News 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Neil Davies Blog: Warum ich niemals Pferde in einem Roundpen trainiere
03.09.2015 / News

Neil Davies ist seit 1977 professioneler Pferde-Trainer und propagiert eine Ausbildung ohne Stress, Druck und Gewalt.
Neil Davies ist seit 1977 professioneler Pferde-Trainer und propagiert eine Ausbildung ohne Stress, Druck und Gewalt. / Foto: Neil Davies
Diese Stute lernt, sich exakt dorthin zu bewegen, wo der Trainer es möchte – und das in einem abgegrenzten Viereck von ca. 6 x 6 m (20 x 20 Fuß).
Diese Stute lernt, sich exakt dorthin zu bewegen, wo der Trainer es möchte – und das in einem abgegrenzten Viereck von ca. 6 x 6 m (20 x 20 Fuß). / Foto: Neil Davies

Viele Trainer arbeiten mit ihren Pferden in einem Roundpen – was meiner Ansicht nach keine gute Idee ist. Ein viereckiger, abgegrenzter Reitplatz bietet vor allem für die Arbeit mit jungen Pferden viele Vorteile.


Viele Trainer verwenden einen Roundpen für ihre gesamte Trainingsarbeit. Die Idee dahinter scheint für den Trainer zu sein, das Pferd entlang der Absperrung zu jagen, bis es müde wird – oder erschöpft ist.

In einem runden, abgegrenzten Platz ist es die natürliche Reaktion eines Pferdes, entlang der Absperrung zu laufen, wenn es gejagt wird. Man könnte den Eindruck haben, daß dem Pferd dabei beigebracht wird, sich in einem Zirkel zu bewegen, aber die simple Tatsache ist, daß es nur den Zaun entlang läuft.

Ich arbeite stets in einem viereckigen Reitplatz, wenn ich mit Fohlen arbeite oder Pferde anreite. Ich verwende nie, wirklich niemals einen runden Platz. Ich achte dabei darauf, daß dieser Platz nicht größer ist als 20 mal 20 Fuß (ca. 6 x 6 m). Ich bin der Ansicht, daß runde Reit- oder Trainingsplätze – ganz gleich welcher Größe – für die Arbeit mit Pferden ungeeignet sind, und zwar aus folgenden Gründen:

– In allen Trainingssituationen ist es am wichtigsten, daß man immer die Möglichkeit hat, zum Pferd zu gehen und ihm zu zeigen, daß du ihm nichts Böses antun willst. Ein verängstigtes Pferd darf niemals gejagt werden, denn das Jagen wird es nur noch mehr ängstigen.

– Wenn ein rohes, völlig unerfahrenes Pferd in einem runden Trainingsplatz eingefangen wird, dann wird es sich vor dem Seil fürchten und nur noch schneller laufen. Wenn das eintritt, gibt es keine Möglichkeit mehr, das Pferd anzuhalten – es sei denn, am Seil zu reißen und es gewaltsam zu stoppen oder es bis zur Erschöpfung laufen zu lassen. In einem viereckigen Reitplatz aber wird es in einer Ecke stehenbleiben – und man kann zum Pferd gehen und ihm zeigen, daß man ihm nichts Böses antun oder es gar verletzen will. Oder man kann ihm, wenn es noch nicht eingefangen wurde, ein Seil umlegen und ihm zeigen, was man von ihm möchte.

– In einem runden Reitplatz lernt jedes Pferd, entlang des Zauns zu laufen, wieder und wieder. Wenn das Pferd dann zum ersten Mal außerhalb des Platzes geritten wird, merkt man rasch, daß es noch nicht viel gelernt hat. Wenn es keinen Zaun und keine Absperrung gibt, an der es sich orientieren kann, wird das Pferd einfach irgendwohin laufen, weil ihm nie beigebracht wurde, genau dorthin zu gehen, wo der Reiter möchte.

– In einem viereckigen Reitplatz muss das Pferd vom ersten Moment an lernen, genau dorthin zu gehen, wohin der Reiter möchte. Es gibt keinen Zaun, an dem es sich orientieren könnte. Wenn ein junges Pferd zum ersten Mal außerhalb des Reitplatzes geritten wird, dann wurde ihm schon beigebracht, sich in einem genauen Zirkel zu bewegen. Das Pferd wird sich kontrollieren lassen und sich dorthin bewegen, wohin der Reiter es möchte.

Noch etwas Anderes ist wichtig: Wir dürfen nie vergessen, daß niemand perfekt ist und daß wir alle Fehler machen. Wenn Dinge in einem Roundpen schiefgehen, dann wird das Pferd laufen und laufen – und es gibt keine Möglichkeit, es zu stoppen. Wenn auf einem viereckigen Reitplatz etwas schiefgeht, dann kann man das Pferd immer in einer Ecke anhalten.

In einem runden Reitplatz gibt es nichts Frustrierenderes, als zu versuchen, sich einem Pferd anzunähern, das sich nicht fangen lassen will. Ein solches Pferd hat in einem runden Reitplatz einen großen Vorteil – es kann endlos die Absperrung entlang laufen, und man kann nichts dagegen tun. In einem viereckigen Platz kann jedes Pferd in einer Ecke angehalten werden – und man kann sich ihm dort annähern.

In jeder Trainingssituation ist es der größte Vorteil eines kleinen Vierecks, daß man mit jedem Pferd Kontakt aufnehmen und ihm zeigen kann, daß man ihm nichts Böses antun will. Man kann ein Pferd gar nicht gnadenlos in einem Viereck jagen, weil es sehr bald in einer Ecke anhalten wird. Und so wird man gar nicht in Versuchung geführt, seine Müdigkeit oder gar Erschöpfung als Trainings-Instrument einzusetzen.

Hier geht's zur Website von Neil Davies: www.fearfreehorsetraining.com


ZUR PERSON
Neil Davies ist seit 1977 professioneller Pferde-Trainer und propagiert ein Pferdetraining ohne Druck, Stress und Gewalt. In den ersten 15 Jahren seiner Trainerlaufbahn hat er Tausende Pferde angeritten und auch zahllose sogenannte ,Problempferde’ trainiert. Egal ob ein 100-Dollar-Pony aus dem Hinterhof oder millionenteure Vollblüter – Neil Davies kennt sie alle. Neil war einer der ersten Pferdetrainer, der seine Arbeit mit Hilfe von Videos dokumentierte. Diese Videos wurden weltweit verkauft, daneben führte er Clinics und Präsentationen in Australien, Neuseeland und den USA durch. Neils einzigartiges Wissen entstand in der Arbeit mit sovielen Pferden, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Obwohl nur wenige die Möglichkeit bzw. die Neigung haben, das zu tun was er tut, kann jeder Pferdefreund von seinem Wissen und seiner Erfahrung profitieren.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter