In Großbritannien ist eine Diskussion um die Zulässigkeit bzw. Legitimität von homöopathischen Behandlungen in der Tiermedizin entbrannt – zwei Petitionen sorgen für zusätzlichen öffentlichen Druck.
Die Homöopathie steht bereits seit einigen Jahren in der Kritik: Zahlreiche Meta-Studien der letzten 15 Jahre haben gezeigt, daß bislang kein belastbarer Nachweis für die Wirksamkeit von homoöpathischen Arzneimitteln vorliegt, die über den Placebo-Effekt hinausgeht – daß also die Behandlung mit Homöopathika rein wissenschaftlich betrachtet nutzlos und unsinnig ist. Am Glauben vieler Patienten an die Homöopathie hat dies wenig geändert – nach wie vor ist diese alternativmedizinische Behandlungsmethode weit verbreitet und auch wirtschaftlich von enormer Bedeutung: 2013 wurden allein in Deutschland Homöopathika im Wert von 482 Millionen Euro umgesetzt.
In der Veterinärmedizin ist die Situation durchaus ähnlich – auch hier stehen sich Gegner und Befürworter der Homöopathie ähnlich feindselig gegenüber, und auch hier geht es um Glauben, Gutgläubigkeit – und viel Geld. In Großbritannien spitzt sich der Konflikt zwischen beiden Seiten seit Monaten zu – und wird nun auch von zwei öffentlichen Petitionen befeuert, in der die Verantwortungsträger – Tierärzte, Universitäten, aber auch Politiker – dazu aufgefordert werden, endlich Farbe zu bekennen. Wobei die beiden Petitionen dies auf unterschiedliche Weise versuchen.
Homöopathie auf die schwarze Liste
Einen scharfen Ton schlägt die von Danny Chambers eingebrachte Petition auf der Plattform change.org an, die sich an das Royal College of Veterinary Surgeons (RCVS) in Liverpool richtet und die nicht weniger verlangt als ein „Verbot für Tierärzte, homöopathische Mittel bei der Behandlung von Tieren zu verschreiben". In Form eines ausführlichen offenen Briefes legt Danny Chambers dar, daß zahlreiche Studien und Meta-Studien mittlerweile zweifelsfrei nachgewiesen haben, daß Homöopathie – vom Placebo-Effekt abgesehen – keinerlei Nutzen für den Patienten bringen und bezieht sich dabei auch auf den sogenannten ,Cochrane-Bericht', den ein Unterhaus-Ausschuss im Jahr 2010 erarbeitete und der empfahl, die Homöopathie aufgrund erwiesener Wirkungslosigkeit nicht mehr über das öffentliche Gesundheitssystem zu finanzieren. (Anmerkung: Die britische Regierung teilte damals zwar die Analyse – nicht jedoch die Schlussfolgerungen und meinte, daß der mündige, informierte Patient und sein Arzt durchaus in der Lage seien, über die geeignete Behandlung selbst zu entscheiden – und das schließe auch alternative Methoden wie die Homöopathie ein.)
In der Tiermedizin liege die größte Gefahr nicht darin, daß die homöopathischen Mittel wirkungslos sind, sondern „daß einige Homöopathen der Meinung sind, daß ihre Behandlungen eine echte medizinische Therapie ersetzen könnten. Das ist im besten Fall irreführend, im schlimmsten Fall aber kann es unnötiges Leiden und sogar den Tod des Tieres nach sich ziehen." Und weiter: „Wir glauben, daß Homöopathen in guter Absicht handeln. Wir haben keinen Zweifel, daß die Mehrheit von ihnen aufrichtig an ihre Überzeugungen glaubt – wenn sie aber nicht in der Lage sind, wissenschaftliche Fakten korrekt einzuschätzen, dann muss ein Dritter sie davon abhalten, ihre Überzeugungen in der Öffentlichkeit und gegenüber Tierbesitzern zu verbreiten, da diese mit Recht auf die medizinische Fachkenntnis von promovierten Tierärzten vertrauen dürfen. Die Bürger vertrauen Tierärzten, weil sie annehmen, daß sie ihre medizinische Fachkenntnis im Rahmen einer anerkannten Ausbildung auf einer anerkannten Universität erworben haben. Sie nehmen nicht an, daß es sich dabei um die persönliche Meinung des Tierarztes handelt, die keinerlei wissenschaftliche Basis hat."
Zur Online-Petition von Danny Chambers geht es hier!
Öffentliche Erklärung zur Homöopathie
Die zweite Petition – veröffentlicht auf der Plattform vetsurgeon.com – ist moderater formuliert und verlangt kein gesetzliches Verschreibungs-Verbot von Homöopathika, sondern ein öffentliches Statement der Tierärztlichen Hochschule von Liverpool (RCVS) bezüglich der umstrittenen Behandlungsmethode. In diesem Statement soll das RCVS darlegen, daß die Homöopathie keinen nachweislichen Nutzen bei der Behandlung von Tieren bringt – und daß es das RCVS für „unethisch" hält, die Homöopathie als bevorzugte Behandlungsmethode bei Tieren anzuwenden bzw. als Ersatz für eine Therapie, die auf erprobten Arzneimitteln und auf wissenschaftlichen Prinzipien beruhe.
Zusätzlich verlangt die Petition, daß Tierärzte bei der Verschreibung von homöopathischen Mitteln eine Einverständnis-Erklärung seitens des Pferdebesitzers unterzeichnet werden soll, die vom RCVS vorbereitet wird und auch deren Standpunkt bezüglich Homöpathie enthalten soll. Ebenso müssen die entsprechenden Werbe-Richtlinien bezüglich der Bewerbung von medizinischen Behandlungen von Tierärzten eingehalten werden – und jegliche Bewerbung von homöopathischen Behandlungen durch einen Tierarzt muss in Kurzform den RCVS-Standpunkt zur Homöopathie beinhalten.
Auch diese Petition kann noch unterstützt werden – und zwar hier.