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Pferde in Gruppenhaltung benötigen mehr Liegefläche
06.11.2022 / News

In Gruppenhaltungen wecken sich Pferde in den verfügbaren Ruhebereichen gegenseitig auf und zwingen sich etwa alle 10 Minuten, sich zu bewegen. Und wenn der Raum zu klein ist, bekommen sie am Ende nur etwa halb so viel Schlaf wie bei größeren verfügbaren Liegeflächen, so die schwedischen Forscherinnen.
In Gruppenhaltungen wecken sich Pferde in den verfügbaren Ruhebereichen gegenseitig auf und zwingen sich etwa alle 10 Minuten, sich zu bewegen. Und wenn der Raum zu klein ist, bekommen sie am Ende nur etwa halb so viel Schlaf wie bei größeren verfügbaren Liegeflächen, so die schwedischen Forscherinnen. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

Die Unterbringung von Pferden in Gruppenhaltung fördert zwar ihr allgemeines Wohlbefinden, aber Hauspferde sind nicht unbedingt gut darin, sich kleine Ruheflächen zu teilen, so das Resümee einer schwedischen Studie.

 

„Die Gruppenhaltung bietet Pferden die Möglichkeit, sich freier zu bewegen – und auch mehr Gelegenheiten, ihr soziales Verhalten zu zeigen“, so Linda Kjellberg, Doktorandin in der Abteilung für Anatomie, Physiologie und Biochemie an der schwedischen Universität von Agrarwissenschaften, in Uppsala, gegenüber dem Portal TheHorse.com. Doch genau dieses soziale Verhalten kann in der Gruppe zu gestörten Schlafmustern führen: „Schlaf ist essentiell für das Wohlbefinden von Pferden, und wir müssen ihnen genügend Gelegenheit zum Schlafen geben. Es ist wichtig sicherzustellen, dass wir nicht das allgemeine Wohlbefinden von Pferden beeinträchtigen, nur um es in einigen Teilbereichen zu verbessern.“

Haltung wirkt sich auf den Schlaf aus

Gruppenhaltung sei in Schweden und anderen Teilen Europas populär geworden, so Kjellberg – es ist aber noch weitgehend unerforscht, wie sich diese Haltungsform auf den Schlaf von Pferden auswirkt. Deshalb untersuchten Kjellberg und ihre Forscherkollegen die Schlafgewohnheiten von 12 schwedischen Warmblut-Wallachen im Alter von 3 bis 17 Jahren am schwedischen nationalen Reitsportzentrum Strömsholm. Die Pferde wurden drei bis vier Tage pro Woche für Reitunterricht und Training eingesetzt, waren zwischen 165 und 178 cm Stockmaß groß und vor der Studie in einer Gruppe untergebracht.

Die Forscher platzierten die Pferde für 10 Tage in vier unterschiedlichen Haltungssituationen:

– Boxenhaltung: 10,6 m2 große Einzelboxen bei Nacht und Gruppenkoppel bei Tag;
– kleiner Liegebereich: Gruppenkoppel Tag und Nacht mit einem Unterstand, der 8 m2 Liegefläche pro Pferd bietet;
– mittlerer Liegebereich: Gruppenkoppel Tag und Nacht mit zwei Unterständen, die 18 m2 Liegefläche pro Pferd bieten; und
– großer Liegebereich: Gruppenkoppel Tag und Nacht mit einem Unterstand, der 28 m2 Liegefläche pro Pferd bietet.

Die Boxen waren mit Sägespänen eingestreut, in den Unterständen wurden die Liegeflächen mit etwa 12 cm Stroh eingestreut.

Viel Schlaf bei Einzelboxen und mittelgroßen Liegeflächen

In allen Unterständen, egal welcher Größe, störten sich die Pferde gegenseitig und standen etwa alle 10 Minuten auf, sagte Kjellberg. Der zur Verfügung stehende Platz spielte eine Rolle, wenn es um die Gesamtmenge an Schlaf ging, die Pferde bekamen, einschließlich des Liegens in Brustlage und des Liegens auf der Seite – das ist jene Position, in der Pferde im Allgemeinen in die erholsamste Schlafphase eintreten (obwohl Pferde diesen Zustand manchmal auch in Brustlage mit auf den Boden gesenkten Köpfen erreichen können), so Kjellberg.

Pferde hatten in der Studie auf dem kleinsten Gruppenruheplatz am wenigsten Schlaf, so Kjellberg. Im Durchschnitt legten sich die Pferde seltener und für kürzere Zeiträume hin – nur 69 Minuten in einer 24-Stunden-Periode, verglichen mit 145 Minuten in Boxen, die 52 Minuten vollständiges Liegen auf der Seite beinhalteten.

Die durchschnittliche Zeit, die sie in dem kleinen Ruhebereich auf der Seite lagen, betrug 22 Minuten pro 24 Stunden, so Kjellberg weiter. Drei der Pferde verbrachten nur halb so viel Zeit damit, auf der Seite zu liegen – und eines legte sich nie vollständig hin. Dieses Pferd, fügte sie hinzu, legte sich auch in der Einzelbox nie auf die Seite – was darauf hindeutet, dass Pferden Schlafmangel droht, wenn es in einem Stall oder auf einer Koppel mit nur einem kleinen Ruhebereich gehalten wird.

Im Gegensatz dazu bekamen die Pferde in Einzelboxen und mittleren Liegebereichen ähnlich viel Schlaf – durchschnittlich 130 Minuten in einer 24-Stunden-Periode. Der Unterschied in der Liegezeit zwischen den mittleren und großen Flächen (132 Minuten) war nicht signifikant, was darauf hindeutet, dass man als Stallbesitzer nicht unbedingt in übermäßig große Ruheflächen investieren muss.

„Nicht alle Gruppen sind beste Freunde"

Liegen kam in den 24 Stunden in mehreren Runden vor und variierte je nach Haltungssituation, so Kjellberg. Jedes Pferd legte sich ein- bis sechsmal in den Boxen hin, zwei- bis sechsmal bei der mittleren und null- bis fünfmal bei der kleinen Ruhefläche, so Kjellberg. Zwischen den einzelnen Pferden wären hingegen keine signifikanten Unterschiede festgestellt worden.

Auf den Punkt gebracht: In Gruppenhaltungen wecken sich Pferde in den verfügbaren Ruhebereichen gegenseitig auf und zwingen sich etwa alle 10 Minuten, sich zu bewegen. Und wenn der Raum zu klein ist, bekommen sie am Ende nur etwa halb so viel Schlaf wie bei größeren verfügbaren Liegeflächen.

Wenn Pferde in freier Wildbahn in Gruppen schlafen, so Kjellberg, können sie ihre Gruppe auswählen – im Gegensatz zu Hauspferden. „Nicht alle Gruppen sind beste Freunde“, sagte sie. „Sie respektieren vielleicht, dass sie ihren Raum teilen müssen, aber das ist etwas anderes, als beste Freunde zu sein. Sie brauchen also möglicherweise mehr Platz.“

Paddocks und Weiden

Pferde legen sich zwar auch auf härteren Böden hin, aber sie schlafen eher länger und häufiger, wenn die Einstreu bequem ist und sie sich sicher und geborgen fühlen, so Kjellberg. „Ich denke nicht, dass es für Pferde immer eine sichere und bequeme Gelegenheit ist, sich einfach draußen auf der Koppel hinzulegen. Wenn ihnen aber nichts anderes geboten wird, legen sie sich vielleicht trotzdem hin … In unserer Studie gab es ein Pferd, das wir während des Tests im kleinen Liegebereich zweimal auf den harten Boden außerhalb des eingestreuten Bereichs liegen sahen, was wir zuvor noch nie beobachtet hatten. Es musste sich einfach hinlegen, und offenkundig war es für das Pferd nicht bequem genug, sich zwischen die anderen Pferde zu quetschen.“

Das Resümee der ForscherInnen war daher eindeutig: „Das Liegeverhalten wurde durch das Verhalten anderer Pferde und auch signifikant durch die verfügbare Liegefläche beeinflusst. Mit mehr verfügbarer Fläche im Unterstand legen sich Pferde fast doppelt so oft und fast doppelt so lange hin wie auf einer kleineren Fläche. Die Häufigkeit des Hinlegens und das Verhalten beim Aufstehen aus der Liegeposition wurden ebenfalls von der verfügbaren Liegefläche beeinflusst. Daher ist davon auszugehen, dass der Platzbedarf, um dem Ruhebedürfnis der Pferde gerecht zu werden, bei Pferden in Gruppenhaltung größer sein dürfte als bei Pferden in Einzelboxen."

Die Ergebnisse der schwedischen Studie decken sich auffallend mit einer im Vorjahr erschienen italienischen Untersuchung, in der sich die Nachtruhe im Stall (in Einzelboxen) als förderlich für die Schlafqualität und positiv für das Wohlbefinden der untersuchten Pferde herausgestellt hat. Die erholsame Nachtruhe im geschützten, von Umwelteinflüssen weitgehend abgeschirmten Stall wäre demnach eine sinnvolle Ergänzung des ganztägigen Weidegangs mit seinen vielfältigen Sozialkontakten und Bewegungsanreizen, die es den Pferden erleichtert, chronischen Stress abzubauen und sich psychisch zu regenerieren (siehe auch unseren ausführlichen Artikel dazu).

Die Studie „Horses’ resting behaviour in shelters of varying size compared with single boxes" von Linda Kjellberg, Hanna Sassner und Jenny Yngvesson ist im September 2022 in der Zeitschrift ,Applied Animal Behaviour Science erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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