Training und Wettkampf sind ein effektiver Schutz vor Übergewicht bei Pferden 03.04.2023 / News
Springpferde wiesen in der Untersuchung mit 5,2 den geringsten BCS-Durchschnittswert auf. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay
Fast jedes fünfte in einer dänischen Studie untersuchte Pferd wurde als übergewichtig eingestuft, wobei die Ergebnisse belegen, dass die Anstrengungen von Wettkampf und Training einen signifikanten Schutz vor Übergewicht bieten.
Der Körperzustand von Pferden ist ein wachsendes Problem, das mit Schwierigkeiten bei der Erkennung und Behandlung von Pferden verbunden ist, die entweder über- oder unterkonditioniert sind. Mette Uldahl und ihre Forscherkollegen untersuchten in ihrer vor kurzem veröffentlichten Studie den Body Condition Score (BCS) bei dänischen Pferden und setzten diese Ergebnisse mit der Rasse, dem Einsatz und dem Trainingsniveau der Tiere in Verbindung.
Insgesamt 24 professionelle und halbprofessionelle „Datensammler" waren von Mette Uldahl gewonnen worden, um eine möglichst umfangreiche Datenbasis zu beschaffen, darunter fünf Tierärzte, fünf Futtermittelberater, zwei Hufschmiede, zwei Pferdetherapeuten, drei Trainer und sieben Funktionäre des Dänischen Pferdesportverbands. Zwischen Juni 2021 und November 2021 werteten die Datensammler die Körperzustandswerte (Body Condition Scores = BCS) von 1.118 Pferden und Ponys aus. Die Informationen zu 770 Pferden wurden bei Veranstaltungen des Dänischen Pferdesportverbandes gesammelt, die Daten zu den restlichen 348 Pferden wurden in Pferdeställen gesammelt.
Die Datensammler waren auf ihre Mission entsprechend vorbereitet worden, sie mussten sich ein Anleitungsvideo zum Henneke-Body-Scoring-System für Pferde ansehen, das auf einer Skala von 1 (= extrem abgemagert) bis 9 (= extrem fettleibig) funktioniert, wobei 5 bis 6 als ideal angesehen werden. Sie mussten mindestens zwei Untersuchungen von Pferden durchführen sowie div. Dokumente und Papiere durchgehen, um Informationen über die Pferde zu sammeln, etwa über Geschlecht, Pferdetyp, Disziplinen und Trainingsintensität.
Die Ergebnisse zeigten, dass von den 1118 bewerteten Pferden insgesamt 78,6 % innerhalb des idealen Bereichs auf der Henneke-Skala lagen, 4,9 % lagen darunter und 16,5 % darüber, wobei letztere Gruppe als übergewichtig einzustufen war. Über dem Idealbereich zu liegen, wurde durch den Typ des Pferdes, das Alter und das Training beeinflusst, aber keiner dieser Faktoren beeinflusste die Pferde, die unter dem idealen BCS-Wert lagen.
Die höchsten Punktzahlen wurden von Tierärzten und Hufschmieden und die niedrigsten Punktzahlen von den Funktionären des Dänischen Reiterverbandes vergeben. „Dies“, sagten sie, „sollte die Pferdepopulationen widerspiegeln, denen sie ausgesetzt waren, wobei Funktionäre des Dänischen Pferdesportverbandes aktiv an Wettkämpfen teilnehmende Pferde untersuchten, während Tierärzte und Hufschmiede Pferde mit Krankheiten wie Hufrehe sehen, die tendenziell mit einem hohen Body Condition Score verknüpft sind.“ Kaltblüter und traditionelle Ponyrassen lagen im Vergleich zu anderen Typen häufiger über dem Idealwert.
„Bei Turnieren hatten 90,7 % der Pferde ideale Körperkonditionswerte, wobei 4,0 % über dem Ideal und 5,4 % unter dem Ideal lagen; im Vergleich dazu hatten in Einstellbetrieben nur 57,8 % der Pferde einen idealen BCS-Wert, dafür lagen 38,1 % darüber – waren also als übergewichtig einzustufen – und 3,9 % unter den Idealwerten.“ Der durchschnittliche BCS-Wert lag bei Pferde in Einstellbetrieben mit einer Durchschnittsnote von 6,3 auch deutlich höher als bei Turnierpferden (5,3).
Bei der Diskussion ihrer Ergebnisse sagten die Forscher, dass das moderne Management von Freizeitpferden möglicherweise einen gleichsam „eingebauten" bzw. systemimmanenten Anreiz zur Fettleibigkeit hat, bei dem mehrere Faktoren zusammenspielen, etwa Ernährung, Nutzung (Gesellschaft statt Konkurrenz) und Bewegung. „Diese Hypothese wird durch die Ergebnisse dieser Studie gestützt, in der Muster für Pferde identifiziert wurden, die im Wettbewerb bewertet wurden, verglichen mit denen, die in Pferdeställen bewertet wurden, wobei nur 4,0 % der Pferde im Wettbewerb über dem idealen Körperkonditionswert lagen, verglichen mit 38,1 % in Pferdeställen.“
Ein Zusammenhang zwischen der regelmäßigen Arbeitsbelastung eines Pferdes und der Wahrscheinlichkeit, übergewichtig zu sein, sei auch in früheren Studien gezeigt worden, so die AutorInnen: So werden in Pleasure-Bewerben gerittene Westernpferde seltener übergewichtig als Pferde, die nicht für irgendeine Art von Arbeit eingesetzt werden, und Turnierpferde oder Pferde in intensivem Training haben ein noch geringeres Risiko für Fettleibigkeit: „Dieser schützende Effekt vor Übergewicht und die Tatsache, dass es sich um ein Turnierpferd handelt, ist höchstwahrscheinlich auf die gekoppelten Wirkungen des Einsatzes im Turnier sowie des Trainings für den Wettkampf zurückzuführen, die sich aus der beabsichtigten Verwendung ergeben.“
Pferde in Einstellbetrieben hatten insgesamt eine um 3,26 höhere Wahrscheinlichkeit, einen erhöhten BCS zu haben, verglichen mit Turnierpferden, so das Studienteam. Besitzer, so ihr Befund, finden es oft sehr schwierig, Fettleibigkeit bei ihren Pferden in den Griff zu bekommen, und Gewichtszunahme tritt oft unbeabsichtigt auf, selbst wenn die Besitzer anstreben, deren Gewicht zu halten oder sogar zu reduzieren.
Bezüglich der Verwendung hatten Reitschulpferde mit einem Durchschnitt von 6,7 den höchsten relativen BCS, gefolgt von Ausreitpferden, turniermäßig gerittenen Islandpferden, Turnierpferden ohne spezielle Disziplin, Turnierpferden mit gemischten Disziplinen und Zuchtpferden. Pferde in den Disziplinen Dressur (5,4) und Springen (5,2) wiesen die geringsten Durchschnittswerte in der BCS-Skala auf – der Effekt der Disziplin korrelierte jedoch stark mit dem Pferdetyp und war daher nicht signifikant. Kaltblüter und traditionelle Ponyrassen hatten im Vergleich zu den anderen Gruppen ein erhöhtes Risiko für höhere BCS.
„In der vorliegenden Studie war das Ausbildungsniveau ein signifikanter Faktor in Bezug auf den BCS-Wert. Pferde, die nicht oder nur leicht trainiert wurden, hatten die höchsten relativen BCS-Werte, gefolgt von Pferden in mäßigem Training, während hohe und sehr hohe Trainingsniveaus zu den niedrigsten BCS-Werten führten.“
Das Geschlecht war nicht signifikant mit BCS verbunden. „Das Muster, unter den idealen BCS-Werten zu liegen, war anders als jenes, über dem idealen BCS-Wert zu sein", so die AutorInnen. „Das ist wichtig zu erkennen, da Untergewicht mit einem größeren Euthanasierisiko verbunden ist, beispielsweise bei älteren Pferden, aber ansonsten mit anderen Risikofaktoren verknüpft ist als Übergewicht. Unterhalb des idealen BCS zeigte sich ein völlig anderes Muster als über dem idealen BCS“, so ihr Resumee.
Das Studienteam betonte zusammenfassend, dass es Ziel ihrer Untersuchung sei, mehr über die Auswirkungen der Verwendung und des Trainings von Pferden auf ihre Gesundheit und ihren Zustand zu erfahren, indem der BCS-Wert als indirekter Maßstab verwendet wird: „Pferde über dem idealen BCS-Wert sind 3,4-mal häufiger als solche mit einem unter dem idealen BCS-Wert – aber beide Szenarien stellen ein Problem des Tierwohls dar. Die Muster für die Entwicklung von oberhalb und unterhalb des idealen BCS unterscheiden sich und sollten als separate Probleme betrachtet werden“, so die AutorInnen. Die wichtigste Botschaft ihrer Studie ist aber diese: „Mit mittlerer bis hoher Intensität trainiert zu werden, bietet Pferden einen signifikanten Schutz vor Übergewicht.“
Die Studie „Body Condition Score in Danish Horses Related to Type, Use, and Training Level: Patterns, Risk, and Protective Factors" von Mette Uldahl, Jan Dahl und Hilary Mary Clayton ist am 31. März 2023 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
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Eine „übermäßige Kondition" – sprich: zuviel Körperfett – werde nach wie vor in bestimmten Disziplinen und Schauklassen belohnt, mit fatalen Folgen für die Pferdegesundheit, so die ForscherInnen. / Symbolfoto: Archiv Martin Haller
… das ist das beunruhigende Resümee einer soeben veröffentlichten Übersichtsstudie von US-Wissenschaftlern zum Problem von übergewichtigen Pferden. Sie bestätigen auch, dass Fettleibigkeit bei Pferden von vielen Besitzern noch immer verkannt wird – und in manchen Disziplinen sogar belohnt wird.
Die sportlichen Laufbahnen und die Leben vieler Pferde werden durch Übergewicht verkürzt, so der Befund zweier prominenter AutorInnen einer soeben veröffentlichten Übersichtsstudie, in der mehr als 100 einschlägige Untersuchungen und Forschungsarbeiten berücksichtigt wurden.
Die ForscherInenn wörtlich: „Trotz der überwältigenden Anerkennung der schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen von Fettleibigkeit bei unseren Pferden haben mehrere große Forschungsstudien gezeigt, dass Fettleibigkeit in unserer Pferdepopulation weit verbreitet ist. Übermäßige Gewichtsbelastung – sei es durch zuviel Körperfett und/oder zu großes Reitergewicht – scheint die Arbeitsbelastung von Pferden zu erhöhen und kann die Gliedmaßen eines Pferdes während des Trainings übermäßig belasten“, so Prof. Dr. Shannon Pratt-Phillips, Professorin für Pferdeernährung, und Co-Autor Ahmad Munjizun von der North Carolina State University.
„Eine zu hohe Gewichtslast erhöht zudem die Wahrscheinlichkeit zusätzlicher negativer Auswirkungen auf die Gesundheit wie Stoffwechselerkrankungen, Hufrehe, Entzündungen, kardiovaskuläre Veränderungen und/oder Arthritis“, so die ForscherInnen weiter – daher kann übermäßiges Körperfett zu potenziell verkürzten Sportkarrieren und/oder Leben dieser Pferde beitragen.
Pferde so zu füttern, dass sie in einem normalen, gesunden Körperzustand bleiben, könne folglich „ihre sportliche Karriere und ihr Leben verlängern“, so die ForscherInnen in ihrer Übersichtsstudie. Sie wiesen auch auf den irritierenden Umstand hin, dass in vielen Pferdedisziplinen offenkundig eine „übermäßige Kondition“ (sprich: mehr Fett) von den Richtern belohnt werde und eine erhöhte Gesamtinzidenz von Fettleibigkeit bei Pferden zu beobachten sei, wie einige Untersuchungen nahelegen – all dies gebe Anlass zu ernster Besorgnis.
Die AutorInnen stellten fest, dass viele Untersuchungen gezeigt haben, dass mehr als 50 % der Pferdepopulation übergewichtig sind, wobei 15–30 % davon als fettleibig eingestuft werden. Die Zahl der übergewichtigen Pferde liegt Berichten zufolge in den Vereinigten Staaten bei 22 bis 50 % und in Großbritannien zwischen 31,2 und 72 %.
Diese hohe Prävalenz von Fettleibigkeit ist wahrscheinlich auf das niedrigere Arbeitsniveau vieler Pferde und den besseren Zugang zu hochwertigem Futter sowie auf ein mangelndes Verständnis dafür zurückzuführen, wie übermäßiges Fett einzuschätzen ist. Die Autoren stellten fest, dass mehrere Studien berichteten, dass sich die Wahrnehmung der Besitzer des Fettgehalts auf Schläuchen verändert hat, so dass Besitzer oft übergewichtige oder sogar fettleibige Tiere nicht erkennen, möglicherweise teilweise aufgrund mangelnder Aufklärung.
„In vielen dieser Studien neigen Besitzer dazu, den Zustand ihres Pferdes im Vergleich zu einem Experten zu unterschätzen“, so ihr Befund. „Eine weitere Sorge ist die Überzeugung, dass von Sport- bzw. Schaupferden erwartet wird, dass sie mehr Körperfett aufweisen, um in bewerteten Klassen (wie etwa Exterieur-/Halter-Klassen, Hunter- und Dressurklassen) konkurrenzfähiger zu sein, insbesondere im Vergleich zu Disziplinen, in denen das Exterieur nicht bewertet wird (Springreiten, Vielseitigkeit, Polo, Pferderennen usw.).“
Pferdebesitzer berichteten in einer Studie, dass Tiere, die für den Showring bestimmt waren, „besser geeignet waren, wenn sie übergewichtig waren“. Diese Autoren befragten Pferdebesitzer zu ihrer Fähigkeit, Übergewicht in einer Gruppe von Fotos zu erkennen, und stellten fest, dass die Besitzer, die mit dem Vorführen von Pferden befasst somd, ein normalgewichtiges, gesundes Pferd eher als untergewichtig betrachten.
Wie aber kann sich Übergewicht auf die Leistung von Pferden auswirken? Auch bei dieser Frage kommen die beiden AutorInnen zu klaren Schlüssen: „Zusätzlich zu einer erhöhten Arbeitsbelastung kann sich das Tragen von zusätzlichem Gewicht auch auf die Bewegung eines Pferdes auswirken“, so die ForscherInnen.
In einer Studie hatten Pferde, die übermäßig gefüttert wurden, um Körperfett anzusetzen, neben Auswirkungen auf die Herzfrequenz und Temperatur auch die Bewegung verändert. Eine Studie über Reitschulpferde in Schweden ergab, dass asymmetrischere Bewegungen in den Hinterbeinen mit höheren BCS-Werten korrespondierten. „Darüber hinaus war die Asymmetrie sowohl in den Vorder- als auch in den Hinterbeinen bei Pferden mit höheren Körperkonditionswerten höher.“
In einem Fachartikel, der die Auswirkungen von Fett auf die Trainingsleistung bei Pferden untersuchte, stellten die Forsche fest, dass die Beweise ein hohes Auftreten von Fettleibigkeit dokumentieren, insbesondere in speziellen Disziplinen bzw. Schauklassen. „Das erhöhte Gewicht, das von solchen Pferden und Ponys getragen wird, kann die Arbeitsbelastung beim Reiten erhöhen, wobei diese Studien nur die kurzfristigen Auswirkungen der Gewichtslast untersuchen“, so die AutorInnen..
Übermäßiges Fett ist auch stark mit mehreren gesundheitlichen Problemen verbunden, darunter Insulin-Dysregulation und Hufrehe. Es ist wahrscheinlich, sagten sie, dass die langfristigen Auswirkungen von zu dickem Körper zusammen mit der übermäßigen Gewichtsbelastung sich über das Leben eines Pferdes addieren. Weitere Forschungen sind erforderlich, um diese Folgen zu dokumentieren, sagten die ForscherInnen.
In einer anderen Studie wurde berichtet, dass das Tragen von zusätzlichen 18 Kilogramm Gewicht bei einer Sprungübung das Landeverhalten und die gesamte Sprungkinematik veränderte. Diese Studie verwendete Videoaufnahmen von Pferden, die einen Reiter von etwa 61 kg mit oder ohne zusätzliche 18 kg schwere Kleidung trugen, um die Auswirkungen des Gewichts auf die Streckung der Gliedmaßen und die Standdauer bei der Landung aus einem 1,1-Meter-Sprung zu bestimmen.
Es sollte beachtet werden, so die AutorInnen weiter, dass Pferde, die aufgrund ihrer Rasse und ihres Körperbaus von Natur aus schwerer sind, wahrscheinlich schwerere Knochen haben, um die zusätzliche Kraft und das zusätzliche Gewicht zu tragen. „Bei einem kleineren Pferd, das zusätzliche Last in Form von Fett trägt, kann es zwar auch zu einem Knochenumbau kommen, um das Körpergewicht besser tragen zu können (wie beim Menschen), aber vielleicht nicht in ausreichendem Maße, zudem kann die Sehnenunterstützung negativ beeinflusst werden.“ Tatsächlich werde Fettleibigkeit sowohl bei Menschen als auch bei Hunden mit nichtentzündlichen Sehnenerkrankungen – sogenannten Tendinopathien – in Verbindung gebracht, so die ForscherInnen.
Übermäßiges Fett und erhöhte Arbeitsbelastung können auch andere leistungsbeschränkende Folgen haben, einschließlich einer unzureichen Körperkühlung. „Die isolierenden Eigenschaften von Fett können zusammen mit der reduzierten Oberfläche pro Kilogramm Körpergewicht zu Hitzestress bei übergewichtigen Tieren beitragen“, sagten sie.
Eine andere Studie, die die Auswirkungen des Reitergewichts auf Pferde untersuchte, zeigte höhere oberflächliche Körpertemperaturen bei Pferden mit schwereren Reitern, sagten sie. „Hitzestress ist eine der Hauptursachen für Ausfälle bei vielen Arten von Wettkämpfen, einschließlich Distanzrennen, kann aber auch Pferde in anderen Disziplinen gefährden, insbesondere bei heißem und feuchtem Wetter.“ Beim Menschen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen häufig mit Fettleibigkeit verbunden, und ähnliche Zusammenhänge wurden bei Hunden und Katzen berichtet.
Eine weitere Studie berichtete über Veränderungen im Herzmuskel bei fettleibigen Pferden sowie über eine Zunahme des Fetts im und um das Herz herum. „Während Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Pferden als selten gelten, ist es möglich, dass aufgrund des Auftretens von fettleibigen Pferden mehr Fälle identifiziert werden. Weitere Forschung auf diesem Gebiet ist gerechtfertigt.“
Das abschließende Resümee der AutorInnen fiel eindeutig aus: „Das vermehrte Auftreten von Übergewicht in unserer Pferdepopulation hat eindeutig negative Auswirkungen auf die Gesundheit von Pferden, wie z. B. ein erhöhtes Risiko für das metabolische Syndrom des Pferdes und Hufrehe. Übermäßiges Fettgewebe hat aufgrund einer kombinierten Entzündungsreaktion und der Auswirkungen einer übermäßigen Gewichtsbelastung auf die Leistungsfähigkeit und die Gesundheit der Gliedmaßen wahrscheinlich auch negative Auswirkungen auf die Trainingsleistung.“
All das gebe Anlass zu großer Sorge und müsse von der gesamten Pferde-Community ernstgenommen werden – offene bzw. noch nicht eindeutig beantwortete Fragen sollten rasch durch weitere Forschungen geklärt werden, so die AutorInnen.
Die Studie „Impacts of Adiposity on Exercise Performance in Horses" von Shannon Pratt-Phillips und Ahmad Munjizun ist am 14. Feb. 2023 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
05.10.2022 - BesitzerInnen können Übergewicht ihrer Pferde nur schlecht beurteilen
BesitzerInnen können Übergewicht ihrer Pferde nur schlecht beurteilen 05.10.2022 / News
/ Symbolfoto: Archiv/Horse World
PferdebesitzerInnen zeigten in einer aktuellen Studie italienischer WissenschaftlerInnen nur bescheidene Fähigkeiten, die körperliche Verfassung ihrer Tiere und deren Ausmaß an Fettleibigkeit bzw. Übergewicht korrekt einzuschätzen.
Fettleibigkeit und Übergewicht sind eine immer größere Gefahr für die Pferdegesundheit und werden bei Pferden immer häufiger beobachtet. Das zu hohe Körpergewicht sorgt nicht nur für eine Zunahme sogenannter ,Zivilisations-Krankheiten' wie EMS (Equines Metabolisches Syndrom), Cushing oder Insulin-Resistenz bei Pferden, sondern verursacht auch eine ganze Reihe weiterer Erkrankungen und verschärft gesundheitliche Probleme, etwa die Neigung zu Hufrehe, ein allgemein erhöhtes Verletzungsrisiko und Arthrose.
Um den Körperzustand und das Ausmaß von Übergewicht bei seinem Pferd beurteilen zu können, gibt es mehrere Wege und Möglichkeiten – zu den häufigsten und praktikabelsten zählt die Anwendung des sogenannten ,Body Condition Scores’ (BCS, ein Maßstab für subkutanes Körperfett) sowie des ,Cresty Neck Scores’ (CNS, ein Maßstab für Fett entlang des Halskamms). Beides sind wichtige Instrumente zur Einschätzung des Fettleibigkeitsrisikos, und Besitzer und Betreuer sollten in der Lage sein, ihre Tiere mit ihnen richtig zu beurteilen.
Aber sind sie das auch tatsächlich? Genau dieser Frage wollten italienische ForscherInnen rund um Sara Busechian und Luca Turini in einer nun veröffentlichten Studie auf den Grund gehen. Sie machten sich daran, die Fähigkeit von PferdebesitzerInnen zu vergleichen, die BCS- und die CNS-Werte ihrer Tiere richtig einzuschätzen, wobei sie deren Ergebnisse auch mit denen eines erfahrenen Prüfers — eines staatlich geprüften Tierarztes – verglichen.
Ihre Studie umfasste 259 erwachsene Pferde, die hinsichtlich Alter, Geschlecht, Rasse und Art der Disziplin/Aktivität breit gestreut waren und insgesamt 30 verschiedenen BesitzerInnen gehörten. 163 Pferde (62,9 %) waren als ,jung’ eingestuft, 77 (29,7 %) als ,erwachsen’ und 19 (7,4 %) als ,alt’. Hinsichtlich Geschlecht waren 25 Hengste (9,6 %), 153 Stuten (59,1 %) sowie 81 Wallache (31,3 %) in der Testgruppe, bezüglich Rasse waren 126 (48,6 %) Vollblüter, 92 (35,5 %) Warmblüter, 18 (7,0 %) Ponys, 13 (5,0 %) Kaltblüter und 10 (3,9 %) Barockpferde in der Kohorte enthalten.
Für jedes Pferd wurde der Body Condition Score von seinem Besitzer auf einer Skala von 0 bis 5 nach dem Carroll- und Huntington-System bestimmt. Der Cresty-Neck-Score wurde ebenfalls auf einer Skala von 0 bis 5 bewertet. Die Besitzer waren nicht an den beiden Bewertungssystemen geschult worden, keiner hatte Veterinärmedizin oder verwandte Disziplinen studiert, was sie auf die Bewertungen hätte vorbereiten können. Sie bekamen lediglich ein illustriertes Blatt ausgehändigt, das die einzelnen Bewertungsstufen der beiden Skalen darstellte, jeweils mit einer Skizze und einer kurzen Beschreibung in italienischer Sprache (siehe Grafik unten).
Alle BesitzerInnen waren aber der Ansicht, dass sie über umfassende Kenntnisse in Sachen Reiten sowie im Umgang mit Pferden verfügen und mindestens 10 Jahre lang Pferde besessen oder geritten haben.
Die Ergebnisse waren bemerkenswert – und auf den ersten Blick schienen sich die BesitzerInnen gar nicht so schlecht geschlagen zu haben: Sie schätzten ein, dass bei 29 % der Pferde eine Überkonditionierung (also ein zu hohes Körpergewicht) vorlag, im Vergleich zu 24 %, wie der Tierarzt feststellte. Die Besitzer schätzten weiters, dass 2 % der Pferde fettleibig waren, verglichen mit 1 %, wie der Tierarzt feststellte. Also alles nicht dramatisch weit auseinander, könnte man meinen.
Doch ein Blick auf die Detailergebnisse zeigte ein anderes Bild: Sobald man die Resultate der Einzelbewertungen näher betrachtete, wurde offensichtlich, dass die Übereinstimmung zwischen den Besitzern und dem Tierarzt bei beiden Bewertungsskalen nur gering war – und die Besitzer dazu neigten, Pferde entweder niedriger oder höher als der Tierarzt zu bewerten. Wie sehr man im Detail auseinander war, zeigen diese beiden Grafiken:
So haben die BesitzerInnen einen BCS-Wert von 3 für etwa 120 Pferde vergeben – während er seitens des Tierarztes für fast 160 Pferde vergeben wurde. Auch beim CNS-Wert gab es erhebliche Diskrepanzen: Der Wert 2 wurde seitens der BesitzerInnen für ca. 90 Pferde vergeben – während ihn der Tierarzt für fast 140 Pferde vergab. Dafür wurden die Werte 0 und 1 sowie die Werte 3, 4 und 5 von den BesitzerInnen deutlich öfter vergeben, mitunter um ein Vielfaches.
Doch wie lassen sich diese z.T. gravierenden Unterschiede erklären? Die statistischen Auswertungen geben dazu einige Hinweise: So zeigte die Studie, dass die Übereinstimmung zwischen den Beobachtungen der Besitzer oder des Tierarztes auf verschiedene Weise durch Alter, Geschlecht, Rasse und Art der Aktivität beeinflusst werden kann. Die AutorInnen wörtlich: „Der Kappa-Koeffizient von Cohen (dieser bestimmt das Maß der Übereinstimmungen zwischen zwei Werten – je höher der Kappa-Wert, desto höher die Übereinstimmung, Anm.) nahm tendenziell mit dem Alter der Pferde zu und änderte sich von einer leichten Übereinstimmung zu einer moderaten Übereinstimmung bezüglich des CNS-Werts.“ Bei älteren Pferden war die Übereinstimmung zwischen BesitzerInnen und Tierarzt also größer – wofür die AutorInnen ebenfalls eine Erklärung liefern: „Ältere Pferde haben länger bei ihren Besitzern gelebt als die anderen, und ihre Halter waren höchstwahrscheinlich eher daran gewöhnt, ihr BCS und ZNS zu bewerten, um das Wohlbefinden ihrer Tiere besser zu überwachen, insbesondere wenn sie von chronischen Krankheiten betroffen sind.“
Auch die Art der Disziplin bzw. Aktivität beeinflusste den Grad der Übereinstimmung zwischen Besitzer- und Tierarzt-Bewertung von BCS und CNS, so die AutorInnen: „Tatsächlich hatten Besitzer von Westernpferden ein optimales Maß an Übereinstimmung mit dem Tierarzt für BCS, während andere keine oder nur eine geringe Übereinstimmung zwischen den Besitzern und dem Tierarzt hatten. Dies könnte damit zusammenhängen, dass die Besitzer hinsichtlich der Bewertung morphologischer Merkmale besser geschult sind.“ Die Rasse des Pferd scheint ebenfalls die Übereinstimmung zwischen BesitzerInnen und Tierarzt ebenfalls zu beeinflussen, so die AutorInnen.
Die AutorInnen sagten, dass ihre Ergebnisse im Wesentlichen mit jenen anderer Studien übereinstimmen und die Schwierigkeiten verdeutlichen, die BesitzerInnen haben können, das Risiko ihrer Pferde für Übergewicht und damit verbundene Krankheiten wie Hufrehe richtig einzuschätzen. Die Studie zeige außerdem, wie wichtig es ist, BesitzerInnen und Halter in dieser Fähigkeit noch besser und intensiver zu schulen. In Verbindung mit einer regelmäßigen tierärztlichen Untersuchung der Pferde könnte dies die Entwicklung von Fettleibigkeit, Überkonditionierung und damit verbundenen Krankheiten verhindern – insbesondere bei Rassen, die anfällig für EMS und Hufrehe sind, so das Resümee der AutorInnen.
Die Studie „Are Horse Owners Able to Estimate Their Animals’ Body Condition Score and Cresty Neck Score?" von Sara Busechian, Luca Turini, Micaela Sgorbini, Camillo Pieramati, Lorenzo Pisello, Simona Orvieto und Fabrizio Rueca ist am 3. Okt. 2022 in der Zeitschrift ,Veterinary Science' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
21.03.2022 - Übergewicht bei Pferden schlägt sich auch aufs Herz
Übergewicht bei Pferden schlägt sich auch aufs Herz 21.03.2022 / News
Übergewicht bei Pferden ist ein immer größeres Problem. / Symbolfoto: Archiv/Irene Gams Das Bild links zeigt das Herz eines extrem fettleibigen Pferdes, umgeben von Perikardfett. Das Bild rechts zeigt einen Querschnitt der Herzwand, Perikardfett infiltriert die Herzwand. / Foto: Siwinska et al. Linkes Bild: Mikroskopische Aufnahme der Herzmuskel-Gewebeprobe eines extrem übergewichtigen Pferdes; rechtes Bild: Gewebeprobe eines normalgewichtigen Pferdes. / Foto: Siwinska et al.
Polnische WissenschaftlerInnen konnten in einer Studie zeigen, dass bei fettleibigen Pferden erhebliche Veränderungen in der Architektur des Herzmuskels und der Blutgefäße auftreten, die zu schweren Erkrankungen führen können.
„Fettleibigkeit ist ein globales Problem, nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Haustieren, einschließlich Pferden“, so die AutorInnen der Studie, die vor wenigen Tagen in der Zeitschrift ,animals' veröffentlicht wurde. „Es ist allgemein bekannt, dass Fettleibigkeit bei Pferden mit einem erhöhten Risiko für Hufrehe, anderen orthopädischen Problemen, Fortpflanzungsstörungen und einer verminderten körperlichen Leistungsfähigkeit verbunden ist. Bei Menschen hingegen ist Fettleibigkeit bekanntermaßen von großer Bedeutung für die Erhöhung des Risikos von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und damit für die Erhöhung der Sterblichkeitsrate“ , so Natalia Siwinska und ihre ForscherkollegInnen am Institut für Veterinärmedizin der Warschauer Universität für Umwelt und Lebenswissenschaften.
Die ForscherInnen wollten feststellen, ob bei übergewichtigen Pferden mikroskopische Veränderungen in der Herz- und Gefäßstruktur auftraten – ähnlich wie sie auch bei fettleibigen Menschen nachzuweisen sind. Wie sie anmerkten, war ihre Arbeit ihres Wissens nach die erste, die die Gewebeproben des Herz-Kreislauf-Systems bei übergewichtigen Pferden analysierte.
Ihre Ergebnisse basierten auf der Analyse von Herz- und Arterienproben von 19 Kaltblutpferden im Alter von vier Jahren, die für die Schlachtung bestimmt waren. Zwölf der Tiere wurden als extrem fettleibig beurteilt (Body Condition Score 9/9 auf der Skala nach Hanneke), während sieben Tiere einen normalen Körperzustand aufwiesen (Body Condition Score 4–5/9).
Das Studienteam berichtete, dass die Herzen der fettleibigen Pferde von einer ausgeprägteren Menge an Perikardfett (Fett am Herzbeutel) umgeben waren, im Gegensatz zur mageren Gruppe, bei der dieses Fett vernachlässigbar war. Bei einigen fettleibigen Pferden war die Infiltration von Fettgewebe in die Herzmuskelstruktur deutlich sichtbar. Das Herzgewebe und die großen Arterien zeigten im Vergleich zur gesunden Gruppe stärkere Störungen in ihrer Architektur.
Änderungen des Arteriendurchmessers bei fettleibigen Pferden können auf die Umgestaltung der Arterienwände und ihre allmähliche Versteifung zurückzuführen sein, wie sie auch bei fettleibigen Menschen beobachtet werden. Mehrere Pferde in der fettleibigen Gruppe zeigten auch Fibrose – also eine Verdickung oder Vernarbung des Gewebes. Das Vorhandensein derartigen Gewebes kann darauf hindeuten, dass normales Gewebe nach dem Tod von Herzzellen durch fibröses Gewebe ersetzt wurde.
Die Autoren stellten fest, dass die bei den Pferden beobachtete Fettleibigkeit, die von zwei verschiedenen Züchtern zum Zweck der Schlachtung aufgezogen wurden, ernährungsbedingt war. Die fettleibigen Tiere wurden mit 14 bis 18 kg Getreide pro Tag gefüttert, plus einer kontinuierlichen Versorgung mit Heu. Die Gruppe der normalgewichtigen Pferde wurde mit Hafer und Heu in einer Ration von 7 bis 9 kg pro Tag gefüttert. Alle Pferde wurden in einem Offenstall-System mit freiem Weidezugang gehalten.
Aufgrund der Art der Studie wurde die Herzfunktion nicht bewertet. „Die Ausweitung der Forschung auf die Beurteilung der Herzfunktion bei übergewichtigen Pferden wäre besonders interessant“, so die ForscherInnen – und merkten an, dass sich dies als schwierig erweisen könnte, da dicke Fettschichten das Eindringen von Ultraschallwellen behindern können.
Die Studie sei darauf ausgelegt gewesen, Pferde mit dem gleichen Body-Condition-Score zu testen – in diesem Fall extrem fettleibige Pferde mit dem höchsten Index-Score von 9. „Es wäre interessant, die Studie auf Tiere mit weniger starkem Übergewicht auszudehnen, um die genaue Korrelation dieses Parameters mit histologischen Veränderungen im Herz-Kreislauf-Gewebe zu ermitteln.“
Zusammenfassend stellten die ForscherInnen fest, dass die mikroskopischen Veränderungen, die im Herzmuskel und in den Arterien beobachtet wurden, denen ähnelten, die auch bei übergewichtigen Menschen beobachtet wurden. „Mikroskopische Veränderungen im Herzgewebe können ein Indikator für eine subklinische Kardiomyopathie und Veränderungen in den Gefäßen der Extremitäten sein – Hufrehe.“
Die sichtbaren strukturellen Veränderungen ähnelten denen bei übergewichtigen Menschen und könnten einen erheblichen Einfluss auf die Funktion des Herz-Kreislauf-Systems haben. Dies könnte nicht nur zu einer Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit führen, sondern auch schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, die die Lebensdauer des Tieres verkürzen.
Die Ergebnisse geben Anlass zu einer vertieften Reflexion über die Auswirkungen von Fettleibigkeit auf den Körper von Pferden und weisen auf die Notwendigkeit der Prävention hin. Die direkten Auswirkungen von Fettleibigkeit auf die kardiovaskuläre Gesundheit und Funktion bedürfen weiterer Erforschung, so die AutorInnen.
Die Studie „Influence of Obesity on Histological Tissue Structure of the Cardiovascular System in Horses" von Natalia Siwinska, Izabela Janus, Agnieszka Zak-Bochenek und Agnieszka Noszczyk-Nowak ist am 15. März 2022 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
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