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Luftqualität in Reithallen: Schon ein/e ReiterIn wirbelt jede Menge Staub auf 18.12.2022 / News
 Nicht nur im Winter herrscht in Reithallen dicke Luft – Hauptquelle für die Partikelbelastung ist vor allem der Reitboden, wie die ForscherInnen herausfanden. / Symbolfoto: Archiv
Die bakterielle Belastung in der Luft von Reithallen steigt bereits nach dem Training eines einzigen ReiterIn-Pferd-Paars deutlich an, wie eine aktuelle deutsche Studie belegt. Die mit verunreinigter Luft verbundenen gesundheitlichen Gefahren sollten keinesfalls unterschätzt werden, so die AutorInnen.
Das Studienteam stellte einleitend fest, dass wiederkehrende Atemwegsobstruktionen oder entzündliche Atemwegserkrankungen ein zunehmendes gesundheitliches Problem bei Pferden darstellen und mit schlechter Luftqualität in Verbindung stehen. In nördlichen Ländern mit kühlem Klima wird die Inzidenz von schwerem Pferdeasthma auf 14 bis 20 % geschätzt, und die der leichten bis mittelschweren Form erreicht 68 bis 80 %. Entzündliche Atemwegserkrankungen gelten als unterdiagnostiziert, da sie zwar die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, aber klinisch oft wenig auffallen: Ein Husten beispielsweise tritt nur in 38 % aller Fälle auf.
Pferde, Reiter und Trainer verbringen insgesamt viel Zeit in Reithallen und verbrauchen vor allem bei forcierter Atmung ein erhebliches Volumen an Umgebungsluft. Daher ist die Luftqualität entscheidend für ihre Gesundheit, so die AutorInnen. Sie machten sich daran, die Luftqualität in vier Reithallen in Sachsen-Anhalt zu untersuchen – und zwar über ein Jahr hinweg mit monatlichen Messungen in jeder Halle, mit besonderem Augenmerk auf den Bakteriengehalt.
Es wurde ein spezielles 20-minütiges Reitprogramm mit einem Pferd und einem Reiter durchgeführt, um die Exposition gegenüber luftübertragenen Bakterien zu messen. Das Programm umfasste 12 Minuten Schritt, 5 Minuten Trab und 3 Minuten Galopp und basierte auf standardisierten Lektionen bzw. Reitfiguren, um eine vergleichbare Nutzung – und damit auch eine vergleichbare Aussagekraft der Messungen – in den verschiedenen Reithallen zu gewährleisten.
Die Luftproben wurden vor und nach dem Reitprogramm in Höhe der Atemzone von Reiter und Pferd – 2,5 Meter für den Reiter und 1,5 Meter für das Pferd – entnommen. Insgesamt wurden so 1.335 Luftproben aus den vier Hallen ausgewertet, von denen drei einen Sandboden und eine eine Mischung aus Sand und Sägespänen hatten. Das Alter der Reitböden in den Sandarenen reichte von sechs Monaten bis zu vier Jahren. Der Sand/Sägespäne-Reitbelag war zwei Jahre alt. Die Ergebnisse für die gesamten kultivierbaren Bakterien wurden in koloniebildenden Einheiten (,colony forming units = CFU) pro Liter Luft ausgedrückt (logarithmisch berechnet). Die gewachsenen Kolonien wurden weiter durch spezifische Tests und biochemische Identifizierung bestimmt.
Die Ergebnisse zeigten, dass die bakterielle Belastung in allen vier Hallen nach dem Reitprogramm signifikant anstieg. Die Ergebnisse zeigten jedoch keine Unterschiede zwischen den Atemzonen der Reiter und denen der Pferde. Gram-positive Bakterien, insbesondere Staphylococcus-Spezies, waren die vorherrschenden aeroben mesophilen Bakterien (mesophile Bakterien neigen dazu, bei moderaten Temperaturen zu wachsen und zu gedeihen). Insgesamt waren 80 % der identifizierten Staphylokokken Staphylococcus xylosus. Kultivierte Proben des Reithallen-Belags – 210 wurden insgesamt analysiert – deuteten darauf hin, dass der Reitboden wahrscheinlich die Hauptquelle für luftgetragene Staphylococcus-Spezies während des Reitens war, so die WissenschaftlerInnen.
Das Studienteam stellte fest, dass die Anzahl der Luftschadstoffe aufgrund der Bewegung von Pferden und der Aufwirbelung von Oberflächenmaterial zunahm, so die AutorInnen. Bakterien in der Luft seien oft als Bioaerosole vorhanden, die an Staub und anderen Partikeln haften – somit war die mit einer Staubzunahme einhergehende Zunahme der Keimbelastung zu erwarten. Die Pferde sind davon in besonderer Weise betroffen, wie die AutorInnen erklären: „Die Exposition gegenüber Luftverschmutzung ist schlimmer, wenn Pferde intensiv gearbeitet werden. Im Ruhezustand liegt das Atemvolumen eines durchschnittlichen Pferdes im Bereich von 80 Litern pro Minute. Dies kann sich während des Trainings um mehr als das 20-fache auf eine Rate von 1800 Litern pro Minute erhöhen. Pferde atmen auch tiefer, und daher werden potenzielle atmosphärische Schadstoffe stärker aufgenommen. In unseren Tests wurde ein standardisiertes Reitprogramm von nur 20 Minuten absolviert. Daher gehen wir davon aus, dass ein längeres Training die Bakterienbelastung für Pferd, Reiter und Ausbilder noch weiter erhöhen würde.“
Doch es gab noch weitere bemerkenswerte Erkenntnisse: Den Reithallen-Boden möglichst frei von Verunreinigungen (Kot etc.) zu halten, kann das Risiko des Einatmens schädlicher Mikroorganismen für Pferde und Reiter verringern, so die AutorInnen. Sie stellten weiters fest, dass eine der Reithallen – Halle 1 – eine direkte Verbindung zu den angrenzenden Ställen und auch eine gemeinsame Entlüftung hatte – und genau diese Halle wies auch die höchste Bakterien-Belastung (4,96 CFU/m3) auf. Im Gegensatz dazu hatten die Hallen 2, 3 und 4 niedrigere CFU-Werte, die von 3,68 bis 3,79 log CFU/m3 reichten.
Halle 4 befand sich ebenfalls im selben Gebäude wie die Pferdeställe (aber durch ein Tor getrennt und ohne gemeinsame Lüftung). Hier wurden vor Beginn des Reitprogramms höhere Werte gemessen (3,5 log (CFU/m3)). Diese Unterschiede der CFU-Menge zwischen den Hallen 1 und 4 und den anderen beiden Hallen könnten dadurch erklärt werden, dass die Menge an luftgetragenen Schadstoffen in verbundenen Hallen und Ställen höher ist als in nicht verbundenen. Darüber hinaus ist es denkbar, dass das Alter des Tretmaterials in Arena 1 die erhöhten Werte der Luftmessungen beeinflusst hat, da es mindestens doppelt so alt war wie die anderen und daher wahrscheinlich auch mehr Partikel aufwies, die klein genug waren, um geloftet zu werden. Die eindeutige Schlussfolgerung: „Die direkte Verbindung zwischen Reithalle und Stall sowie der Reitbelag scheinen die Luftqualität in den Reithallen zu beeinflussen.“
Die Erkenntnisse ihrer Studie geben den AutorInnen durchaus Anlass zur Sorge: Auch wenn die Auswirkungen einer zusätzlichen Keimbelastung in Reithallen auf die Gesundheit von ReiterIn und Pferd noch weitgehend unbekannt seien, sollte „die Luftqualität von Reitplätzen im Hinblick auf den hohen Luftverbrauch von Pferden während der Trainingszeit in zukünftigen Studien von besonderem Interesse sein" und entsprechend aufmerksam beobachtet werden. Denn – wie bereits andere Untersuchungen gezeigt haben – kann es „bei wiederholter Inhalation von lungengängigem Staub, Mikroorganismen und deren Zellwandbestandteilen sowie Toxinen zu Entzündungen der unteren Atemwege kommen." Und diese Gefahr sollte keinesfalls unterschätzt werden ...
Die Studie „Bacterial Burden in the Air of Indoor Riding Arenas" von Torsten Lühe, Nina Volkmann, Jeanette Probst, Cornelia Dreyer-Rendelsmann, Jochen Schulz und Nicole Kemper ist am 9. Dez. 2022 in der Zeitschrift ,agriculture' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
KommentareBevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...Weitere Artikel zu diesem Thema:21.09.2022 - Feinstaub im Pferdestall: Pilzsporen erhöhen Allergie- und Asthma-Risiko erheblich
Feinstaub im Pferdestall: Pilzsporen erhöhen Allergie- und Asthma-Risiko erheblich 21.09.2022 / News
 Bei Stallaktivitäten wie Putzen und Füttern steigt die Feinstaub-Konzentration deutlich an, wie die Messungen gezeigt haben. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay
Eine Studie zeigt: Pilzaerosole stellen einen erheblichen Teil des Feinstaubs in Pferdeställen dar und können bei Pferden und Menschen Atemwegsprobleme verursachen. Regelmäßige Untersuchungen der Feinstaub- und Pilzaerosol-Konzentrationen – zusammen mit der Bewertung der Artenzusammensetzung – sind empfehlenswert, um das Krankheitsrisiko zu minimieren.
Der Kontakt mit sogenannten Bioaerosolen – also luftgetragenen Teilchen biologischer Herkunft – in Pferdeställen und deren gesundheitliche Auswirkungen sind in letzter Zeit von besonderem Interesse für die Forschung: Die zunehmende Häufigkeit rezidivierender Atemwegserkrankungen bei Pferden bzw. schwerem Pferdeasthma wirft Fragen zu den wahrscheinlichsten Ursachen und Möglichkeiten zur Verringerung des Risikos auf.
ForscherInnen in Polen nahmen Proben und analysierten die Luft in zwei polnischen Pferdeställen, um die Feinstaubkonzentrationen und Konzentrationen von Pilzaerosolen in der Luft zu bestimmen. Ausschlaggebend für die Durchführung der Studie waren wiederkehrende Episoden von Atemwegsproblemen bei Pferden in diesen Ställen, die sogar für den Tod von zwei Pferden verantwortlich gemacht wurden.
Das Studienteam mit der Universität für Landwirtschaft in Krakau stellte in seiner Untersuchung einleitend fest, dass weltweit eine große Anzahl von Menschen in der Pferdeindustrie tätig ist. In der Europäischen Union gibt es mehr als sechs Millionen FreizeitreiterInnen, was etwa 2 % der Bevölkerung entspricht. Viele Menschen verbringen viel Zeit in Ställen, entweder bei der Pflege oder Ausbildung von Pferden oder als Enthusiasten, die ihre Freizeit dem Reiten widmen.
Infolgedessen sind sowohl Menschen als auch Pferde in Ställen Luftschadstoffen ausgesetzt. Luftverunreinigungen, die mit Tierbehausungsumgebungen in Verbindung gebracht werden, umfassen giftige Gase wie beispielsweise Ammoniak oder Schwefelwasserstoff; anorganische Partikel wie Bodenstaub; nicht lebensfähige organische Partikel wie Futter- oder Kottröpfchen; sowie lebensfähige Partikel wie Bakterien und Pilze und deren Fragmente und Toxine. Sie alle werden als Bioaerosole bezeichnet.
Entzündliche Atemwegserkrankungen sind die am häufigsten erkannten entzündlichen Erkrankungen bei Pferden und betreffen bis zu 20 % der erwachsenen Pferde in der nördlichen Hemisphäre. Pferde entwickeln typischerweise mehrere charakteristische Symptome, darunter Husten, Nasenausfluss, erhöhte Atemanstrengung im Ruhezustand und Belastungsintoleranz. Die Besorgnis über die Bioaerosolkonzentrationen und -exposition in Innenräumen hat in den letzten Jahren zugenommen, hauptsächlich aufgrund der Erkenntnis, dass die Exposition gegenüber diesen mit einer Vielzahl gesundheitsschädlicher Auswirkungen verbunden ist.
In ihrer Studie untersuchten die ForscherInnen Luftproben aus einem Stall in Krakau und einem weiteren in Tarnów, wobei sie drei Größen von Feinstaub in der Luft untersuchten, nämlich PM10, PM2,5 und PM1, also Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von weniger als 10 Mikrometer (µm) sowie Kleinstpartikel mit einem Durchmesser von 2,5 bzw. 1 µm (1 µm = 1 Tausendstel Millimeter). Sie führten auch kulturbasierte Bewertungen von Pilz-Bioaerosolkonzentrationen durch und verwendeten dann molekularbasierte Technologie, um sie zu identifizieren. Proben wurden innerhalb und außerhalb beider Ställe gesammelt.
Die drei am häufigsten identifizierten Pilzarten waren Wallemia sebi, Aspergillus penicillioides und Epicoccum nigrum – alle hochgradig allergen und potenziell am Auftreten von schwerem Pferdeasthma bei Pferden beteiligt. Die AutorInnen wiesen darauf hin, dass Sporen der nachgewiesenen Pilze tief in die Atemwege eindringen und dort entzündliche Prozesse auslösen können.
Eine weitere wesentliche Erkenntnis war, dass die Feinstaubkonzentrationen sowohl zwischen den untersuchten Pferdeställen als auch zu verschiedenen Tageszeiten stark schwankten:
– Sie waren im Tarnower Stall generell deutlich höher als im Krakauer Stall.
– Im Krakauer Stall wurden die niedrigsten Feinstaubwerte in der Mittagszeit, wenn keine Aktivität stattfand, beobachtet, während im Tarnów-Stall die niedrigsten Feinstaubwerte am frühen Morgen beobachtet wurden.
– Die höchsten Konzentrationen aller Fraktionen des Pilzaerosols im Krakauer Stall wurden bei der Fütterung von Pferden beobachtet. Die Konzentration des gesamten Pilzaerosols während der Fütterung war 82-mal höher als während der Mittagspause, während die lungengängige Fraktion während der Fütterung 68-mal höher war als während der Mittagszeit.
– Im Stall Tarnów wurden die höchsten Konzentrationen aller Fraktionen des Pilzaerosols bei Stalltätigkeiten wie der Reinigung beobachtet. Die niedrigsten Konzentrationen waren am frühen Morgen. Die höchsten Konzentrationen an Pilzaerosol waren mehr als fünfmal höher als die niedrigsten Werte vom frühen Morgen.
Bei der Diskussion ihrer Ergebnisse sagten die ForscherInnen, dass sich die Konzentration des Pilzaerosols in beiden Ställen je nach Tageszeit und Aktivitäten im Innenbereich erheblich verändert habe: „Die höchsten Konzentrationen aller Fraktionen des Pilzaerosols im Krakauer Stall wurden während der Fütterung beobachtet. Im Falle des Stalles Tarnów wurden die höchsten Konzentrationen aller Pilzaerosolfraktionen bei täglichen Aktivitäten in Innenräumen beobachtet, ebenso bei Feinstaub. Unsere Studie hat gezeigt, dass die täglichen Aktivitäten in Pferdeställen, wie das Füttern oder Putzen von Pferden, maßgeblich zu den erhöhten Feinstaub- und Pilzbestandteilen des Bioaerosols beigetragen haben.“
Die einatembaren Fraktionen des Pilzaerosols schwankten in vielen Fällen um 80 % der Gesamtfraktion, was auf ein potenzielles Gesundheitsrisiko für exponierte Menschen und Tiere hindeutet. Von den beiden untersuchten Ställen war der Stall in Tarnów durch höhere Feinstaubkonzentrationen gekennzeichnet, während der Gesamt- und lungengängige Anteil des Pilzaerosols im Stall in Krakau höher waren.
Die beobachteten Pilzaerosolkonzentrationen aus den Ställen wurden mit dem Vorschlag des polnischen ZECB (Expertenteam für biologische Faktoren) zu den Konzentrationen luftgetragener Mikroorganismen in Behandlungsräumen für Tiere verglichen. Die Konzentrationen sowohl des gesamten als auch des atembaren Anteils des Pilzaerosols überstiegen die vorgeschlagenen Werte nur einmal – nämlich während der Fütterung der Pferde und nur im Krakauer Stall.
Die vorherrschende Art, Wallemia sebi, ist jedoch eine wichtige allergene Art, die eine große Anzahl winziger, leicht zu verteilender Sporen produziert, die tief in die Atemwege eindringen können. Darüber hinaus werden die zweit- und dritthäufigsten Arten, Aspergillus penicillioides und Epicoccum nigrum, oft als Auslöser allergischer Reaktionen und potenzieller Mitverursacher von Atemwegserkrankungen bei Pferden beschrieben.
Tatsächlich werden von den 10 am häufigsten vorkommenden Pilzgattungen, die im Krakauer Stall beobachtet wurden, fünf als die häufigsten Erreger von Allergien aufgeführt. Daher der dringende Rat der WissenschaftlerInnen: „Vor diesem Hintergrund wird dringend empfohlen, die Luftqualitätsmessungen einschließlich der Bewertung von Feinstaub- und Pilzaerosolkonzentrationen samt Bestimmung der häufigsten Pilzarten, in Pferdeställen durchzuführen – ganz besonders dort, wo es zu allergischen Reaktionen oder Atemwegserkrankungen bei Arbeitern oder zu wiederkehrenden Fällen von Atemwegsbeschwerden bei Pferden kommt.“
Die Studie „Particulate Matter Concentrations and Fungal Aerosol in Horse Stables as Potential Causal Agents in Recurrent Airway Disease in Horses and Human Asthma and Allergies" von Anna Lenart-Boroń, Anna Bajor, Marek Tischner, Klaudia Kulik und Julia Kabacińska ist am 19. Sep. 2022 in der Zeitschrift ,applied sciences' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
13.09.2019 - Quarzsand von Reitplätzen kann Lungenkrebs-Risiko auf Pferdebetrieben erhöhen
Quarzsand von Reitplätzen kann Lungenkrebs-Risiko auf Pferdebetrieben erhöhen 13.09.2019 / News
 Die auf Reitplätzen aufgewirbelten Partikel können auch lungengängigen kristallinen Quarzstaub enthalten – und ein erhöhtes Lungenkrebs-Risiko nach sich ziehen. / Foto: Pixabay
Irische Wissenschaftler haben die Risiken analysiert, die durch das Einatmen von Quarzstaub-Partikeln entstehen können, die etwa bei der täglichen Arbeit auf Reitplätzen aufgewirbelt werden.
Dass in vielen Reitställen eine sehr hohe Staub- und Feinstaubbelastung herrscht und diese für zahlreiche Lungenerkrankungen verantwortlich ist, ist hinlänglich bekannt und auch wissenschaftlich gut belegt. Die Quellen für derartige Klein- und Kleinstpartikel sind in Pferdebetrieben mannigfaltig – sie können bei der Arbeit auf Reit- und Longierplätzen entstehen, beim Ausmisten und Einstreuen von Boxen, beim Putzen, beim Handling mit Stroh, Heu und sonstigen Futtermitteln usw. Vor allem in geschlossenen Räumen oder in Reithallen kann die Partikelbelastung exorbitant sein, wie ebenfalls Untersuchungen gezeigt haben.
Wissenschaftler der Universität von Irland in Galway sowie vom Institut für Arbeitsmedizin im schottischen Edinburgh haben sich in einer aktuellen Studie einer ganz speziell Partikel-Art gewidmet, die auch in Reitbetrieben auftreten kann – nämlich kristallinem Quarzstaub, einem natürlicher Bestandteil von Sand, der in vielen Berufsfeldern (z.B. bei Erzbergleuten, Gesteinshauern, Sandstrahlern, Ofenmaurern, Tunnelbauern etc.) die Atemluft belasten kann. Bei diesem Quarzstaub handelt es sich um die kristalline Erscheinungsform von Siliziumdioxid (SiO2), die seit 1997 von der IARC (International Agency for Research on Cancer) als „krebserregend für den Menschen“ eingestuft wurde. Das langjährige Einatmen von quarzhältigem Feinstaub kann zur berüchtigten Silikose (Quarzstaublunge) und zu Lungenfibrose führen.
Die irischen und schottischen Forscher gingen davon aus, dass derartiger kristalliner Quarzstaub auch auf Pferdebetrieben gehäuft auftreten kann, nachdem Quarzsand in sehr vielen Reitställen als Belag für Reitflächen im Freien oder in Reithallen, auf Trainingsbahnen, auf Longierplätzen oder auch in Schrittmaschinen zum Einsatz kommt. Doch nähere Untersuchungen über die Intensität der Belastung auf Pferdebetrieben gibt es bislang nicht – und diese zu erheben war das primäre Ziel der vorliegenden Pilot-Studie.
Die Wissenschaftler wählten als Test-Betrieb einen irischen Reitstall mittlerer Größe, der von seinem Betreiber selbst bewirtschaftet wurde. Der Stall umfasste rund 30 Einstell- bzw. Trainingspferde sowie weitere 15 Schulpferde, die Infrastruktur bestand aus zwei großen Außenreitplätzen sowie einer Reithalle. Die Tretschicht sämtlicher Reitflächen bestand aus Quarzsand, versetzt mit Textilschnitzeln aus geschredderten Teppichen. Der Reithallen-Belag wurde nur fallweise bewässert, um die Staubbelastung zu reduzieren – eine automatische Beregnungsanlage gab es nicht.
Zu den typischen Aufgaben im Betrieb gehörte das Ausmisten der Boxen, das Longieren der Pferde, das Freispringen für zwei bis vier Jungpferde täglich, Reitunterricht sowohl in der Halle als auch auf den Freiplätzen, das Reinigen, Auf- und Absatteln der Pferde (das ausnahmslos im Innenbereich stattfand) sowie das Abziehen bzw. und Rechen sämtlicher Reitflächen. Untersucht wurde die Staubbelastung, welcher der Betreiber/Arbeiter während der insgesamt überprüften 16 Arbeitsschichten zwischen Juni und August 2018 ausgesetzt war.
Atemluft-Proben wurden während der gesamten Dauer einer Schicht, einschließlich der kurzen Pausen in der Kantine, erhoben, und zwar mittels spezieller, kalibrierter Luftmessgeräte. Die Probennahmezeiten reichten von 480 bis 540 Minuten, wobei der Pächter 75 bis 85 % seiner Arbeitszeit in der Halle oder ihrer Nähe verbrachte.
Es wurde festgestellt, dass der Arbeiter im Durchschnitt Konzentrationen von alveolengängigem (also bis in die Lungenbläschen eindringendem) Staub von 0,12 mg pro Kubikmeter und Konzentrationen von lungengängigem kristallinem Quarzstaub von 0,02 mg pro Kubikmeter ausgesetzt war. Die Quarzstaub-Konzentrationen waren an den Tagen signifikant geringer (bis max. 0,03 mg pro Kubikmeter), an denen die Reitflächen bewässert wurden. War dies nicht der Fall, konnten die Konzentrationen bis zu 0,09 mg pro Kubikmeter ansteigen. Das manuelle Bewässern (mittels Wasserschlauch und Leiter) war jedoch, wie die Wissenschaftler anmerken, zeitintensiv und wurde nur verhältnismäßig selten angewendet.
Damit lag die Belastung mit kristallinem Quarzstaub zwar unter dem in Irland zulässigem Höchstwert von 0,1 mg pro Kubikmeter – aber immerhin über dem Grenzwert, den das Nationale Institut für Berufssicherheit und -gesundheit der USA empfiehlt, nämlich 0,05 mg pro Kubikmeter. Wie die Wissenschaftler anmerkten, gibt es mehrere Studien aus den USA, in denen etwa für Arbeiter bei der industriellen Sandgewinnung gezeigt werden konnte, dass bereits Konzentrationen von 0,05 mg pro Kubikmeter ein erhöhtes Risiko von Lungenkrebs nach sich ziehen können. Dieses Risiko wird jedoch deutlich vergrößert, wenn die Betroffenen auch noch Raucher sind.
Die Wissenschaftler konnten aus dieser Untersuchung – die zwar klein angelegt und daher in mancherlei Hinsicht von begrenzter Aussagekraft war – einige interessante Schlussfolgerungen ableiten: Insgesamt habe die Studie „neues Datenmaterial hinsichtlich der Belastung von Arbeitern auf Pferdebetrieben mit lungengängigem kristallinem Quarzstaub“ geliefert, so ihr Resümee. „Die Belastungen mit lungengängigem kristallinem Quarzstaub bewegen sich innerhalb jenes Bereichs, der mit einem erhöhten Lungenkrebs-Risiko verbunden wird. Die Verwendung von staubhemmenden Lösungen und Maßnahmen wie z. B. der Partikel-Bindung durch Bewässern sollte bei der Arbeit in Reitbetrieben weiter vorangetrieben werden. Die Arbeitskräfte in Reitställen sollten jedenfalls betriebliche Gesundheitsschulungen zu jenen Risiken erhalten, die mit der Belastung durch lungengängigen kristallinen Quarzstaub verbunden sind.“
Die Forscher empfahlen auch den Einbau automatischer Beregnungssysteme, da die vielfältigen sonstigen Arbeitsaufgaben in einem Reitbetrieb nur wenig Zeit für die manuelle Bewässerung größerer Flächen lassen. Und sie sprachen sich auch dafür aus, weitere Forschungsarbeiten zu unterstützen, die generell das gesundheitliche Bewusstsein in Pferdebetrieben fördern – auch für die bei Reitflächen verwendeten Grundmaterialien – und so dazu beitragen, ein besseres Wissen und Verständnis der damit verbundenen Risiken zu entwickeln.
Die Studie „Occupational Exposures in an Equestrian Centre to Respirable Dust and Respirable Crystalline Silica“ von Kathleen Bulfin, Hilary Cowie, Karen S. Galea, Alison Connolly und Marie Ann Coggins ist im ,International Journal of Environmental Research and Public Health’ erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
12.02.2016 - Staub in Reithallen – ein Risikofaktor für Pferd und Mensch
Staub in Reithallen – ein Risikofaktor für Pferd und Mensch 12.02.2016 / News
 Staub in der Reithalle ist ein Risikofaktor für Mensch und Pferd. / Foto: Archiv
Neue Untersuchungen zeigen, daß die Staubbelastung in Reithallen vor allem im Winter beträchtlich ist und Pferd und Reiter dadurch einem erhöhten Risiko von Atemwegserkrankungen ausgesetzt sind.
Seit mehreren Jahren beschäftigt sich ein Forscherteam der Tierärztlichen Hochschule Hannover rund um Prof. Nicole Kemper und Dr. Torsten Lühe mit der Staubbelastung in Reithallen und ihren möglichen gesundheitlichen Konsequenzen für Tier und Mensch. Vor allem im Winter – wenn Außenplätze vielfach gefroren und unbrauchbar sind – findet ein großer Teil der Reit- und Trainingseinheiten in der Reithalle statt, und jeder Reiter weiß, daß es dabei durchaus heftig stauben und schon nach kurzer Zeit in Hals und Lunge kratzen kann. Daß dies auch für Pferde weder gesund noch angenehm sein kann, liegt auf der Hand. Doch wissenschaftliche Untersuchungen über das tatsächliche Ausmaß der Staubbelastung in Reithallen gibt es bislang kaum – und daher auch wenig zuverlässige Aussagen, wie belastend die in der Reithallen-Luft vorhandenen Partikel (Keime, Pilzsporen, Bakterien, Pollen, Hautschuppen etc.) für die Atemwege von Pferd und Reiter ist.
Genau hier setzt die Forschungsarbeit von Nicole Kemper und Torsten Lühe an. Sie untersuchten im Rahmen einer Langzeitstudie die Staubbelastung in vier verschiedenen Reithallen im Bundesland Sachsen-Anhalt, die zwar alle die gleiche Reitflächen-Größe (20 x 40 m) aufwiesen, sich jedoch hinsichtlich Bauart und Beschaffenheit der Tretschicht unterschieden: Zwei Reithallen waren direkt mit einem angrenzenden Stalltrakt verbunden, drei Reithallen hatten ausschließlich eine Tretschicht aus Sand (und zwar unterschiedlich alt – von einem halben Jahr bis zu vier Jahre alt), eine Halle hatte ein Sand-Späne-Gemisch.
Ansonsten versuchte man, die Untersuchungskriterien so weit wie möglich zu standardisieren, um eine optimale Vergleichbarkeit der Resultate zu gewährleisten: Sämtliche Hallen wurden während des Untersuchungszeitraums in den Sommermonaten täglich bewässert. Die Staubbelastung wurde mit Hilfe eines speziellen Partikelzählers, der sechs unterschiedliche Partikelgrößen von 0,5 bis 5 Mikrometer erfassen konnte, an vier Messpunkten in jeder Halle gemessen, ebenso die bakteriologische Belastung mittels Luftkeimsammler. Die Messpunkte befanden sich in der Höhe der Pferdenase (ca. 1,5 m) sowie in Höhe der Reiternase (ca. 2,5 m). Gemessen wurde jeweils vor und nach einer standardisierten Reit-Einheit von ca. 20 Minuten Länge – und das über einen Zeitraum von zwölf Monaten, wobei in jeder Reithalle einmal pro Monat Messungen durchgeführt wurden.
Es zeigten sich erhebliche Unterschiede in der Partikelbelastung zwischen den vier Reithallen, aber auch große Differenzen zwischen den Monats-Messungen in einer Reithalle. Erwartungsgemäß war die Partikel-Konzentration am Ende der Reiteinheit am höchsten – ganz offenkundig werden durch die Bewegungen und Tritte des Pferdes die in der Tretschicht gebundenen Partikel aufgewirbelt und in die Hallenluft geschleudert. Die Messungen auf Höhe der Pferdenase zeigten eine geringfügig stärkere Konzentration als jene auf Höhe der Reiter-Nase, wenngleich die Unterschiede minimal waren.
Die Bewässerung des Hallenbodens sorgt dabei für deutliche Verbesserungen: In den wärmeren Monaten, in denen täglich bewässert wurde, wurde eine signifikant geringere Partikel-Konzentration gemessen als in den kälteren Monaten, in denen aufgrund der niedrigen Temperaturen nicht bewässert werden konnte. In den Monaten Jänner und Februar ist die Staubbelastung am größten – in den warmen Monaten von Juni bis September am geringsten. Die regelmäßige Bewässerung ist also eine effektive Maßnahme, um Staubpartikel zu binden. Hinsichtlich der Keim-Belastung ist es übrigens umgekehrt – die ist im Sommer erheblich größer als im Winter, was damit zusammenhängt, daß sich die meisten Keime nur bei warmen Temperaturen optimal vermehren und ihnen durch die Kälte im Winter gleichsam die Lebensgrundlage entzogen wird.
Die Art der Tretschicht hat ebenfalls einen Einfluss, so Prof. Kemper gegenüber dem Portal TheHorse.com – das Sand-Späne-Gemisch schnitt hinsichtlich der Staubbelastung deutlich besser ab als eine reine Sand-Tretschicht. Das Alter der Tretschicht führte auch zu Unterschieden bei der Keimbelastung – die Halle mit der ältesten Tretschicht (vier Jahre alt) wies die mit Abstand höchste Keim-Konzentration auf.
Es zeigte sich weiters, daß die bauliche Konzeption einer Reitanlage ein wichtiger Faktor für die Staubbelastung ist: Die Partikel-Konzentration war in jenen Anlagen am höchsten, in denen die Halle im gleichen Gebäude wie die Stallungen untergebracht waren, getrennt lediglich durch eine halbhohe Wand. In einer der Anlagen waren die Stallungen zwar auch im gleichen Gebäude, jedoch durch eine durchgängige Wand vollständig von der Reithalle getrennt – was ebenfalls zu einer geringeren Staubbelastung geführt hat.
Insgesamt ergab die Langzeit-Studie ein durchaus bedrückendes Resultat: Die Staubbelastung in Reithallen ist – speziell im Winter und speziell während bzw. am Ende einer Reiteinheit – erheblich. Besonders besorgniserregend ist dabei die Anzahl der Klein- bzw. Kleinst-Partikel (Feinstaub) mit einer Größe von weniger als 0,5 Mikrometer: Der weitaus größte Teil der gemessenen Partikel – ungeachtet der jeweiligen Monats-Belastung oder der Bauart einer Reitanlage – ist kleiner als 0,5 Mikrometer, meist sogar kleiner als 0,3 Mikrometer – also klein genug, um tief in die Lunge einzudringen, sich an den empfindlichen Lungenbläschen abzulagern und so Atemwegserkrankungen zu begünstigen. Die durchschnittliche Partikel-Konzentration in der Studie war bis zu zehnmal größer als jene in Städten mit Luftverschmutzung. Es darf also nicht verwundern, so Prof. Kemper weiter, daß in einer aktuellen Studie 35 % aller Reitlehrer bzw. Ausbildungskräfte an chronischer Bronchitis leiden – und daß Atemwegserkrankungen bei Pferden so verbreitet sind.
Umso wichtiger ist, der Staubbelastung soweit wie möglich aus dem Weg zu gehen bzw. diese durch entsprechende Vorkehrungen zu verringern: „Regelmäßige Bewässerung scheint eine effektive Maßnahme zu sein – Stallbesitzer sollten diesem Punkt daher besondere Aufmerksamkeit schenken", so Kemper. „Auch die Tretschicht sollte passend sein und regelmäßig erneuert werden. Und nicht zuletzt ist das Reiten an der frischen Luft, wann immer es möglich ist, eine gute Sache."
Die Studie „Factors associated with dust dispersed in the air of indoor riding arenas” wird in einer der nächsten Ausgaben des ,Equine Veterinary Journal' erscheinen – eine kurze Zusammenfassung kann hier nachgelesen werden.
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