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Hippologische Betrachtungen des Dr. K.: Ausflug nach Kladrub, Reiter & Rittigkeit
22.02.2025 / News

Bei einem Ausflug nach Kladruby nad Labem kann man viel über die dort gezüchteten Pferde und die besondere Eigenart dieser altösterreichischen Rasse erfahren, die auch hierzulande ihre Spuren hinterlassen hat, bis in die Gegenwart.

 

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, bei welcher Gelegenheit ich die Geschichte hörte, die ich Ihnen nun erzählen werde – ich weiß jedoch: ich war kein Kind mehr und die Erzählung hat mich außerordentlich mit bleibendem Nachhall beeindruckt.
„In einem schmalen Hohlweg begegnen einander zwei Fuhrwerke, jeweils bespannt mit mehreren Pferden. Da ein Vorbeifahren aus Platzgründen unmöglich war, musste wohl eines der Fuhrwerke rückwärtsrichten und zurückschieben – ein schwieriges Unterfangen!
Der eine der beiden Fuhrwerker hub mit einem schrecklichen Geschrei an, schwang seine Peitsche gegen die Pferde des anderen, fluchte mit der diesem Gewerbe innenwohnenden Grandezza und drohte mit grimmiger Miene schlussendlich mit den Worten: Wenn Du nicht augenblicklich zurückschiebst, mache ich wieder, was ich heute schon einmal mit einem Kutscher gemacht habe!
Der Ingrimm von Miene, Gesten und Worten versetzten den Bedrohten in Angst und Schrecken, er nahm die Leitseile auf, richtete die Pferde aus und setzte die Fuhre mühsam zurück.
Zufrieden kam der drohende Fuhrwerker mit seinem Gespann nach; als Wägen und Kutschbock auf gleicher Höhe waren, wurden die Gespanne durchpariert und – noch immer eingeschüchtert – wandte sich der Bedrohte kleinlaut an sein Gegenüber: Sag mir, mein Guter, was hast Du mit dem anderen Kutscher gemacht, der Dir heute nicht ausweichen wollte?
Der Grobian, schon weniger in Kampfeslaune, senkte den Kopf und mit kaum erkennbarem Grinsen gab er zur Antwort: Naja, da hab' ich dann zurückgeschoben!!!

Der Fahrstil mancher Verkehrsteilnehmer unserer Tage erinnert mich – einem Gleichnis ähnlich - immer wieder an diese Parabel – am „Kutschbock“ ihres Kraftfahrzeuges sitzen „Fuhrleute“ aller möglichen geschlechtlichen Spielarten, die sich etwas zu wichtig nehmen und die fluchen wie Kutscher, wenn's nicht nach ihrem Schädel geht – Rücksicht wäre auch Vor-Sicht.

Querverkehr hat Vorrang ...

…..„miles gloriosi“ natürlich!

Bevor Sie nun weiterlesen, bitte ich Sie einen Blick auf die Tafel unter dem Warnschild zu werfen.

Sollte Ihnen der markante Ramskopf des dargestellten Pferdes gleich ins Auge gesprungen sein, so wissen Sie auch: dieser Hinweis auf Pferde kann nur in der Nähe von Kladruby nad Labem oder von Slatinany in Tschechien stehen.

 

Im Jahre 1522 legten die Adelsfamilie Pernstein, ein äußerst bedeutsames fürstliches Geschlecht und renommierte Pferdezüchter im Königreich Böhmen, in den Auwäldern der Elbe ein „Gehege“ an, in welchem neben Wildtieren auch Pferde gehalten wurden. Vierzig Jahre später ging das Areal, das zum herrschaftlichen Gut Pardubice gehörte, in landesherrschaftlichen Besitz über und 1563 kam es zur Gründung eines Gestüts, das sechzehn Jahre später durch den Habsburger Rudolf II. zum Hofgestüt erhoben wurde und das bis zum Ende der Monarchie  ständig erweitert und modernisiert wurde.

In der Darstellung von Johann Georg de Hamilton aus 1725 findet man Pferde unterschiedlichster Farben und Zeichnungen – im Laufe der Zeit und in Anpassung an den höfischen Gebrauch wurden Schimmel und Rappen in Reinzucht weitergefördert, etwa 250 Schimmel sind rund um das Gestüt Kladruby nad Labem auf wunderbaren Weidegründen in großen, alterssortierten Gruppen zu sehen, die Rappen sind in den ehemaligen Stallungen der Fürsten Auersperg in Slatinany zusammengefasst.

 

Gut behütet wachsen menschenfreundliche Pferde heran.

 

Besucher der Pferdeweiden (jeweils unmittelbar an den Gestütsstraßen) sollten unbedingt viel Zeit und einen Feldsessel mitbringen – es ist gleichermaßen lehrreich wie erquicklich, den Alt-Kladrubern in ihrem Gruppenverhalten zuzuschauen und die vornehme Art dieser Pferde im Verhalten innerhalb ihrer Herde zu bestaunen.

 

Hans Wolfmayer, der verdienstvolle österreichische Fahrer, der mit „Susi“ und „Lenka“ neben den „Gestüts-Fahrern“ einen erheblichen Beitrag zum Ansehen der Kladruber im Fahrsport leistete, erzählte immer, dass seine beiden Stuten bereits als Fohlen und dann als Jungpferde auf den Weiden stets paarweise gelaufen wären, ein Pferd – ich habe vergessen welches es war – immer eine Handbreit hinter dem anderen.
Ein typisches Bild, das mir „Onkel Hans“ (zum Beispiel) großzügig für meine Trainingslehre überließ.

Der Grauschimmel und der Milchschimmel auf der Abbildung oben zeigten dieses Synchronverhalten auf der Weide ebenfalls – es scheint also eine gewisse künstlerische, balletthafte Attitüde diesen Pferden zu Eigen zu sein.

 

 

Altkladruber-Stuten waren die Mütter der Podhajsky-Schimmel, von ihren Züchtern Ewald und Milos Welde zu Ehren des einzigartigen Alois Podhajsky (*1898 , †1973) – Reiter und Offizier in der österreichischen Armee und Leiter der Spanischen Hofreitschule – so benannt. Die Väter waren Cob-Hengste.

 

„Satchmo“ und „Richmond“ gefahren von Ewald Welde. Beifahrer war in diesem Bewerb Fritz Fröch, der für den verletzten Heinz Schmid einsprang.

Podhajsky Schimmel
Erscheinungsbild: gerader bis ramsiger Kopf, kompakter Hals, kurzer Rücken, schräge Schulter, dichtes Langhaar, kräftige Hinterhand, tiefe Brust, trockenes Fundament
Verbreitung: Österreich
Größe: 150 bis 160 cm
Eignung: Fahrpferd, Freizeit
Farben: alle, keine Schecken, vor allem Schimmel
Charakter: intelligent, mutig

Der Podhajsky Schimmel ist eine sehr junge Rasse aus Österreich. Diese Rasse wurde in den 1980er in Niederösterreich auf dem Gestüt Gschwendthof in Maria Anzbach durch das Brüderpaar Welde entwickelt. Ziel war die Zucht eines vielseitigen Pferdes im Barocktyp für den Fahrsport, daher kreuzte man Kladruber und Welsh Cob miteinander.
Quelle: https://www.pferd.de/threads/149014-rassenliste

 

Erste Weltmeisterschaft „for Pairs“ 1985 in Sandringham, GB“ – zwei „horse men“ im Gespräch: der Brite George Bowman und der Österreicher Ewald Welde – beide Herren waren den Kladrubern aufs innigste verbunden.

 

Bei der Vorbereitung der Vorauspferde zur Dressur der WM der Vierspänner 1984  in Szilvasvarad (H) – Geritten von George Bowman: der blinde Leader, ein unglaubliches Pferd.

 

Seine Gelenkigkeit und seinen Einfallsreichtum demonstriert dieser Altkladruber – Schimmel den Besuchern seines Gestüts in Tschechien.

Der Funktion von Parade-Karossiers für Fürstenhäuser – die Schimmel für freudige, die Rappen für traurige Anlässe – kommen die Altkladruber nur mehr mancherorts und gelegentlich nach.
Unter der Ära von Dr. Norbert Zalis als Gestütsleiter wurde der Pferdetyp „modernisiert“ – schlanker und wendiger gezüchtet. Diese Maßnahme eröffnete den Zugang dieser wunderbaren Pferde in die Gesellschaft unserer Tage, als Reit- und Jagdpferde, als Freizeitpferde, als wertvolle Partner in der Hippotherapie und als Dienstpferde der berittenen Polizei. Mit dem Friesenhengst Romke gelang auch eine Konsolidierung der Rapp-Farbe bei erhaltenem rassetypischem Exterieur.

 

Die beiden Altkladruber-Wallache „Solo Ronda“ (15) und „Favory Fialka“ (16) teilen seit Jahren ihr Leben mit uns und geben bedürftigen Menschen Freude und Sicherheit in ihrer beruflichen Mission als verlässliche „Mitarbeiter in der Pferde-assistierten Psychotherapie“.


Dieser Bericht wäre unvollständig, würde ich nicht das 1995 gegründete und noch immer aktive Kladruber-Zentrum Altenfelden des Josef Leibetseder erwähnen.

 


Klage vor Gericht: Mangelhafte Rittigkeit – das Pferd spiegelt den Reiter

Beim Vorreiten im Rahmen der Befundaufnahme zeigte sich, dass die Reiterin die ordnungsgemäßen Kriterien für ein „Freireiten“ nicht beherrschte:
– Anlehnung gleichmäßig, aber nicht gleichbleibend
– Sitz in der Schwerlinie
– Unabhängiger Sitz
– Korrekte Beinhaltung
– Gleichmäßige Belastung des Pferderückens

 

Rückenlage, kreuzhohl, Schenkel an der Schulter, das Pferd kann nicht „abrollen“.

 

Schiefer Sitz – unsymmetrische Rückenbelastung

 

Fehlerhafter Sitz und gleichbleibende Anlehnung bringen ein Pferd aus dem Gleichgewicht und stören die physiologische Vorwärtsbewegung durch Verschiebung der Körperproportionen.

Die Fehler eines Reiters können nicht dem Pferde angelastet werden.

 

Ludwig Koch: Die Reitkunst im Bilde (OLMS)
 

Sitzschulung an der Longe – unter den wachsamen Augen fachkundiger Longenführer – ist meist der einzige Weg zur Korrektur – und der Wille der „Reitenden“.
Stupides „Zentrifugieren“ ist kontraproduktiv.

 

Gutachten, Entscheidungen, Patientenberichte, PPTs, Bilder und Lichtbilder, Grafiken sowie Literatur stammen aus dem Privatarchiv und ex libris Dris. Kaun.

Meine Aufsätze, Publikationen, Betrachtungen und Kommentare zur Klinisch angewandten, forensischen und ethischen Hippologie stellen, wenn nicht anders gekennzeichnet, meine persönliche Meinung dar und sollen Pferdeleuten unserer Tage zur persönlichen Orientierung und helfen und dienen.
Personen aus dem kommerziellen Umfeld der Pferdewelt (Veranstalter von Kursen und Lehrgängen, Autoren, Publizisten, Sachverständige oder Rechtsberufe) mögen die von Anstand und gutem Benehmen diktierte Regel, nicht zu stehlen, respektieren und deshalb Quellen gemäß der Zitiervorschriften benennen.
Sollten Leser meiner Schriften Einzelnes vertiefen wollen, so kann – unter den angeführten Bedingungen – aus dem reichen Fundus der Downloads von Univ. Lektor VetRat Mag. et Dr. med. vet. Reinhard Kaun auf www.pferd.co.at geschöpft werden – auch persönliche Kontaktaufnahme unter tierarztdr.kaun@pferd.co.at ist möglich – in sozialen Medien wird nicht verkehrt.   

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