Eine neu designte Sozialbox, die mehr sozialen Kontakt mit Stallnachbarn ermöglicht, hat sich in Studien eindrucksvoll bewährt: Erwachsene Hengste haben dadurch die Möglichkeit, auf sichere Weise engere körperliche Interaktionen mit benachbarten Pferden zu pflegen, was sich positiv auf Verhalten und Wohlbefinden auswirkt – zu ernsthaften Verletzungen ist es dabei nicht gekommen.
Anja Zollinger und ihre Forscherkollegen haben in ihrer Untersuchung einleitend festgestellt, dass Pferde sehr soziale Tiere sind. In freier Wildbahn bilden sie meist sogenannte Harems- und Männergruppen, die üblicherweise aus weniger als 20 Tieren bestehen und in denen eine klare Rangordnung herrscht. Es sei allgemein anerkannt, dass eine gut entwickelte Körpersprache des Pferdes und ritualisierte Verhaltensmuster es insbesondere Hengsten ermöglichen, Informationen über ihren sozialen Rang auszutauschen und das Verletzungsrisiko bei körperlichen Begegnungen zu minimieren.
Ausgewachsene domestizierte Hengste werden meist in Einzelboxen bzw. auf Einzel-Paddocks gehalten – mit extrem begrenztem Körperkontakt oder überhaupt keinen taktilen Interaktionen mit anderen Pferden. Diese Haltungsform sei alles andere als ideal und führe letztlich zu Isolation und einem Mangel an sozialer Interaktion zwischen Hengsten, was wiederum Stereotypien und andere Verhaltensstörungen nach sich ziehen könne, von denen Hengste häufiger betroffen sind als Wallachen und Stuten.
Wie in zwei kürzlich erschienenen Untersuchungen zur Haltung von Hengsten betont wurde, ist die Möglichkeit, Hengsten direkte soziale Interaktionen zu ermöglichen und soziale Bindungen zu anderen Hengsten aufrechtzuerhalten, ein entscheidender Punkt, um ihr Wohlbefinden zu fördern und Verhaltensproblemen vorzubeugen.
Das Studienteam machte sich daher daran, eine neue Trennwand zu testen, die einen engeren physischen Kontakt zwischen Hengsten ermöglicht, die einzeln in Innenboxen untergebracht sind. Ihre Untersuchung konzentrierte sich auf die Auswirkungen dieser „Sozialbox“ auf die soziale Interaktionen, das Aktivitätsniveau und mögliche Verletzungen.
Die Einzelboxen schränkten den direkten sozialen Kontakt der Hengste stark ein. Foto: Anja Zollinger et.al.
Acht Paare Freiberghengste wurden während 24 Stunden im Schweizerischen Nationalgestüt in Avenches sowohl in der Sozialbox als auch in ihren konventionellen Einzelboxen gefilmt. Die Trennwand der herkömmlichen Einzelboxen bestand aus einem unteren Teil aus massivem Holz (1,40 Meter hoch) und einem oberen Teil (weitere 1,15 Meter hoch) mit senkrechten Metallstäben im Abstand von 5 Zentimetern. Diese erlaubten den visuellen, auditiven und olfaktorischen Kontakt, schränkten aber den direkten taktilen Kontakt stark ein.
Die Sozialbox ermöglicht deutlich mehr Kontaktmöglichkeiten und Interaktionen zwischen den Hengsten. Foto: Anja Zollinger
Die Trennwand der Sozialbox wurde ursprünglich von Andreas Kurtz entworfen. Sie bestand aus einem Teil mit vertikalen Metallstäben (vom Boden bis zu einer Höhe von 2,55 Metern) im Abstand von 30 Zentimetern, sodass die Pferde Kopf, Hals und Beine in die angrenzende Box stecken konnten. Der zweite Teil der Trennwand war solide, was es den Pferden ermöglichte, sich visuell vom Nachbarpferd zu isolieren, wenn sie wollten.
Die Bodenfläche jeder Box betrug 9,3 Quadratmeter, wobei die gegenüberliegende Wand massiv war, was bedeutete, dass jeder Hengst potenziell nur mit jeweils einem anderen Hengst Kontakt hatte.
Die Auswertung der Videos bestätigte die Vorzüge der Sozialbox eindrucksvoll: „Die Ergebnisse dieser Studie zeigten, dass benachbarte Hengste die Möglichkeit der gegenseitigen körperlichen Interaktion, die die Sozialbox bot, sehr aktiv genutzt haben“, so das Studienteam. „Sie haben ihr Verhaltensrepertoire erweitert und die Dauer ihrer sozialen Interaktionen im Vergleich zur herkömmlichen Box verzehnfacht. Diese Möglichkeit der sozialen Interaktion kann als erhebliche Umweltbereicherung angesehen werden und könnte Hengsten helfen, den durch die Einzelhaltung verursachten Stress abzubauen.“
Das Forscherteam wies auch darauf hin, dass die Zahl der Verletzungen in der Sozialbox höher war als in der herkömmlichen Box, dass aber in den sechs Wochen der Datenerhebung keine schweren Vorfälle zu verzeichnen waren: „Bei der überwiegenden Mehrheit der Blessuren handelte es sich um fehlende Fellhaare und Hautirritationen.“
Verletzungen durch das Anstoßen an den Metallstangen sollten durch die Verwendung eines geeigneten Materials zur Polsterung der Stangen vermieden werden, hieß es weiter: „Die Ergebnisse zusätzlicher Tests, die im Schweizerischen Nationalgestüt mit Hartplastikschläuchen über den Metallstangen durchgeführt wurden, schienen vielversprechend, um Verletzungen im Augenbereich zu vermeiden.“
Insgesamt zogen die ForscherInnen ein eindeutig positives Resümee: Die getestete Sozialbox sei „eine gute innovative Lösung, um erwachsenen Hengsten die Möglichkeit zu geben, auf sichere Weise engere körperliche Interaktionen zu haben, wodurch das Risiko von Verletzungen, die sie sich zufügen oder denen sie ausgesetzt sein könnten, begrenzt wird.“
Die Studie „Social Box: A New Housing System Increases Social Interactions among Stallions" von Anja Zollinger, Christa Wyss, Déborah Bardou und Iris Bachmann ist am 20. April 2023 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.