Komplexes Darm-Mikrobiom: Warum man abrupte Futterumstellungen bei Pferden vermeiden sollte 05.09.2023 / News
Das Verdauungssystem des Pferdes ist ein komplexes Zusammenspiel von Millionen bzw. Milliarden mikrobieller Organismen – und wie in jedem Ökosystem können Veränderungen schädlich sein, so ExpertInnen. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay
Wenn man die Ernährung seines Pferdes verändern oder anpassen muss, sollte man dies stets langsam und schrittweise tun – und zwar nicht nur bei Kraftfutter, sondern auch bei Heu und anderem Rauhfutter. Grund ist das sensible Mikrobiom des Pferdedarms und seine äußerst komplexe Funktionsweise, wie Fütterungsexperten erklären.
Pferde haben einen empfindlichen Verdauungstrakt, daher lassen viele Besitzer Vorsicht walten, wenn sie Futter- oder Ernährungsplanänderungen vornehmen. Ernährungswissenschaftler weisen jedoch darauf hin, dass Besitzer üblicherweise nicht so vorsichtig sind, wenn sie das Heu oder ein anderes Grundfutter ihrer Pferde wechseln, obwohl sie es auch in diesem Fall sein müssen.
Größere Umstellungen bzw. Anpassungen des Futters sind für Pferdebesitzer mitunter unvermeidlich – zum Beispiel, wenn sie den Einstellbetrieb wechseln, mit der Fütterung einer neuen Heulieferung beginnen, ihr Pferd wieder an die Weide gewöhnen usw. Die Pferdeindustrie konzentriert sich vor allem bei ergänzenden Futtermitteln auf langsame Umstellungen, doch Ernährungswissenschaftler empfehlen diese behutsame Vorgangsweise für alle Aspekte der Pferdefütterung – sowohl kommerzielle Futtermittel als auch Grün- bzw. Raufutter. Das Verständnis der zugrundeliegenden Physiologie des Magen-Darm-Trakts (GI) des Pferdes kann Besitzern helfen, die Bedeutung langsamer Futteranpassungen zu erkennen. Die von ErnährungsexpertInnen empfohlenen Methoden für diese Anpassungen können das Risiko von Magen-Darm-Problemen bei Pferden deutlich verringern.
Pferde haben eine große Population mikrobieller Organismen, die in ihrem Magen-Darm-Trakt leben, insbesondere im Hinterdarm, wo die Fermentation stattfindet. „Das Verdauungssystem des Pferdes ist mit Millionen/Milliarden mikrobieller Organismen gefüllt, hauptsächlich im Hinterdarm, aber zu einem gewissen Grad auch im Vorderdarm/Magen“, so Prof. Shannon Pratt-Phillips, Professorin für Tierwissenschaften an der North Carolina State University in Raleigh, gegenüber dem Portal TheHorse.com. „Daher können wir uns den Verdauungstrakt als ein Mikroökosystem dieser Mikroben vorstellen – und wie in jedem Ökosystem können Veränderungen schädlich sein.“ Indem wir also langsam Futterveränderungen einführen, geben wir diesen Mikroben Zeit, sich an neue Substrate anzupassen.“
Tatsächlich können sich sogar Veränderungen im Futter negativ auf die Mikroben im Darm des Pferdes auswirken. „Der Nährwert von Heu kann aufgrund der unterschiedlichen Reife des Schnittguts und der Artenzusammensetzung stark variieren, was sich letztendlich auf die im Heu vorherrschenden Fasertypen auswirkt – Hemizellulose, Zellulose, Lignin oder Zucker und Stärke“, so Prof. Pratt-Phillips . Wenn das Verdauungssystem des Pferdes an bestimmte Substrate gewöhnt ist, könnte eine schnelle Veränderung dazu führen, dass einige Mikroben absterben, was negative Auswirkungen haben könnte, wie etwa eine Erhöhung der Laktatproduktion, die den pH-Wert des Darms senken kann, fügt sie hinzu. Geschieht dies im Darm, kann es große Teile der Mikroben abtöten.
„Andere Probleme können die Darmschleimhaut schädigen und sie undicht machen, was zu Darmentzündungen führen kann“, so Pratt-Phillips. „Einige der Fermentationswege können auch zu einer stärkeren Gasproduktion führen, was in schlimmen Fällen zu (Gas-)Koliken führen kann.“
„Viele Pferde sind äußerlich ruhig und scheinen von plötzlichen Ernährungsumstellungen nicht betroffen zu sein, aber das zeigt nicht, was unter der Oberfläche vor sich geht“, bestätigt auch Rachel Mottet, Pferdeernährungsberaterin und Inhaberin von Legacy Equine Nutrition in Ocala, Florida. Wenn Sie die Ernährung Ihres Pferdes plötzlich umstellen, besteht ein großes Problem darin, dass bestimmte Mikrobiota, die eine bestimmte Faser fermentieren, durcheinander geraten und sich plötzlich verändern können, fügt sie hinzu. „Diese Veränderungen der Darmmikrobiota können ungünstig sein und möglicherweise zu Magen-Darm-Störungen, Koliken, Hufrehe oder anderen gesundheitlichen Problemen führen. Aus diesem Grund ist ,langsam und stetig’ das beste Prinzip, wenn es um Ernährungsumstellungen bei Pferden geht.“
Wenn Sie wissen, dass sich die Ernährung Ihres Pferdes ändern wird, kann die Erstellung eines Plans das Risiko von Magen-Darm-Beschwerden verringern, indem die Belastung der Mikrobenpopulation im Magen-Darm-Trakt gemindert wird. Unterschiedliche Futtermittel enthalten unterschiedliche Nährwerte und können bei abruptem Wechsel einen Schock für die Mikroben auslösen. „Während es beim Wechsel von einem Stall zum anderen oft nicht zu langsamen Futterübergängen kommt, kann man zumindest ein paar Tage Heu bekommen, das sich hervorragend zum Mischen eignet“, sagt Mottet.
„Meine allgemeine Empfehlung ist, (an den ersten ein bis zwei Tagen in einer neuen Einrichtung) zu 100 % die Ernährung zu erhalten, die das Pferd zuvor erhalten hat“, bemerkt Mottet. „Umzüge sind für Pferde extrem stressig und wenn sich alles schnell verändert, würde ich es vorziehen, wenn der Darm während dieses Übergangs so stabil wie möglich bleibt.“ Nach den beschriebenen ersten ein bis zwei Tagen empfiehlt sie, die beiden Diäten eine Woche lang zu mischen. Wenn Sie kein Heu aus dem vorherigen Stall bekommen können, versuchen Sie, etwas Kraftfutter mitzubringen, um die Konsistenz aufrechtzuerhalten. Wenden Sie diese Taktik unbedingt auch an, wenn Sie eine neue Charge Heu haben, und gehen Sie langsam von der vorherigen Charge zur neuen Charge über.
Wenn die Tagesration Ihres Pferdes beispielsweise aus Heu und Kraftfutter besteht, bringen Sie genug Heu aus dem vorherigen Stall mit, um Ihr Pferd vier oder fünf Tage lang füttern zu können. Für ein Pferd, das etwa 500 kg wiegt, wären dafür ca. 10 kg Heu pro Tag erforderlich. Füttern Sie der Empfehlung von Mottet folgend in den ersten beiden Tagen nur dieses Heu. Danach gehen Sie dazu über, eine Mischung aus gleichen Teilen Heu aus dem vorherigen Stall und dem Heu der neuen Anlage zu füttern, bevor Sie die Tiere vollständig vom alten Heu entwöhnen.
Bei einer Umstellung des Kraftfutters gehen Sie ähnlich vor. Füttern Sie in den ersten Tagen die gleichen Produkte und Mengen. Verringern Sie dann schrittweise die Menge des ursprünglichen Kraftfutters und beginnen Sie, die Menge des neuen Kraftfutters in der Ration zu erhöhen, bis das Pferd vollständig auf den neuen Plan umgestellt ist.
Das Mikrobiom des Pferdedarms ist komplex – unter der Oberfläche passiert enorm viel. Da es sich bei Pferden um Flucht- bzw. Beutetiere handelt, die Schwächen oder gesundheitliche Probleme nicht nach außen sichtbar machen wollen, bemerken Besitzer oder Betriebsleiter Magen-Darm-Beschwerden möglicherweise erst dann, wenn schwerwiegendere Probleme wie Koliken auftreten. Da sich die Mikrobenpopulation an die in der Nahrung bereitgestellten Substrate gewöhnt, führen alle Änderungen zu Störungen. Daher empfehlen FütterungsexpertInnen, die Ernährung der Pferde immer langsam umzustellen und Futteranpassungen stets behutsam und schrittweise durchzuführen.
KommentareBevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...Weitere Artikel zu diesem Thema:20.08.2020 - Pferde-Fütterung: Abrupte Umstellung von Heu auf Gras verändert Darmflora erheblich
Pferde-Fütterung: Abrupte Umstellung von Heu auf Gras verändert Darmflora erheblich 20.08.2020 / News
Allzu plötzliche, übergangslose Futterumstellungen – insbesondere von Heu zu Gras – können die Darmflora erheblich beeinträchtigen, so die aktuelle Studie. / Foto: Archiv Martin Haller
Eine plötzliche Ernährungsumstellung - entweder von Gras oder Heu oder von Heu zu Gras - kann innerhalb der ersten Tage nach dem Übergang tiefgreifende Auswirkungen haben, so eine aktuelle Studie. Ein schneller Wechsel von Heu zu Gras kann dabei ein höheres Risiko für Darmprobleme darstellen als ein plötzlicher Wechsel von Gras zu Heu.
Ausgangspunkt der Forschungsarbeit, die kürzlich in der Zeitschrift PLOS ONE veröffentlicht wurde, war der Umstand, dass abrupte Ernährungsumstellungen in der Pferdehaltung oft unvermeidbar sind – etwa wenn im Frühjahr bzw. Frühsommer die Weidesaison beginnt und die Pferde mehr Zeit auf Koppeln und Wiesen verbringen. Solche jahreszeitlichen Umstellungen können – wenn sie allzu plötzlich und übergangslos stattfinden – Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmflora auslösen, die ihrerseits zu Verdauungs- oder Stoffwechselstörungen führen können.
Die Forscher machten sich daran, die fäkale Darmflora von Ponys zu beschreiben und zu vergleichen, wenn eine plötzliche Umstellung von Weideland- zu einer eingeschränkten Heu-Diät und umgekehrt erfolgt. Das Experiment, das im Frühsommer begann, umfasste sechs erwachsene Welsh-A-Ponys. Die Ponys waren zuvor einen Monat lang auf der Weide belassen worden.
Die Studie bestand aus zwei 14-tägigen Überwachungsphasen. In der ersten Phase wurden die Ponys von der Weide genommen und 14 Tage lang nur mit einer Heu-Ration von 17,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht auf Trockenmassebasis gefüttert.
In der zweiten Überwachungsphase – also nach exakt 14 Tagen – wurde das Heu vollständig gestoppt wurde, die Ponys kamen wieder auf die Weide und durften dort Gras ad libitum fressen (ohne jegliche Zufütterung). Zu Beginn jeder Phase und an den Tagen 1 bis 3, 7 und 14 nach vollzogener Ernährungsumstellung wurden Stuhlproben genommen. Molekularbasierte Analysetechniken wurden verwendet, um die Darmflora sowie die relative Häufigkeit der darin vorhandenen Mikroorganismen zu bestimmen.
Die Resultate waren eindeutig, so die Forscher: „Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass die fäkale Darmflora erwachsener Ponys sehr unterschiedlich ist und sich die relative Häufigkeit einzelner Organismen-Gruppen (Taxa) als Reaktion auf abrupte Ernährungsumstellungen ändert", so die AutorInnen. Die tiefgreifendsten Auswirkungen auf die Struktur der fäkalen mikrobiellen Flora waren dabei in den ersten Tagen zu verzeichnen.
Die fäkale Darmflora von Ponys, die nur mit einer begrenzten Menge Heu gefüttert wurden, war in Bezug auf Reichtum und Artenvielfalt ähnlich wie die von Ponys, die ausschließlich mit Gras gefüttert wurden. Sie unterschied sich jedoch erheblich in Bezug auf die relativen Häufigkeiten verschiedener Mikroorganismen-Gruppen: Die Klasse Bacilli, Ordnung Lactobacillales, Familie Lactobacillaceae und die Gattung Lactobacillus waren am Tag 2 nach einer abrupten Ernährungsumstellung von Heu zu Gras im Vergleich zu allen anderen Versuchstagen in erhöhter relativer Häufigkeit vorhanden.
Die Wissenschaftler dazu: „Dieser Befund legt nahe, dass eine abrupte Ernährungsumstellung von Heu zu Gras ein höheres Risiko für einen Abfall des Dickdarm-pH-Werts darstellt als eine abrupte Umstellung von Gras zu Heu, da Lactobacillus bekanntermaßen ein wichtiges Milchsäure-produzierendes Bakterium ist." Die Autoren weiter: „Abrupte Veränderungen von Gras zu Heu und umgekehrt wirken sich auf die Struktur der fäkalen mikrobiellen Gemeinschaft aus. Darüber hinaus scheint die Reihenfolge der Ernährungsumstellung in den ersten Tagen nach dem Übergang einen tiefgreifenden Einfluss zu haben. Eine abrupte Ernährungsumstellung von Heu auf Gras kann daher ein höheres Risiko für Darmstörungen darstellen als eine abrupte Umstellung von Gras auf Heu."
Die Wissenschaftler hielten auch fest, dass weitere Studien erforderlich sind, um ein Instrument zur Unterstützung einer stabileren Darmflora des Pferdes bei plötzlichen Ernährungsumstellungen zu finden: „Die Bestimmung der Rolle verschiedener mikrobieller Arten beim Nährstoffabbau und ihres Beitrags zum Stoffwechsel ist von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Verdauungsprozesse und die Maximierung der Produktivität, Gesundheit und des Wohlbefindens des Pferdes." Die in der Studie verwendete Gensequenzierungstechnologie ermöglichte es den Forschern lediglich, Veränderungen der Zusammensetzung in mikrobiellen Populationen zu identifizieren.
„Die Ergebnisse dieser Studie können für weitere Untersuchungen verwendet werden, um die Rolle einzelner Mikroben, die von den abrupten Ernährungsumstellungen betroffen waren, und ihren Beitrag zur Darmflora von Pferden näher zu bestimmen, insbesondere auch im Hinblick auf ihre unmittelbare Reaktion auf die Umstellung und die längerfristige Anpassung an verschiedene Ernährungsweisen.“
Die Studie „Abrupt dietary changes between grass and hay alter faecal microbiota of ponies“ von Anna Garber, Peter Hastie, David McGuinness, Pauline Malarange und Jo-Anne Murray ist am 18. August 2020 in der Zeitschrift ,PLOS ONE’ erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
21.05.2022 - Stärkereiche Ernährung und ihre fatalen Folgen für den Pferdedarm
Stärkereiche Ernährung und ihre fatalen Folgen für den Pferdedarm 21.05.2022 / News
Faser- und ballaststoffreiche Ernährung ist für die Darmgesundheit bei Pferden von zentraler Bedeutung – bei stärkereichem Futter ist hingegen Vorsicht geboten. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay
Eine aktuelle Studie der Universität Turin untersuchte die Risiken, die mit der Fütterung von Pferden mit einer stärkereichen Ernährung verbunden sind. Dabei nahmen die ForscherInnen u. a. auch die potenziell schädliche Rolle von Valeriansäure im Darm unter die Lupe.
WissenschaftlerInnen der Universität Turin fanden heraus, dass eine stärkereiche Ernährung signifikante Veränderungen im Darmmilieu von Pferden verursacht. „Eine stärkereiche Ernährung hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Darmumgebung des Pferdes in Bezug auf Trockenmasse, Produktion flüchtiger Fettsäuren und Partikelgrößen“, so Federica Raspa und ihre ForscherkollegInnen in der Zeitschrift ,BMC Veterinary Research’.
Die zentrale Erkenntnisse des Studienteams: „Wir haben einen Anstieg des Trockensubstanzgehalts im rechten Dickdarm sowie verringerte Partikelgrößen und eine erhöhte Produktion von Valeriansäure in allen untersuchten Darmabschnitten beobachtet." Ihr wichtigstes Resümee: „Stärkereiche Ernährung sollte zugunsten ballaststoffbasierter Ernährung vermieden werden, um die Darmgesundheit von Pferden zu erhalten."
Ausgangspunkt ihrer Untersuchung war die Tatsache, dass noch immer viele Pferde mit hohen Mengen an Stärke in den Rationen gefüttert werden – und das trotz der bekannten Vorteile einer ballaststoffbasierten Ernährung zur Förderung der Darmgesundheit und des Tierwohl insgesamt, wie die ForscherInnen feststellten.
Den negativen Folgen dieser Fütterungspraxis wollten sie in einer vergleichenden Untersuchung auf den Grund gehen. Sie machten sich daran, die Auswirkungen von zwei verschiedenen Diäten – eine basierend auf hohen Mengen an Stärke und eine basierend auf hohen Mengen an Ballaststoffen – auf spezifische Parameter der Darmumgebung in verschiedenen Teilen des Darms im Verdauungstrakt von Pferden zu vergleichen. Sie konzentrierten sich auf die Mengen an Trockenmasse, organischer Substanz und Aschegehalt sowie die Partikelgrößenverteilung und flüchtige Fettsäuren.
Ihre Untersuchung umfasste 19 Bardigiano-Pferde, die zur Schlachtung bestimmt waren. Neun wurden mit hohen Mengen an Stärke gefüttert, in einer Diät, die 43 % Heu und 57 % stärkereiches pelletiertes Futter umfasste. Die anderen 10 wurden mit hohen Mengen an Ballaststoffen gefüttert, in einer Diät, die 70 % Heu und 30 % eines ballaststoffreichen pelletierten Futters umfasste.
Die AutorInnen berichteten, dass Pferde, die mit der stärkereichen Diät gefüttert wurden, einen höheren Trockenmassegehalt im dorsalen Teil des Dickdarms hatten. Sie zeigten auch einen höheren Gehalt an organischem Material und Asche in bestimmten Darmabschnitten, etwa der Brustbeinflexur, der Beckenflexur, dem Dickdarm und dem Rektum.
Die Pferde mit der stärkereichen Ernährung hatten zudem einen höheren Anteil an Partikeln, die durch ein 8-mm-Sieb zurückgehalten wurden, und einen höheren Anteil an Partikeln, die durch das feinste Sieb (weniger als 1 mm) gespült wurden. Die Gesamtmengen an flüchtigen Fettsäuren sowie Valeriansäure waren bei Pferden, die mit stärkereichem Futter gefüttert wurden, signifikant höher als bei Pferden, die mit ballaststoffreichem Futter gefüttert wurden.
Tatsächlich machte Valeriansäure etwa 40 % der gesamten flüchtigen Fettsäuren aus, die im Enddarm der Gruppe mit hohem Stärkegehalt produziert werden. Valeriansäure wird von Darmbakterien aus unverdauten Kohlenhydraten hergestellt. Es hat eine hohe Fettlöslichkeit und kann die Verdauungsschleimhaut durchdringen. Frühere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass es zur Entwicklung von Magengeschwüren bei Pferden beitragen kann. „Dieser Effekt könnte auch im Enddarm von Bedeutung sein, wo Entzündungsprozesse oft mit stärkereichen Diäten in Verbindung gebracht wurden“, sagten sie. Im Darm der mit ballaststoffreicher Ernährung gefütterten Pferde wurde Valeriansäure hingegen überhaupt nicht nachgewiesen.
Die Forscher sagten, dass ihre Ergebnisse die Vorstellung bestätigen, dass die Zusammensetzung der Nahrung und damit die Praktiken des Fütterungsmanagements in der Lage sind, die Darmumgebung und ihre Funktion zu beeinflussen. „Wichtig ist, dass die beobachteten Veränderungen auch hauptsächlich an jenen Darmsegmenten lokalisiert waren, die bei Kolikenoperationen häufig mit Verdauungsproblemen in Verbindung gebracht werden.“ In Anbetracht der Ergebnisse sollte eine ballaststoffbasierte Ernährung bei Pferden gefördert werden, um die Darmgesundheit zu schützen, so das Resümee der WissenschaftlerInnen.
Sie betonten weiters, dass hohe Gehalte an flüchtigen Fettsäuren, die bei Pferden mit stärkehaltiger Ernährung gefunden werden, das Risiko von Verdauungsstörungen erhöhen könnten – und dass die Partikelgröße im Darm anscheinend nicht nur durch das Kauen und den Zustand der Zähne beeinflusst wird, sondern auch durch die Stärkemengen in der Nahrung. „Es ist bekannt, dass hohe Mengen an unverdauter Stärke für Veränderungen oder Verschiebungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms verantwortlich sind, die zu einer Verringerung der Aktivität fibrolytischer Mikroorganismen und in der Folge zu einer Verringerung der Fermentationsfähigkeit der Faser führen. Dieser Aspekt erscheint besonders wichtig, wenn man bedenkt, dass die adäquate Ballaststoffverdauung als entscheidend für die Verringerung der Partikelretention im Darm angesehen wird, deren Auftreten das Risiko einer Dickdarmblockade erhöht.“
Die Studie „A high-starch vs. high-fibre diet: effects on the gut environment of the different intestinal compartments of the horse digestive tract" von Federica Raspa, Ingrid Vervuert, Maria Teresa Capucchio, Elena Colombino, Domenico Bergero, Claudio Forte, Martina Greppi, Laura Cavallarin, Marzia Giribaldi, Sara Antoniazzi, Damiano Cavallini, Ermenegildo Valvassori und Emanuela Valle ist am 19. Mai 2022 in der Zeitschrift ,BMC Veterinary Research' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
09.09.2022 - Stärkereiche Ernährung schädigt Magen und Darm von Pferden erheblich
Stärkereiche Ernährung schädigt Magen und Darm von Pferden erheblich 09.09.2022 / News
Eine stärkereiche Ernährung ist – salopp gesagt – Gift für den Pferdemagen und -darm, so das Resümee der aktuellen Studie italienischer ForscherInnen. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay Hier ein Abschnitt der unteren, drüsenreichen Magenregion eines Pferdes, das mit der stärkereichen Diät gefüttert wurde und eine Gastritis mit mehreren Geschwüren aufweist. / Foto: Dr. Elena Colombino et.al. Mikroskopisches Bild des Jejunums, des mittleren Teils des Dünndarms, der zwischen Zwölffingerdarm und Ileum liegt: Das Foto links (a) stammt von einem Pferd mit stärkereicher Ernährung und zeigt eine deutlich stärkere Entzündung des Darmgewebes als Foto b (Pferd mit ballaststoffreicher Ernährung). / Foto: Dr. Elena Colombino et.al. Mikroskopische Aufnahme der Beckenflexur (der hufeisenförmige Abschnitt des großen Dickdarms) – auch hier ist die Entzündung beim Pferd mit stärkereicher Ernährung (Foto c) wesentlich stärker ausgeprägt. / Foto: Dr. Elena Colombino et.al.
Eine Studie italienischer WissenschaftlerInnen bestätigt, dass stärkereiches Futter bei Pferden vermehrt zu Magengeschwüren und Darmentzündungen führt – und sie dokumentieren dies anhand eindringlicher mikroskopischer Bilder.
Dr. Elena Colombino und ihre KollegInnen von der Universität Turin in Italien hielten einleitend fest, dass die Fütterung von energiereichen Futtermitteln, die erhebliche Mengen an Stärke enthalten, immer noch ein häufiger Fehler bei der Ernährung von Sport- oder Freizeitpferden ist. Diese Art der Fütterung sei auch in Betrieben üblich, die Pferde für die Fleischproduktion züchten: Zur schnelleren Körpergewichtszunahme werden stärkereiche und ballaststoffarme Futtermittel an Pferde verfüttert, die zur Fleischerzeugung gehalten wurden, obwohl dies im Widerspruch zu ihrem natürlichen Fressverhalten steht.
In ihrer Studie wollten die Forscher die Auswirkungen einer stärkereichen Ernährung mit einer ballaststoffreichen Ernährung auf die Darmgesundheit von Pferden vergleichen. 19 zur Schlachtung bestimmte Bardigiano-Pferde mit einem Durchschnittsalter von 14,3 Monaten wurden in die Studie aufgenommen und in zwei Gruppen geteilt: Neun Pferde erhielten eine stärkereiche und zehn eine ballaststoffreiche Ernährung.
Alle Pferde waren auf einem der größten Pferdezuchtbetriebe für die Fleischproduktion in Nordwestitalien stationiert und erhielten für die Dauer des 72-tägigen Studienzeitraums das gleiche Wiesenheu aus dem ersten Schnitt, aber die Gruppen erhielten unterschiedliche Ergänzungsfuttermittel. Jedes Pferd in der stärkereichen Gruppe erhielt täglich 8 kg stärkereiches Futter, während Pferde in der faserreichen Gruppe jeweils 3,5 kg faserreiches Futter pro Tag erhielten.
Bei der Schlachtung wurden ihre Mägen zur Beurteilung entfernt. Auch Teile des Dünn- und Dickdarms, das Rektum und die Leber wurden zur mikroskopischen Untersuchung entnommen.
Dieaw Analysen ergaben ein ernüchterndes Ergebnis: Das Studienteam stellte fest, dass Pferde, die mit der stärkereichen Nahrung gefüttert wurden, schwerwiegendere Läsionen bzw. Geschwüre im unteren, säureproduzierenden Drüsenteil des Magens aufwiesen als Pferde mit ballaststoffreicher Ernährung. Sie stießen zudem auf eine statistische Tendenz für mehr Läsionen in der oberen, nicht-säureproduzierenden Plattenepithelregion des Magens in der Gruppe mit der stärkereichen Nahrung.
Darüberhinaus fanden sie Hinweise auf eine stärkere Entzündung im Jejunum (der mittlere Teil des Dünndarms, der zwischen Zwölffingerdarm und Ileum liegt) und in der Beckenflexur (ein hufeisenförmiger Abschnitt des großen Dickdarms) in der stärkereichen Gruppe im Vergleich zu den Pferden mit ballaststoffreicher Ernährung. Keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen wurden in Bezug auf Leberentzündung oder -degeneration gefunden.
Bei der Diskussion ihrer Ergebnisse sagten sie, dass die Magen-Darm-Gesundheit mit dem Fütterungsmanagement von Tieren zusammenhängt und eine Schlüsselrolle bei der Bewahrung der Tiergesundheit und -produktivität spielt. „Diese Ergebnisse stimmen mit der aktuellen wissenschaftlichen Literatur überein, da sich gezeigt hat, dass die höheren Stärkemengen, die mit einer stärkereichen Ernährung zugeführt werden, ein erheblicher Risikofaktor für das Auftreten von Magengeschwüren sind, insbesondere in der Plattenepithelregion.“
Die Fütterung von stärkereichen Kraftfuttermitteln erfordert weniger Kauaktivität und Speichelproduktion, wodurch die Speichelpufferung der Magensäure verringert wird, so die AutorInnen. Auf dieser Grundlage ist eine Schädigung der Plattenepithelregion des Magens wahrscheinlicher. Stress wurde auch mit Magengeschwüren bei Pferden in Verbindung gebracht.
Die in der vorliegenden Studie verwendeten Pferde unterlagen zudem einem intensiven Management, was das Potenzial hat, den Stress zu erhöhen. Der Stress aufgrund der Haltungsbedingungen in Verbindung mit dem Mangel an ausreichend Ballaststoffen könne, so die AutorInnen, „die schwerwiegenderen Läsionen erklären, die in der drüsenreichen Magenregion von Pferden mit hohem Stärkegehalt beobachtet wurden.“
„Die vorliegende Studie kann ein Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen zur Darmgesundheit bei Pferden sein“, so die AutorInnen, die anregten, dass sich weitere Studien insbesondere auf die Auswirkungen der Ernährung auf die Zusammensetzung des Mikrobioms sowie auf die mögliche Rolle des Geschlechts für die Darmgesundheit von Pferden konzentrieren sollten.
Die Studie „Gut health of horses: effects of high fibre vs high starch diet on histological and morphometrical parameters" von Elena Colombino, Federica Raspa, Maria Perotti, Domenico Bergero, Ingrid Vervuert, Emanuela Valle & Maria Teresa Capucchio ist am 8. Sep. 2022 in der Zeitschrift ,BMC Veterinary Research/Volume 18 erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
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