Die Schweiz hat eines der strengsten und besten Tierschutzgesetze der Welt – und das hat auch positive Auswirkungen auf das Niveau der Pferdehaltung. In anderen Ländern scheint hingegen der Mut zu klaren Regelungen zu fehlen.
Die Schweiz wird für ihr Tierschutzgesetz, das seit 1. September 2008 in Kraft ist, international immer wieder gelobt – und das mit einigem Recht. Vor allem mit dem ausdrücklichen Verbot der Rollkur per 1.1.2014 heimste die Schweiz jede Menge Medienlob ein und gilt seither als Vorzeigeland und Vorreiter in Sachen Pferdeschutz. Denn mit der Rollkur wurde zugleich auch das Barren von Springpferden verboten – auch das gibt's in keinem anderen Land.
In der Tat finden sich im Schweizer Tierschutzgesetz noch andere Bestimmungen, die das Pferdewohl ins Zentrum rücken und die den meisten anderen Länder-Regelungen einen Schritt voraus sind. So wird etwa für ,genutzte Pferde' – also Pferde, die regelmäßig geritten, gefahren, longiert etc. werden – ausdrücklich ein freier Auslauf vorgeschrieben, und zwar mindestens zweimal pro Woche jeweils zwei Stunden. Zuchtstuten mit Fohlen, Jungpferde sowie andere Pferde, die nicht genutzt werden, müssen sogar täglichen Auslauf erhalten, und zwar mindestens zwei Stunden lang – davon können die Pferde in anderen Ländern nur träumen.
Selbst Österreich, das im europäischen Vergleich ebenfalls ein fortschrittliches Tierschutzrecht hat, kann da nicht mithalten: Hier haben Pferde zwar ebenfalls Anspruch auf Bewegung – dabei wird jedoch nicht zwischen ,Nutzung' (also Reiten, Fahren, Longieren etc.) und freiem Auslauf unterschieden. Und Pferde, die ,genutzt' werden, haben lediglich Anspruch auf ,ausreichende Ruhepausen' – nicht jedoch auf freien Auslauf, so wichtig und wünschenswert dies auch wäre (siehe auch die diesbezügliche Empfehlung des Gesundheitsministeriums im ,Handbuch Pferd').
Ein großes Plus des Schweizer Tierschutzgesetzes ist auch der verpflichtende Besuch von Ausbildungskursen für alle Personen, die mehr als fünf Pferde halten wollen – diese müssen dafür die nötige Fachkenntnis nachweisen. Diesen ,Sachkundenachweis' (SKN) kann man durch die Teilnahme und positive Absolvierung eines fünfstündigen Theoriekurses oder eines dreiwöchigen Praktikums erbringen. Wer in die gewerbsmäßige Pferdehaltung mit mehr als elf Pferden einsteigt, muss eine ,fachspezifische berufsunabhängige Ausbildung' (FBA) absolvieren, die aus einem insgesamt 40-stündigen Theoriekurs sowie einem Praktikum besteht. Wer eine pferdebezogene Berufsausbildung hat (z. B. Pferdewirte, Pferdewissenschafter, aber auch Landwirte) ist von diesen Fortbildungen selbstverständlich befreit. Organisationen, welche die Ausbildungskurse anbieten möchten, müssen vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) anerkannt sein.
Und die Schweizer Pferdehalter machen von diesen Ausbildungsangeboten – die sie natürlich selbst zu bezahlen haben und die gar nicht billig sind – reichlich und mit großer Motivation Gebrauch, dies hat auch die Wissenschaftlerin Anja Zollinger vom Institut Agroscope des Schweizer Nationalgestüts in Avenches kürzlich in einem Vortrag bestätigt: „Die große Mehrheit der Personen, die diese Ausbildungen besucht – sogar die 40-stündigen Kurse – besitzen meist weniger als fünf Pferde und müssten rein rechtlich diese Kurse gar nicht besuchen." Aber sie tun es mit großer Begeisterung, weil sie das Bestmögliche für das Wohl ihrer Pferde tun wollen.
Das zeigen auch Statistiken von Agroscope über die Pferdehaltung in der Schweiz: Demnach ist die Zahl von Pferden, die in Einzelboxen gehalten werden, zwischen 1997 und 2004 um 21 % zurückgegangen – während jene von Pferden in Paddockboxen um 160 % gestiegen ist. Auch die Gruppenhaltung hat in diesem Zeitraum um 25 % zugenommen, jene von Gruppenhaltung mit freiem Paddock-Zugang sogar um 108 %. Kein Zweifel – auch in Sachen Pferdehaltung ist die Schweiz ein Vorzeigeland, ebenso wie im Tierschutz, und das eine hat zweifellos mit dem anderen zu tun: Ein hohes Bewußtsein der Bevölkerung für die natürlichen Bedürfnisse und die Würde von Tieren hat auch ein strengeres Tierschutzrecht zur Folge – und umgekehrt.
Immerhin hat Österreich erst vor kurzem eine kleinen Schritt vorwärts gemacht und die Strafen für Tierquälerei von 1 Jahr auf 2 Jahre Haft erhöht (siehe auch unsere Meldung dazu). Aber auch hier ist die Schweiz einen Schritt weiter – hier sind, ebenso wie in Deutschland) bis zu drei Jahre Freiheitsentzug möglich.