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Studie: Wie stressig sind Führanlagen für Pferde?
02.10.2018 / News

Wenn schon Führanlage, dann jedenfalls mit einem vertrauten Begleitpferd – so lautet die Empfehlung der britischen Wissenschaftler.
Wenn schon Führanlage, dann jedenfalls mit einem vertrauten Begleitpferd – so lautet die Empfehlung der britischen Wissenschaftler. / Symbolfoto: Fotolia/Sven Cramer

Führanlagen sind eine ebenso praktische wie arbeitssparende Methode, Pferden Bewegung zu verschaffen – aber wieviel Stress verursachen sie bei Pferden? Eine Untersuchung des britischen Writtle University College gibt erste Antworten.

 

Führanlagen sind in vielen Reitställen eine beliebte und bequeme Methode, Pferde kontrolliert zu bewegen – und ein wichtiger Bestandteil des normalen Trainingsprogramms. Dennoch werden sie von manchen Reitern und Experten kritisch betrachtet, weil man das Arbeiten seiner Vierbeiner zeitweilig einer unpersönlichen Maschine anvertraut, vielfach auf die nötige Aufsicht bzw. Kontrolle verzichtet wird und auch immer wieder Unfälle in derartigen Anlagen vorkommen. Ein Aspekt wird bei der Diskussion über den Nutzen bzw. die Nachteile von Führanlagen aber bislang kaum beachtet, nämlich die Frage, ob die Bewegung in einer Führanlage für Pferde generell mit Stress verbunden ist – und ob dabei der Aspekt der Trennung von seinen Stallkameraden eine Rolle spielt. Exakt dieser Frage widmeten sich zwei Wissenschaftler vom Writtle University College in Großbritannien: Das Ziel ihrer Studie war es, Stressanzeichen bei Pferden zu analysieren, wenn sie in einer Führanlage allein oder gemeinsam mit bekannten Stallkollegen bewegt wurden.

Für die Tests wurden insgesamt 16 Pferde und Ponys unterschiedlicher Rassen, Geschlechter und Altersgruppen aus dem Equine Training and Development Center des Writtle University College in bevorzugte Partnerpaare eingeteilt. Die Pferde wurden acht Wochen vor Beginn der Tests an die verwendete Führanlage – ein handelsübliches Modell der Fa. Molenkoning mit sechs Abteilungen – gewöhnt und dabei mindestens dreimal pro Woche bewegt.  Während der Tests wurden Herzfrequenz und Herzschlagvariabilität gemessen. Das Stressverhalten wurde kontinuierlich mit iPhones, die an den Abteilungen angebracht waren, aufgezeichnet und durch detaillierte Verhaltens-Scores bewertet.

Die Resultate waren bemerkenswert: Die mittlere Herzfrequenz und die Anzeichen für Stressverhalten waren signifikant niedriger, wenn die Pferde mit einem Begleiter in der Führanlage bewegt wurden als im Falle einer Trennung bzw. Absonderung. Die mittlere Herzschlagvaribailität war signifikant erhöht, wenn die Pferde mit einem vierbeinigen Begleiter im Testeinsatz waren – wiederum im Vergleich zu einem getrennten Einsatz. Darüber hinaus zeigten sich deutliche Unterschiede in wichtigen Herz-Frequenzbereichsparametern (LF/HF ratio), wenn die Pferde mit oder ohne Begleitpferd bewegt wurden. Alle Pferde erreichten während der Bewegungseinheiten einen physischen anaeroben Zustand, der dem von galoppierenden Rennpferden entsprach (70–100% ihrer maximalen Herzfrequenz während beider Tests). Die Fluchtreaktionen des Pferdes (gekennzeichnet durch einen Anstieg der LF/HF ratio) wurden verringert, wenn Pferde mit einem Begleiter bewegt wurden.

Einfach gesagt: Pferde sind soziale Lebewesen – und deshalb ist es durchaus normal, dass sie in Stress geraten, wenn man sie von anderen Artgenossen absondert. Aus den Messungen ergab sich, dass die Pferde in beiden Test-Situationen – also bei der Bewegung in der Führanlage mit und ohne Begleitpferd – sowohl physisch als auch psychisch deutlich belastet wurden, dass diese Belastung aber geringer ausfiel, wenn die Pferde mit einem bekannten Stallkollegen bewegt wurden.

Das Resümee der Wissenschaftler daher: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Trennung bzw. Separierung einen signifikanten Effekt auf den Stresspegel eines Pferdes hat, wenn es in einer Führanlage bewegt wird, sein Wohlbefinden wird dadurch beeinträchtigt. Wenn man ein Fluchttier in einen kleinen umgrenzten Raum ohne Fluchtweg sperrt, kann es in einen Zustand ,erlernter Hilflosigkeit’ versetzt werden, was sich in diversen subtilen Verhaltenssignalen äußert, die wir bei unseren Tests beobachten konnten. Wenn Führanlagen als arbeitssparendes Haltungs- bzw. Trainingsinstrument verwendet werden, dann kann man den damit verbundenen Stress bei Pferden verringern und ihr Wohlbefinden erhöhen, indem man ihnen einen bevorzugten Begleiter beistellt.“

Und das sollte man auch tun, so die klare Empfehlung der Wissenschafter …

Die Untersuchung ,The effect of separation on equine behaviour, heart rate and heart rate variability whilst exercised on a horse walker’ von C. Cuthbert and R. Verwijs wurde im Rahmen der 14. Jahrestagung der ,Internationalen Gesellschaft für Pferdewissenschaften' (ISES) von 21.–24. September in Rom vorgestellt.

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