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Perfide Pferde-Quälerei: Der mühsame Kampf gegen Tail-Blocking auf Westernturnieren
03.11.2019 / News

Auch eine Online-Petition prangert die grausame Praktik des ,Tail-Blocking
Auch eine Online-Petition prangert die grausame Praktik des ,Tail-Blocking' an – bislang jedoch nur mit wenig Erfolg. / Foto: Change.org

Das sogenannte ,Tail Blocking’ – also das Blockieren der natürlichen Schweiffunktionen – ist auf Westernturnieren in den USA nach wie vor ein Problem. Manche Verbände gehen mittlerweile dagegen vor – doch ausgerechnet die mächtige NRHA weigert sich hartnäckig, entschiedener dagegen aufzutreten, wie ein aktuelles Beispiel zeigt.

 

Der Mensch ist auf bedrückende Weise erfinderisch, wenn es darum geht, ein Ziel auf Umwegen bzw. unter Anwendung verbotener Mittel zu erreichen – und dies ist auch in der Pferdeszene nicht anders. Ein Beispiel dafür ist das grausame ,Horse-Soring’, das in der US-Gangpferdeszene trotz vielfacher Kritik noch immer weit verbreitet ist. Dabei werden Pferden durch Misshandlungen sowie durch mechanische oder chemische Hilfsmittel bewusst Schmerzen an Hufen und Beinen zugefügt, um besonders spektakuläre Bewegungen zu erzwingen.

Ein zweites Beispiel, das in der Öffentlichkeit zwar weniger bekannt, doch ebenso verabscheuungswürdig ist, ist das sogenannte ,Tail Blocking’ bzw. ,Tail Alteration’, also das Blockieren bzw. Manipulieren natürlicher Schweiffunktionen, um die Pferde bei Turnieren entspannter und gelassener aussehen zu lassen. Dies geschieht durch Praktiken wie dem Betäuben des Schweifes durch Verabreichen von Injektionen – häufig aber auch durch drastische Maßnahmen wie dem Durchtrennen von Schweifnerven.

Die amerikanische Pferdetierärzte-Vereinigung AAEP (American Association of Equine Practioners) hat bereits vor Jahren klare Worte für derartige Methoden gefunden: Sie sind schlicht Tierquälerei und daher kategorisch abzulehnen, wie es in einer Stellungnahme dazu heißt: „Die AAEP verurteilt jegliche Veränderung bzw. Manipulation des Pferdeschweifes zu kosmetischen oder wettbewerbsbedingten Zwecken. Dazu gehören etwa das Kupieren, das Beschneiden und das Blockieren des Schweifes, ist jedoch nicht darauf beschränkt. Bei kosmetischen Eingriffen tragen diese Manipulationen nicht zur Gesundheit oder zum Wohlbefinden des Pferdes bei und werden hauptsächlich eingesetzt, um höhere Bewertungen auf Shows oder Turnieren zu bekommen (Beschneiden, Blockieren) oder aufgrund historischer Gepflogenheiten (Kupieren). (…) Die AAEP fordert alle Zuchtverbände und Reitsport-Sparten nachdrücklich auf, Richtlinien zur Beseitigung dieser Praktiken zu erlassen und durchzusetzen und ihre Mitglieder über die damit verbundenen Gesundheitsrisiken für Pferde aufzuklären. Mitglieder des AAEP sollten ihre Kunden über potenzielle gesundheitliche Gefahren, Beeinträchtigungen des Wohlbefindens sowie auf mögliche gesetzliche und verbandsrechtliche Konsequenzen informieren.

,Tail Blocking’ kann in der Tat weitreichende gesundheitlichen Folgen für die damit ,behandelten’ Pferde haben, worauf Tierärzte und Tierschützer wiederholt hingewiesen haben. Der Schweif ist Teil der Wirbelsäule des Pferdes und hat aufgrund seiner Beweglichkeit eine eminente Funktion für das Gleichgewicht. Er wird eingesetzt, um Fliegen und andere Insekten von den Seiten zu entfernen. An der Schweifhaltung kann man auch erkennen, wann ein Pferd unter Angstzuständen, Frustrationen oder auch Krankheiten leidet. Und der Schweif ist ein wichtiges Mittel der Kommunikation innerhalb einer Gruppe bzw. Herde, mit dem etwa Stuten ihre Bereitschaft zur Paarung gegenüber Hengsten signalisieren können. Wird der Schweif durch Verabreichen von Injektionen betäubt, kann dies in einzelnen Fällen dazu führen, dass sich das Pferd in der Hinterhand steif bewegt. Im schlimmsten Fall ist der Schweif dauerhaft geschädigt, in der Hinterhand breitet sich eine Infektion aus, der Schweif kann als ganzes abfallen.

Blockierte oder betäubte Schweife hängen leblos herab, anstatt mit der Bewegung des Pferdes zu schwingen. Das Pferd hat keine Möglichkeit, seinen Schweif anzuheben, um zu misten bzw. zu urinieren – und beschmutzt daher seinen Schweif bzw. seine Beine. Bei Stuten hat das häufig Entzündungen oder bakteriellen Problemen im Uterus zur Folge, was zu dauerhaften gesundheitlichen Beschwerden und sogar zur Zuchtuntauglichkeit führen kann.  Pferde positionieren sich in natürlicher Weise zum Urinieren und Misten so, dass Schweif und Beine nicht verunreinigt werden. Allein die mentale Frustration, dazu nicht mehr in der Lage zu sein, ist für Pferde qualvoll. Ein Pferd mit blockiertem Schweif darf nicht auf der Weide bleiben. Sie benötigen eine Vollzeitpflege, um sie jedes Mal zu reinigen, wenn sie Exkremente abgeben. Ohne diese Pflege sind sie den Angriffen von Fliegen, Maden unter dem Schweif und anderen bakteriellen Infektionen hilflos ausgeliefert.

Aus all diesen Gründen sind viele Verbände den Forderungen von Tierärzten und Tierschützern nach einem ausdrücklichen Verbot des ,Tail Blocking’ bereits nachgekommen – etwa die AQHA (American Quarter Horse Association), aber auch die APHA (American Paint Horse Association) und der Appaloosa Horse Club (APHC). Dennoch sind – wie etwa die Tierärztin Kate Hepworth-Warren 2017 in einem aufsehenerregenden Artikel meinte – diese Praktiken in der Turnierszene noch immer „schockierend verbreitet“ – und es mangle vor allem an strengen Überprüfungen und Kontrollen verdächtiger Pferde.

Wie mühsam der Kampf gegen das ,Tail Blocking’ ist, zeigt ein weiteres aktuelles Beispiel: Wie die Website Reiningtrainers.com berichtet, hat sich der größte Reining-Verband der USA, die ,National Reining Horse Association’ (NRHA) geweigert, ein explizites Verbot dieser Praktiken in seine Reglements für 2020 aufzunehmen, und dies, obwohl ein entsprechender Antrag zeitgerecht eingereicht worden sei. Konkret wollte man folgenden Passus in das ,Rulebook’ der NRHA aufgenommen wissen: „Kein Pferd, das an einem von der NRHA genehmigten Turnier teilnimmt, darf in irgendeiner Klasse antreten, wenn dessen Schweifnerven behandelt wurden (womit gemeint ist, dass die Schweifnerven dauerhaft ihrer Funktion beraubt wurden – im allgemeinen durch das Lösen oder Durchtrennen der Nervenbahnen).“

Diese Bestimmung bleibt auch weiterhin Wunschdenken – die NRHA sieht offenbar keinen Bedarf für ein solches Verbot. Die Website Reiningtrainers.com kritisiert das scharf – und weist darauf hin, dass es beim ,Tail Blocking’ nicht nur darum gehe, die Pferde vermeintlich ,besser aussehen’ – also gelassener wirken zu lassen. „Es ist hinlänglich bekannt und wird sogar von NRHA-Mitgliedern als eine Möglichkeit beschrieben, über schweren Sporeneinsatz hinwegzutäuschen oder zu verbergen, dass Pferde sauer geritten wurden. Sogar Schmerzen lassen sich in bestimmten Fällen dadurch tarnen. Für Schweifschlagen gibt es 5 Strafpunkte – das kann sich empfindlich auf das Preisgeld auswirken. Das ist der wahre Grund, warum ,Tail Blocking’ angewendet wird, denn der Wert eines Reiningpferdes wird anhand seiner Gewinnsumme bemessen.“

Auch von einer entsprechenden Petition, die vor rund einem Jahr gestartet wurde, ließ sich die NRHA bislang nicht beeindrucken. Der Schutz des Pferdes bleibt – wie auch der langjährige Kampf gegen das grausame ,Horse-Soring’ und die jüngsten Vorkommnisse im Galopprennsport zeigen – in den USA ein schwieriges Thema, bei dem die wirtschaftlichen Interessen leider oft genug die Oberhand behalten. Das musste im Übrigen auch die FEI erkennen, die schon im Vorjahr die Zusammenarbeit mit der NRHA und der AQHA für beendet erklärt hatte, da ein gemeinsam Kooperations-Abkommen in mehreren Punkten nicht eingehalten worden war. FEI-Generalsekretärin Sabrina Ibanez wörtlich: „Sowohl die AQHA als auch die NRHA wurden darüber informiert, dass eine verbindliche Verpflichtung zur Umsetzung der FEI-Regeln zu Antidoping, den Stewarding-Anforderungen und dem Alter von Turnierpferden Voraussetzung für eine künftige Zusammenarbeit ist.“

Seither wird zwar intensiv verhandelt – doch Fortschritte hat es offenbar kaum gegeben. Im Juli dieses Jahres hat der FEI-Vorstand daher auch eine umfassend dokumentierte Empfehlung veröffentlicht, die Sparte ,Reining’ ab 2020 als offizielle FEI-Disziplin zu streichen – die endgültige Entscheidung darüber wird bei der bevorstehenden FEI Generalversammlung in Moskau (16.–19. November) fallen.

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