Britische Forscher haben im Rahmen einer Studie untersucht, ob Sattelunterlagen wirklich die Druckbelastung des Pferderückens verringern – und ob dabei die Dicke der Unterlage oder andere Faktoren entscheidend sind.
Der optimale Sitz eines Sattels hat entscheidenden Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit eines Pferdes. Wenn ein Sattel schlecht sitzt bzw. drückt, verursacht er dem Pferd Schmerzen und kann ihm gesundheitliche Schäden zufügen – und das gilt es unbedingt zu vermeiden. Viele Reiter verwenden daher Sattelunterlagen, die ursprünglich den Zweck hatten, den Sattel vor Verschmutzungen zu schützen – die aber immer öfter auch eingesetzt werden, um eine bessere Verteilung des Satteldrucks zu gewährleisten bzw. eine solche zu unterstützen. So haben die einst einfachen Unterlagen eine rasante Weiterentwicklung erfahren – es gibt mittlerweile eine unübersehbare Fülle hinsichtlich Formen, Größen, Materialien und Stärken, die verfügbar sind.
Angesichts des breiten Angebots ist es erstaunlich, daß es nur sehr wenige aktuelle Studien darüber gibt, welche die druckentlastende bzw. druckverteilende Wirkung von Sattelunterlagen wissenschaftlich untersucht haben. Die Wissenschaftler Jessica Giblett, Alison Abbey und Dr. Hayley Randle vom britischen Duchy College wollten das ändern: Sie haben im Rahmen einer gemeinsamen Forschungsarbeit analysiert, welche Auswirkungen unterschiedlich dicke Sattelunterlagen auf die Druckbelastung des Pferderückens haben.
Sie wählten nach dem Zufallsprinzip acht Reitpferde aus (drei Stuten, fünf Wallache), die von speziell instruierten Reitern in vorgegebenen Lektionen in Schritt, Trab und Galopp geritten wurden, die im Schnitt 6 Minuten lang dauerten. Die Pferde wurden dabei in vier unterschiedlichen Varianten getestet: ohne Unterlage, mit einer Baumwoll-Unterlage (4 mm dick), mit einer Unterlage aus Baumwoll-Kunstfaser-Gemisch (6 mm dick) und mit einer Baumwoll-Lammfell-Unterlage (8 mm dick).
Zur Druckmessung wurde ein spezielles Mess-Pad (Port Lewis Impression Pad, PLIP) verwendet, dass direkt am Pferderücken aufgelegt wurde und sich je nach Druckbelastung unterschiedlich tief verformte. Im Anschluss an die Reiteinheit wurde abgesattelt und an sechs exakt definierten Punkten des Gel-Pads (vorn, in der Mitte sowie hinten, jeweils links und rechts) mittels Tiefenlehre gemessen, wie tief bzw. wie flach sich der Satteldruck in das Pad eingeprägt hatte. Damit konnten Rückschlüsse auf die wahrscheinliche Druckbelastung des Pferderückens gemacht werden.
Die Resultate waren aufschlussreich: Wie die Forscher erläuterten, scheint die Dicke einer Sattelunterlage tatsächlich die Abdruck-Tiefe am Mess-Pad und damit die Druckbelastung auf den Pferderücken zu beeinflussen. Es zeigte sich ein deutlich flacherer Abdruck (9,86 mm tief) bei der dicksten Sattelunterlage, dem Baumwoll-Lammfell-Pad mit 8 mm Dicke. Die Baumwoll-Kunstfaser-Unterlage mit 6 mm Dicke war deutlich stärker eingedrückt (12,8 mm tief), während die dünne, 4 mm dicke Baumwoll-Unterlage mit 12,3 mm nahezu den gleichen Effekt hatte wie die Messungen ohne Unterlage (12,2 mm). Das Resümee der Wissenschaftler: „Die Verwendung von Sattelunterlagen von unterschiedlicher Dicke beeinflusst den auf den Pferderücken wirkenden Druck. Dickere Sattelunterlagen scheinen den Druck auf den Pferderücken zu senken, wobei zu berücksichtigen ist, daß die 8 mm-Unterlage aus Lammfell bestand." (D. h. auch das verwendete Material könnte durchaus entscheidenden Einfluss darauf haben, ob eine bessere Druckverteilung erreicht wird oder nicht.)
Interessant waren aber auch einige andere Beobachtungen, die sich bei diesem Test ergaben: So zeigten sich deutlich tiefere Eindrücke auf der linken Rückenseite (12,6 mm) als auf der rechten (11,0 mm), was die Wissenschaftler im Wesentlichen auf den Vorgang des Aufsteigens zurückführten, bei dem große Druckkräfte verstärkt auf die linke Körperseite wirken. Und noch etwas war bemerkenswert: „Die Reiter übertragen beim Reiten keinen gleichmäßigen Druck von vorne nach hinten auf den Pferderücken. In der Mitte des Pferderückens wird weniger Druck übertragen."
Und auch eine andere Entdeckung der Wissenschaftler war höchst interessant, wenngleich sie Reiter nicht gerade freuen dürfte: Wie eine genaue Daten-Analyse des vorderen und hinteren Bereichs der Sattel-Mitte ergab, erreicht kaum ein Reiter einen Sitz exakt in der idealen Schwerpunkt-Lage – nahezu alle waren entweder einen Hauch zu weit vorn (kippten also über) oder zu weit hinten (lehnten sich also zurück). Den idealen Sitz zu finden ist also offenbar auch für routinierte Reiter eine schwierige Übung – bei der auch Sattelunterlagen, egal wie dick sie nun sein mögen, keine echte Hilfe sind. „Die Dicke von Sattelunterlagen hat den Reitern nicht dabei geholfen, generell eine Sitzposition nahe der idealen Schwerpunkt-Lage einzunehmen", so die Forscher. Das wäre auch zu schön gewesen....
Die Studie „Effect of saddle pad thickness on the ridden horse's back" von Jessica Giblett, Hayley Randle und Alison Abbey wurde im Rahmen eines Poster-Präsentation bei der jüngsten Konferenz der Internationalen Gesellschaft für Pferdewissenschaften (ISES = International Society for Equitation Science) vorgestellt, die von 5.–8. August 2015 in Vancouver stattgefunden hat.