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Wolf zu Unrecht verdächtigt – Elch tötete Pferd
02.10.2015 / News

Elchbullen sind während der Paarungszeit äußerst aggressiv – Attacken auf andere Tiere sind zwar sehr selten, kommen aber vereinzelt vor.
Elchbullen sind während der Paarungszeit äußerst aggressiv – Attacken auf andere Tiere sind zwar sehr selten, kommen aber vereinzelt vor. / Foto: Wikipedia/Jackaranga

Auch in den USA sorgen Wölfe immer wieder für Gesprächsstoff und Emotionen – doch in diesem Fall waren die grauen Jäger schuldlos: Für den Tod eines Pferdes in Oregon war ein Elch verantwortlich.

 

Es ist zweifellos ein ungewöhnlicher Vorfall, der in den USA derzeit Schlagzeilen macht: Am 18. September fand man in Wallowa County im Bundesstaat Oregon – auf einer Weide in der Nähe des Imnaha Rivers an der Grenze zu Idaho – den übel zugerichteten Kadaver eines Pferdes. Es hatte schwere Verletzungen erlitten, die offenbar von einer heftigen Auseinandersetzung stammten. Sofort kam das Gerücht einer Wolfattacke auf, nachdem in mehreren Bundesstaaten im Nordwesten der USA die Wolfpopulationen wieder angewachsen und auch in Oregon vereinzelt wieder Wölfe gesichtet worden waren.

Doch die Gerüchte stellten sich rasch als unbegründet heraus. Nachdem die zuständigen Naturschutzbehörden das tote Tier und den Tatort untersucht hatten, war der wahre Schuldige rasch entdeckt: Das Pferd war von einem Elchbullen getötet worden – ein äußerst seltener Vorfall, aber nicht völlig unbekannt. „Es ist gerade Paarungszeit für Elche – und die Bullen sind in dieser Zeit äußerst aggressiv", wie Mike Hansen, Wildbiologe beim Oregon Department of Fish & Wildlife. Mitarbeiter der Behörde waren noch am Tag der Auffindung am Tatort und untersuchten den Kadaver und vor allem die Spurenlage. Das Pferd hatte eine tiefe Stichwunde in der Leistengegend, dazu tiefe Kratzer und Schürfwunden an der Seite, die exakt zur Größe und den Proportionen eines Elchgeweihs passten. Das Tier starb an den erlittenen inneren Verletzungen. Auf der Weide wurden außerdem zahlreiche Elchspuren entdeckt – es gab hingegen keine Spuren von Wölfen oder anderen Raubtieren und auch keinerlei Wolfbisse am Pferdekörper.

Roblyn Brown, stellvertretende Koordinatorin des Wolf-Programms der Behörde, meinte, daß Elchattacken auf andere Tiere zwar höchst selten sind, aber bereits in früheren Jahren registriert wurden. So gab es vor einigen Jahren im Südwesten Oregons den Angriff eines Elchbullens, der eine junge Kuh tödlich verletzte.

Trotz der eindeutigen Beweislage im aktuellen Fall haben die Farmer der Umgebung nach wie vor Zweifel an der Elchattacke – für sie kommt nach wie vor auch ein Wolf als Übeltäter in Betracht. In Oregon sind Wölfe nach wie vor geschützt, ihr Abschuss ist nur unter ganz besonderen Umständen und mit behördlichen Auflagen möglich. Todd Nash, ein Rancher und Vertreter der Viehzüchter Vorsitzender des Wolf-Komitee, ist mit dem Status quo unzufrieden, ebenso wie viele seiner Farmer-Kollegen. Für die Rancher und Viehzüchter sei es nahezu unmöglich nachzuweisen, daß eine Attacke auf ihre Tiere tatsächlich eine Wolf-Attacke gewesen ist, so Nash.

Einstweilen bleibt die Lage angespannt. Die Oregon State Police untersucht derzeit zwei Vorfälle, bei denen zwei Wölfe in Wallowa County getötet wurden – lt. Polizei könnte es sich um Wilderei handeln. Die Farmer wollen damit nichts zu tun haben. Todd Nash: „Ich ermutige ganz bestimmt nicht Menschen dazu, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen – wir müssen uns wie alle anderen an die Gesetze halten und mit der Angelegenheit auf legale Weise klarkommen."

Tatsächlich steigt der Druck auf die Naturschutzbehörden, das strikte Abschuss-Verbot aufzuweichen und – wie schon in anderen Bundesstaaten – zumindest eine kleine Anzahl von Wölfen für die Jagd freizugeben. Die ,Oregon Fish and Wildlife Commission' überlegt, den Wolf von der Liste der bedrohten Arten im Osten Oregons zu streichen – Naturschutz-Aktivisten wollen das verhindern und verweisen darauf, daß die Population immer noch zerbrechlich ist und geschützt werden muss. Eine Entscheidung soll in den nächsten Monaten fallen.

Anderes Land – ähnliche Probleme
Derartige Probleme und Diskussionen sind auch in Deutschland nicht unbekannt: Seit es hier wieder frei lebende Wölfe gibt und sich diese immer stärker vermehren, haben auch die Attacken auf Wild- und Nutztiere zugenommen – und damit auch die Konflikte mit Jägern und Landwirten. In den USA waren Wölfe ebenfalls nahezu ausgerottet – doch seit 1974 in allen Bundesstaaten mit Ausnahme von Alaska ein strenger Artenschutz gilt, haben sich die Bestände wieder erholt: Der Wolf fasste wieder in mehreren Bundesstaaten Fuß, so etwa in Minnesota, Wisconsin und Michigan – und auch hier stellt sich das friedliche Zusammenleben von Menschen und Wölfen als immer schwieriger heraus. Seit 2009 ist der bundesweite Artenschutz für Wölfe in den USA aufgehoben – die einzelnen Bundesstaaten sind seither dafür zuständig, ob sie ihre Wölfe weiter schützen und wie sie das tun. Montana und Idaho haben kurz darauf die Wolfjagd für eine begrenzte Anzahl von Tieren wieder freigegeben – andere Staaten überlegen, diesem Beispiel zu folgen. Traurig, aber wahr: Selbst in einem so riesigen Land wie den USA scheint es nicht genügend Platz für ein friedliches und konfliktfreies Zusammenleben von Mensch und Wolf zu geben...

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