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Staub in Reithallen – ein Risikofaktor für Pferd und Mensch
12.02.2016 / News

Staub in der Reithalle ist ein Risikofaktor für Mensch und Pferd.
Staub in der Reithalle ist ein Risikofaktor für Mensch und Pferd. / Foto: Archiv

Neue Untersuchungen zeigen, daß die Staubbelastung in Reithallen vor allem im Winter beträchtlich ist und Pferd und Reiter dadurch einem erhöhten Risiko von Atemwegserkrankungen ausgesetzt sind.

 

Seit mehreren Jahren beschäftigt sich ein Forscherteam der Tierärztlichen Hochschule Hannover rund um Prof. Nicole Kemper und Dr. Torsten Lühe mit der Staubbelastung in Reithallen und ihren möglichen gesundheitlichen Konsequenzen für Tier und Mensch. Vor allem im Winter – wenn Außenplätze vielfach gefroren und unbrauchbar sind – findet ein großer Teil der Reit- und Trainingseinheiten in der Reithalle statt, und jeder Reiter weiß, daß es dabei durchaus heftig stauben und schon nach kurzer Zeit in Hals und Lunge kratzen kann. Daß dies auch für Pferde weder gesund noch angenehm sein kann, liegt auf der Hand. Doch wissenschaftliche Untersuchungen über das tatsächliche Ausmaß der Staubbelastung in Reithallen gibt es bislang kaum – und daher auch wenig zuverlässige Aussagen, wie belastend die in der Reithallen-Luft vorhandenen Partikel (Keime, Pilzsporen, Bakterien, Pollen, Hautschuppen etc.) für die Atemwege von Pferd und Reiter ist.

Genau hier setzt die Forschungsarbeit von Nicole Kemper und Torsten Lühe an. Sie untersuchten im Rahmen einer Langzeitstudie die Staubbelastung in vier verschiedenen Reithallen im Bundesland Sachsen-Anhalt, die zwar alle die gleiche Reitflächen-Größe (20 x 40 m) aufwiesen, sich jedoch hinsichtlich Bauart und Beschaffenheit der Tretschicht unterschieden: Zwei Reithallen waren direkt mit einem angrenzenden Stalltrakt verbunden, drei Reithallen hatten ausschließlich eine Tretschicht aus Sand (und zwar unterschiedlich alt – von einem halben Jahr bis zu vier Jahre alt), eine Halle hatte ein Sand-Späne-Gemisch.

Ansonsten versuchte man, die Untersuchungskriterien so weit wie möglich zu standardisieren, um eine optimale Vergleichbarkeit der Resultate zu gewährleisten: Sämtliche Hallen wurden während des Untersuchungszeitraums in den Sommermonaten täglich bewässert. Die Staubbelastung wurde mit Hilfe eines speziellen Partikelzählers, der sechs unterschiedliche Partikelgrößen von 0,5 bis 5 Mikrometer erfassen konnte, an vier Messpunkten in jeder Halle gemessen, ebenso die bakteriologische Belastung mittels Luftkeimsammler. Die Messpunkte befanden sich in der Höhe der Pferdenase (ca. 1,5 m) sowie in Höhe der Reiternase (ca. 2,5 m). Gemessen wurde jeweils vor und nach einer standardisierten Reit-Einheit von ca. 20 Minuten Länge – und das über einen Zeitraum von zwölf Monaten, wobei in jeder Reithalle einmal pro Monat Messungen durchgeführt wurden.

Es zeigten sich erhebliche Unterschiede in der Partikelbelastung zwischen den vier Reithallen, aber auch große Differenzen zwischen den Monats-Messungen in einer Reithalle. Erwartungsgemäß war die Partikel-Konzentration am Ende der Reiteinheit am höchsten – ganz offenkundig werden durch die Bewegungen und Tritte des Pferdes die in der Tretschicht gebundenen Partikel aufgewirbelt und in die Hallenluft geschleudert. Die Messungen auf Höhe der Pferdenase zeigten eine geringfügig stärkere Konzentration als jene auf Höhe der Reiter-Nase, wenngleich die Unterschiede minimal waren.

Die Bewässerung des Hallenbodens sorgt dabei für deutliche Verbesserungen: In den wärmeren Monaten, in denen täglich bewässert wurde, wurde eine signifikant geringere Partikel-Konzentration gemessen als in den kälteren Monaten, in denen aufgrund der niedrigen Temperaturen nicht bewässert werden konnte. In den Monaten Jänner und Februar ist die Staubbelastung am größten – in den warmen Monaten von Juni bis September am geringsten. Die regelmäßige Bewässerung ist also eine effektive Maßnahme, um Staubpartikel zu binden. Hinsichtlich der Keim-Belastung ist es übrigens umgekehrt – die ist im Sommer erheblich größer als im Winter, was damit zusammenhängt, daß sich die meisten Keime nur bei warmen Temperaturen optimal vermehren und ihnen durch die Kälte im Winter gleichsam die Lebensgrundlage entzogen wird.

Die Art der Tretschicht hat ebenfalls einen Einfluss, so Prof. Kemper gegenüber dem Portal TheHorse.com – das Sand-Späne-Gemisch schnitt hinsichtlich der Staubbelastung deutlich besser ab als eine reine Sand-Tretschicht. Das Alter der Tretschicht führte auch zu Unterschieden bei der Keimbelastung – die Halle mit der ältesten Tretschicht (vier Jahre alt) wies die mit Abstand höchste Keim-Konzentration auf.

Es zeigte sich weiters, daß die bauliche Konzeption einer Reitanlage ein wichtiger Faktor für die Staubbelastung ist: Die Partikel-Konzentration war in jenen Anlagen am höchsten, in denen die Halle im gleichen Gebäude wie die Stallungen untergebracht waren, getrennt lediglich durch eine halbhohe Wand. In einer der Anlagen waren die Stallungen zwar auch im gleichen Gebäude, jedoch durch eine durchgängige Wand vollständig von der Reithalle getrennt – was ebenfalls zu einer geringeren Staubbelastung geführt hat.

Insgesamt ergab die Langzeit-Studie ein durchaus bedrückendes Resultat: Die Staubbelastung in Reithallen ist – speziell im Winter und speziell während bzw. am Ende einer Reiteinheit – erheblich. Besonders besorgniserregend ist dabei die Anzahl der Klein- bzw. Kleinst-Partikel (Feinstaub) mit einer Größe von weniger als 0,5 Mikrometer: Der weitaus größte Teil der gemessenen Partikel – ungeachtet der jeweiligen Monats-Belastung oder der Bauart einer Reitanlage – ist kleiner als 0,5 Mikrometer, meist sogar kleiner als 0,3 Mikrometer – also klein genug, um tief in die Lunge einzudringen, sich an den empfindlichen Lungenbläschen abzulagern und so Atemwegserkrankungen zu begünstigen. Die durchschnittliche Partikel-Konzentration in der Studie war bis zu zehnmal größer als jene in Städten mit Luftverschmutzung. Es darf also nicht verwundern, so Prof. Kemper weiter, daß in einer aktuellen Studie 35 % aller Reitlehrer bzw. Ausbildungskräfte an chronischer Bronchitis leiden – und daß Atemwegserkrankungen bei Pferden so verbreitet sind.

Umso wichtiger ist, der Staubbelastung soweit wie möglich aus dem Weg zu gehen bzw. diese durch entsprechende Vorkehrungen zu verringern: „Regelmäßige Bewässerung scheint eine effektive Maßnahme zu sein – Stallbesitzer sollten diesem Punkt daher besondere Aufmerksamkeit schenken", so Kemper. „Auch die Tretschicht sollte passend sein und regelmäßig erneuert werden. Und nicht zuletzt ist das Reiten an der frischen Luft, wann immer es möglich ist, eine gute Sache."

Die Studie „Factors associated with dust dispersed in the air of indoor riding arenas” wird in einer der nächsten Ausgaben des ,Equine Veterinary Journal' erscheinen – eine kurze Zusammenfassung kann hier nachgelesen werden.

Kommentare

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1) annette.kro@web.de: Da sieht man,wie wichtig es ist den Hallenboden zu sprengen und für eine gute Luftzirkulation zu sorgen.
Sonntag, 14. Februar 2016
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