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Die Fälle des Dr. K.: Mängelrüge wegen Koppen
03.12.2022 / News

Nach dem Erwerb einer Quarterhorse-Stute bemerkte der Käufer, dass das Pferd eine „Aufsetzkopperin“ ist – und wollte es daraufhin an die Verkäuferin zurückgeben. Diese verweigerte jedoch die Rücknahme der Stute mit dem Hinweis, dass ihr das „Koppen“ nie aufgefallen wäre. Es kam zu einem Gerichtsverfahren.


Mängel mit rechtlicher Vermutungsfrist
„Auch bei Viehmängeln trifft den Übergeber nur eine Gewährleistungspflicht, wenn die Mangelhaftigkeit bereits bei Übergabe vorlag. Gleich wie § 924, stellt auch § 925 iVm der VO BGBl 1972/472 eine Vermutungsregel für den Zeitpunkt der Mangelhaftigkeit auf. Demnach wird durch Verordnung bestimmt, inwiefern die Vermutung eintritt, dass ein Tier schon vor der Übergabe krank gewesen ist, wenn innerhalb einer bestimmten Frist eine bestimmte Krankheit auftritt. Die aufgrund des § 925 ergangene Verordnung über die Vermutungsfristen bei Tiermängeln deklariert in ihrer Anlage folgende Vermutungsfristen für Krankheiten und Mängel bei Pferden: 1. Dämpfigkeit (14 Tage), 2. Dummkoller (14 Tage), 3. Aufsetzkoppen (14 Tage), 4. Freikoppen (7 Tage), 5. Kehlkopfpfeifen (7 Tage), 6. Innere Augenentzündung (7 Tage). Wie auch bei § 924 muss der Übernehmer aber beweisen, dass die Krankheit innerhalb der Vermutungsfrist ausgebrochen ist. Der Veräußerer kann die Vermutung durch Beweis des Gegenteils widerlegen. § 925 bestimmt die Krankheitsvermutung bei Übergabe bei Auftreten gewisser Krankheiten und „Mängel“. Diese Ungenauigkeit stammt daher, dass sich die Grenzziehung zwischen tatsächlichen Krankheiten und anderen Negativeigenschaften oft schwierig gestaltet. So beinhaltet die Verordnung bezüglich des für uns relevanten Pferdes auch Vermutungsfristen für das Koppen, das wie oben bereits erläutert gerade keine Krankheit, sondern eine stereotype Verhaltensstörung darstellt.

Zitiert aus: Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magistra der Rechtswissenschaften im Diplomstudium der Rechtswissenschaften, Angefertigt am Institut für Zivilrecht, Eingereicht von: Sabrina Pollhammer Matrikelnummer: 1157064, Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Stefan Perner, Steyr, Juni 2017


Sachverhalt
Der Kläger hat am 17.10.20xx von der Beklagten eine Quarterhorse- Stute um
€ 5000.00 gekauft. Das Pferd wurde hierauf beim Kläger tagsüber auf einer Weide gehalten. Als am 30.10.20xx der Kläger das Pferd erstmals in seiner Box beobachtete, stellte er fest, dass das Pferd eine „Aufsetzkopperin“ ist.
Der Kläger hat hierauf die Beklagte unverzüglich informiert. Die Beklagte verweigerte jedoch die Rücknahme der Stute mit dem Hinweis, dass ihr das „Koppen“ nie aufgefallen wäre.
 
Gerichtlicher Gutachtensauftrag
– Befunderhebung an Ort und Stelle am aktuellen und früheren Standort des verfahrensgegenständlichen Pferdes zur Besichtigung der Stallgebäude und Weiden der Streitteile;
– Feststellung, ob das verfahrensgegenständliche Pferd „Kopper“ ist;
– ob das verfahrensgegenständliche Pferd schon „Kopper“ war, als es noch im Eigentum der Beklagten war;
– ob es erst nach Übernahme durch den Kläger zum „Kopper“ wurde;
– ob die Eigenschaft des „Koppens“ eine Auswirkung im Sinne der Verkürzung auf die Hälfte (siehe Erklärung weiter unten) des wahren Verkehrswertes am Pferdemarkt – bei einem Kaufpreis von € 5000.00 – hat;
– Die historische Entwicklung des Pferdes, vom Züchter ausgehend, über den ersten Veräußerungsvorgang und Verbleib bei der nunmehr Beklagten ist in Betracht zu ziehen;
– An Hand der von den Parteien und Zeugen geschilderten Umstände (TS vom 28.06.20xx) in der Tierhaltung ist auszuführen, ob diese eine Verhaltensänderung (zum „Koppen“) bewirken können;
– Insbesondere ist auszuführen, ob das „Koppen“ beim  verfahrensgegenständlichen Pferde schon zum Zeitpunkt der Übergabe von der Beklagten an den Kläger vorhanden war, oder ob sich die Eigenschaft „Koppen“ erst durch die veränderten Verhältnisse in der Pferdehaltung beim Kläger entwickelt hat;
– Im Rahmen der sachverständigen Befundaufnahme sind die Gegebenheiten der Pferdehaltung sowohl des Klägers wie auch der Beklagten festzustellen;
– Eine ergänzende informative Befragung der Streitparteien anlässlich der Befundaufnahme wird dem SV ausdrücklich zugebilligt.

ZUR ERKÄRUNG:
Laesio enormis: Lateinisch für "unverhältnismäßige/ungeheuer große Beeinträchtigung bzw. Schädigung".
Häufig wird auch die Formulierung Verkürzung über die Hälfte verwendet.  Bei einem Vertrag, der beiden Vertragspartnern Pflichten auferlegt (z.B. Ware gegen Geld) kann diejenige Vertragspartnerin/derjenige Vertragspartner die Aufhebung des Vertrages fordern, die/der nicht einmal die Hälfte dessen erhalten hat, was sie/er gegeben bzw. bezahlt hat. Gemessen wird der objektive Wert der Leistung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Die andere Vertragspartnerin/der andere Vertragspartner hat die Möglichkeit, die Vertragsauflösung dadurch zu verhindern, dass sie/er bis zum vollen objektiven Wert der Leistung aufzahlt. [zit.]
Letzte Aktualisierung: 26. April 2022
Für den Inhalt verantwortlich: oesterreich.gv.at-Redaktion
 
Benötigter Beeidungsumfang für die Gutachtenerstattung
11.01: Klinisch-forensische Veterinärmedizin
33.08: Pferde: Haltung, Verhaltensmuster, Wertermittlung

 
Befunde

Aus dem Akt
 
./2: (Klage) Der Kläger hat mit schriftlichem Kaufvertrag vom 17.10.20xx von der Beklagten die Stute „S“ zu einem Kaufpreis von € 5000.00 gekauft.
[…..]
Die Übergabe des Pferdes erfolgte am 17.10.20xx.
[…...]
Am 30.10.20xx, als der Käufer (Kläger; Anm. d. SV) erstmals sein Pferd (gemeint ist die klagegegenständliche Stute; Anm. d. SV) in einer Box sah, musste dieser feststellen, dass es sich um eine sogenannte Aufsetzkopperin handelt.
[…..]
Der Kläger hat die Beklagte unverzüglich von seiner Feststellung informiert und die Rücknahme des Pferdes Zug um Zug gegen Bezahlung des Kaufpreises gefordert.
[…..]
Eine vom Kläger herbeigeholte Tierärztin stellte fest, dass es sich bei der gegenständlichen Stute eindeutig um eine Aufsetzkopperin handeln würde, wobei das Koppen auf Grund der in der Zwischenzeit stark ausgebildeten Halsmuskulatur schon über einen längeren Zeitraum zurückliegen dürfte…..
 
./3: (Klageerwiderung): In fachlicher Hinsicht ist anzuführen, dass das Koppen eines Pferdes grundsätzlich nicht innerhalb von knapp zwei Wochen entstehen kann, zumal das Pferd auch auf einer Weide gehalten wurde.
./18: Es wird außer Streit gestellt, dass der Kläger mit Kaufvertrag vom 17.10.20xx die Stute „S“ zu einem Kaufpreis von € 5000.00 von der Beklagten erworben hat.
[…..]
Die Beklagte war sohin 1 ½ Jahre Besitzer der Quarterstute „S“ und hat die Beklagte in dieser Zeit kein einziges Mal eine Verhaltensauffälligkeit wie das „Koppen“ bei der Quarterstute festgestellt.
Die Quarterstute hat auch in jener Zeit, in welcher sie sich noch in Besitz der Züchters H. S. befand, das stereotype Verhaltensmuster des „Koppens“ nicht gezeigt.
[…..]
./19: Die Beklagte hat seit September 20xx auch Videoaufzeichnungen betreffend die Pferdebox, in welcher die Stute untergebracht war, geführt und ist auf diesen ersichtlich, dass die Stute kein einziges Mal gekoppt hat.
[…..]
Es   ist davon auszugehen, dass die Quarterstute beim Kläger vollkommen anders gehalten wird, als bei der Beklagten, ihr diese Situation psychische Schwierigkeiten bereitet und daher dieses stereotype Verhaltensmuster des Koppens entwickelt hat.
[…]
Darüber hinaus hat die Beklagte mit der Stute jeden Tag – ausnahmslos – gearbeitet (longiert oder geritten).
 
./20: Der Kläger konnte sich von der Quarterstute auch ausreichend von ihr und ihrem Verhalten überzeugen.
Am 16.09.20xx kam der Kläger erstmals […] wobei die Tochter der Beklagten den Kläger …auf die Weide begleitete….[…..]Dabei hat der Kläger „S“ genauestens beobachtet.
[….]
…bestieg der Kläger selbst das Pferd und ging mit der Stute am Reitplatz Schritt, Trab und Galopp.
[…..[]
Am 19.09.20xx
– probierte der Kläger einige Sättel
– ritt die Beklagte auf Wunsch des Klägers die Stute
– ritt ein zwölfjähriges Mädchen
[…..]
Am 17.10.20xx rief der Kläger an …. und wollte das Pferd noch am selben Tag abholen.

./21: Am  2.11.20xx rief der Kläger die Beklagte an und teilte mit, dass „S“ ….darüber hinaus koppen würde.

./46: (Zeuge H.S.; Züchter) Wenn die Pferde erst drei Jahre angeritten werden, kommen sie wieder in die Box, dann werden sie einzeln gehalten und jeden Tag bewegt….
Die kommen jeden Tag einmal aus der Box raus. Im Prinzip kann man ab diesem Zeitpunkt sagen, dass sie einzeln gehalten werden, ab dem Zeitpunkt, zu dem sie angeritten werden.
[….] Wir haben unterschiedliche Boxen, aber vergittert ist fast keine.
 
./47: (Zeuge B.) …. Dann bemerkte ich, dass das Pferd zum Boxenrand ging, die Zähne am Boxenrand aufsetzte und ein kurzes – von mir jetzt gegen über dem Richter – als quietschend empfundenes Geräusch von sich gab.
[….]
./48: Als ich damals zum Kläger kam, war das Pferd gerade von der Weide gekommen und da hab ich diese Feststellung gemacht.
[….]
Ich persönlich habe das Pferd zwei oder dreimal gesehen und mir ist das bei jedem weiteren Besuch, der immer abends stattfand, ebenso aufgefallen.
Der hält die Pferde untertags auf der Weide und in der Nacht werden sie eingestallt.
[…..]
Meine erste Wahrnehmung machte ich irgendwann einmal um den 26. Oktober 20xx.
 
(Zeugin P.) Wir haben den Kläger besucht und das war abends. Da hat das Pferd für mich feststellbar gekoppt.
[…..]
 
./52: (Kläger)… Nach 10 Tagen ist mir dieses Koppen erstmals aufgefallen. Dann habe ich noch über die Feiertage bis zum Allerheiligentag gewartet und hab dann reklamiert und bin zur Beklagten gegangen und hab auch ein Video mitgehabt.
[…..]
An nächsten Tag habe ich das dann durch ein Video dokumentiert.
[….]
Eine Tierärztin besichtigte das Pferd bei mir im Betrieb… [….] Die Tierärztin meinte nämlich auf Grund der Muskelformen und Ausbildungsarten der Nackenmuskulatur das Pferd schon länger an diesen Eigenschaften gelitten haben müsste.
 
./57: (Beklagte) …Zwei bis dreimal in der Woche bin ich geritten, sonst wurde das Pferd an Longe bewegt.
[….]
Als der Kläger sie erwarb, war sie ganztägig im Freien.
 
Beilage ./D: Bestätigung der Tierärztin Dr. G. vom 30.10.20xx
Die Tierärztin bestätigt, dass sie anlässlich einer Visite am 30.10.20xx bei der Stute „S“ festgestellt hat, dass das Pferd eine Aufsetzkopperin ist. Auf Grund der starken Halsmuskulatur wird die Vermutung geäußert, dass das „Koppen schon über einen längeren Zeitraum zurückliegt“[zit.].
 
Befundaufnahme am Betrieb des Klägers

 

Phase 1 des Koppens beim verfahrensgegenständlichen Pferde: Aufsetzen auf einen festen Gegenstand

 

Phase 2 des Koppens beim verfahrensgegenständlichen Pferde: Anspannen der oberen Hals- bzw. Kehl- und Schlundkopfmuskulatur mit Aspiration von Luft

 

 

Phase 3 des Koppens beim verfahrensgegenständlichen Pferde: Kopperton mit anschließender Erschlaffung der beteiligten Muskelgruppen.
Das verfahrensgegenständliche Pferd zeigte diese klassische Trias mit Virtuosität und Ungeniertheit vor der gesamten Personengruppe.

 

 Die Adspektion der Schneidezähne lässt – von einer leichten Rundung der vorderen Kanten abgesehen – keine tiefgreifenden und auf langwirkende Kräfte deutende Veränderungen erkennen.
 
Ergänzende, informative Befragung durch den SV Dr. K.
Kläger
– Bei der Ankunft des verfahrensgegenständlichen Pferdes waren noch zwei andere Pferde im Eigentum des Klägers, nunmehr ist nur mehr ein weiteres Pferd vorhanden;
– Zwischen den beiden besetzten Pferdeboxen war ein Schimmel untergebracht;
– Die Pferde haben bei akzeptablem Wetter täglichen Weidegang;
– Bei Ankunft des verfahrensgegenständlichen Pferdes wurde dieses von den beiden anderen durch ein Weidezaunband abgetrennt, es bestand jedoch ständiger Sichtkontakt; die Trennung wurde durch die Pferde selber nach einigen Stunden aufgehoben.
 
Beklagte
– Die im Stall der Beklagten angefertigten Videoaufnahmen mittels einer Überwachungskamera wurden nicht „anlassbezogen“ – um ein Beweismittel zu haben – aufgenommen, sondern dies stellt vielmehr eine seit Jahren übliche Überwachungsmaßnahme dar.
– Der mit der Anlage vertraute Experte kann feststellen, in welchem Maße und in welchen Zeiträumen Aufnahmen reproduziert werden können;
– Bei manifester Verkaufsabsicht hat die Beklagte das verfahrensgegenständliche Pferd dem Züchter S. nicht angeboten, weil (OT) „dieser ohnehin so viele Pferde hat und nur mit Turnierpferden im gehobenen Segment handelt“ – das verfahrensgegenständliche Pferd aber dem Segment der „Freizeit-Reiterei“ zuzuordnen ist;
– Die ältere Stute, die noch am Hofe der Beklagten gehalten wird, stellte das „Bezugspferd“ für die verfahrensgegenständliche Stute dar.
 
Befunde aus eigenen Erhebungen

Mitteilung der klagenden Partei
Im Verlauf der Befundaufnahme brachte der Kläger zur Sprache, dass er nach Rücksprache mit der Beklagten das verfahrensgegenständliche Pferd  sowie seine bereits vorhandenen Pferde entwurmt hätte. Dazu führte er aus, dass er die Wurmpasten nicht – wie üblich – den Pferden ins Maul „spritze“, sondern im Trog, mit reichlich Honig vermischt, anbietet.
Da das „Herumstreichen“ von süßen Substanzen – wie Honig - an Boxenwänden bekanntermaßen die Erscheinung des „Koppens“ zumindest fördert, gab der Kläger – dazu vom SV ergänzend und informativ befragt – an, dass das Pferd schon vor der Entwurmung (und dem Kontakt mit Honig) gekoppt hatte.

Sachverständige Fallanalyse durch Dr. K.:

Über Koppen im Allgemeinen

Koppen ist eine Verhaltensanomalie, die heute als Stereotypie bezeichnet wird, deren Ursachen und Auslöser bis in unsere Zeit nur Spekulationen unterliegen.
Ob die Erscheinung leistungsmindernd ist, hängt von der Virtuosität, der Frequenz und den Folgeerscheinungen (Zähne, Muskel, Magen) ab und kann nur für den jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Dass Koppen nicht „ansteckend“ im Sinne von „infektiös“ ist, liegt auf der Hand, durch Nachahmung ist eine Vorbildwirkung auf andere Pferde nicht auszuschließen.
Prinzipiell wird zwischen Freikoppen und Aufsetzkoppen unterschieden, beide Formen zählen in Österreich zu den Gewährsmängeln oder – korrekt ausgedrückt- zu den Mängeln mit rechtlicher Vermutungsfrist. Tritt z.B. das im vorliegenden Fall behauptete „Aufsetzkoppen“ innerhalb von 14 Tagen nach der Übernahme des Pferdes auf, so wird vermutet, dass die Erscheinung bereits bei Übergabe bestanden hat, was eine Veränderung der Beweislage zur Folge hat.
 
„Beim Aufsetzkoppen handelt es sich um eine Verhaltensstörung des Pferdes, bei der es unter Strecken des Halses und Aufsetzen des Kopfes auf feste Gegenstände durch eine gewaltsame Öffnung des Schlundkopfes unter Herabziehen des Kehlkopfes nach unten und einem hörbaren Geräusch zum Eintritt von Luft in den Schlundkopf kommt.“ [zit. Köhler/Kraft/Bydlinsky/Schleger: Gerichtliche Veterinärmedizin, Enke 1984]
 
Bisher unwiderlegte Auszüge aus diesem Standardwerk:
– Es handelt sich beim Koppen um eine Verhaltensstörung;
– Gewöhnlich erwerben Pferde diese Verhaltensstörung im jugendlichen Alter;
– Es sollte bedacht werden, dass das Temperament von Pferden vererbbar ist und dass Koppen von anderen Pferden erlernt werden kann.
– Aufsetzkoppen läuft in 3 Phasen ab:
o   Aufsetzen auf einen festen Gegenstand
o   Zutritt von Luft in den Rachenraum mit Kopper-Ton
o   Erschlaffung der vorher kontrahierten Halsmuskulatur.
– Zur Diagnose sind Kopper- Ton und Muskelanspannung essentiell.
– Muskelhypertrophie der Muskulatur vom Vorderteil des Schlundes ist ein sicherer Hinweis auf längeres Bestehen der Störung.
– Abrieb der Schneidezähne alleine ist kein sicherer Hinweis (Diff. Diagnose: Barrenwetzer, Krippensetzer). Je nach Intensität des Koppens und Beschaffenheit der Zähne vergehen 6-8 Wochen, bis eine deutliche Abreibung der Zähne erkennbar ist. Hochgradige Abreibung des ganzen Schneidezahn-Gebisses im Oberkiefer deutet auf einen monatelang bestehenden Prozess hin.
– Um das Aufsetzkoppen richtig erlernen zu können, werden mehr als 14 Tage benötigt;
–  Bei Hypertrophie der unteren Halsmuskeln kann jedenfalls mit einer über 14 Tage hinaus bestehenden Ausübung der Verhaltensstörung gerechnet werden (mindestens 4 Wochen).
 
Die moderne Verhaltenskunde (Zeitler-Feicht: Handbuch Pferdeverhalten, Ulmer, 2001) sieht Koppen als relativ häufig auftretende Verhaltensstörung, deren Ursache in Haltungs- und Umgangsstörungen zu suchen ist. Den Grundstein legen demzufolge Haltungsmängel und Nutzungsfehler, die im Laufe der Zeit zu immer stärkerem Triebstau führen, wobei von einer Häufung dieser Unzulänglichkeiten bei Renn-, Dressur und westerngerittenen Pleasure-Pferden berichtet wird.
Neben den erwähnten Unzulänglichkeiten in Training, Nutzung und Ausbildung werden disponierend folgende Faktoren angeführt:
 
– Zu wenig Rauhfutter und zu viel Kraftfutter
– Strohlose Aufstallung
– Boxenhaltung von Fohlen und Jungpferden
– Isolierte Haltung und reduzierter Sozialkontakt
– Reiz- und beschäftigungslose Umgebung
– Saugdefizit bei mutterloser Aufzucht.
 
Vom Blickwinkel einer genetischen Disposition aus werden „hoch im Blut stehende Pferde“ sowie familiäre Veranlagung ins Spiel gebracht.
„Als Auslöser kommen überwiegend Vorgänge in Betracht, die mit einem Erregungsanstieg beim Pferd verbunden sind. Das sind besonders lustbetonte Vorgänge wie der Verzehr von Kraftfutter oder das Geputzt -Werden“ (Quelle: siehe oben).
 
Die moderne Pferdemedizin (Dietz/Huskamp: Handbuch Pferdepraxis, Enke 2005) reiht das Koppen unter die Stereotypien ein, das heißt, man bezeichnet ein sich häufig wiederholendes Verhaltensmuster ohne erkennbare Funktion:
„Stereotypien können unabhängig von der gegenwärtigen Haltung vergangene Ereignisse reflektieren.
[….]
In vielen Fällen lassen sich einschneidende Ereignisse im Leben eines Pferdes mit dem Entstehen einer Stereotypie in Verbindung bringen. Im Vordergrund stehen hier das Absetzen von der Mutterstute, abrupter Trainingsbeginn, Überforderung im Training oder krasse Haltungsänderung, wie sie etwa bei erstmaliger Umstellung in Einzelhaltung vorkommen“ (Quelle: siehe oben).
 
Eine der jüngsten Arbeiten zum Thema „Koppen“ wurde als Dissertation zur Erlangung der Würde einer Doktorin der Veterinärmedizin von Birte Hannelore Toewe (Justus Liebig Universität Gießen, 2014, Ursachen und Funktionen von Koppen bei Pferden und Möglichkeiten und Grenzen der Prävention und Therapie) verfasst, die „Koppen zu den Stereotypien zählt, per definitionem als repetives, unveränderliches Verhaltensmuster ohne erkennbaren Zweck“ bezeichnet.
Folgt man sachverständig dieser Interpretation, so fällt auf, dass dieser Terminus bereits die Nicht-Therapierbarkeit beinhaltet und, indem ein Zweck geleugnet wird, die bisherigen Annahmen, dass Stressabbau oder Langeweile (als Form von Stress) dahinterstecken, abgetan werden.
 
In der hippologischen Literatur findet „Koppen“ als abnormales Verhaltensmuster erstmals 1578 (Max Fugger: Von der Zucht der Kriegs- und Bürgerpferde“) Erwähnung und bis heute sind alle Auslöser, Ursachen, Begleitumstände und Zusammenhänge mit anderen Erkrankungen spekulativ und wissenschaftlich unbewiesen.
 
Fest steht, dass in den großen Reiterarmeen aller Länder Kampf- und Train-Pferde unter gleichen Haltungs-, Fütterungs- und Arbeits- und Exerzierbedingungen   gehalten worden sind, manche Pferde haben zu koppen begonnen, der Großteil jedoch nicht. Der Anteil koppender Pferde wird – abhängig von der Quelle – mit 1.5 bis 8.3 % angegeben.
 
Aus der Sicht eines langjährigen Pferdemediziners und Pferdemenschen (in Person des erstattenden SV) kann zusammenfassend gesagt werden:
–  dass man weder konkretes Wissen zur Ursache und Auslösung hat,
–  dass kein konkreter Hinweis auf den Zusammenhang mit einer anderen (Grund-)Erkrankung nachgewiesen wurde und
– dass nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass Pferde sich „Koppen“ durch Nachahmung aneignen können.

Der Verfasser dieses Gutachtens hat im Laufe seines Lebens koppende Pferde unter allen Haltungsbedingungen beobachtet, auch in sogenannten „artgerechten“ Bewegungsställen.
 
Zum Koppen des verfahrensgegenständlichen Pferdes
Aus den Berichten, Zeugenaussagen und einer tierärztlichen Bestätigung geht hervor, dass die Erscheinung des „Aufsetzkoppens“ innerhalb der Vermutungsfrist von 14 Tagen nach Übergabe/Übernahme des verfahrensgegenständlichen Pferdes aufgetreten ist, wobei das Aufsetzen, Anspannen und der spezifische Ton jeweils beschrieben werden.
 
Es ist zwar nicht Aufgabe dieses Gutachtens, eine wie auch immer geartete Ursachenforschung zu betreiben, aber nach sachverständiger Meinung kann es im Interesse aller Beteiligten liegen, auf mögliche Faktoren hinzuweisen, die für das Pferd stresshafte Belastungen ausgelöst haben:
– Nicht unwesentlich scheint dem SV der Verlust der „Freundin“ durch Wegzug aus dem Betrieb der Beklagten.
– Eine nicht zu unterschätzende Belastung stellt am Betrieb des Klägers die Lage des Stallgebäudes neben einer – Tag und Nacht – befahrenen Straße dar, die – für das Pferd bisher ungewohnt- Irritationen durch Lärm und Scheinwerferlicht auslösen konnten, die in dieser Form am Betrieb der Beklagten nicht zu verzeichnen waren.
– Eine gewisse Spannung zu den bereits etablierten Pferden des Klägers kann weitere Belastungsmomente auslösen, speziell die Ranküne zum Schimmel scheint ein Spannungsfeld gewesen zu sein.
 
Seitens der Haltungs-, Fütterungs- und Weidebedingungen hat jeder der beiden Betriebe seine Vorzüge und Nachteile, die ihrerseits jedoch aus sachverständiger Sicht nicht geeignet sind, zwingend Verhaltensstörungen auszulösen, speziell die Unterbringung in einer vergitterten Box scheint dem SV angesichts der Größe der Box unbedenklich.
Die Verabreichung des Wurmpräparates mit Honig, das – wie vom Kläger behauptet frühestens am 05.11.20xx erfolgen konnte - hat wohl keine auslösende, möglicherweise aber eine kultivierende Wirkung auf das Koppen.
 
Zum Wertverlust
Im Werk „Gerichtliche Tierheilkunde“ von Eugen Fröhner aus dem Jahre 1915 wird „Koppen“ als Spielerei bezeichnet und ausgeführt: „Als Vertragsmangel vermindert das Koppen daher bei den gewöhnlichen Handelspferden weder den Arbeitswert noch den Kaufwert. Auch bei Militärpferden bedingt das Koppen in der Regel an und für sich keine „Militäruntauglichkeit“.  Dagegen hat das Koppen bei Luxuspferden immer eine erhebliche Verminderung des Handelswertes zur Folge [zit.].“
 
Das Standardwerk „Gerichtliche Veterinärmedizin“ von Harro Köhler/Helmut Kraft aus dem Jahre 1984 gibt an, dass in Österreich die rechtliche Beurteilung „in Abhängigkeit von der Virtuosität, mit der die Pferde das Koppen ausüben in der Folge Minderung oder Wandlung eintritt“ [zit.], um dann weiter auszuführen, dass Koppen an sich keine, die Brauchbarkeit eines Pferdes direkt störende Eigenschaft wäre.
Es wird betont, dass in einer nur geringen Anzahl von Fällen die Gesundheit durch das Koppen beeinträchtigt wird, aber dass ein Nachteil des Koppens darin bestünde, dass andere Pferde diese Untugend [Spielerei, Verhaltensstörung, Stereotypie] durch Nachahmung erlernen könnten.
„Besonders bei Luxuspferden wird der Handelswert, auch wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, mindestens um ein Sechstel bis ein Drittel gemindert“ [zit.]
 
Das neueste Werk, das zur Wertminderung bei Pferden Stellung bezieht, ist die Schrift „Hippo – logisch!“ vom Herausgeber Sascha Brückner aus dem Jahre 2005. Ein Autorenkollektiv um den Verfasser Prof. Dr. Björn von Salis, einem Schweizer Spezialtierarzt für Pferde, gibt eine Wertminderung aus „traditionellen und subjektiven Gründen“[zit.]   für Aufsetzkoppen bei Sport- und Freizeitpferden mit 30 – 40 % an.
 
Die Bezeichnung „Verkehrswert“ ist sensu strictu als übergeordneter Begriff zu verstehen, der als Ergebnis einer Schätzung einen Sach-Wert angibt, der jedoch zu einem „Preis“ nicht in direkter Abhängigkeit steht, wenngleich im ABGB der Terminus „Preis“ meist gleichbedeutend mit „Wert“ angewandt wird.
 
Bezeichnender ist meist der Begriff „Marktwert“, denn er wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach Beschaffenheit eines Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre.
  
Unabhängig davon, welcher Definition man folgt, ist festzuhalten, dass keine Quelle, die sich ernsthaft mit der Wertminderung durch „Aufsetzkoppen“ auseinandersetzt, diese über 50 % – relevant für „Verkürzung über die Hälfte“ – ansetzt. 
 
Gutachten
 
Feststellung, ob das verfahrensgegenständliche Pferd „Kopper“ ist.
Gutachten:
Auf Grund der Berichte und Zeugenaussagen sowie aus eigener Wahrnehmung durch den bestellten SV besteht kein Zweifel, dass das verfahrensgegenständliche Pferd „Aufsetz-Kopper“ ist.

 
 
Ob das verfahrensgegenständliche Pferd schon „Kopper“ war, als es noch im Eigentum der Beklagten war?
Auf Grund der nachvollziehbaren Unterlagen und Bilddokumente kann mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass das verfahrensgegenständliche Pferd bis zum 29.09.20XX nicht gekoppt hat.
Für den Zeitraum vom 30. 09. 20XX bis zum Tag der Übergabe, den 17.10.20XX, ist eine seriöse gutachterliche Stellungnahme dazu mangels Überprüfbarkeit dieses Zeitraumes nicht möglich.
Da bekanntermaßen das „Koppen“ innerhalb einer Vermutungsfrist von 14 Tagen (Aufsetzkoppen) erlernt werden kann, in der Literatur aber von noch kürzeren Lernphasen berichtet wird, ist keine fundierte gutachterliche Aussage zu dieser Frage möglich.
 
Ob es erst nach Übernahme durch den Kläger zum „Kopper“ wurde?
Es ist fachlich möglich und das Gegenteil nicht schlüssig nachvollziehbar, dass das Pferd noch im Eigentum der Beklagten zum Kopper wurde.
Da aber zum Auslösen des Koppens allgemein ursächlich ein einschneidendes Ereignis (Stress) angenommen wird, ist fachlich davon auszugehen, dass der Eigentümer- und Standortwechsel – verbunden mit den beschriebenen, für das Pferd psychisch belastenden Faktoren – auslösend waren und es ist aus fachlicher Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass das verfahrensgegenständliche Pferd erst nach Übernahme durch den Kläger zum Kopper wurde.

 
Ob die Eigenschaft des „Koppens“ eine Auswirkung im Sinne der Verkürzung auf die Hälfte des wahren Verkehrswertes am Pferdemarkt – bei einem Kaufpreis von € 5000.00 – hat?
Folgt man der wissenschaftlichen Literatur, so ist eine Verkürzung um die Hälfte
infolge von „Aufsetzkoppen“ nicht nachvollziehbar.
Es muss jedoch an dieser Stelle aus der Erfahrung des bestellten SV festgehalten werden, dass im Handelsverkehr mit Pferden ein Kopper schwer bis nicht verkäuflich ist, es sei denn, zu einem „Schleuderpreis“!
Bei gleichbleibendem „Sachwert“ kann sich also der Verkehrswert – aus ideellen Gründen und Ablehnung durch das Käuferpublikum - auf Beträge unter die Hälfte des Kaufpreises reduzieren.
 
Die historische Entwicklung des Pferdes, vom Züchter ausgehend, über den ersten Veräußerungsvorgang und Verbleib bei der nunmehr Beklagten ist in Betracht zu ziehen.
Im Lebensabschnitt, auf den sich die vorliegende Episode des Gutachtensauftrages bezieht, ist vor dem Verkauf und Standortwechsel keine bedeutsame Abweichung von der Üblichkeit im Leben eines Pferdes zu nachvollziehbar. 
 
 
An Hand der, von den Parteien und Zeugen geschilderten Umstände (TS vom 28.06.20xx) in der Tierhaltung ist auszuführen, ob diese eine Verhaltensänderung (zum „Koppen“) bewirken können.
Im nachvollziehbaren Leben des verfahrensgegenständlichen Pferdes sind keine Umstände in der Haltung zu erkennen, die zwingend, vorhersehbar oder nachvollziehbar zur Verhaltensauffälligkeit „Aufsetzkoppen“ führen müssen. Das nachvollziehbare Leben dieses Pferdes verlief bis zum Termin der Befundaufnahme in einer für Pferde üblichen und tolerierbaren Bandbreite, wozu auch Eigentümer- und Standortwechsel gehören.
Reaktion auf und Verarbeitung von veränderten Lebens- und Haltungsumständen sind jedoch individuell verschieden, weshalb das „Aufsetzkoppen“ möglicherweise als Reaktion   auf den Verlust der Pferdefreundin (im Betrieb der Beklagten) bzw. auf den veränderten Reizpegel (im Betrieb des Klägers) zurückzuführen ist.
Solche Einschnitte und Änderungen im Lebensverlauf werden im Pferdehandel aber billigend in Kauf genommen.

 
Insbesondere ist auszuführen, ob das „Koppen“ beim verfahrensgegenständlichen Pferd schon zum Zeitpunkt der Übergabe von der Beklagten an den Kläger vorhanden war, oder ob sich die Eigenschaft „Koppen“ erst durch die veränderten Verhältnisse in der Pferdehaltung beim Kläger entwickelt hat?
Wie bereits ausgeführt, ist die Entwicklung des verfahrensgegenständlichen Pferdes zum Kopper noch im Betrieb der Beklagten möglich.
Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit hat sich diese Eigenschaft auf Grund der Veränderungen in den Lebensumständen durch den Verkauf des Pferdes aber erst im Betrieb des Klägers entwickelt und gezeigt.

 
Im Rahmen der sachverständigen Befundaufnahme sind die Gegebenheiten der Pferdehaltung sowohl des Klägers wie auch der Beklagten festzustellen.
Die jeweiligen Haltungsbedingungen sind sowohl im Betrieb des Klägers wie auch der Beklagten als pferdegerecht und gut anzusprechen.
Der Betrieb des Klägers bietet eine große helle Box mit viel Einstreu aus Stroh, allerdings mit einem – in der Pferdehaltung aber durch üblichen – Gitter an der Boxenwand. Auf Grund der, direkt am Stallgebäude vorbeiführenden, vielbefahrenen Straße ist ein hoher Reizpegel durch Lärm (tagsüber) und Licht (Scheinwerfer - nachts) vorhanden.
Der Betrieb der Beklagten hingegen liegt etwas abseits, sehr ruhig und beschaulich, mit viel Bewegungsmöglichkeit. Einstreu aus Stroh ist in der „Box“ nicht vorhanden.
Beide Betriebe bieten jeweils ausreichend Gelegenheit zu Weidegang. 
Es gibt keine Unterlagen oder dem SV zugängige Erfahrungsberichte, wonach Gitter vor Boxen geeignet wären, Koppen auszulösen.

 
 
Die forensische Relevanz zum Thema

§ 922 ABGB : Gewährleistung:
– Rechtliche Vermutungsfrist
o   Aufsetzkoppen            14 Tage
o   Freikoppen                   7 Tage
– Tritt einer der Gewährsmängel (Mangel mit rechtlicher Vermutungsfrist) innerhalb der rechtlichen Vermutungsfrist auf, wird angenommen = vermutet, dass er zum Zeitpunkt der Übergabe bereits vorhanden war.
– Der Verkäufer muss sich freibeweisen.

Forensische Relevanz
– Vorbesitzer: Pferde mit „Geschichte“ bedürfen großer Erfahrung und Geduld sowie soliden Könnens beim Käufer
– Ein Kaufinteressent muss durch Beobachtung und Einschätzung des Eigenkönnens beurteilen können, ob sein reiterliches Vermögen in ausreichendem Maße gegeben ist.
 
§ 924 ABGB : Gewährleistung: Vermutung der Mangelhaftigkeit
– Der Übergeber leistet Gewähr für Mängel, die bei der Übergabe vorhanden sind. Dies wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten hervorkommt.
– Dem Verkäufer obliegt die Beweispflicht
– Die Vermutung tritt nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist.

 
Forensische Relevanz
– Aus dem Titel „Gewährleistung“ (§ 932 ABGB) sind folgende Konsequenzen ableitbar:
– Verbesserung
– Austausch
– Preisminderung
– Wandlung des Kaufvertrages
– Verbesserung oder Austausch bei Mängelbehaftung kann verlangt werden, wenn dies mit vertretbarem Aufwand innerhalb einer angemessenen Frist und mit geringen Unannehmlichkeiten für den Käufer möglich ist.
– Wenn Verbesserung oder Austausch mit unverhältnismäßig hohem Aufwand oder überhaupt unmöglich sind, besteht das Recht auf Preisminderung oder – bei erheblichen Mängeln – auf Wandlung.
– Eine Gewährleistung ist ausgeschlossen
– Wenn der Mangel offenkundig und ins Auge fallend ist;
– Wenn der Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages bekannt war;
– Wenn ein Pauschalkauf („in Bausch und Bogen“) erfolgt.
 
 
!!!!!
Die fachliche Sicht
„Koppen ist die bekannteste stereotype Verhaltensweise und fand bereits 1578 erste Erwähnung in der Literatur. Schon früh wurde als Ursache für das Koppen Vererbung, Nachahmung, Fütterungsmängel oder Erkrankungen des Magen-Darmtraktes angenommen.
[…..]
Heute vermutet man, dass strukturelle Veränderungen im Dopaminsystem des Gehirns für das Koppen in Zusammenhang mit der Fütterung verantwortlich ist. Primärer Auslöser hierfür ist chronischer Stress.
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Uneinig ist man sich bisher aber darüber, ob Magengeschwüre Ursache für das Koppen sind oder ob die Pferde auf Grund von Stress sowohl Magengeschwüre wie auch die Verhaltensstörung entwickeln.
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Eine Leistungsminderung konnte bei Koppern gegenüber nicht koppenden Pferden nicht festgestellt werden.“
[zit. Brehm, Gehlen, Ohnesorg, Wehrend: Handbuch Pferdepraxis, Enke 2017]

 
Während der Studentenzeit des Autors wurden zur „Behandlung“ von Koppen zwei Methoden angewendet: der Kopper-Riemen und die Kopper-Operation.
Während der Nutzen des Kopper-Riemens meist nur vorübergehend – und weil die Ursache nicht bekämpft wird – von zweifelhaftem Wert ist, wird die Operation eines Koppers mit teilweiser Entfernung der langen Halsmuskulatur und einer Durchtrennung der versorgenden Nerven von der modernen Pferdemedizin als „fragwürdig“ angesehen.

(Der wissenschaftlich-veterinärmedizinische Stand dieses Gutachtens entspricht dem Jahre 2017.)

Erstellt 14.11.2022

 

ZUM AUTOR: Dr. Reinhard Kaun ist Tierarzt seit 1969 und ständig beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, der im Laufe seiner 33-jährigen Tätigkeit als Gerichtsgutachter mehr als tausend Gutachten erstattet  hat. Neben vielen Qualifikationen im Pferdesport (z.B. FEI-Tierarzt, Turnier- und Materialrichter, FEI-Steward, Dopingbeauftragter)  war er  als Fachtierarzt für Pferdeheilkunde und Fachtierarzt für Physikalische Therapie und Rehabilitationsmedizin tätig. Die „Fälle des Dr. K." haben sich tatsächlich zugetragen, wurden aber jeweils in Text und  Bildern verfremdet und anonymisiert,  womit  geltendem Medienrecht und Datenschutz vollinhaltlich genügt wird. Die Fälle wurden vom Autor um das „Fall-spezifische“ bereinigt und werden somit nun als neutraler Lehrstoff von allgemeiner hippologischer Gültigkeit  für interessierte Verkehrskreise zur Weiterbildung dargestellt.

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