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Pferdewirtschaft als Standbein für bäuerliche Betriebe stärken
22.06.2023 / News

Klare Botschaft: Zuchtverbands-Obmann Johann Reisenthaler, LK-Präsident Johannes Schmuckenschlager, LK-Vizepräsidentin Andrea Wagner und Gernot Reisenthaler (v.l.n.r.) forderten bessere Rahmenbedingungen für die bäuerliche Pferdewirtschaft.
Klare Botschaft: Zuchtverbands-Obmann Johann Reisenthaler, LK-Präsident Johannes Schmuckenschlager, LK-Vizepräsidentin Andrea Wagner und Gernot Reisenthaler (v.l.n.r.) forderten bessere Rahmenbedingungen für die bäuerliche Pferdewirtschaft. / Foto: LK NÖ/ Georg Pomaßl

Am 21. Juni lud die Landwirtschaftskammer NÖ zu einem Pressegespräch, bei dem die Herausforderungen und Chancen der Pferdehaltung auf bäuerlichen Betrieben aufgezeigt wurden. Zentrale Botschaft: Es braucht bessere Rahmenbedingungen, um das enorme Potenzial der bäuerlichen Pferdehaltung auszuschöpfen.

 

Den stimmungsvollen Rahmen des Pressegesprächs bot der Auberghof der Familie Reisenthaler in Zöfing – ein bäuerlicher Familienbetrieb mit vielen Standbeinen: Pferdezucht, Pferdeeinstellung, Freilandschweinehaltung, Direktvermarktung, Safranproduktion, Ackerbau, Weinbau und Heurigem.
Der Präsident der Landwirtschaftskammer NÖ Johannes Schmuckenschlager, doe Vizepräsidentin der Landwirtschaftskammer NÖ Andrea Wagner und der Obmann vom Verband NÖ Pferdzüchter und den Ländlichen NÖ Johann Reisenthaler gaben einen spannenden Einblick in den Wert des Pferdes in Wirtschaft, Tourismus und Freizeit, wiesen aber auch auf dessen einzigartige soziale Bedeutung und seinen Einsatz in der pferdegestützten Therapie hin.

1,1 Milliarden Euro Wertschöpfung durch Pferde

Studien haben ergeben, dass 60 Prozent der Bevölkerung eine positive Einstellung zu Pferden haben, obwohl sie selbst nicht reiten. 25 Prozent sind schon einmal geritten, 6 Prozent reiten. „Der Wert von Pferden ist beachtlich – für die Gesellschaft und die Volkswirtschaft. Auch für die Landwirtschaft. Schließlich steht die Pferdewirtschaft für ein komplexes und breitgefächertes Feld an Wirtschaftsaktivitäten“, erklärte Landwirtschaftskammer NÖ-Präsident Johannes Schmuckenschlager. Von der Herstellung von Futtermitteln über die Leder- bzw. Metallerzeugung bis zum Versicherungswesen profitiert ein breites Branchenspektrum.

In Österreichs Volkswirtschaft erwirkt der Wirtschaftsfaktor „Pferd“ eine Produktion in der Höhe von rund 2,3 Mrd. Euro, hinsichtlich der Wertschöpfung werden rund 1,1 Mrd. Euro generiert. Der Wirtschaftsfaktor „Pferd“ schafft rund 24.000 Arbeitsplätze und in Österreich bewirken fünf Pferde einen Arbeitsplatz. Die soziale Bedeutung des Pferdes in Österreich umfasst etwa gesundheitliche und therapeutische Aspekte. Die umfangreiche Palette an reittouristischen Angeboten wie Reiturlaub, geführte Ausritte, Wanderreiten, offene Stalltüren auf Reiterhöfen oder Reit- und Fahrturniere machen das Pferd zu einem bedeutenden Tourismus- und Freizeitfaktor.

Im Zentrum des Pressegesprächs stand freilich die wichtige Rolle des Pferdes für die heimische Landwirtschaft: Pferdehaltung, Pferdezucht und Reiterei in all ihren unterschiedlichen Spielarten sind längst ein wertvolles Standbein für bäuerliche Familienbetriebe geworden. Doch damit die Bäuerinnen und Bauern das Potenzial der Pferdewirtschaft optimal nutzen können, braucht es entsprechende Rahmenbedingungen, die dies ermöglichen. Eine Änderung ist insbesondere hinsichtlich der maximalen Anzahl von 25 Pferden bei der Einstellpferdehaltung im Rahmen der Landwirtschaft notwendig. Die Landwirtschaftskammer NÖ und der Verband der NÖ Pferdezüchter fordern daher die Anhebung der möglichen Einstellpferde nach praxistauglichen Bedingungen.

Anhebung auf mehr als 25 Einstellpferde

„Einige Vorgaben und Rahmenbedingungen machen es schwierig für bäuerliche Betriebe, die Pferdehaltung als Einkommensmöglichkeit optimal zu nutzen. Dabei ist dieses Standbein eine gute Form der Diversifizierung in der Landwirtschaft“, betont Landwirtschaftskammer NÖ-Vizepräsidentin Andrea Wagner. Auch für Reiter:innen und Pferdebesitzer:innen ist die Einstellung von Pferden auf landwirtschaftlichen Betrieben sehr attraktiv. Einerseits durch den umfangreichen Service, der den Einstellern geboten werden kann. Anderseits können landwirtschaftliche Betriebe die Pferdeeinstellung zu moderaten Konditionen anbieten.

Die Einstellpferdehaltung im Rahmen der Landwirtschaft ist jedoch auf zwei Pferde je Hektar und in Summe 25 Einstellpferde pro Betrieb begrenzt. Innerhalb dieser Grenzen zählt die Pferdeeinstellung zur landwirtschaftlichen Urproduktion. Auch, wenn ein Betrieb mehr Fläche zur Verfügung hat, dürfen nicht mehr als 25 Pferde eingestellt werden, sonst wird aus der Landwirtschaft ein Gewerbebetrieb. Um als bäuerlicher Familienbetrieb davon leben zu können, bedarf es einer höheren Zahl an Einstellpferden. Es darf hier keine „Milchmädchenrechnung“ aufgestellt werden – die monatliche Einstellgebühr ist nicht automatisch der Gewinn des Betriebs. Wie in allen anderen Sparten auch hat landwirtschaftliche Pferdeeinstellbetrieb einen entsprechenden Mitteleinsatz und damit Ausgaben: von Futter und Einstreu über Kraftstoff und Energie bis hin zur Infrastruktur und Arbeitskraft. Einstellbetriebe produzieren keine Milch und kein Fleisch – ihr Produkt ist die Pferdeeinstellung. Daher fordern die Landwirtschaftskammer NÖ und der Verband der NÖ Pferdezüchter eine Erhöhung der möglichen Einstellpferde. Eine sinnvolle Lösung wäre der Entfall der Obergrenze von max. 25 Einstellpferden sowie die Änderung von zwei Pferden je Hektar auf zwei Großvieheinheiten (GVE) pro Hektar – angelehnt an den GVE-Schlüssel bei Rindern im ÖPUL-Programm. So können auch Größe, Gewicht und der dementsprechende Futterbedarf der Pferde berücksichtigt werden.

„Dies wäre auch eine praxistaugliche Lösung für die Jungpferdeaufzucht, die ein wesentliches Element der Pferdezucht ist. „Bietet ein landwirtschaftlicher Betrieb dies an, kann oft nur eine marginale Einstellgebühr verlangt werden. Die Grenze von 25 Einstellpferden macht ein Auskommen unmöglich. Pferdezucht und Jungpferdeaufzucht sind aber die Basis unseres Pferdebestands – das sind die nachfolgenden Generationen“, sagt der Obmann der NÖ Pferdezüchter Johann Reisenthaler.

Eine weitere notwendige Maßnahme betrifft die Umsatzsteuer für die Pferdeeinstellung. Umsätze unterliegen grundsätzlich dem Normalsteuersatz von 20 Prozent. Durch die Pferdepauschalierungsverordnung wurde die Möglichkeit geschaffen, sich optional einen Durchschnittssatz für den Vorsteuerbetrag pro eingestelltem Pferd und Monat abzuziehen. Die Landwirt:innen produzieren Futtermittel, Heu, Getreide und Stroh als Einstreu hauptsächlich selbst, kaufen weder diese Mittel noch Dienstleistungen zu und können daher auch keine Vorsteuer geltend machen. Der pauschale Vorsteuersatz liegt derzeit bei 27 Euro. In Zeiten der Teuerungswelle bedarf es einer Entlastung der Betriebe, weshalb eine entsprechende Anpassung und Erhöhung der Vorsteuerpauschale gefordert wird.

„Die Pferdewirtschaft ist sehr facettenreich und unsere landwirtschaftlichen Betriebe haben dadurch vielfältige Einkommensmöglichkeiten. Daher ist es wichtig, die Rahmenbedingungen mit Weitblick zu gestalten“, sind sich Kammer und Pferdezuchtverband einig.

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