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Risiken im Reitstall: Nicht nur Reiter und Stallarbeiter sind gefährdet
28.12.2015 / News

Viele Unfälle in Pferdebetrieben passieren in der täglichen Routine, etwa beim Führen, Putzen und Beschlagen, wenn wichtige Sicherheitsvorkehrungen außer Acht gelassen werden. (Achtung – gestellte Aufnahme, nicht zur Nachahmung empfohlen!)
Viele Unfälle in Pferdebetrieben passieren in der täglichen Routine, etwa beim Führen, Putzen und Beschlagen, wenn wichtige Sicherheitsvorkehrungen außer Acht gelassen werden. (Achtung – gestellte Aufnahme, nicht zur Nachahmung empfohlen!) / Symbolfoto: Archiv Martin Haller
Diese Statistik der Bäuerlichen Sozialversicherungsanstalt in Finnland zeigt, daß die meisten Unfälle von Stallbetreibern nicht beim Reiten, sondern beim Führen/Bewegen/Transport von Pferden geschehen.
Diese Statistik der Bäuerlichen Sozialversicherungsanstalt in Finnland zeigt, daß die meisten Unfälle von Stallbetreibern nicht beim Reiten, sondern beim Führen/Bewegen/Transport von Pferden geschehen. / Foto: animals
Diese Statistik der Gesetzlichen Unfallversicherung von Finnland (TVL) umfasst die Jahre 2003 bis 2010 und zeigt, daß zwar Reitschüler und Stallarbeiter am häufigsten von Unfällen betroffen sind – daß aber auch viele andere Personengruppen ein durchaus beträchtliches Verletzungsrisiko haben.
Diese Statistik der Gesetzlichen Unfallversicherung von Finnland (TVL) umfasst die Jahre 2003 bis 2010 und zeigt, daß zwar Reitschüler und Stallarbeiter am häufigsten von Unfällen betroffen sind – daß aber auch viele andere Personengruppen ein durchaus beträchtliches Verletzungsrisiko haben. / Foto: animals

Finnische Forscher haben Datenmaterial von Versicherungsgesellschaften ausgewertet und die Unfallrisiken in Pferdebetrieben analysiert – mit einigen durchaus überraschenden Ergebnissen.

 

Um eine Sicherheits-Software für Pferdebetriebe zu entwickeln, haben finnische Forscher Daten und Statistiken der gesetzlichen Unfallversicherung analysiert. Ziel war es, möglichst genau zu erheben, wo genau im einem Pferdebetrieb Unfälle auftreten, aus welchen Gründen und unter welchen Umständen sie passieren – und welche Personengruppen davon exakt betroffen sind. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Zeitschrift ,animals' unter dem Titel „Entwicklung eines Sicherheits-Managements-Tools für Pferdebetriebe" (,Development of a Safety Management Web Tool for Horse Stables') veröffentlicht.

Eine wesentliche Erkenntnis bei der Analyse war die Tatsache, daß die Risiken bei pferdebezogenen Aktivitäten sehr breit gestreut sind und eine Vielzahl von Personengruppen betreffen. So zeigen etwa Statistiken der Bäuerlichen Sozialversicherung in Finnland, daß rund 170 Unfälle pro Jahr die Stallbetreiber selbst betreffen – und rund 300 weitere Versicherungsfälle bei Personengruppen auftreten, die in anderen Sektoren mit Pferden zu tun haben (z. B. Landwirte und landwirtschaftliche Hilfskräfte, Reitschüler, Tierärzte etc.).

Daten der gesetzlichen Unfallversicherung in Finnland zeigen, daß von Unfällen generell zwei Personengruppen besonders betroffen sind, nämlich Reitschüler (mit mehr als 800 gemeldeten Unfällen pro Jahr) sowie Stallarbeiter bzw. Pferdepfleger (mit mehr als 600 gemeldeten Unfällen pro Jahr). Dennoch darf nicht übersehen werden, daß auch zahlreiche weitere Personen bzw. Berufsgruppen durchaus häufig Opfer von Unfällen werden – so etwa Angestellte in landwirtschaftlichen Betrieben, landwirtschaftliche Hilfskräfte und Trainer mit jeweils über 100 gemeldeten Versicherungsfällen pro Jahr. Aber auch Tierärzte, Reitlehrer und sogar Bürokräfte und Polizisten sind von Unfällen in Pferdebetrieben betroffen, wenn auch in geringerem Ausmaß.

Betrachtet man die Aktivitäten, bei denen die Unfälle passieren, etwas genauer, dann ergibt sich ein durchaus überraschendes Befund: Die mit Abstand meisten Unfälle passieren nicht beim Reiten, sondern beim Führen bzw. beim Transport von Pferden, wie  eine entsprechende Auswertung der Bäuerlichen Sozialversicherung zeigt: Pro Jahr geschehen rund 70 Unfälle beim Führen oder beim Transport, beim Reiten bzw. der Reitausbildung ca. 30, beim Putzen, Beschlagen bzw. bei medizinischen Behandlungen ca. 20, ebenso bei der Fütterung (siehe Tabelle 1).

Nicht nur die breite Streuung des Unfallrisikos ist ein Problem in Pferdebetrieben, sondern auch der Umstand, daß ein hoher Prozentsatz der gemeldeten Unfälle auch mit erheblichen Verletzungen verbunden ist. Wie Daten der Finnischen Sozialversicherungsanstalt der Bauern (Mela) zeigen, waren beinahe 35 % der Verletzungen von Personen bei Pferdeaktivitäten so schwerwiegend, daß sie einen Krankenstand von mehr als 30 Tagen nach sich zogen.

Dennoch sind diese Zahlen nur ein kleiner Ausschnitt der Wirklichkeit. Tatsächlich gibt es über Freizeitunfälle mit Pferden kaum aussagekräftige Statistiken, wie die finnischen Wissenschaftler zugeben: „In Schweden ist die genaue Zahl der durch Pferdeaktivitäten verursachten Verletzungen unsicher, da kaum Aufzeichnungen darüber geführt werden." Dennoch konnten die Forscher in den zugänglichen Datensammlungen zumindest einige spannende Fakten entdeckten: So begaben sich im Jahr 2012 in Schweden fast 12.900 Personen in eine Unfallklinik, nachdem sie sich beim Reiten bzw. einer anderen pferdebezogenen Aktivität verletzt hatten. Nahezu 9 von 10 verletzten Personen waren weiblich – und 40 % davon waren Kinder bzw. Jugendliche im Alter von 18 Jahren oder darunter. Die am häufigsten von Verletzungen betroffene Personengruppe waren Mädchen in der Altersgruppe von 10 bis 19 Jahren.

Das Web-Tool InnoHorse – Teil des umfassenden InnoEquine-Projekts – wurde entwickelt, um Stallbetreiber und Leiter von Pferdebetrieben bei ihren vielfältigen täglichen Herausforderungen und Aufgaben zu unterstützen. Rat und Hilfe beim Sicherheits-Management ist ein wesentlicher Teil des Angebots – mit dem Ziel, die Aufmerksamkeit bezüglich sicherheitsrelevanter Faktoren im täglichen Betrieb zu erhöhen. Das Entwickler-Team hat dafür nicht nur Versicherungs-Statistiken und sonstige Studien herangezogen, sondern auch Experten-Workshops und Umfragen herangezogen.

Am Ende entstand so eine ,Sicherheits-Checkliste', die jedem Stallbetreiber auf einfache Weise zeigen soll, welche Teile seines Betriebs mit besonders hohem Risikopotential behaftet sind und welche Sicherheits- bzw. Vorsichtsmaßnahmen empfehlenswert sind. Insgesamt wurde auf sieben wichtige Bereiche bzw. Punkte eingegangen: Wege und Durchgänge, Gebäudesicherheit, ergonomische Werkzeuge und Maschinen, Schutzausrüstungen, die Sicherheit von Angestellten und Kunden sowie andere Sicherheits-Themen (z. B. Richtlinien beim Führen und Transportieren des Pferdes).

Die Forscher abschließend: „Das InnoHorse-Web-Tool wird vielleicht nicht alle Sicherheitsprobleme in Pferdebetrieben lösen, aber wir hoffen, daß es einigen Stallbetreibern dabei helfen kann, das eigene Sicherheits-Management zu verbessern. Wir möchten Lösungen für den Pferde-Sektor entwickeln, um Menschen zu inspirieren, zu motivieren und zu ermutigen, sich im Umfeld von Pferden sicherer zu verhalten, um Unfälle zu vermeiden."

Die Untersuchung ,Development of a Safety Management Web Tool for Horse Stables' von Jarkko Leppälä, Christina Lunner Kolstrup, Stefan Pinzke, Risto Rautiainen, Markku Saastamoinen und Susanna Särkijärvi ist in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann hier in englischer Originalfassung nachgelesen werden.

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