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Kommentar: Ist das Führen eines Pferdes im Wald erlaubt?
05.10.2015 / News

Dr. Peter Lechner ist Rechtsanwalt und gerichtlich beeideter Sachverständiger in Innsbruck.
Dr. Peter Lechner ist Rechtsanwalt und gerichtlich beeideter Sachverständiger in Innsbruck. / Foto: privat

Zur Frage, ob das Führen eines Pferdes im Wald auch ohne Zustimmung des Grundeigentümers oder -besitzers erlaubt ist oder nicht, gibt es kontroversielle Ansichten. Ein Kommentar von Rechtsanwalt Dr. Peter Lechner.

 

Während das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft die Auffassung vertritt, dass die Zustimmung des Waldeigentümers bzw. des Halters einer Forststraße gemäß § 33 Abs. 3 Forstgesetz Voraussetzung auch für das Führen eines Pferdes sei, hat das OLG Dresden im Beschluss vom 10.9.2015, OLG 26 Ss 505/15 (Z) die gegenteilige Rechtsauffassung vertreten und die Frau, die vom Amtsgericht Pirna zuvor mit einer Geldbuße wegen unerlaubten Reitens auf nicht zum Reiten ausgewiesenen Wegen verurteilt hatte, freigesprochen.  Das Amtsgericht Pirna hatte das Führen eines Pferdes mit dem Reiten gleichgesetzt.

Soweit nachvollziehbar, gibt es in Österreich keine einzige Entscheidung eines Höchstgerichtes zur gegenständlichen Frage. Ersichtlich ist, dass der Verwaltungsgerichtshof zu GZl. 89/10/0221 festgestellt hat, dass derjenige, der Wald „zum Zwecke des Reitens“ benützt, dies grundsätzlich nur auf den in dieser Hinsicht gekennzeichneten Wegen tun darf. Dies ist auf der Basis der Bestimmung des § 33 Forstgesetz 1975 idF BGBl. 576/1987 durchaus nachvollziehbar, weil die Erlaubnis, Wald zu Erholungszwecken zu betreten und sich dort aufzuhalten, nach § 33 Abs. 1 Forstgesetz durch den Absatz 3 leg.cit. eingeschränkt wird und im Absatz 3 ausdrücklich u.a. „Befahren oder Reiten“ der Zustimmung des Waldeigentümers vorbehalten wird.

Die der oben zitierten Entscheidung des OLG Dresden zugrunde liegende Bestimmung des § 52 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 12 Abs. 1 SächsWaldG entspricht in etwa der Bestimmung des § 33 Forstgesetz; denn auch hier wird Reiten ausdrücklich für die Art der Tätigkeit als Bezeichnung verwendet. Das OLG Dresden hat zur Frage, ob „Reiten“ und „Führen“ eines Pferdes gleichzusetzen sind, darauf verwiesen, dass schon nach dem Wortsinn ein Unterschied zwischen „Führen“ und „Reiten“ besteht, nachdem unter dem Begriff „Reiten“ nach allgemeiner Auffassung die Fortbewegung eines Menschen auf einem Tier verstanden und demgegenüber beim „Führen“ das Tier gerade nicht zur Fortbewegung genutzt wird.
Aus meiner Sicht ist die vom OLG Dresden vorgenommene Auslegung völlig zutreffend. Es wird ja in der zugrunde zu legenden Norm nicht auf das „Bewegen eines Pferdes“, sondern ausdrücklich darauf abgestellt, dass es geritten wird.
Auch nach den allgemeinen Auslegungsregeln kann hier Reiten nicht mit Führen gleichgesetzt und dem Gesetzgeber unterstellt werden, er hätte dies gewollt. Immerhin  wird – auch das spricht für die Auslegung des OLG Dresden und gegen die vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vertretene Auffassung – bei der zugestandenermaßen lediglich demonstrativen Aufzählung der Einschränkungen auch das „Befahren“ ausdrücklich genannt.

Nach meiner Ansicht wäre es auch völlig unbillig, wenn zwischen dem Führen eines Hundes und dem Führen eines Pferdes unterschieden würde, weil die Tätigkeit völlig ident ist.

Aber auch dem Schutzzweck der Norm nach ist m.E. die Rechtsmeinung des Bundesministeriums verfehlt. § 33 Forstgesetz gestattet ausdrücklich das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken und das Aufhalten im Wald. Die Einschränkungen gemäß § 33 Abs. 3 können wohl nur zwei Schutzzwecke erfüllen:
-    einerseits den Schutz des Waldes und der Interessen des Eigentümers oder Besitzers
-    andererseits das Vermeiden atypischer Risken.
Es dürfte wohl objektiv davon ausgegangen werden, dass das Führen gegenüber dem Reiten eines Pferdes grundsätzlich eine bessere Beherrschung desselben zulässt, sodass hier eine Risikominimierung durch das Führen eintritt und dies mit dem Führen eines Hundes oder eines anderen Tieres gleichgesetzt werden kann.
Auch gibt es Untersuchungen, die bestätigen, dass das Begehen von Waldflächen durch Pferde dem Boden nützt und keinesfalls schadet. Aus diesem Grunde ist auch der Schutz des Waldes selbst beim Führen als gesichert zu unterstellen und werden dadurch wohl auch keine Interessen des Waldeigentümers oder –besitzers mehr als durch das Betreten zu Erholungszwecken oder das Aufhalten im Wald beeinträchtigt.

Insgesamt bin ich daher der festen Überzeugung, dass die Stellungnahme des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft unzutreffend ist und aus rechtlicher Sicht in Übereinstimmung mit der Entscheidung des OLG Dresden Reiten nicht mit Führen gleichgesetzt werden kann und im Sinne der Bestimmung des § 33 Forstgesetz daher ein Führen eines Pferdes im Wald ohne Zustimmung des Waldeigentümers oder -halters zulässig ist.

RA Mag. Dr. Peter Lechner, Innsbruck

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1) Albert: Ich wurde heuer von einem Waldbesitzer ausdrücklich darum gebeten, meine Pferde durch seine Bergwaldflächen zu führen. Hintergrund: 2015 war ein ausgesprochenes Waldblütenjahr und es ist derzeit mit einem dementsprechend starken Samenwurf zu rechnen. Dieser naturbewusste Waldbesitzer erwartet sich ein Einschwemmen der Samen in die Trittsiegel der geführten Pferde (wäre auch bei gerittenen gegeben - ist aber geländebedingt im gegenständlichen Waldbesitz nicht möglich) und damit einen stärkeren Samenrückhalt für ein kräftiges Aufkommen einer Naturverjüngung.
Ich bin selbst Waldbesitzer, begeisterter Freizeitsäumer und habe auf meinen Wanderungen bei Diskussionen mit anderen Waldbesitzern die rechtliche Situation genau so interpretiert wie hier Dr. Lechner. Es hat damit immer ein freundliches Verständnis auf der anderen Seite gegeben – vor allem wenn ich mit meinem Esel unterwegs war und in die Diskussion einwarf: „Was würden sie sagen, wenn das ein Lama wäre?“
Freitag, 16. Oktober 2015

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