Werden Weidepferde durch Drohnen gestört? 25.04.2023 / News
Pferde reagieren auf Drohnen – aber erholen sich auch relativ rasch von dieser Störung ... / Symbolfoto: Archiv/Simone Aumair
Mit dieser Frage haben sich WissenschaftlerInnen in den USA befasst und mit einer Drohne sowie einer Gruppe von Testpferden eine Reihe von Versuchen unternommen. Die Ergebnisse geben durchaus Anlass zur Sorge – doch es gibt auch eine gute Nachricht.
Die Zahl der Drohnen nimmt generell deutlich zu – und auch in der Landwirtschaft sind die flinken und vielseitigen Fluggeräte immer häufiger anzutreffen. Die Anwendungsgebiete der unbemannten Luftfahrzeuge sind dabei äußerst vielfältig – von Luftbildaufnahmen von Pflanzenbeständen und der Erkundung von Hagel- oder Frostschäden über die Überwachung von Viehherden bzw. Weideflächen bis hin zur Nützlingsausbringung oder Wärmebildaufnahmen von Agrarflächen, etwa zum Aufspüren von Rehkitzen vor der Ernte.
Immer mehr Landwirte setzen daher auf Drohnen als Mittel zur Verbesserung von Effizienz und Produktivität auf ihrem Betrieb – auf der anderen Seite sorgt ihr vermehrter Einsatz aber bei Pferdebesitzern und Viehzüchtern, die ihre Tiere auf Weiden halten, für zunehmende Besorgnis wegen möglicher negativer Konsequenzen und der mutmaßlichen Beeinträchtigung des Tierwohls.
Um dieses Problem wissenschaftlich anzugehen, haben ForscherInnen der Brigham Young University in Provo im Bundesstaat Utah (USA) eine Studie durchgeführt, um die möglichen Auswirkungen von Drohnen auf Weidepferde zu untersuchen. Die Ergebnisse des Teams wurden im Vorjahr in der Zeitschrift ,Rangelands' veröffentlicht, wobei der Hauptautor Ryan Howell und seine KollegInnen mit ihrer Untersuchung auch die Hoffnung verknüpfen, sowohl private Viehzüchter als auch öffentliche Behörden, die Pferdepopulationen verwalten, über die potenziellen Einsatzmöglichkeiten von Drohnen zu informieren und auf Vor- und Nachteile bei ihrer Verwendung hinzuweisen.
Die Studie umfasste die Beobachtung von Pferden im Besitz von Privatpersonen auf verschiedenen Grundstücken in Utah, wobei die Reaktionen der Pferde auf sich nähernde Drohnen in verschiedenen Höhen über dem Boden bewertet wurden. Einige Drohnenflüge konzentrierten sich auf einzelne Pferde, andere auf Gruppen von bis zu zehn Pferden.
Vor dem Drohnenflug hat das Forschungsteam die Pferde mit einem Fernglas aus der Ferne beobachtet. Auch Videomaterial der Bordkamera war verfügbar. Die Drohne wurde weit entfernt von den Pferden gestartet und die Forscher klassifizierten ihr Verhalten in verschiedene Kategorien wie Gehen, Traben, Grasen, Liegen, Stehen und Wachsamkeit.
Die Forscher überwachten das Verhalten der Pferde vor dem Start der Drohne und anschließend in 5-Sekunden-Intervallen, als sich die Drohne in drei verschiedenen Höhen über dem Boden näherte: 3 m, 15 m und 33 m. Die Aufzeichnung wurde fortgesetzt, während die Drohne vor dem Abflug über den Pferden schwebte.
Die Studie ergab, dass sich das Verhalten der Pferde durch die Annäherung bzw. Wahrnehmung einer Drohne veränderte: War vor dem Start der Drohne Grasen das häufigste Verhalten, das die Pferde zeigten, so nahm das Grasen deutlich ab, sobald sich die Drohne näherte. Die Pferde reagierten mit Wachsamkeit, gefolgt von anschließendem Umhergehen – unterbrachen also das zuvor gezeigte Grasen: „Es wurden keine Tiere beim Grasen nach 50 Sekunden beobachtet und kehrten während der gesamten Dauer des Beobachtungszeitraums nicht zum Grasen zurück", so die AutorInnen.
Sie beobachteten „einen Abwärtstrend bei der Beweidung und darauf folgende verstärkte Tendenzen zu Ausweichbewegungen und Wachsamkeit, die unsere Studienpferde zeigten“. Die Forscher weiter: „Dies könnte darauf hindeuten, dass die Nahrungsaufnahme von Pferden durch die Drohnenaktivität gestört werden kann und dass die allgemeine Gesundheit, der Stress und die Ernährung durch die durch die Drohnenaktivitäten und ihre Flugmuster hervorgerufene Angst beeinträchtigt werden könnten.“
Und weiter: „Das während der Zeit zwischen der anfänglichen Annäherung und der Ankunft der Drohne an einer Position über der Herde gezeigte Pferdeverhalten war für alle drei Flughöhen ähnlich. Vergleicht man jedoch die Anzahl der Pferde, die ihr Verhalten zwischen der ersten Annäherung und der Ankunft der Drohne über ihnen änderten, mit denen, die dasselbe Verhalten beibehielten, behielten die meisten (82,4 %, 86,7 und 58,3 %) ihr ,alarmiertens' oder ausweichendes Verhalten in allen drei Höhen bei. Ein ähnliches Muster wurde zwischen der Ankunft in der Überkopf-Position und den nachfolgenden Test-Zeitpunkten beobachtet. In den ersten 20 Sekunden der Störung in 3 m Höhe neigten die Personen dazu, ihr wachsames Verhalten zu verringern und das langsame Ausweichverhalten leicht zu erhöhen, jedoch begann nach 20 Sekunden ein größerer Teil der Pferde zu galoppieren, um der Drohnenstörung auszuweichen."
Die Tests ergaben jedoch auch, dass die durch die Drohne verursachten Verhaltensänderungen nur von relativ kurzer Dauer waren – insbesondere dann, wenn diese in größerer Höhe flog: „Die Erholung vom veränderten Verhalten war schneller, wenn Drohnen in einer Höhe von 33 m flogen – und erfolgte in geringerem Maße in einer Höhe von 15 m. Das deutet darauf hin, dass sich Pferde schnell an eine ankommende Drohne gewöhnen können, wenn das Flugmuster nicht als bedrohlich wahrgenommen wird. Frühere Forschungen stellten eine vernachlässigbare Verhaltensreaktion auf Drohnen fest, die sich aus großer Höhe näherten und nur wenig bewegten. Wir fanden heraus, dass ausweichendes Verhalten bei einer Flughöhe von 15 m und 33 m weniger verbreitet war als bei einer Flughöhe von 3 m. Näherte sich die Drohne aus horizontaler Richtung, zeigten die Pferde eher Wachsamkeit."
Insgesamt zeigte sich also, so das Resümee der WissenschaftlerInnen „dass Pferde auf Drohnen reagieren, typischerweise mit einer Bewegung weg von der Position der Drohne" – sich von dieser Beeinträchtigung aber relativ schnell wieder erholen, und zwar umso rascher, je größer die Flughöhe der Drohne war.
Die Möglichkeit, durch Drohnen auch die Bewegungsmuster von wildlebenden Pferden beeinflussen zu können, könne unter Umständen aber sogar von Nutzen sein, nämlich als „eine sicherere und kostengünstigere Methode zur Durchführung von Managementpraktiken für freilaufende Pferde", wie sie heute oft noch – etwa zur Regulierung von Mustang-Herden – mit Flugzeugen oder Hubschraubern durchgeführt wird, die erheblich mehr Stress und Angst bei den betroffenen Pferden verursachen. In diesem speziellen Anwendungsfeld könnten Drohnen künftig sogar „ein wertvolles Instrument im Pferdemanagement" sein, so die AutorInnen abschließend.
Die Studie „Evaluating changes in horse behavior as a response to small unmanned aerial vehicles" von Ryan G. Howell, Kaylee Draughon, Haley Johnston, Melissa Myrick, Val J. Anderson, Dennis L. Eggett und Steven L. Peterson ist im April 2022 in der Zeitschrift ,Rangelands' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
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Durch Drohne aufgeschrecktes Pferd verletzte sich schwer 27.02.2021 / News
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Ein in einem Pensionsstall untergebrachtes Pferd im Landkreis Augsburg ist auf der Weide von einer Drohne aufgeschreckt worden und hat sich in der Folge an einem Hinterbein verletzt. Die Polizei sucht nun nach dem Drohnenpiloten.
Wie die Polizeiinspektion Zusmarshausen mitteilte, hat eine 58-jährige Frau aus Gundelfingen Anzeige gegen unbekannt erstattet. Die Frau ist Eigentümerin zweier Pferde, die in der Pferdepension „Forstbachhof“ in Altenmünster-Hennhofen (Landkreis Augsburg in Bayern) eingestellt sind.
Nach ihren Angaben wurde eines ihrer Pferde, eine Stute, am Donnerstag, den 25. Februar 2021, im Zeitraum von 16.30 bis 17.30 Uhr, vermutlich von einer schwarzen, tellergroßen Drohne, auf einer Weide aufgeschreckt. Die Drohne wurde dabei offenbar so nah an das Pferd herangesteuert, dass die Stute nach der Drohne ausschlug, dabei mit dem linken Hinterbein an einem elektrischen Zaun hängen blieb und sich erhebliche Schnittverletzungen zuzog, die in der Folge tierärztlich behandelt werden mussten.
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Um Wildpferde-Populationen zu kontrollieren, müssen immer wieder einzelne Pferde oder auch größere Gruppen eingefangen werden, was bislang meist mit Helikoptern geschah, indem sie die Pferde vor sich herjagten und in Fallen trieben. US-Wissenschaftler haben nun eine sanfte Alternative dazu ausprobiert – nämlich die gezielte Führung ganzer Herden mittels Drohnen.
Wildpferde – präzise gesagt in freier Natur lebende, verwilderte Hauspferde – gibt es in vielen Ländern der Welt – in den USA ebenso wie in Australien, Kanada oder Neuseeland, aber auch in Spanien, Frankreich, Portugal oder Rumänien. Obwohl sie meist völlig unabhängig vom Menschen leben, ist es häufig notwendig, Einzeltiere, Gruppen oder auch ganze Herden einzufangen – und zwar aus unterschiedlichsten Gründen, etwa zur zeitweiligen oder dauerhaften Entfernung bzw. Verbringung in eine andere Region, zur Fruchtbarkeitskontrolle, für medizinische Untersuchungen oder schlicht zur Verkleinerung der Bestände, wenn das Wasser- oder Futterangebot nicht mehr für alle Pferde ausreicht.
Die häufigste Methode zum Einfangen von Wildpferden ist das Jagen per Hubschraubern in vorbereitete Gehege bzw. Fallen (wie es etwa im Video unten zu sehen ist). Diese Strategie ist alles andere als pferdefreundlich und basiert auf der Angst der Pferde vor unbekannten, bedrohlichen Objekten – vor diesen laufen sie in Panik davon und werden dabei vom Piloten in eine bestimmte Richtung gejagt. Tierschützer kritisieren diese Methode vehement, denn oft genug werden Tiere bei ihrer wilden Flucht verletzt oder getötet, Fohlen können ihre Mütter verlieren und ältere oder schwache Pferde von ihrer Herde getrennt werden. Aufgrund der nachhaltig negativen Erfahrungen, die die Pferde dabei machen, wird ein nochmaliges Einfangen immer schwieriger und birgt auch größere Sicherheitsrisiken für Piloten und Helfer am Boden.
Die Frage aber ist: Gibt es eine bessere, pferdefreundlichere zum Hetzen der Wildpferde mit dem Helikopter – und wenn ja, wie könnte diese aussehen? Diese Frage haben Wissenschaftler der Veterinärmedizinischen Universität Pennsylvania (University of Pennsylvania School of Veterinary Medicine New Bolton Center) aufgegriffen und ein alternatives Konzept entwickelt. Der Grundgedanke dabei: Die Pferde sollen nicht vor einer unmittelbaren Bedrohung – also dem tieffliegenden, lauten Helikopter, der sie verfolgt – die Flucht ergreifen, sondern als Herde auf ein unbekanntes Objekt reagieren und von diesem gleichsam geführt werden.
Die Forscher dazu: „Dieses Konzept basiert auf der natürlichen instinktiven Verhaltenstendenz von Pferden, auf Eindringlinge oder neuartige Objekte aufmerksam zu werden und als Herde entsprechend dem Grad der hervorgerufenen Erregung zu reagieren. Ihre Verhaltensreaktion auf neuartige / potenziell bedrohliche Reize reicht von positivem neugierigem Interesse über leichte Besorgnis bzw. wachsame Beobachtung bis hin zum Rückzug, entweder in gemessenem Tempo oder in panikartiger Flucht. Wir nehmen an, dass ein niedrig fliegendes Flugobjekt, das so gesteuert wird, dass es Aufmerksamkeit und leichte Besorgnis hervorruft und aufrechterhält, eine ganze Gruppe freilaufender Pferde von einem Gebiet zum anderen führen und auch in vorbereitete Fallen bzw. Gehege führen kann.“ Mit anderen Worten: Man würde beim Einfangen der Wildpferde auf deren Aufmerksamkeit und Neugier setzen – und nicht auf Angst, Panik und Fluchtinstinkt.
Die Probe aufs Exempel machten die Wissenschaftler auf einem weitläufigen Gelände im Southern Chester County in Pennsylvania, das der Universität gehört und auf dem seit mehr als 25 Jahren eine Herde mit insgesamt 123 halbwilden Ponys im Shetland-Typ lebt. Für ihre Tests verwendeten die Forscher eine handelsübliche Quadcopter-Drohne, die sie so zu steuern versuchten, dass sie die Ponyherde in eine vorbereitete Falle leiten sollte. Und siehe da – die Technik erwies sich als erstaunlich effektiv: Sowohl beim ersten Versuch als auch bei sieben von neun weiteren Versuchen über einen Zeitraum von vier Wochen hinweg gelang es, sämtliche 123 Ponys in das gewünschte Ziel zu führen – eine erstaunlich hohe Erfolgsrate. Die Zeitdauer für ein erfolgreiches ,Einfangen’ lag dabei zwischen 4 und 38 Minuten.
In allen Fällen waren ein oder mehrere Hengste die ersten, die auf die Annäherung der Drohne aufmersksam machten und sich – als die Drohne von der Herde wegflog – an die Verfolgung machten. Diese Hengste stieße charakteristische laute Rufe zur restlichen Herde aus, die sich reflexartig zusammenschloss und gemeinsam folgte. Dieser Vorgang wiederholte sich mehrfach, wodurch die Herde immer wieder zu Aufmerksamkeit und Gefolgschaft animiert wurde. Wie sich herausstellte, war es möglich, durch Anpassen der Fluggeschwindigkeit der Drohne auch das Tempo der Herde, die sich in schnellem Schritt bzw. langsamem Trab bewegte, gut zu steuern bzw. zu regulieren. Typischerweise fielen ein oder mehrere jugendliche Nachzügler immer wieder in Galopp, um ihre Familien einzuholen. Die Integrität der Stutenfamilien blieb dabei in allen Fällen intakt.
Das positive Resümee der Wissenschaftler: „Diese Arbeit bietet einen vorläufigen Beweis für das Konzept, dass sich Wildpferde-Herden auch mittels Führung durch eine Drohne anstelle des Jagens mit einem Helikopter einfangen lassen, und dies auch wiederholte Male. Wenn sich diese Methode auch in weitläufigerem Weideland als erfolgreich herausstellen sollte, bietet sie möglicherweise eine stressfreiere, wiederholbare Option zum Einfangen von Wildpferden, welche die Sicherheit und das Wohl von Tieren und Menschen verbessern könnte.“
Die Studie „Preliminary Proof of the Concept of Wild (Feral) Horses Following Light Aircraft into a Trap" von Sue McDonnell und Catherine Torcivia ist am 2. Jänner 2020 in der Zeitschrift ,animals' veröffentlicht worden und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
Dieses Video gibt einen Einblick in die herkömmliche Methode des Einfangens von Wildpferden mit Helikopter, wie sie im Jahr 2015 in Mereenie Valley in Zentral-Australien praktiziert wurde. Damals mussten die Bestände nach einem extrem trockenen Jahr reduziert werden, weil die Wasser- und Futterressourcen erschöpft waren ...
20.10.2015 - Drohne mit Infrarot-Kamera findet vermisstes Pferd
Drohne mit Infrarot-Kamera findet vermisstes Pferd 20.10.2015 / News
Houdini mit seinen Rettern, den Mitarbeitern der Firma Multicopter Warehouse und Geschäftsführer Kerry Garrison. / Foto: Facebook-Seite ,Finding Houdini'
Eine mit einer Infrarot-Kamera ausgestattete Drohne hat bei der Suche nach einem vermissten Pferd im US-Bundesstaat Colorado goldene Dienste geleistet – und dem 29-jährigen Pferd vermutlich das Leben gerettet.
Der Name war an diesem Tag leider Programm: Das Pferd Houdini, das auf einer Ranch in Castle Rock/Colorado heuer seinen 29. Geburtstag gefeiert hatte, wollte am vergangenen Donnerstag vielleicht noch einmal die große Freiheit genießen – oder einfach nur nachsehen, was sich hinter dem großen Tor und dem Zaun verbirgt. Wie auch immer – er nützte, um zu entkommen, eine Unachtsamkeit seiner Halterin Stephanie Davies, die gerade ein anderes, entlaufenes Pferd suchte und in der Eile ein Tor versehentlich nur mit einem Riegel versperrt, aber nicht abgeschlossen hatte. Eine Kleinigkeit für Houdini. „Er hat das Tor aufgestoßen und ist dann über die Nachbargrundstücke gelaufen", so Stephanie Davies, die sich in den Sommermonaten um das Pferd gekümmert hat.
Houdini, von allen nur liebevoll ,Hou-Bär' gerufen, ist schon einige Male ausgebüxt, aber niemals ernsthaft weggelaufen. Daß es ihm diesmal gelang, ist bemerkenswert – denn, so Houdinis Besitzerin Kari Edge: „Die Gegend ist sehr dicht besiedelt – und ein ausgewachsenes Pferd sollte eigentlich jemandem aufgefallen sein." Aber das war nicht der Fall, Houdini war wie vom Erdboden verschluckt – und Kari Edge machte sich große Sorgen um ihren geliebten Oldie. Doch nicht nur sie: Für ihre elfjährige Tochter Aspen ist ,Hou-Bär' einfach ihr Ein und Alles und der beste Freund, den man sich vorstellen kann – seit ihrem vierten Lebensjahr sind die beiden unzertrennlich. Auch Dreya Davis, die sechs Jahre alte Tochter von Stephanie, war am Boden zerstört: „Ich vermisse ihn, ich liebe ihn ja so."
Auch aufgrund seines fortgeschrittenen Alters war bei der Suche nach Houdini Eile geboten. Kari Edge: „Er bekommt ein spezielles Futter, weil er nicht mehr so gute Zähne hat – und braucht seine Spezialration zweimal am Tag." Sofort wurden Freunde und Bekannte mobilisiert und Trupps gebildet, um die Gegend systematisch abzusuchen, auch viele Freiwillige machten bei der Aktion mit. Eine Facebook-Seite ,Finding Houdini' wurde eingerichtet – und selbst Fernsehstationen berichteten über das verschwundene Pferd, das rund um Castle Rock eine Art Lokalberühmtheit war: Houdini hatte im Laufe seines langen Lebens an zahllosen Paraden teilgenommen und auch Pflegeheime besucht, um den Menschen dort Trost und Abwechslung zu spenden. Doch aller Aufwand schien vergebens: Zwei Tage lang blieb Houdini verschwunden.
Doch die Dinge kamen in Bewegung: Der frühere Besitzer von Houdini, John Anderson, suchte am Samstag ein lokales Unternehmen auf – Multicopter Warehouse, das sich auf unbemannte, ferngesteuerte Flugüberwachungssysteme, sprich: Drohnen spezialisierte hat – und bat um Hilfe. Geschäftsführer Kerry Garrison sagte sofort zu und schickte noch am Samstag die ersten Drohnen in die Luft, um die Umgebung abzusuchen – vorerst ohne Erfolg, dafür mit einer bösen Überraschung: Ein Nachbar feuerte zwei Schüsse auf eine Drohne ab (das ist Amerika). Sonntag früh versuchte man es mit einer Drohne, die mit einer Infrarot-Wärmebildkamera ausgestattet war – und entdeckte damit schließlich Houdini, der sich im dichten Gebüsch und in einem Grundstückszaun verfangen hatte und sich nicht mehr selbst befreien konnte. ,Hou-Bär' hatte sich einige ernste Verletzungen zugezogen – und wie die alarmierte Tierärztin meinte, wäre er wohl innerhalb der nächsten 24 Stunden verblutet, wenn keine Hilfe gekommen wäre. Es war also Rettung in letzter Minute – der Drohne sei Dank.
Mittlerweile geht es Houdini – wie man auf seiner Facebook-Seite sehen kann – wieder viel besser, er frisst fleißig, wird umhegt und umsorgt und ist nun in Castle Rock und darüber hinaus so berühmt, wie er es in seinem ganzen langen Leben noch nie war: Was für eine Geschichte – aber glücklicherweise mit Happy End!
Die Firma Multicopter Warehouse hat schlauerweise die denkwürdige Rettungsaktion und das emotionale Wiedersehen von Houdini und seiner Besitzerin Kari Edge auf Video aufgezeichnet – sehenswert!
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