Eine australische Forschergruppe hat die Gebisse von 400 geschlachteten Pferden untersucht und eine verblüffende Entdeckung gemacht: 93,8 % aller Pferde hatten zumindest ein Zahnproblem.
Unter den 400 untersuchten Pferden waren insgesamt nur 15, die keinerlei Zahn-Anomalien aufwiesen, also ein gesundes, normal ausgebildetes Gebiss hatten. Die Untersuchungen wurden an Pferden nach deren Tötung in einem Schlachthof in Queensland durchgeführt. Die Pferde waren zwischen 1 und 30 Jahre alt und stammten aus unterschiedlichsten Rassen – Vollblüter, Warmblüter, aber auch aus Kreuzungen verschiedener Rassen. Kranke oder ernsthaft verletzte Pferde sind nicht zur Schlachtung zugelassen, waren daher auch nicht Teil der Studie.
Die häufigste Zahn-Anomalie, die im Rahmen der Untersuchung nachgewiesen werden konnte, waren scharfe Spitzen (55,3 %) und Haken (43 %) des Zahnschmelzes. Diese Probleme wurden zum weitaus überweigenden Teil bei den Backenzähnen festgestellt. Ein Wellengebiss wurde bei 25,5 % der Pferde konstatiert, Zahnfleischtaschen, in denen sich Futterreste ablagern können, bei 22,3 %. Extreme Querrillen wurden bei 13,5 % der Pferde nachgewiesen. Die größte Häufigkeit von Zahnproblemen bzw. Zahnkrankheiten gab es in der Altersgruppe von 11 bis 15 Jahren, und zwar mit 97,5 %.
„Häufige Zahnprobleme wurden in allen Untersuchungsgruppen entdeckt – und sie nahmen mit dem Alter zu", so Tum Chinkangsadan von der ,School of Veterinary Science' an der Universität Queensland in seiner Studie, die im Australian Veterinary Journal veröffentlicht wurde. „Diese Studie legt nahe, daß jedes Pferd regelmäßige zahnärztliche Untersuchungen haben sollte, um Unregelmäßigkeiten oder beginnende Probleme frühzeitig entdecken und behanden zu können. Nur so ist es möglich, spätere ernsthafte Erkrankungen des Gebisses zu vermeiden oder hintanzuhalten", so die Schlussfolgerung der Forscher.
Sie stellten weiter fest, daß Zahnerkrankungen bei Pferden sehr verbreitet sind. Umfragen unter Pferdetierärzten haben ergeben, daß 10 % aller tierärztlichen Behandlungen in England mit dem Gebiss zusammenhängen; in den Vereinigten Staaten zählen Zahnerkrankungen zu den fünf häufigsten medizinischen Problemen bei erwachsenen Pferden. „Viele Studien empfehlen zumindest eine jährliche zahnärztliche Untersuchung für Pferde, die 15 Jahre und älter sind, aber unsere Untersuchung zeigt, daß Pferde aller Altersschichten Zahnanomalien aufweisen, die man sehr einfach und mit minimalem Aufwand bei einer normalen Routineuntersuchung des Gebisses erkennen kann. Wir schließen aus unseren Ergebnissen weiter, daß die vorbeugende Behandlung – beginnend beim jungen Pferd – sehr dazu beitragen kann, spätere klinische Probleme zu vermeiden, doch dies wird leider von vielen Pferdebesitzern vernachlässigt."
Chinkangsadarn meinte, daß die Ergebnisse seiner Untersuchung darauf hinweisen, daß Pferde sehr davon profitieren können, wenn sie zweimal jährlich einem Zahn-Check unterzogen werden. Dies würde es möglich machen, Zahnprobleme bereits in der Entstehung bekämpfen und beseitigen zu können. Eine gründliche und umfassende Zahnuntersuchung sei dafür essentiell, so die Autoren.
Die Studie „An abbatoir survey of equine dental abnormalities in Queensland, Australia" („Eine Untersuchung über Zahn-Anomalien bei Pferden in einem Schlachthof in Queensland, Australien") ist im Australian Veterinary Journal erschienen und kann hier nachgelesen werden.
Zum Thema ,Zahnbehandlung' bzw. ,Zahnpflege' beim Pferd hat Propferd zwei interessante Videos mit der Tierärztin und Zahnspezialistin Dr. Lisa Stelzmayr gemacht (siehe Links unten).