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Grünabfälle und Jakobskreuzkraut auf Weide geworfen: Therapie-Pony verendete hilflos
25.08.2018 / News

In vielen Fällen nützen leider auch Hinweisschilder nichts: Immer wieder kommt es zu Erkrankungen und Todesfällen durch unbefugte Fütterungen ...
In vielen Fällen nützen leider auch Hinweisschilder nichts: Immer wieder kommt es zu Erkrankungen und Todesfällen durch unbefugte Fütterungen ... / Foto: Fotolia/fotogerstl

Ein Therapiepferd im hessischen Geisheim kam zu Tode, nachdem ein Unbekannter Obstbaumschnitt und Jakobskreuzkraut auf eine Weide geworfen hatte. Nun hat sich ein Verdächtiger bei der Polizei gemeldet.


Der schreckliche Vorfall ereignete sich am 15. August auf einer Weide in Geinsheim (Hessen) im Bereich Niersteiner We: Unbekannte hatten in der Zeit zwischen 7.15 Uhr und zirka 14.30 Uhr eine größere Menge – etwa zwei Schubkarren – frischen Obstbaumabschnitt von Pflaume und Apfel sowie eine größere Menge trockenes Jakobskreuzkraut entsorgt. Die Folgen waren leider tragisch: Ein Pony, das als Therapiepferd für Kleinkinder sowie geistig und körperliche Behinderte eingesetzt wurde, ist vermutlich aufgrund des Verzehrs des Krautes auf der Weide verendet. Das tote Pony wurde am Mittwochnachmittag gegen 14.40 Uhr bemerkt.

Die Polizei hatte unmittelbar nach Anzeige des Vorfalls mit ihren Ermittlungen begonnen und über die Medien auch nach weiteren Hinweisen und Zeugen für den Vorfall gesucht – mit Erfolg: Am Freitag (24. August) meldete sich ein Mann und räumte ein, dass er am fraglichen Tag Grünabfälle aus seinem Garten auf die Weide geworfen hatte. Der Mann gab gegenüber der Polizei zudem an, dass er in der Absicht handelte, den Tieren etwas Gutes zu tun. Er suchte aufgrund der Presseberichterstattung über den Fall schließlich einen Rechtsanwalt auf. Die polizeilichen Ermittlungen dauern an.

Die Polizei mahnt in diesem Zusammenhang, niemals fremde Tiere zu füttern! Das gutgemeinte Füttern kann sehr große Probleme verursachen und eine Vielzahl von Krankheiten bis zum Tod der Tiere auslösen. Für Schäden, die hierdurch entstehen, können unter Umständen hohe Schadensersatzzahlungen fällig werden – womit wohl auch in diesem Fall zu rechnen ist. Der Wert des Therapie-Ponys lag nach Angaben der Polizei bei ca. 3.500,– Euro.

Immer wieder Todesfälle durch unbefugte Fütterung

Der Tod des Therapie-Ponys ist leider kein Einzelfall – immer wieder kommt es zu schweren Erkrankungen oder gar Todesfällen von Pferden, die von fremden Personen unbefugt gefüttert wurden. 2015 verstarb ein 23 Jahre alter Wallach in der Nähe von Hagen (Nordrhein-Westfalen), nachdem er auf der Weide von Spaziergängern mit Rosenkohl gefüttert worden war. Ebenfalls 2015 ist ein Islandpferd auf einer Koppel in Roetgen zu Tode gekommen, nachdem es von Schülern mit Gemüseresten und frischem Grasschnitt gefüttert worden war. 2016 wurde in Höckelheim bei Northeim (Niedersachsen) ein Pony tot auf der Weide gefunden, dem offenbar von Spaziergängern unreife Weizenkörnern vom Nachbarfeld gegeben worden waren. Und auch im April dieses Jahres musste in Marpingen (Landkreis St. Wendel/Saarland) ein fünfjähriger Trakehnerwallach eingeschläfert werden, nachdem er von einem Unbekannten trockene, nicht eingeweichte Rübenschnitzel erhalten hatte.

Überaus empfindliches Verdauungssystem

Warum man fremde Pferde und Ponys niemals ohne Erlaubnis füttern soll, hat viele Gründe:

– Pferde bekommen in der Regel eine speziell auf ihre Bedürfnisse und Ansprüche abgestimmte Fütterung – und zwar sowohl hinsichtlich der Menge, als auch der Inhaltsstoffe. Jede zusätzliche Futtergabe bringt diesen geregelten Ernährungssplan durcheinander und kann sich negativ auf den Organismus auswirken.

– Pferde leiden nicht selten an Allergien oder an Futterunverträglichkeiten, problematische Substanzen können somit ihrer Gesundheit schaden. Zudem gibt es immer mehr Pferde mit Stoffwechselstörungen, die z. B. nur äußerst geringe Mengen von frischem Gras fressen dürfen. Davon abgesehen können sich in einem abgerissenen Büschel Weidegras auch Giftpflanzen befinden.

– Das Verdauungssystem von Pferden ist sehr empfindlich – Fallobst, schimmeliges Brot oder sonstige Nahrungsreste werden unter Umständen schlecht vertragen und können Verdauungsprobleme, Verstopfungen und in schlimmen Fällen auch Koliken verursachen.

Fremde Pferde füttern ist fahrlässig!

Bereits wiederholt haben sich Gerichte mit Schadenersatz-Klagen nach einer Fütterung von Pferden durch fremde Personen beschäftigt. Als wegweisend gilt ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe aus dem Jahr 2008, das ausdrücklich festhält, dass die ungeregelte und unkontrollierte Zufütterung bei fremden Pferden als fahrlässige Handlung einzustufen ist – auch und gerade dann, wenn man keinerlei Kenntnisse oder Erfahrungen über die Nahrungsgewohnheiten von Pferden hat.

Der Beklagte hatte auf einem Reiterhof, in dem ein Anhänger mit frisch eingebrachtem Heu herumstand, mehrere Handvoll davon an drei Pferde gefüttert, die daraufhin Koliken erlitten, eine trächtige Stute musste sogar eingeschläfert werden. Ein Sachverständigengutachten legte klar, daß das Verfüttern des frischen Heus für die Koliken aller drei Pferde ursächlich war.

Unwissenheit schützt nicht vor Haftung

Während das Landgericht Karlsruhe den Beklagten in erster Instanz noch freigesprochen und die Klage auf Schadenersatz abgewiesen hatte, kam das OLG Karlsruhe zu einem anderen Urteil: Das Füttern der Pferde mit frischem Heu stelle einen rechtswidrigen Eingriff in das Eigentum des Klägers dar. Der Beklagte habe fahrlässig gehandelt, da die Gefahren einer unkontrollierten Fütterung für ihn erkennbar und diese für ihn auch leicht vermeidbar gewesen wären. Da er weder über die Nahrungsgewohnheiten der Tiere informiert war, noch Kenntnisse über allfällige Nahrungsunverträglichkeiten hatte, wäre er gehalten gewesen, jegliche Futtergabe zu unterlassen – es hätte ihm klar sein müssen, dass eine ungeregelte Zufütterung eine Gefahr für die Gesundheit der Tiere darstellen konnte, da er auch nicht wissen konnte, wann die Pferde zuletzt gefüttert worden waren und wann die nächste Fütterung bevorstand. Dass es nicht zum Allgemeinwissen gehören mag, dass frisches Heu für Pferde gefährlich ist, vermag ihn bei seinem Eingriff in fremdes Eigentum nicht zu entlasten. Dem Beklagten wäre es ohne weiteres möglich gewesen, von einer Fütterung der Pferde abzusehen.

Der Beklagte wurde zu einem Schadenersatz sowie zur Übernahme von Behandlungskosten in einer Gesamthöhe von 7.900,– Euro verurteilt. Inwieweit sich aus dem Fehlen von Hinweisschildern, die das Füttern der Pferde ausdrücklich verbieten, der Vorwurf eines Mitverschuldens des Klägers herleiten ließe, wurde nicht erörtert – der diesbezüglich beweispflichtige Beklagte hatte in seiner Argumentation darauf nicht Bezug genommen. Die Beweisaufnahme des Erstgerichts hat hierzu keine Klärung der tatsächlichen Verhältnisse gebracht.

Das vollständige Urteil des OLG Karlsruhe kann man hier nachlesen!

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