Ein Dokumentarfilm, der Ende September veröffentlicht werden soll, möchte Pferdefreunden nahebringen, wie sie frühe Anzeichen von Schmerzen bei ihren Vierbeinern erkennen können – und nimmt die Zuschauer mit auf eine emotionale Reise durch die Augen einer jungen Frau, die ihr Pferd liebt und bereit ist, alles zu tun, um seinen Zustand zu verbessern.
Die Dokumentation möchte vor allem die Art und Weise in Frage stellen, wie Pferdemenschen auf sogenannte ,widersetzliche’ Pferde blicken, sie plädiert für einen grundlegenden Paradigmenwechsel – und für ein Ende der Vorstellung, dass Lahmheit mit dem Nicken des Kopfes beginnt. Der Leidensweg schmerzgeplagter Pferde beginnt schon viel früher – und dauert oft viel zu lange …
Im Mittelpunkt des 35-minütigen Dokumentarfilms mit dem Titel „The 24 Behaviors of the Ridden Horse in Pain: Shifting the paradigm of how we see lameness“ („Die 24 Verhaltensweisen des gerittenen Pferdes mit Schmerzen: ein Paradigmenwechsel, wie wir Lahmheit betrachten“) steht die weltweit führende Expertin für Pferdeorthopädie, Dr. Sue Dyson, die umfassend erforscht hat, wie „schlechtes“ Verhalten von Pferden tatsächlich ein früher Indikator für Schmerzen sein kann.
Der Film folgt Dr. Dyson und Dr. Jim Myers von Gold Coast Equine in Australien, wie sie die geliebte Stute Galina von Springreiterin Lauren McMahon untersuchen und zu einer Diagnose kommen. Galina war offensichtlich nicht lahm, schien aber unter dem Sattel zunehmend unglücklich zu sein und war für ihre Reiterin immer schwerer zu kontrollieren. Die Stute hatte begonnen, abrupt anzuhalten und war immer weniger bereit, auf dem Platz mitzuarbeiten. Lauren hatte „alles versucht“, um herauszufinden, was nicht in Ordnung war, einschließlich Magengeschwür-Behandlungen, mehrfachen Gelenksinjektionen und speziellem Hufbeschlag, aber nichts führte zu einer Verbesserung – Galina wurde immer schwieriger und widersetzlicher.
Galinas Beispiel ist nicht ungewöhnlich für Pferde, die keine offensichtliche Lahmheit aufweisen. Oft sind dies Pferde, die als widerspenstig, unwillig oder faul abgestempelt werden. Diejenigen, die vor Schmerzen steigen oder verweigern, werden rasch als „explosiv“ gebrandmarkt. Trainer sagen den ReiterInnen dann meist, dass sie sich einfach durchsetzen sollen – egal wie.
Lauren McMahon ging einen anderen Weg – und suchte Hilfe bei Dr. Sue Dyson. Dr. Dysons Forschung führte zur Entwicklung des sogenannten „Ridden Horse Pain Ethogram“ – einer Zusammenstellung von Körpersignalen bzw. Verhaltensweisen, die gerittene Pferde bei körperlichen Schmerzen zeigen. Das Ethogramm umfasst eine Checkliste von 24 Verhaltensweisen mit exakt gefassten Definitionen, die bei einem Pferd mit muskuloskelettalen Beschwerden häufiger auftreten als bei einem gesunden Pferd ohne Lahmheiten. Zu diesen Verhaltensweisen gehören ein offenes Maul mit Trennung der Zähne für mindestens 10 Sekunden, wiederholtes Neigen des Kopfes, anhaltendes Schweifschlagen, ein intensives Starren für fünf oder mehr Sekunden, Erschrecken, Buckeln, Aufbäumen, das Einklemmen des Schweifs, wiederholtes Zeigen der Zunge und Anlegen der Ohren für länger als fünf Sekunden – um nur einige markante Beispiele zu nennen.
Das Vorhandensein von mindestens 8 der 24 Verhaltensweisen gilt als zuverlässiger Indikator für das Vorhandensein eines zugrunde liegenden Problems. Je höher die Punktzahl, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Pferd ernste muskuloskelettale Beschwerden hat, welche die Leistung beeinträchtigen können. Die häufigste Bewertung bei nicht lahmen Pferden ist 2 von 24.
Die Dokumentation zeigt auch, wie der Einsatz des Ethogramms die Erkennung schmerzbedingter Probleme verbessern und durch entsprechende Ursachenforschung das Wohlbefinden des Pferdes erhöhen kann. Sie befasst sich auch mit dem emotionalen Tribut, den der Reiter eines schmerzgeplaften Pferdes bezahlen muss – und wie wichtig es ist, eine genaue Diagnose und Prognose zu erhalten.
Erste Vorführungen der Doku wurden enthusiastisch aufgenommen. Tierärztin Dr, Laurie Goodrich sagte: „Nach diesem Film wäre ich am liebsten aufgestanden und hätte laut gejubelt: Endlich! Endlich sehen wir einen Weg und eine Möglichkeit, die emotionalen Signale von Pferden zu interpretieren, in denen sich ihre Schmerzen widerspiegeln.“
Die sechsmalige Olympiateilnehmerin Mary King meinte, dass Leistungsprobleme oft dem Pferd oder Reiter zugeschrieben werden, ohne die Möglichkeit zugrunde liegender gesundheitlichen Beschwerden in Betracht zu ziehen. Die Olympia-Goldmedaillengewinnerin im Springreiten Melanie Smith Taylor sagte: „Die 24 Verhaltensweisen helfen uns besser zu verstehen, was Pferde uns durch ihre angeborene Form der Kommunikation, ihre Körper- und Zeichensprache, zu sagen versuchen.“
Der Dokumentarfilm wird am 30. September 2022 weltweit veröffentlicht und kann kostenlos angesehen werden. Er richtet sich an alle, die in der Pferdebranche tätig sind und die das ihre dazu beitragen wollen, das Wohlergehen von schmerzgeplagten Pferden zu verbessern. Zu den Werbepartnern für den Vertrieb der Dokumentation gehört auch die bekannte Tierschutzorganisation ,World Horse Welfare'.
Es gibt auch eine unterstützende Website dazu: 24horsebehaviors.org
Hier ein kurzer Trailer, der wahrlich Lust darauf macht, die ganze Doku zu sehen …