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Tod durch Ahornsamen: 15 Pferde in Salzburg an Weidemyopathie gestorben
27.10.2018 / News

Die Weide eines betroffenen Betriebes war von Ahornbäumen umgeben.
Die Weide eines betroffenen Betriebes war von Ahornbäumen umgeben. / Symbolfoto: Irene Gams
Die Samen des Bergahorns werden von den Pferden oft unabsichtlich mit Laub und Gras vermischt aufgenommen ...
Die Samen des Bergahorns werden von den Pferden oft unabsichtlich mit Laub und Gras vermischt aufgenommen ... / Foto: doi:10.1371/journal.pone.0136785.g003

Das Landesveterinäramt Salzburg hat bekanntgegeben, dass heuer bereits 15 Pferde an der atypischen Weidemyopathie verendet sind, nachdem sie giftige Ahornsamen gefressen hatten.

 

Das Vergiftungsrisiko ist in diesem Jahr besonders groß – Tierärzte hatten, wie auch ProPferd berichtete, bereits vor einem Monat auf die Gefahren einer möglichen Vergiftung durch die Samen des Bergahorns aufmerksam gemacht. Diese enthalten den Wirkstoff Hypogylcin A, der bei Pferden zu der gefürchteten atypischen Weidemyopathie führen kann – eine schwere Muskelerkrankung, ähnlich wie der Kreuzschlag, bei der jedoch mehr und größere Muskelpartien betroffen sind, insbesondere auch die Atmungs- und Schlundmuskulatur (viele Pferde sterben an Schluck- oder Atemlähmung). Die ersten Symptome können wie eine Kolik aussehen, die Pferde zeigen eine allgemeine Schwäche, haben eine erhöhte Herzfrequenz, zittern, schwitzen und kollabieren schließlich. Typisch ist auch der dunkelrot gefärbte Urin. Die Behandlungsmöglichkeiten sind stark eingeschränkt, da die Krankheit extrem rasch voranschreitet und bei einem Großteil der betroffenen Pferde – bis zu 90 % – tödlich endet.

Wie die Salzburger Landesveterinärdirektion bestätigte, sind heuer bereits 15 Pferde allein in Salzburg an den tückischen Krankheit verstorben, darunter auch viele wertvolle Zuchttiere wie jene von Norikerzüchter Rupert Mayr in St. Veit: Durch die Vergiftung haben wir leider letzte Woche drei Rösser verloren, das war eine gute Mutterstute, ein Fohlen und eine Jungstute. Das hat natürlich die ganze Familie massiv getroffen“, so der schwer geschockte Züchter gegenüber dem ORF. Die Pferde standen auf einer Weide, die u. a. durch Ahornbäume begrenzt ist. Die Pferde haben die Samen – mit Gras und Laub vermischt – beim Fressen aufgenommen, offenkundig in so großer Zahl, dass die tödliche Erkrankung ausgelöst wurde.

Landesveterinärdirektor Dr. Josef Schöchl: „Es war im Frühjahr eine sehr starke Baumblüte, daher auch eine sehr starke Samenproduktion – und jetzt gibt es durch das trockene Wetter kaum einen Aufwuchs auf den Weiden, und daher fressen dann die Tiere diese Samen – und da brauchts nur einige Hundert Samen, und das ist dann schon tödlich.“ Zudem wurden die Ahornsamen durch den warmen Herbst früher als sonst abgeworfen, begünstigt auch durch die starken Winde in der zweiten September-Hälfte. Zudem waren die Pferde aufgrund der milden Außentemperaturen auch länger als üblich auf der Weide – und hatten daher mehr Gelegenheit, die giftigen Samen aufzunehmen.

Vergiftungsgefahr ist im Herbst besonders groß

Lange Zeit haben die Wissenschaftler über die Ursache der atypischen Weidemyopathie gerätselt. Erst im Jahr 2012 konnten Forscher der University of Minnesota in St. Paul (USA) um Dr. Stephanie Valberg den Verursacher dieser gefährlichen Muskelerkrankung ermitteln: Auslöser ist eine abnormale Aminosäure namens Hypoglycin A bzw. deren Metaboliten (Stoffwechselprodukte) MCPA. Hypoglycin A (HGA) kommt in den Samen des Eschen-Ahorns (Acer Negundo) vor und führt zu einer massiven Schädigung der aeroben Muskelfasern, die in vielen Fällen tödlich endet.

2015 konnten deutsche Wissenschaftler nachweisen, daß das tödliche Hypoglycin A auch in den Samen des in Europa weit verbreiteten Bergahorns (Acer pseudoplatanus) enthalten ist – und zwar in sehr unterschiedlichen Konzentrationen (zwischen 1,7 und 319 Mikrogramm HGA pro Samen). Speziell im Herbst, wenn die ersten Samen zu Boden fallen, ist der Prozentsatz an stark belasteten Samen besonders hoch – Pferde sind dann besonders gefährdet, schon in kurzer Zeit eine womöglich tödliche Menge aufzunehmen. Der Rat der Forscher:  „Es ist daher dringend zu empfehlen, Pferde am besten nicht auf Weiden grasen zu lassen, auf denen sich Bergahorne befinden."

2016 konnten Wissenschaftler der Universität Utrecht weitere Erkenntnisse liefern: Sie fanden heraus, daß andere Ahorn-Arten wie der Feldahorn sowie der Spitzahorn das tödliche Gift nicht enthalten und daher keine Gefahr darstellen – und daß beim Bergahorn nicht nur die Samen, sondern insbesondere auch die Sprösslinge hohe Konzentrationen von HGA enthalten können und man daher auf diese besonders achten sollte.

Was Pferdebesitzer tun können: gefährdete Weiden meiden, Heu zufüttern

Um die Gefahr einer Vergiftung weitestgehend auszuschließen, haben die Britische Tierärztliche Vereinigung (British Veterinary Association, BVA) und Vereinigung Britischer Pferde-Tierärzte (British Equine Veterinary Association, BEVA) für Pferdebesitzer eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen ausgearbeitet, die helfen sollen, das Krankheitsrisiko zu minimieren. Die wesentlichsten Verhaltensregeln wären:

– Absperren von Arealen rund um Bergahorn-Bäume bzw. von Gebieten, wo man deren Samen entdeckt hat;

– Zufüttern von Heu bzw. Mischfutter (in Raufen – nicht auf dem Boden!), um die Wahrscheinlichkeit zu senken, dass Pferde die Samen unabsichtlich oder auch gezielt aufnehmen;

– regelmäßiges Überprüfen der Weideflächen nach Samen;

– sicherstellen, dass alle Pferde ausreichend Futter erhalten – nötigenfalls den Koppelgang reduzieren, um ein Überweiden zu vermeiden.

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