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Studie: Leichte Bewegung verbessert die Lernfähigkeit von Pferden
03.03.2022 / News

Die Lernaufgabe: Das Pferd sollte lernen, sich von der Gerte zu entfernen.
Die Lernaufgabe: Das Pferd sollte lernen, sich von der Gerte zu entfernen. / Foto: Cathrynne Henshall et.al.
Das sanfte Touchieren hörte auf, sobald das Pferd ein Hinterbein in Richtung Mittellinie hob.
Das sanfte Touchieren hörte auf, sobald das Pferd ein Hinterbein in Richtung Mittellinie hob. / Foto: Cathrynne Henshall et.al.

Die Lernfähigkeit von Pferden kann durch leichte Bewegung im Vorfeld einer Trainingseinheit verbessert werden, während sich Stress und Untätigkeit negativ auf den Lernerfolg auswirken können – das zeigt eine aktuelle Studie der Charles Sturt Universität in Australien.
 

Cathrynne Henshall und ihre Forscherkollegen stellten in der Zeitschrift ,Scientific Reports' fest, dass Hauspferde häufig für körperlich anstrengende Aktivitäten eingesetzt werden, die Auswirkungen von Bewegung auf ihre Lernfähigkeit jedoch noch nicht experimentell untersucht wurden.

Wie aus Studien anderer Tierarten bekannt ist, führt Bewegung zu einem erhöhten Sauerstoffverbrauch und einer höheren Stoffwechselbelastung. Als Folge kommt es zu einer Erhöhung des Herzzeitvolumens sowie einer Reihe anderer physiologischer Prozesse, um die erhöhten Anforderungen an den Körper zu unterstützen. Bewegung fördert zudem das Lernen, das Gedächtnis und die kognitiven Funktionen, während Stress die Lernfähigkeit von Pferden offenkundig beeinträchtigen kann, wie div. Untersuchungen nahelegen. „Es gibt immer mehr Beweise“, so die AutorInnen, „dass die Konfrontation mit verschiedenen Formen von Stress das Lernen von Pferden beeinflussen kann, abhängig vom Stressor, der Art der Lernaufgabe und in einigen Studien vom Temperament des Pferdes.“

Doch die meisten Lernaufgaben, die in derartigen Studien verwendet werden, spiegeln nicht die kognitiven Aufgaben wider, mit denen Pferde im Alltag eines Reitstalls konfrontiert sind, wo offensichtliche Lernfehler zu Risiken sowohl für die menschliche Sicherheit als auch für das Wohlergehen der Pferde führen können. Daher sei es wichtig, die Auswirkungen von Stress und Bewegung auf das Lernen von Pferden in ihrem normalen Umfeld und bei ihren alltäglichen Aufgaben zu erforschen, so die WissenschaftlerInnen der Charles Sturt University.

Genau dies wollten Cathrynne Henshall und ihre KollegInnen in ihrer aktuellen Untersuchung leisten. Sie verwendeten insgesamt 41 Pferde, die alle im Schritt, Trab und Galopp am losen Zügel geritten werden konnten. Die Pferde wurden zufällig in drei Gruppen eingeteilt: 14 in die inaktive Gruppe, 13 in die Bewegungsgruppe und 14 in die Belastungs- bzw. Stressgruppe.

Das Experiment bestand aus drei Phasen. Die erste Testphase bestand bei allen drei Gruppen darin, jedes Pferd an einen Zaun zu binden und es dort 15 Minuten lang vollkommen ungestört stehen zu lassen, danach wurden Blut- und Speichelproben zur Analyse entnommen.

In der nächsten Phase wurden die Teilnehmer der Bewegungsgruppe einem leichten Übungsprogramm unterzogen, das etwas mehr als 20 Minuten dauerte und aus moderaten Bewegungseinheiten in Schritt, Trab und Galopp bestand.

Die Teilnehmer der Stressgruppe wurden 20 Minuten lang in einen Roundpen gebracht und dort mit einem Stressor in Form eines großen Gummiballs konfrontiert, der wiederholt geklopft, geschleudert oder geschoben wurde. Teilweise kam auch eine unvorhersehbar bewegte Plastikplane zum Einsatz – mit einem Wort: Die Pferde wurden Stress ausgesetzt.

Die Pferde der inaktiven Gruppe wurden wieder an einen Zaun gebunden und für 22 Minuten in Anwesenheit eines Begleitpferdes in Ruhe gelassen.

Alle Pferde wurden anschließend mit demselben Trainer einer Lernaufgabe unterzogen. Der Trainer stand auf der rechten Seite des Pferdes mit den Zügeln oder dem Führstrick in der rechten Hand sowie einer Dressurgerte in der linken Hand. Den Pferden wurde beigebracht, sich von der Gerte zu entfernen.

Die Peitsche wurde zunächst in die Position auf Höhe des rechten Hüftgelenks angehoben. Wenn das Pferd seine Hinterhand nicht innerhalb von 2 Sekunden wegbewegte, wurde sanftes rhythmisches Berühren/Touchieren angewendet. Es wurde beibehalten, bis das Pferd versuchte, die Hinterhand zu bewegen – das Berühren hörte auf, sobald das Pferd ein Hinterbein in Richtung Mittellinie hob.

Die Reaktion jedes Pferdes wurde in einem vorgegebenen Bewertungssystem bewertet, die dabei vergebene Leistungsnote wurde festgehalten.

Nach der Lernphase wurden abermals bei allen Pferden Blut- und Speichelproben entnommen. Die Pferde der Bewegungsgruppe erzielten die besten Ergebnisse und erreichten das Lernziel in den wenigsten Versuchen im Vergleich zu den Pferden der Stressgruppe und den inaktiven Pferden, deren Lernleistung ident war.  Die Konzentrationen des Stresshormons Cortisol im Speichel nahmen bei den Pferden der Bewegungsgruppe während des Lernens ab, während die Cortisol-Konzentrationen bei den Pferden der anderen Gruppen zunahmen. Die Pferde mit den höchsten Cortisolkonzentrationen benötigten auch die meisten Versuche, um das Lernziel zu erreichen.

Die Ergebnisse, so die WissenschaftlerInnen, deuten darauf hin, dass eine kurze Bewegungseinheit vor dem eigentlichen Training die Lernfähigkeit von Pferden verbessern kann. Umgekehrt können Aktivitäten, die Pferde unkontrollierbaren Stressfaktoren aussetzen, die eine starke Cortisolfreisetzung verursachen, die Lernfähigkeit negativ beeinflussen. Die ForscherInnen vermuten, dass diese Effekte auf den Einfluss von Neurotransmittern wie Cortisol und Noradrenalin auf die für das Lernen verantwortlichen Gehirnregionen zurückzuführen sind.

Die ForscherInnen sagten, dass ihre Studie die Empfehlungen der Branche unterstützt, dass eine kurze Bewegungs- bzw. Aufwärmphase mit geringer kognitiver Anforderung, bei der sich das Pferd frei und ruhig bewegt, zu einem verbesserten Lern- und Trainingserfolg beitragen kann, insbesondere im Vergleich zu einem Training ohne jede vorherige körperliche Aktivität. Auf der anderen Seite sollte aber unkontrollierbarer Stress vor einer Trainingseinheit vermieden werden, da dieser die Lernfähigkeit ebenfalls beeinträchtigen kann.

Die Studie „The effect of stress and exercise on the learning performance of horses" von Cathrynne Henshall, Hayley Randle, Nidhish Francis und Rafael Freire ist am 4. Feb. 2022 in der Zeitschrift ,Scientific Reports' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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