Thomas Haller ist Österreichs Pionier in Sachen Paradressur – und bereits zum fünften Mal bei Paralympics für Österreich am Start. Im ProPferd-Interview spricht er über die Anfänge des Parareitsports in Österreich und seine Erfolgs-Partnerschaft mit Trainer Ernst Mayr.
Thomas Haller ist Vorreiter und Wegbereiter des Parareitsports in Österreich und seit mehr als 20 Jahren auf internationalem Top-Niveau unterwegs. Wenn Österreich bei den morgen (11. September) beginnenden Paradressur-Bewerben in Rio de Janeiro mit einer kompletten Mannschaft am Start ist, so ist das nicht zuletzt auch sein Verdienst. Die Paralympics 2016 sind für Thomas Haller nicht nur ein sportlicher Höhepunkt, sondern auch das Resultat harter Arbeit und eines insgesamt beeindruckenden Lebensweges. Wir haben mit dem Paradressur-Pionier kurz vor seinem ersten Auftritt in Rio de Janeiro gesprochen.
ProPferd: Hr. Haller – sie sind zum bereits fünften Mal bei den Paralympics für Österreich am Start. Wie sehr hat sich die Paradressur in dieser Zeit verändert – und was genau ist heute anders als vor 20 Jahren?
Thomas Haller: Es hat sich sehr viel getan. Vor allem die Umstellung von Leihpferden 2000 in Sydney auf eigene Pferde 2004 in Athen. Grundsätzlich ist die Qualität sehr gestiegen, allerdings hatten bei den Leihpferden gute Reiter, die wenig Geld und keine Sponsoren hatten, auch die Möglichkeit, dabei zu sein und auch zu gewinnen. Jetzt brauchst du genug finanziellen Rückhalt oder Sponsoren, um überhaupt die Chance zu haben, soweit zu kommen. Das ist schade, trotzdem ist natürlich alles heute viel professioneller.
ProPferd: Österreich ist erstmals mit einem kompletten Team bei der Paradressur dabei – was den Aufschwung dieser Disziplin in Österreich verdeutlicht. Welche Faktoren sind aus Ihrer Sicht für diesen Erfolg verantwortlich?
Thomas Haller: Ich glaube, dass es dem zu verdanken ist, dass Eva Bachinger als meine damalige Trainerin und ich als Reiter von 2000 bis 2009 so gut wie alleine den Parareitsport in Österreich vertreten haben und wir auch gemeinsam internationale Turniere im Kreuttal veranstaltet haben. So hat dann Pepo Puch sich nach seinem Unfall informiert und angefangen, im Parasport zu reiten. Natürlich ist es ab diesem Zeitpunkt in erster Linie seiner professionellen Vorbereitung und seinen tollen Erfolge zu verdanken, dass es mehr Aufmerksamkeit und dadurch auch ein bisschen mehr Geld für diesen Sport in Österreich gibt. Es ist eine tolle Sache, dass wir jetzt gemeinsam als Team hier in Rio sind.
ProPferd: Sie sind auch mit einem besonderen Pferd in Rio am Start – nämlich mit dem österreichisch gezogenen Hengst Puschkin. Wie haben Sie dieses Pferd gefunden – und was sind die Stärken von Puschkin?
Thomas Haller: Da ich schon lange mit Ernst Mayr trainiere und Puschkin aus seiner Zucht stammt haben ich ihn im Jänner 2015 das erste Mal geritten. Zuerst dachte ich das ich ihn in tausend Jahren nicht aussitzen kann weil er so viel Bewegung hat, allerdings ist es mit der Zeit immer besser geworden und im Oktober 2015 sind wir das erste gemeinsame internatinale Turnier in Italien geritten. Es macht mich als Österreicher sehr stolz mit einer Zucht aus Österreich hier zu starten. Er ist besonders Nervenstark bis jetzt und hat gleichzeitig sehr gute Grundgangarten·
ProPferd: Sie arbeiten seit einiger Zeit auch erfolgreich mit Ernst Mayr als Trainer zusammen – was macht Hr. Mayr anders als seine Vorgänger?
Thomas Haller: Ernst Mayr ist gleichzetig ein sehr guter Freund und auch mein Trauzeuge. Mit allen meinen Trainern – vor allem zu Beginn meiner internationalen Karriere, wo mich Eva Bachinger trainert hat – bin ich auch sehr weit gekommen. Auf Grund Ihrer internationalen Richter-Karriere und auch meines Umzugs nach Oberösterreich war das nicht mehr möglich. Alle haben sich auch immer sehr bemüht, mich weiter zu bringen. Ernst geht besonders auf mich ein und hat auch den richtigen Weg gefunden zwischen Pushen und Geduld. Das ist besonders wichtig, und ich hoffe auf eine noch lang andauernde Zusammenarbeit.
ProPferd: Wie haben Sie sich auf die Paralympics in Rio vorbereitet – wie intensiv darf man sich das Training vorstellen?
Thomas Haller: Neben regelmässigem Training am Pferd und Schwimmen, wenn Zeit ist, habe ich auch einen sehr guten Sport-Physiotherapeuten mit eigenem Fitnessstudio.
ProPferd: Sie sind nicht nur sportlich sehr engagiert, sondern auch beruflich, haben eine große Firma mit 200 Mitarbeitern. Wie kriegt man beides unter einen Hut?
Thomas Haller: Bei mir gilt eindeutig das Motto: Neben einem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau! Meine Frau Samantha unterstützt mich voll und leitet gleichzeitig unsere zweite Firma, die Hallerpromotion, die mit dem Callcenter der österreichischen Sozialversicherung schon sehr viel Geld eingespart hat, da seit fast vier Jahren immer mehr Menschen statt mit der Rettung mit dem Fahrtendienst fahren. Unsere große Firma in Wien – Haller-Mobil – führt mittlerweie mein Sohn Benjamin mit meiner Unterstützung und auch einem wirtschaftlichen Berater. Ohne die Unterstützung meiner Familie wäre das alles nichr möglich.
ProPferd: Was ist ihr sportliches Ziel bei den Paralympics in Rio?
Thomas Haller: Eine gute Leistung bringen und zeigen, dass es auch im kleinen Land Österreich gute Pferde gibt. Ganz toll wäre es, wenn ich ins Kürfinale der besten sieben kommen könnte. Das wird sehr schwer, weil die Konkurrenz sehr stark ist.
ProPferd: Vielen herzlichen Dank für das Gespräch – alles Gute und viel Erfolg!
DATEN & FAKTEN ZUR PARADRESSUR IN RIO
Die Para-Dressurreiter sind im Leistungssport in insgesamt fünf Wettkampfklassen, sogenannte „Grades", eingeteilt. Die Zuordnung richtet sich nach der Schwere der Behinderung, von Grade Ia und Ib der am schwersten behinderten Reiter bis Grade IV. Eine Mannschaft besteht in der Para-Dressur aus vier Reitern, davon maximal zwei eines gleichen Grades. Für das Teamergebnis werden die besten drei Ergebnisse aus der Mannschaftsprüfung sowie dem sogenannten "Championshiptest" addiert, es gibt also ein Streichergebnis. Titelverteidiger ist das Team aus Großbritannien. Einzelmedaillen werden pro Grade gleich zweimal vergeben: für den Championshiptest sowie für die Kür.
Österreich ist bei den Paradressur-Bewerben in Rio de Janeiro mit insgesamt vier TeilnehmerInnen vertreten: Julia Sciancalepore/Pommery 4 sowie Michael Knauder/Contessa 15 treten im höchsten Schwierigkeitsgrad Ia an, Pepo Puch/Fontainenoir ist in Grade Ib am Start, Thomas Haller mit Puschkin im Grade II.
Heute Samstag (10. September) steht die Verfassungsprüfung auf dem Programm, morgen Sonntag (11. September) beginnen die Team-Bewerbe, am Freitag (16. September) wird das Kür-Finale ausgetragen, für das sich die sieben besten Reiter qualifizieren.
Die Teilnehmerliste der Paradressur-Bewerbe gibt's hier, Programm und Ergebnislisten sind hier zu finden!