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Gastkommentar: Der Ausbindezügel als Ausbildungshilfe und Sicherheitsinstrument
01.03.2022 / News

Kaum ein anderes hippologisches Thema führt mit solcher Regelmäßigkeit zu Diskussionen und Kontroversen wie der Ausbindezügel. Die Perspektiven sind dabei oftmals einseitig und stark verkürzt – und lassen wichtige Aspekte außer Acht. Ein Gastbeitrag von Dr. Reinhard Kaun.

 

In den langen Jahren meiner publizistischen Tätigkeit zum Themenkreis „Forensische Hippologie“ zieht sich der „Ausbindezügel“ als stets kontroversielle und polarisierende  Materie durch Reaktionen und Feedback – es hat den Anschein, dass gewisse „beliefs“ mit dem Charakter von Vorurteilen in der Welt der Pferdemenschen verankert sind, die fast den Stellenwert von Glaubensbekenntnissen haben und den Rücken ihrer Verfechter steif und unelastisch werden lassen.

In den Augen des Verfassers sind Ausbindezügel Behelfe, die einerseits der Förderung der Ausbildung dienen können, aber deren Bedeutung als Sicherheitsinstrumente andererseits nicht unterschätzt werden sollte.

Wie alle Erkenntnisse der traditionellen Hippologie sollte auch hier – losgelöst von Reitstil, Pferderasse und „Schule“ – ausschließlich von der Besonderheit eines jeweiligen Pferdes ausgegangen werden und nur diejenige „Methode“ zum Einsatz kommen, die dem auszubildenden und sicher zu verwahrenden Pferde am meisten entspricht und der letztendlichen Intention der Anwendung am höchsten förderlich ist – im Mittelpunkt hat also jeweils das Pferd zu stehen, jeweils unter dem Aspekt der Förderung und der Sicherheit, beide in kluger und glücklicher Symbiose vereint, denn im individuellen Einzelfall sind beide Aspekte untrennbar miteinander verbunden.

Moderne Menschen erwerben und erweitern ihren Wissenstand durch Lektüre im Internet, wo nicht immer die verpflichtenden pferdewissenschaftlichen Erkenntnisse im Sinne von „Reiten und Fahren als überlieferte Kunst mit Pferden umzugehen“ verstanden wird, sondern auf harten Sport mit dem Gerät PFERD reduziert wird.

Auch der gekonnte, sinnvolle und richtige Einsatz von Behelfen ist ein Teil dieser Kunst.

 

Auszug aus WIKIPEDIA unter dem Suchbegriff „Ausbindezügel“
„Als Hilfszügel bezeichnet man im Pferdesport alle mechanischen Hilfsmittel abgesehen vom Zügel, mit denen Einfluss auf die Kopf- und Halshaltung des Pferdes genommen wird. Hilfszügel werden zur Anfängerausbildung und zur Ausbildung des Pferdes eingesetzt. Sie werden beim Longieren und Voltigieren verwendet. Sie werden auch zur Korrektur des Pferdes verwendet. Hilfszügel müssen korrekt verschnallt werden, damit das Pferd locker gehen kann und sich nicht verspannt. Verspannungen sind sowohl für die Pferdeausbildung (Skala der Ausbildung) als auch in der Reiterausbildung schädlich, da gerade ein Anfänger auf einem verspannten Pferd keine Chance hat, den losgelassenen Sitz zu erlernen. Verspannungen können den gewünschten Trainingseffekt zunichtemachen oder sogar umkehren. Die Korrektur des Pferdes über Hilfszügel unter dem Reiter, beispielsweise mit Schlaufzügeln, sollte erfahrenen Bereitern vorbehalten bleiben. Schlaufzügel und vergleichbare Hilfszügel sollten nur gezielt und keineswegs gewohnheitsmäßig verwendet werden, da sie bei unkundiger oder übermäßiger Anwendung die korrekte Beizäumung beeinträchtigen und den falschen Knick fördern. Aus diesem Grund sind Schlaufzügel und ähnlich wirkende Hilfszügel auch für die Jungpferdeausbildung generell wenig geeignet.“

 

Einteilung der Hilfszügel
(Quelle: WIKIPEDIA > Suchbegriff „Ausbindezügel“)

Hilfszügel können in zwei Unterarten unterteilt werden: in die fest verschnallten, die an der Ausrüstung des Pferdes – wie beispielsweise dem Sattel – befestigt sind, und diejenigen, über die der Reiter mit der Hand eine direkte Einwirkung auf sein Pferd erreicht. Hilfszügel der zweiten Art unterstützen geübte Reiter vorübergehend bei der Korrektur und Ausbildung von Pferden und dürfen keinesfalls als Ersatz für mangelhaftes reiterliches Können verwendet werden. Bei Hilfszügeln der ersten Art kann der Reiter keinen situationsgebundenen Einfluss auf die Wirkung des Hilfszügels nehmen. Diese werden für die Ausbildung des Pferds unter dem Reiter überwiegend abgelehnt und vornehmlich bei der Ausbildung von Reitern, der Bodenarbeit und dem Longieren von Pferden eingesetzt. Die beim Verschnallen festgelegte Länge eines solchen Hilfszügels ist von entscheidender Bedeutung für seine Wirkung.

Feste Verschnallung

Stoßzügel

Stoßzügel am Pferd und einzeln (Illustration: Anna Seuberth/Wikipedia)

Der wahrscheinlich älteste Hilfszügel ist der Stoßzügel. Ein Stoßzügel ist die direkte Verbindung des Gebisses mit dem Sattelgurt über einen zwischen den Vorderbeinen des Pferdes laufenden Riemen. Der Stoßzügel wird so lang verschnallt, dass der Pferdekopf bei voll gestrecktem Ausbinder kurz vor der Senkrechten steht. So wird das Heben des Pferdekopfes über ein durch die Länge des Stoßzügels vorgegebenes Maß verhindert. Eine seitliche Bewegung des Pferdehalses ist dabei möglich. Das Pferdemaul kann sich damit auf einem Kugelausschnitt um den Anschnallpunkt am Sattelgurt bewegen. Oft wird als Stoßzügel ein einzelner Ausbindezügel verwendet, der dann mit Hilfe eines Verbindungsstegs zu beiden Gebissringen befestigt wird. So erfolgt die Einwirkung gleichmäßig und das seitliche Herausziehen des Gebisses wird verhindert.
Ein deutlich kürzer geschnallter Stoßzügel beeinträchtigt das Pferd in seiner Balance. Ein deutlich länger geschnallter Stoßzügel erfüllt keinen Zweck mehr. Unabhängig von der Verschnallung darf der Stoßzügel nur auf ebenem Boden verwendet werden, da es beim Stolpern des Pferdes zu schmerzhaften Rucken im Maul, oder sogar zu Verletzungen kommen kann.
Stoßzügel sind aufgrund der fehlenden seitlichen Begrenzung zum Longieren nicht geeignet.

Ausbindezügel (Ausbinder)

Ausbinder am Pferd (rot) und einzeln (Illustration: Anna Seuberth/Wikipedia)

Ausbinder sind beidseitig am Sattelgurt angebrachte Lederriemen, in der Mitte oft mit einem eingenähten Gummiring versehen, um den Ausbinder elastischer zu machen, und werden mit Karabinerhaken in die Trensenringe eingeklinkt. Dabei stellt je ein Ausbinder die Verbindung zwischen einem Trensenring und dem Sattelgurt an der entsprechenden Pferdeseite her (wird zuweilen auch über Kreuz verschnallt). Der Ausbinder ist ein zweigeteilter Hilfszügel. Die Verschnallung erfolgt in der Länge entsprechend dem Stoßzügel. Der Pferdekopf kann sich damit auf einem Ellipsoid um die beiden Anschnallpunkte am Sattelgurt bewegen. Im Gegensatz zum Stoßzügel wird durch Ausbinder die Bewegungsfreiheit des Pferdehalses auch seitlich begrenzt. Durch seinen Einsatz möchte man eine gerundete Halshaltung des Pferdes erreichen. Verwendung findet er heute vor allem, wenn keine zusätzliche Zügeleinwirkung des Reiters stattfindet, also beim Longieren, der Ausbildung von Reitanfängern oder bei Stuntpferden. Hier bietet er den Vorteil, dass dem Pferd auch seitlicher Halt geboten wird und es nicht so leicht über die Schulter weglaufen (Abknicken im Hals wird vermieden) oder sich verwerfen (Schiefstellung in den Ganaschen) kann.

Dreieckszügel

Dreieckszügel am Pferd (rot) und einzeln (Illustration: Anna Seuberth/Wikipedia)

Laufferzügel (Illustration aus Lauffer: Die Ausbildung des Reiters S. 56, Selbstverlag)

Der Dreieckszügel, auch Wiener Zügel genannt, ist eine Abwandlung des Ausbinders. Anstatt eine direkte Verbindung zwischen Trensenring und Sattelgurt herzustellen, wird der Riemen zwischen den Vorderbeinen des Pferdes hindurch kommend durch den Trensenring gefädelt und dann seitlich wieder in den Sattelgurt eingeschnallt. Im Gegensatz zu Ausbindern ist bei der Verwendung von Dreieckszügeln die Vorwärts-Abwärtsbewegung des Pferdes möglich. Der korrekt verschnallte Dreieckszügel erlaubt das Heben des Pferdekopfes bis kurz vor die Senkrechte. Der Dreieckszügel ist als Hilfszügel für die Reitausbildung weit verbreitet. Durch verschieden hohes Verschnallen der Dreieckszügel am Sattelgurt ist es möglich die Aufrichtung dem Ausbildungsstand des Pferdes entsprechend zu variieren.
Lauffer-Zügel, auch Lorenz-Zügel (oder umfunktionierte Schlaufzügel) sind zwei einzelne Riemen, die ähnlich wie Dreieckszügel vom Sattelgurt durch die Trensenringe zum Pferd zurückgeführt werden. Anstatt unter dem Rumpf des Pferdes werden sie allerdings an der Seite des Pferdes befestigt, wodurch sich im Vergleich zum Dreieckszügel verbesserte seitliche Führung des Pferdes ergibt.[1] Sie eignen sich daher besonders gut für die Ausbildung junger Pferde.


Halsverlängerer

Halsverlängerer am Pferd (rot) (Illustration: drawrein.jpg: anna)

Beim Halsverlängerer handelt es sich um ein Gummiseil, das auf einer Seite am Sattelgurt unter dem Sattelblatt befestigt wird, dann durch die Trensenringe gezogen über das Genick führt, auf der anderen Seite wieder durch den Trensenring zurück zum anderen Sattelgurt verläuft. Statt der Befestigung direkt unterhalb des Sattelblatts ist auch das Durchführen zwischen den Vorderbeinen mit Befestigung am Sattelgurt unter der Brust möglich.
Wie der Name andeutet, soll der Halsverlängerer Pferde, die sich der Anlehnung entziehen, zur Streckung nach vorne-unten verleiten.
Die Nachgiebigkeit des Zügels führt bei manchen Pferden jedoch genau zum Gegenteil: Das Pferd lernt entweder, sich auf den Zügel zu legen, oder es verkriecht sich hinter den Zügel. Die Einnahme der gewünschten Position hat keine Effekte, die sie für das Pferd angenehmer machen würden. Der Zügel ist daher nicht für jedes Pferd geeignet.

Chambon / Gogue

Chambon (links) und Gogue am Pferd (rot) (Illustration: chambon.jpg: anna)

Chambon und Gogue sind in Deutschland wenig verbreitete Mischformen der verschiedenen Hilfszügel. Kennzeichnend ist, dass der Hilfszügel nicht nur am Sattelgurt befestigt und an bzw. durch die Trensenringe geführt wird, sondern einen zusätzlichen Haltepunkt am Genickstück des Trensenzaums hat. Der Hilfszügel wird vom Sattelgurt zwischen den Vorderbeinen des Pferdes hindurch über einen Ring am Genickstück an (Chambon) bzw. durch (Gogue) die Trensenringe geführt. Durch die zusätzliche Einwirkung über das Genick soll das Pferd angeregt werden, sich vorwärts-abwärts zu dehnen, denn wenn es den Kopf zu hoch hebt, erfolgt u. U. schmerzhafter Druck auf dem Genick und im Maul. Eine Anlehnung kann das Pferd hier aber nicht finden. Chambon und Gogue sollen der Gefahr begegnen, die jeder Hilfszügel birgt: Das Pferd kann sich der Einwirkung entziehen, indem es den Hals einrollt, den Kopf also beliebig nahe an den Kreismittelpunkt bzw. Ellipsenbrennpunkt heranführt. Im Extremfall (was vor allem bei unsachgemäßem Einsatz des Schlaufzügels passieren kann) berühren die Nüstern des Pferdes seine Brust. Chambon und Gogue sind harte Hilfszügel, die auch eine heftige Gegenwehr des Pferdes hervorrufen können und daher nur in Einzelfällen geeignet sind.

Feststehendes Martingal
Ein feststehendes Martingal ist ein Lederzügel, der vom Bauchgurt zum Nasenriemen eines Reithalfters führt. Das feststehende Martingal soll dem Pferd das Anheben des Kopfes maximal bis kurz vor die Waagerechte erlauben, da anderenfalls jede Zügelwirkung auf den Unterkiefer verloren geht. Die Verschnallung ist dementsprechend lang.[2] In dieser Weise wird es heute beim Polo und beim Westernreiten eingesetzt. In letzterem Fall wird es als Tie-Down bezeichnet und an einem Bosal, oftmals dessen dünnster Ausführung, dem Pencil Bosal, angebracht. Es wirkt etwas schärfer als die englischen Ausführungen und ist auf Westernturnieren nur in den Renndisziplinen (Barrel Race und Pole Bending) erlaubt. Der dauerhafte Einsatz eines feststehenden Martingals führt insbesondere bei Pferden, die ihren Spielraum ausnutzen, zu einer unerwünschten Verstärkung der Unterhalsmuskulatur.

 

Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass in allen angeführten Varianten eine Eignung für Pferde nie generell, sondern prinzipiell individuell eingeschätzt wird.

Unter dem Aspekt von sicherer Verwahrung ohne Behinderung freier Bewegung  eines Pferdes im Rahmen von Ausbildung von Pferd und Reiter, beim Longieren erfahrener Pferde im Unterricht, als Handpferd, als Begleitpferd oder im Rahmen von therapeutischem Reiten gebe ich dem traditionellen Ausbindezügel mit flexiblen Gummiringen den Vorzug (wobei ich auch mit dem „Halsverlängerer“ immer wieder gute Erfahrungen gemacht habe),  allerdings sollte der Gebissteil mit einem ledernen Umschnallstück (linke Abbildung) versehen sein und nicht mit Metallkarabinern (rechte Abbildung), weil die Gefahr eines schmerzhaften Drucks auf die Beinhaut der sehr empfindlichen Unterkieferäste besteht.


Die „Freiheit“ – also die Länge des Ausbindezügels - zum Herandehnen an das Gebiss ist naturgemäß immer individuell zu gestalten, abhängig von den flexiblen Erfordernissen in der Reitbahn, in der Halle oder in freier Natur –  und den Tages-Bedürfnissen des eingesetzten Pferdes.

Deutsche Reitvorschrift 1912 im Lichte der Reitkunst – Grundsätze der Dressur – Junge Remonten (Max Freiherr von Redwitz – Georgi Aachen 1914)

 

Ein Kavallerist führt eine junge Remonte – locker ausgebunden – als Handpferd im Gelände.

– „Die Reitvorschrift hingegen will die Remonten durch beiderseitiges Ausbinden außerdem noch zu dem für das Tragen des Reitergewichts notwendigen Tiefstellen von Hals und Kopf veranlassen. Das Maß der Ausbindezügel soll so gewählt werden, dass das Pferd volle Freiheit hat, mit langem Halse die Zügel zu suchen, aber auch die Möglichkeit, sie zu finden.
[……]
– Ein in der Bewegungsfreiheit des Halses starr mechanisch beschränktes Pferd vermag nicht nur den Reiter zu gefährden, sondern ist selbst allerlei Gefahren ausgesetzt.“


Gert Schwabl von Gordon – Bianca Rieskamp: 300 Reiterliche Fragen – H.DV.12 (OLMS 2015)
– „Weil das richtige Longieren einzig und allein durch richtig verschnallte Ausbindezügel zu erreichen ist, was alle anderen Hilfszügel überflüssig macht, die nur zu scheinbaren Erfolgen bezüglich der Losgelassenheit führen. (Seite136)
– Wie beim Reiten der Zügel darf auch beim Longieren der Hilfszügel das Pferd nicht in eine bestimmte Haltung zwängen. (Seite 136)
– Ein Korrekturpferd, welches nicht im Genick nachgibt, korrigiert die klassische Reitlehre häufig durch korrektes Longieren, erst in die Tiefe und dann mit verkürzten Ausbindern, die das Pferd aber nicht einzwängen dürfen, in Gebrauchshaltung.“

Alois Podhajsky: Die praktische Reitschule (Nymphenburger 1967)
– „Die Ausbindezügel werden derart in die Trense geschnallt, dass das Pferd bei richtiger Kopfstellung eine leichte Anlehnung nehmen kann. Die Ausbindezügel sollen nie zu kurz geschnallt werden, sondern eine für das Pferd bequeme Länge haben. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass sie auf beiden Seiten gleich lang sind. (Seite 48)
– Der Reitlehrer setzt die Länge der Ausbindezügel fest, und zwar individuell nach Temperament und Charakter jedes Pferdes. Bei einem ruhigen Pferd sollen die Ausbindezügel so lange geschnallt sein, dass es eine leichte Anlehnung nehmen kann. Ein aufgeregtes Tier wird durch kürzere daran gehindert, davon zu stürmen. (Seite 63)
– Wenn ein Pferd ein gleichmäßiges Tempo einhalten kann und den Aufforderungen des Lehrers willig folgt, werden die Ausbindezügel allmählich verkürzt. Dadurch lernt das Pferd die Kopfhaltung, die für ein Reitpferd erforderlich ist, um ihm das Tragen seines Reiters zu erleichtern. (Seite 74)
– Absolut abgelehnt muss aber die Abhilfe werden…eine Anlehnung mit ganz kurz geschnallten Ausbindezügeln oder gar Schleifzügeln zu erzwingen.“ (Seite 183)

Norbert Zális: Reiten für Gebildete (OLMS Presse 2003)
– „Der Sinn aller Hilfszügel besteht darin, dass diese zu Krücken unseres Nichtkönnens werden. Sie können den Weg zum Erfassen bei Reiter und Pferd verkürzen. Voraussetzung ist dabei, dass sie als Informations- und nicht als Zwangsmittel verwendet werden. ….Am wirksamsten ist ein Hilfszügel, der nicht einwirkt….Ein Hilfszügel, mit dem der Reiter ein Pferd  in Form zwingt, ist ein Foltergerät.
– Für die nächsten Etüden binde ich das Pferd so aus, dass es beim Halsstrecken an das Gebiss reichen kann. Das Pferd wird grundsätzlich gerade ausgebunden.
– Die Ausbinder werden etwa in der Mitte der Brusthöhe des Pferdes befestigt, sodass sie bei verlangter Beizäumung waagrecht getragen werden.
– Durch Quälen eines unangemessen ausgebundenen Pferdes bis zur Ermüdung wird das Pferd gezwungen, eine Abwehrmethode zu entwickeln. Meist bricht es zwischen dem dritten und vierten Halswirbel nach oben aus zum sogenannten falschen Knick.
– Mein Wunsch ist, dass die Remonte am Ende der Grundausbildung schreitet, nicht trödelt und nicht eilt.“

Erich OESE: Sportpferde I und II; (Sportverlag Berlin 1992)
– „Ausbindezügel dürfen das Pferd in seiner natürlichen Haltung nicht stören.
– Zu langes Ausbinden ist jedoch zwecklos, weil das Pferd dann das Gebiss nicht finden kann.“

Pauel/Urmoneit: Das Pferd im Therapeutischen Reiten (FN Verlag 2015)
– „Hilfszügel werden nur dosiert und zielgerichtet und nicht zur Kompensation einer fehlenden Ausbildungsleistung eingesetzt.
– Zudem wird dem Ziel des Therapeutischen Reitens Rechnung getragen, dass die Klienten das Pferd nicht in Anlehnung reiten sollen, sondern dass die Hilfszügel eingesetzt werden, um dem Pferd die Aufgabe zu erleichtern.    
– Im HPR, im freien Reiten in der Ergotherapeutischen Behandlung und in der Psychotherapie mit dem Pferd geht es nicht darum, das Pferd in Anlehnung zu reiten. Die Möglichkeit des Pferdes einen Impuls des Klienten zu beantworten, steht im Vordergrund. Dies ist nur möglich, wenn das Pferd durch einen Ausbinder nicht zu stark eingeschränkt wird und mit einer natürlichen Kopfhaltung gehen darf.
– Die Wirkung des Einsatzes der Ausbinder muss die Fachkraft regelmäßig überprüfen.“      
 


Der regelmäßig zu erwartende Aufschrei „mit Ausbindern ins Gelände !!??“ kostet mich nur verständnisloses Achselzucken: Kein vernünftiger Mensch geht zur reiterlichen Grundausbildung, zum Longieren, mit Hand- oder Begleitpferd oder zur Reittherapie ins „Gelände“ – sondern er – der vernünftige Mensch in allen geschlechtlichen Varianten - wird sich zu diesem Zwecke mit dem Pferde immer in sicherer Umgebung mit verlässlichem Untergrund bewegen – also: Pferde, auch solche, die mit Ausbindezügel ausgestattet sind, haben in risikoreicher und gefahrenträchtiger Umgebung nichts (mehr)  verloren – Kavallerie und Artillerie sind nicht mehr in Stellung zu bringen!

 

Sämtliche Sicherheitsregeln werden hier ignoriert: Kein Reithelm, keine Handschuhe, keine Einwirkung auf das Handpferd – die Sinnhaftigkeit dieser „Arbeit“ ist zu bezweifeln: Im Sattel ein Berufsreiter und Ausbildner eines Pferdezentrums – alleine unterwegs in einem großen Wald etwa 5 km vom Stall entfernt.

Aus Sicht des Verfassers liegt die Kernfrage nicht im „wo“ – sondern im „wann und wie“.
Wenn Hilfszügel wie z.B. Ausbindezügel zum Einsatz kommen, muss gewährleistet sein
– dass dies dem Komfort des Pferdes,
– dem Ausbildungsziel bei Pferd, Reitschüler oder dem Therapieziel eines Klienten
– und der Erhöhung der Sicherheit für Pferd, Reitschüler, Klient und Begleitpersonal im Sinne einer angemessenen Verwahrung dient.
Unter dem Aspekt dieser drei Blickwinkel ist es dann sekundär, ob die Reitbahn, die Reithalle oder risikoarmes freies Gelände als „Feld der Übung“ in Betracht kommen.

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