Großbritanniens Tierschützer haben einen spektakulären Erfolg über Premierminister David Cameron errungen: Nach heftigem Widerstand musste er seine Pläne, das geltende Fuchsjagd-Verbot aufzuheben, zurückziehen.
Im Vorfeld der britischen Unterhauswahlen hat es David Cameron klar ausgesprochen: „Eine konservativ geführte Regierung wird dem Parlament die Möglichkeit geben, in einer freien Abstimmung den ,Hunting act' aufzuheben." Und diesen Plan hat er auch nach seiner Wiederbestellung als britischer Premierminister zielstrebig verfolgt – sehr zum Ärger und zum Entsetzen der Tierschützer im ganzen Land. Die blieben aber ebenfalls nicht untätig. Zahlreiche Tierschutzorganisationen, allen voran die ,League against cruel Sports', forderten ihre Anhänger zu Widerstand auf: Es wurden Online-Petitionen lanciert, Protest-Veranstaltungen durchgeführt – und es wurde zu zivilem und politischem Widerstand aufgerufen: Jeder solle seinen zuständigen Parlamentsabgeordneten kontaktieren und zu einer Ablehnung von Camerons Plänen bewegen.
David Cameron hatte wohl den Widerstands-Willen der Tierschützer und der Bevölkerung unterschätzt – und fand sich plötzlich selbst in der Rolle eines in die Enge getriebenen Fuchses. Um zu retten, was noch zu retten war, griff er in die politische Trickkiste: Um einer drohenden Abstimmungs-Niederlage im Parlament zu entgehen, wollte er nun nur noch einzelne Zusatz-Bestimmungen zum ,Hunting act' erlassen – und so gleichsam durch die Hintertür doch noch das von ihm verfolgte Ziel erreichen. Doch auch diese Finte half dem Premier nicht mehr – im Gegenteil: Der Widerstand wuchs weiter und wurde nun noch entschlossener.
David Cameron hatte die entscheidende Parlamentssitzung, in der über die Aufhebung bzw. Änderung des ,Hunting act' abgestimmt werden sollte, auf Mittwoch dieser Woche (15. Juli) angesetzt – doch soweit kam es gar nicht. Bereits einen Tag vorher, am 14. Juli, musste Cameron öffentlich zum Rückzug blasen und verkündete, daß es keine Abstimmung im Parlament geben werde: ein Triumph für die Tierschützer und eine empfindliche Niederlage für Premier Cameron und die regierenden Tories!
Die entscheidende Wende hatte ein Schwenk der schottischen Nationalpartei SNP und ihrer Vorsitzenden Nicola Sturgeon gebracht: Diese gab am Morgen des 14. Juli in einem spektakulären Interview mit der BBC bekannt, daß sich die schottischen Parlamentsmitglieder bei einer Abstimmung über den ,Hunting act' für dessen Beibehaltung stimmen würden – entgegen der Gepflogenheit, daß sie sich bei Gesetzen, die ausschließlich England und Wales betreffen, der Stimme enthalten würden. Auf die Frage, was dieses Umdenken ausgelöst hat, antwortete Sturgeon, daß sie und ihre Parteimitglieder nie zuvor von sovielen Personen kontaktiert worden sei – auch aus England – die an ihr Gewissen appellierten und sie bestürmten, der geplanten Verwässerung des ,Hunting act' nicht tatenlos zuzusehen, sondern diese aktiv zu verhindern. Sturgeon: „Ich kann mich an keine andere Materie erinnern, in der wir mehr Briefe, Mails und Anrufe bekommen haben – und es ist ohne Beispiel, daß soviele davon aus England gekommen sind."
Kein Wunder, daß David Cameron und die Tories vor Wut schäumten: „Die schottische National-Partei riskiert, daß sie als dumm, prinzipienlos und naiv dasteht, indem sie ein Votum ablehnt, das die englischen Gesetze an die schottischen angleichen möchte." Diesen Vorwürfen entgegnete die SNP gelassen und auffallend selbstbewusst: Man werde nun als nächstes danach trachten, auch den schottischen ,Hunting act' zu verschärfen. Premier Cameron müsse sich außerdem darauf einstellen, auch bei künftigen Gesetzesinitativen auf die SNP-Fraktion Rücksicht zu nehmen – man werde sich verstärkt auch bei Sachfragen, die Schottland nicht direkt betreffen, verstärkt einbringen.
In der öffentliche Debatte hatten sich auch zahlreiche prominente Tierschützer zu Wort gemeldet, so etwa Stella McCartney, Morrissey und Sadie Frost. Einen vielumjubelten Auftritt feierte auch der legendäre Queen-Gitarrist und engagierte Tierschützer Brian May in der BBC Newsnight, als er in der Studio-Konfrontation mit Jim Barrington, einem Berater der Fuchjagd-Befürworter der ,Countryside Alliance' in die Parade fuhr: Als dieser referierte, daß es in der ganzen Angelegenheit doch nicht um Töten oder Nicht-Töten gehe, sondern um Krankheits- und Seuchenbekämpfung, um Biodiversität etc, platzte dem Rockmusiker der Kragen: „Das ist doch alles nur vorgeschoben – ihr seid ein Haufen verlogener Bastarde!" Der leicht schockierte Jim Barrington erwiderte: „Oh, vielen Dank, sehr nett von ihnen." Und Brian May: „Gern geschehen!" Und auch bei einer Demonstration am 14. Juli vor dem britischen Parlament hielt May eine vielumjubelte Rede – die Herzen des Publikums flogen ihm nur so zu.
Ob mit diesem Achtungserfolg der Tierschützer die Aufhebung oder Verwässerung des ,Hunting act' endgültig von der politischen Agenda verschwindet, darf jedoch bezweifelt werden: Aus Kreisen der konservativen Partei ist bereits zu hören, daß im Herbst ein neuer Anlauf gemacht werden soll, das ungeliebte Gesetz doch noch zu ändern. „Wir haben eine Schlacht gewonnen, aber nicht den Krieg", bestätigt auch der Fraktionsführer der SNP im Unterhaus, Angus Robertson. Und Andrew Tyler, Geschäftsführer der Tierschutzorganisation Animal Aid: „Wir wissen nicht, welche politischen Taschenspielertricks man sich ausdenken wird, um die abscheuliche Fuchsjagd wieder zu legalisieren – aber wir, unsere Unterstützer und Gleichgesinnten im ganzen Land sind bereit, diese Herausforderung anzunehmen" Man darf also gespannt sein, wie dieser Kampf weitergeht...
Dieses Video des Kosmetik-Herstellers Lush – dessen Produkte frei von Tierversuchen und 100 % vegetarisch sind – gibt Eindrücke von der großen ,Protect the ban'-Demo am 14. Juli vor dem britischen Parlament. Und es zeigt die Begeisterung, das Engagement und den Einfallsreichtum der Tierschützer...