Extreme Einzelhaltung kann negative Effekte auf Gesundheit und Wohlbefinden von Pferden haben, das bestätigte einmal mehr eine Studie der Nottingham Trent Universität in Großbritannien.
Forscher der Nottingham Trent Universität konnten im Rahmen einer Studie nachweisen, dass Pferde in Einzelhaltung – ohne jeglichen Kontakt zu anderen Artgenossen – deutlich mehr Anzeichen von Stress zeigten als Pferde mit mehr Sozialkontakt. Die Forscher haben dabei das Verhalten von insgesamt 16 Pferden in vier verschiedenen Haltungsformen untersucht, und zwar:
1) Einzelhaltung ohne Kontakt: Hier wurden die Pferde in Boxenställen mit soliden Ziegelwänden hinten und seitlich gehalten. Es war kein Kontakt mit anderen Pferden möglich.
2) Einzelhaltung mit teilweisem Kontakt: Hier wurden die Pferde einzeln in Boxenställen gehalten , mit solider Hinterwand, aber mit Metallgittern seitlich, vorne und in den Schiebetüren, die akustischen und körperlichen Kontakt mit den Nachbarpferden beiderseits erlaubten.
3) Paarweise Haltung, voller Kontakt: Hier wurden die Pferde in Paaren in einem Weideschuppen gehalten . Dieser lag angrenzend an Innenboxen, wobei die Pferde vollen Kontakt zu den darin gehaltenen Pferden hatten. Zusätzlich wurden zwei Pferde in einem angrenzenden Weideschuppen gehalten, zu denen voller Sicht- und Geräuschkontakt bestand, und zwar durch eine Drahtzaunabtrennung dazwischen. Jedes Pferdepaar hatte vollen Kontakt untereinander.
4) Gruppenstallhaltung, voller Kontakt: Hier wurden die Pferde in der Experimentalgruppe von vier Tieren in einem Auslauf freigelassen, welcher vor der Studie kahlgefressen worden war. Die Pferde hatten vollen körperlichen untereinander, sowie visuellen und akustischen Kontakt mit Pferden in nahen Paddocks.
Während der Studiendauer wurden die Pferde jeweils für fünf Tage in jeder dieser vier Haltungs-Formen untergebracht, dazwischen verbrachten sie jeweils zwei Tage auf Wiesenkoppeln. Einmal täglich wurden Kotproben der Pferde eingesammelt, dreimal täglich wurde mittels Thermographie-Aufnahmen die Augentemperatur der Tiere gemessen. Am fünften Tag wurde schließlich das Verhalten der Pferde sieben Stunden lang mit einer ferngesteuerten Kamera aufgezeichnet und analysiert.
Die Ergebnisse zeigten ein eindeutiges Bild: Je stärker Pferde von ihren Artgenossen isoliert wurden – am deutlichsten in der Variante 1 (Einzelhaltung ohne Kontakt), umso mehr Corticosteron – ein Hormon, das als wichtiger Indikator für Stress gilt – wurde im Kot der Pferde nachgewiesen. Die Thermographie-Bilder der Augen zeigten bei den Pferden in Guppenhaltung eine deutlich geringere Augentemperatur an – auch das gilt als Maßstab für eine geringere Stressbelastung. Die Auswertung der Verhaltensanalyse ergab weiters, dass Pferde zunehmend schwieriger und problematischer im Handling wurden, je strenger und restriktiver sie von Artgenossen abgetrennt wurden. Demgegenüber zeigten Pferde, die in Gruppen gehalten wurden, viel häufiger natürliche und arttypische Verhaltensweise freilebender Pferde und ein insgesamt gutes Wohlbefinden.
„Die Ergebnisse der Studie hinsichtlich Physiologie und Verhalten zeigten klar, dass soziale Haltungsformen den Pferden ein besseres Wohlbefinden bieten", so Dr. Kelly Yarnell, Haltungsexperte an der Universität Nottingham. „Eine unpassende Haltungsform kann Stress, gesundheitliche Probleme und negative Verhaltensweisen nach sich ziehen. Für ein soziales Lebewesen wie das Pferd, das die meiste Zeit in engem Kontakt mit anderen Artgenossen verbringt, ist weitgehende Einzelhaltung ein Verursacher von Stress. Gruppenhaltung bietet für Pferde ein Umfeld, in dem sie ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben können – und der Kontakt mit anderen Pferden wirkt sich positiv auf ihre gesamte Gesundheit aus."
In Großbritannien – und wohl in den meisten anderen Staaten auch – ist die Einzelhaltung in Boxen, in denen die Pferde die meiste Zeit des Tages verbringen, noch immer die vorherrschende Haltungsform.
Eine Zusammenfassung der Studie gibt's hier.