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Schmerzensgeld-Forderung abgewiesen: Keine Tierhalterhaftung bei Reitfehler
26.10.2021 / News

Die verunglückte Reiterin erhält kein weiteres Schmerzensgeld, da nicht die Tiergefahr, sondern ein Reitfehler ursächlich für den Unfall war.
Die verunglückte Reiterin erhält kein weiteres Schmerzensgeld, da nicht die Tiergefahr, sondern ein Reitfehler ursächlich für den Unfall war. / Symbolfoto: Archiv

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat mit Urteil vom 19. Oktober 2021 die Schmerzensgeldklage einer Frau aus Nordhorn gegen den Eigentümer eines Reitpferdes zurückgewiesen – ursächlich für den Reitunfall war nicht die Tiergefahr, sondern ein Reitfehler der Klägerin.

 

Die Reiterin hatte, wie das Oberlandesgericht Oldenburg in einer Pressemitteilung ausführte, am Unfalltag erstmals das Pferd „Ronald“ des Beklagten geritten. Das Pferd war an diesem Tag nervös. Die nicht sehr reiterfahrene Klägerin war kurz vor dem Unfall bereits einmal mit dem Fuß aus dem Steigbügel gerutscht und hatte deswegen absteigen müssen. Sie stieg dann wieder auf. Als das Pferd plötzlich vom Trab in den Galopp wechselte, kam die Klägerin zu Sturz und prallte mit dem Kopf gegen einen Holzpfosten. Sie war zunächst bewusstlos und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma.

Die Klägerin hat behauptet, „Ronald“ sei auf einmal durchgegangen. Der Beklagte hafte als Eigentümer des Pferdes für die sogenannte „Tiergefahr“. Der Beklagte gab an, die Klägerin habe dem Tier durch Anpressen der Beine den Befehl zum Galopp gegeben. Das Tier habe nur gehorcht. Der Unfall beruhe daher nicht auf der Tiergefahr, sondern auf einem Reitfehler. Eine Zeugin berichtete, die Klägerin habe unsicher gewirkt, die Chemie zwischen ihr und dem Pferd habe nicht gestimmt. Das Tier sei normal und sanft in den Galopp übergegangen.

Der Senat konnte nicht feststellen, dass sich eine Tiergefahr verwirklicht habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es auch möglich, dass die Klägerin aus Unsicherheit die Beine angepresst und damit dem Pferd den Befehl zum Galopp gegeben habe, ohne dies eigentlich zu wollen. Die Klägerin erhält daher kein weiteres Schmerzensgeld. Die Tierhalterhaftpflichtversicherung des Beklagten hatte ihr bereits freiwillig ein Schmerzensgeld von 2.000,– Euro gezahlt.

HINTERGRUND: Die sogenannte „Tierhalterhaftung“ nach § 833 Satz 1 BGB greift ausdrücklich auch ohne Verschulden des Halters ein. Darin heißt es: „Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“ Wie der Bundesgerichtshof in einem Urteil ausführte, ist diese weitreichende Haftung des Tierhalters „gleichsam der Preis dafür, daß andere erlaubtermaßen der nur unzulänglich beherrschbaren Tiergefahr ausgesetzt werden.“ In einem weiteren Urteil heißt es: „Eine typische Tiergefahr äußert sich [...] in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbstständigen Verhalten des Tieres“. Diese verwirklicht sich jedenfalls dann, wenn das Tier unberechenbar reagiert – kann aber auch dann wirksam werden, wenn sich das Tier passiv verhalten hat.

Im aktuellen Fall hat sich diese Tierhalterhaftung jedoch nicht realisiert – ursächlich für den Unfall war vielmehr ein Reitfehler, so das OLG Oldenburg (Urteil vom 19.10.2021, Az. 2 U 106/21).

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