Bei einem Wanderritt im Tiroler Hopfgarten rutschte ein Pferd aus und verklemmte sich unter einer Brücke. Beim Versuch, das Tier zu befreien, wurde seine Begleiterin verletzt und musste ins Krankenhaus gebracht werden.
Zu einer Tierrettung wurde gestern (17. August) Vormittag die Freiwillige Feuerwehr Kelchsau gerufen: Grund für die Alarmierung war ein Pferd, das von seiner 43-jährigen Reiterin am Zaumzeug über eine schmale Holzbrücke geführt worden und dabei abgerutscht und mit den Beinen steckengeblieben war. Das Pferd geriet daraufhin in Panik und wollte sich mit aller Kraft aus seiner misslichen Lage befreien. Beim Versuch, es zu beruhigen bzw. ihm zu helfen, zog sich die Begleiterin Verletzungen unbestimmten Grades zu – sie musste von den herbeigerufenen Rettungskräften versorgt und ins Krankenhaus Kufstein gebracht werden.
Um keine weitere Gefährdung des Tiers bzw. anderer Personen zu riskieren, wurde über die Leitstelle Tirol ein Tierarzt angefordert. Parallel dazu wurde das Pferd mit dem Kopf am Brückengeländer fixiert, um weitere Verletzungen bestmöglich zu vermeiden. Nach Eintreffen des Tierarztes wurde das Tier ruhig gestellt, anschließend konnte mit der Rettung begonnen werden.
Mit gemeinsamer Hilfe aller Beteiligten und unter fachkundiger Anleitung des Tierarztes gelang es der Feuerwehr Kelchsau, das Pferd mittels Greifzug so weit heraus zu ziehen, dass die Beine wieder frei waren. Dadurch konnte das Pferd aus eigener Kraft heraus aufstehen. Begleitet von Tierarzt und einer Betreuerin ging es für das Pferd dann Richtung Parkplatz vom Gasthof Wegscheid. Dort wurde es im Bereich des Auges genäht und die Wunden erstversorgt. Bis auf ein paar weitere kleineren Blessuren kam es mit dem Schrecken davon. Über den Gesundheitszustand der 43-jährigen Reiterin liegen keine Angaben vor.
Verhaltens-Regeln im Notfall
Unfall-Szenarien wie dieses hat der Tierarzt und Sicherheitsexperte Dr. Reinhard Kaun in seiner langen Laufbahn oft erlebt – auch der Umstand, dass bei Rettungs- oder Beruhigungsversuchen des verunglückten Pferdes andere Personen zu Schaden kommen, ist in derartigen Situationen keine Seltenheit. Um einen Zwischenfall wie diesen einigermaßen lösen zu können, muss man bereits bei der Ritt- bzw. Trekkingplanung beginnen, so Dr. Kaun – der dafür folgende Punkte als wesentlich anführt:
Vorbereitung und Planung:
1) Ein auch für Zwischenfälle erfahrender Führer und ein Stellvertreter muss bestimmt werden
2) Es muss feststehen, welche Personen Erfahrung mit Verletztenversorgung haben (Mensch und Tier)
3) Es muss für jeden Meter der Wanderstrecke klar sein, ob es einen Handyempfang gibt, wie die Stelle erreichbar ist und wo ein Rettungshubschrauber landen kann.
4) Wer kann nötigenfalls als „Meldereiter“ eingesetzt werden – dies müssen immer 2 Personen sein, mit verlässlichen Pferden
5) Auf einer Karte muss jederzeit die aktuelle Position abrufbar sein
6) Entlang der Strecke müssen in jedem Abschnitt die Notrufnummern, ferner Tierarzt, Arzt und Pferdetransporter bekannt sein
7) Nummer 1-6 sind Haftungsfragen!!
Ist der Unfall passiert:
1) Die Pferde müssen so zusammengehalten werden, dass das Verunglückte ständig Sichtkontakt zu den anderen Pferden hat
2) Die restliche Pferdegruppe sollte mit einem Trassierband „eingezäunt“ werden
3) Eine ruhige und kundige Person muss den Kopf des verunglückten Pferdes durch Fixieren mit ihrem Körpergewicht stabilisieren – von einem „Blenden“ mit Decken ist abzuraten, weil dies das Flucht- und Beutetier „Pferd“ in Panik versetzt.
4) Eine zweite Person soll mit gespannter Longe/Seil etwa 2–3 m vor dem Pferd stehen, um es im Falle eines – doch – plötzlichen Aufspringens begrenzen zu können
5) Die Personen „in Blau am linken oberen Bildrand“ sind von dort zu entfernen
6) Die rechte Hinterextremität (Bild) sollte an der Innenseite durch Decken oder Jacken geschützt werden
7) Beim Absetzen des Notrufes muss auf den Pferdenotfall hingewiesen werden, damit der Einsatz von Sonderzeichen (Sirene/Folgetonhorn) bei anrückenden Rettungskräften unterbleibt.
8) Auch wenn keine Abschürfung/Verletzung erkennbar ist und kein Blut fließt, darf man nicht davon ausgehen, dass das Pferd unverletzt ist – ein Schock ist nach 2-3 Stunden immer zu erwarten – erkennbar an unmäßiger Wasseraufnahme.
Vorbeugung:
Dem Grundsatz „be prepared“ getreu, empfiehlt sich vor solchen Unternehmungen eine zumindest 20 – 30 Minütige Einweisung der Gruppe mit Festlegung der Hierarchie und Transparenz der Belastbarkeit. Ausgebildete Teilnehmer (Rettungsdienst, Feuerwehr, Pferdesanitäter) sollten je nach Kompetenz eingeteilt werden. Das Chaos entsteht meist durch eine Gruppendynamik, die aus dem Ruder läuft.
Weitere Informationen zu diversen Sicherheits-Themen rund ums Pferd sind auf der Website von Dr. Reinhard Kaun unter www.pferd.co.at zu finden!