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Frühe Kastration schadet Pferden nicht
29.11.2023 / News

Eine Kastration im frühen Fohlenalter hat keine negativen Auswirkungen auf die gesundheitliche Entwicklung von Pferden, so das Resümee des Forscherteams
Eine Kastration im frühen Fohlenalter hat keine negativen Auswirkungen auf die gesundheitliche Entwicklung von Pferden, so das Resümee des Forscherteams / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

Ein internationales Forscherteam hat in einer Reihe vergleichender Studien herausgefunden, dass eine frühe Kastration offenkundig keine negativen Konsequenzen für die Gesundheit, die Entwicklung und das Verhalten von Pferden hat – auch der Aufbau von Knochen und Knorpeln werde dadurch nicht gestört.


WissenschaftlerInnen aus Frankreich und Belgien haben sich der durchaus spannenden Frage gewidmet, ob eine sehr frühzeitig durchgeführte Kastration bei Pferden negative Folgen für Gesundheit, Verhalten und körperliche Entwicklung nach sich ziehen würde – und zwar im direkten Vergleich zu später durchgeführten Kastrationen, wie sie in der Pferdezucht weitgehend üblich sind.

Traditionell werden Hengste, so die ForscherInnen einleitend, nach der Pubertät, also im Alter von etwa zwei Jahren kastriert, in manchen Fällen wird sogar ein noch späterer Zeitpunkt gewählt. Es gäbe aber bislang noch keine Studien bei Pferden, die sich auf die Auswirkungen einer frühen Kastration konzentrieren – obwohl etwa bei Hunden und Katzen zahlreiche positive Effekte eines frühen Kastrations-Zeitpunkts beobachtet wurden.

Das Studienteam mit WissenschaflterInnen der Universität Caen-Normandie, der Veterinärmedizinischen Universität Liège sowie der französischen Agrarwissenschaftsagentur INRAE verglich in mehreren Studien die Auswirkungen einer frühen Kastration (drei Tage nach der Geburt) auf Gesundheit, Verhalten und Entwicklung von Pferden mit der traditionellen Kastration im Alter von etwa 18 Monaten. (Anmerkung: Für diesen vergleichsweise späten Zeitpunkt gibt es verschiedene Gründe, auch praktischer Natur: Manche Züchter möchten nicht frühzeitig einen späteren möglichen Hengstanwärter ausschließen – und warten mit dem Legen daher lieber länger zu; hartnäckig hält sich auch die Ansicht, dass das Testosteron die körperliche und muskuläre Entwicklung des Jungpferdes begünstigt – was mittlerweile als widerlegt gilt.)

In der Regel wird die Kastration vor allem deshalb durchgeführt, „um das feurige und manchmal aggressive Verhalten von Hengsten zu mildern", so das Forscherteam. Die Kastration schaltet gleichsam die Produktion von Testosteron aus – und unterbindet damit dessen Wirkung auf das Gehirn und in weiterer Folge auf das Verhalten. Das ist bei Pferden durchaus empfehlenswert, denn: „Der Hengst ist das männliche Säugetier, das die höchsten Mengen an testikulären Östrogenen produziert, was ihn von anderen Arten unterscheidet", so die AutorInnen.

Die Tests des Forscherteams umfassten 22 männliche Welsh-Ponys, von denen die Hälfte im Alter von drei Tagen und die andere Hälfte im Alter von 18 Monaten kastriert wurde. Gewicht und Körpermaße wurden in beiden Gruppen monatlich von der Geburt bis zum Alter von 8 Monaten überwacht, anschließend wurden die Messungen alle 3 Monate bis zum Alter von 2 Jahren und dann alle 6 Monate bis zum Alter von 3 Jahren durchgeführt. Bei allen Tieren wurden auch Verhaltens- bzw. Temperaments-Tests im Alter von 1 und 3 Jahren durchgeführt.

Schon die ersten, im Vorjahr veröffentlichten Auswertungen zeigten ein bemerkenswertes Bild: Es konnten keine Unterschiede zwischen den beiden Testgruppen festgestellt werden – weder hinsichtlich der körperlichen Entwicklung von der Geburt bis zum Alter von 40 Monaten, noch hinsichtlich des Temperaments und Verhaltens im Alter von 1 oder 3 Jahren. Mit anderen Worten: Die frühe Kastration hatte den Pferden in keinerlei Hinsicht geschadet.

Eine nun veröffentlichte weitere Studie konnte diesen Befund auch noch um einen weiteren wichtigen Baustein ergänzen: Auch auf die Ausbildung und Entwicklung von Knochen und Knorpeln hatte der frühe Kastrations-Zeitpunkt keinerlei negative Auswirkungen, so das Forscherteam.

Die Testosteron- und Östradiolspiegel wurden in beiden Gruppen von der Geburt bis zum 33. Monat überwacht. Testosteron ist das wichtigste Sexualhormon bei Männern, während Östradiol eine Form von Östrogen ist, einem weiblichen Sexualhormon, das viele Prozesse im Körper reguliert. Hengste weisen bei der Geburt in der Regel hohe Östradiolwerte auf, die in den ersten Lebensmonaten deutlich abfallen. Diese erhöhten Östradiolspiegel nach der Geburt stammen wahrscheinlich von der Mutter.

Die AutorInnen schrieben zusammenfassend: „Im Hinblick auf den osteoartikulären Stoffwechsel hatte der Steroidhormonmangel infolge einer frühen Kastration keinen erkennbaren Einfluss auf die Biomarkerwerte im Zusammenhang mit dem Knochen- und Knorpelstoffwechsel oder auf die mit Osteoarthritis und Entzündungen verbundenen Biomarker.“ Dadurch konnte gezeigt werden, „dass eine frühe Kastration die Knochen- und Knorpelhomöostase nicht stört“, so das Forscherteam.

Ihr klares Resümee: „Zusammen mit unseren früheren Studien haben wir bestätigt, dass es keine Kontraindikationen für eine Frühkastration gibt. Dies wird durch das Fehlen von Komplikationen im Zusammenhang mit dem chirurgischen Eingriff, dem Verhalten und der Morphologie der Tiere sowie ihrem osteoartikulären Stoffwechsel gestützt.“

Die Studie „Early Castration in Horses Does Not Impact Osteoarticular Metabolism“ von Marion Rouge, Florence Legendre, Razan Elkhatib, Christelle Delalande, Juliette Cognié, Fabrice Reigner, Philippe Barrière, Stefan Deleuze, Vincent Hanoux, Philippe Galéra und Hélène Bouraima-Lelong ist am 26. Nov. 2023 in der Zeitschrift ,International Journal of Molecular Science’ erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

Die Studie „ Early castration in foals: Consequences on physical and behavioural development" von
Juliette Cognie , Sandrine Freret , Lea Lansade, Celine Parias, Philippe Barriere, Amandine Gesbert, Fabrice Reigner und Stefan Deleuze ist am 28. April 2022 in der Zeitschrift ,BEVA Equine Veterinary Journal' erschienen und kann in englischer Kurzfassung hier nachgelesen werden.

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