ hat eine repräsentative Umfrage über die gesellschaftliche Akzeptanz des Pferdesports durchgeführt – mit ernüchternden Ergebnissen: Eine Mehrheit sieht die aktuelle Situation kritisch – und 20 % lehnen Pferdesport sogar kategorisch ab.

 

In immer mehr Ländern wird die gesellschaftliche Akzeptanz (in englischsprachigen Länder als ,social license’ bezeichnet) des Pferdesports immer intensiver diskutiert. Dahinter verbirgt sich das weltweite Phänomen, dass eine wachsende Bevölkerungsgruppe den Umgang mit Tieren in vielen gesellschaftlichen Bereichen – von der Nahrungsmittel-Produktion über den Tourismus bis hin zum Sport – zusehends aufmerksamer und sensibler beobachtet. Tierschutz und Tierschutz sind in vielen Bevölkerungsgruppen zu zentralen gesellschaftlichen Werten aufgestiegen und werden deutlich stärker gewichtet als noch vor einigen Jahren.

Diskussionen über diese Themen tauchen immer öfter in Medien und Öffentlichkeit auf – und verschärfen sich in sozialen Netzwerken oft rasch zu Orkan-Stärke. Die immer größere Sensibilität in Sachen Tierschutz bekommen immer mehr gesellschaftliche Gruppen zu spüren – Landwirte und Züchter ebenso wie Fiakerunternehmen oder eben auch Pferdesportler. Wie bedeutsam und relevant diese Sensibilität sein kann, bekamen die Pferdesportler anhand der weltweiten Empörung über den medienwirksamen Eklat beim olympischen Fünfkampf in Tokyo zu spüren – und zuletzt auch die Wiener Fiaker, die der grüne Gesundheitsminister Johannes Rauch für „aus der Zeit gefallen“ hält.

Aber entspricht die wahrgenommene Sensibilität in der Öffentlichkeit auch der tatsächlichen in der Bevölkerung? Oder wird hier nur die öffentliche Meinung von radikalen Tierschutz-Aktivisten gleichsam instrumentalisiert und künstlich aufgeschaukelt? Dieser Frage wollte die britische Tierschutzorganisation ,World Horse Welfare’ auf den Grund gehen – und hat im Vorfeld einer für den 21. Juni geplanten Diskussion das Meinungsforschungsinstitut YouGov mit der Durchführung einer unabhängigen Untersuchungen zur Erforschung der öffentlichen Meinung zum Thema des Wohlergehens von Pferden im Sport beauftragt. Die zentralen Ergebnisse wurden auf der Website von ,World Horse Welfare' veröffentlicht.

Über 2.000 Erwachsene, repräsentativ für die britische Bevölkerung in Bezug auf Geschlecht und sozioökonomischen Hintergrund, nahmen im Mai 2022 an der Studie teil. Die überwiegende Mehrheit (94 %) der Befragten hatte in letzter Zeit wenig oder keinen Kontakt mit Pferden und 45 % hatten noch nie Kontakt jeglichen Kontakt mit Pferden.

Die wichtigsten Erkenntnisse waren:
– 40 % der Befragten befürworteten die weitere Beteiligung von Pferden am Sport nur, wenn ihr Wohlergehen verbessert wird, während 60 % meinten, dass es im Pferdesport mehr Sicherheits- und Tierschutzmaßnahmen geben sollte.
– 16 % waren der Meinung, dass ihr Vertrauen in den Schutz des Pferdewohls im Sport in den letzten 2-3 Jahren als Reaktion auf die Medienberichterstattung negativ beeinflusst wurde.
– Mehr als die Hälfte (52 %) war der Meinung, dass dem Wohlergehen der Pferde in der Kommunikation mehr Priorität eingeräumt werden sollte.
– 20 % – also immerhin jede/r fünfte Befragte – befürwortet unter keinen Umständen die weitere Beteiligung von Pferden im Sport.

(Anmerkung: Sämtliche Zahlen stammen, sofern nicht anders angegeben, vom britischen Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov Plc. Die Gesamtstichprobengröße betrug 2057 Erwachsene. Die Feldarbeit wurde zwischen dem 20. und 22. Mai 2022 durchgeführt. Die Umfrage wurde online durchgeführt. Die Zahlen wurden gewichtet und sind repräsentativ für alle Erwachsenen im Vereinigten Königreich (ab 18 Jahren).

Die Ergebnisse sind zweifellos ernüchternd – denn sie zeigen, dass die gesellschaftliche Akzeptanz des Pferdesports gleichsam auf der Kippe steht und droht, ins Negative zu kippen: Immerhin geben 60 % – also eine deutliche Mehrheit – an, dass sie die aktuelle Situation des Pferdesports im Hinblick auf Sicherheit und Tierschutz als unbefriedigend empfinden und Verbesserungen verlangen. Und immerhin 20 % deklarierten sich gar als kategorische Gegner jeglichen Pferdesports – selbst wenn weitere Verbesserungen im Bereich Tierschutz und Pferdewohl durchgeführt werden sollten.

Roly Owers, Geschäftsführer von World Horse Welfare, zu den Ergebnissen: „Dies ist die erste Umfrage, die wir zu diesem wichtigen Thema durchgeführt haben, und die Ergebnisse sollten allen am Pferdesport Beteiligten ein Weckruf sein, dass ihnen hinsichtlich des Wohlergehens der Pferde nicht jenes Vertrauen entgegegengebracht wird, das benötigt wird, um die öffentliche Unterstützung weiter zu gewährleisten. Ich befürchte, dass die Ergebnisse unserer Umfrage ein realistisches Bild darüber vermitteln, wie die britische Öffentlichkeit das Wohl von Pferden im Sport wahrnimmt und beurteilt, aber wir können und müssen dieses Bild umkehren.“

,World Horse Welfare’ möchte daher mit seiner Diskussions-Veranstaltung am 21. Juni  „einen tieferen Dialog darüber anregen, wie die verschiedenen Pferdesportarten besser zusammenarbeiten können, um dieses Problem anzugehen und ihre jeweiligen Aktivitäten langfristig und nachhaltig abzusichern. Der Pferdesport kann dieses Vertrauen in der Öffentlichkeit wieder aufbauen, die öffentliche Unterstützung, gleichsam seine gesellschaftliche ,Betriebsgenehmigung’. aufrechterhalten und eine glänzende Zukunft haben – aber nur, wenn er sich für Veränderungen öffnet.“

Der Pferdesport und alle daran Beteiligten tun jedenfalls gut daran, diesen ,Weckruf’ zu hören und ernst zu nehmen – und Tierschutz und Pferdewohl als die zentralen Herausforderungen der Zukunft zu begreifen. Wie die weltweite Empörung zum olympischen Fünfkampf-Eklat deutlich gezeigt hat, haben sich die Zeiten geändert – und es muss ich wohl auch der Pferdesport ändern, wenn er eine Zukunft haben will …

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