In Deutschland wird es für PferdebesitzerInnen bis auf weiteres bei der umstrittenen pauschalen Hausbesuchsgebühr bleiben – das hat nach einer lebhaften öffentlichen Diskussion nun die Bundestierärztekammer e.V. klargestellt.
Seit November 2022 ist die neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) in Deutschland gültig – und brachte z.T. deutliche Anhebungen bei den Tarifsätzen für tierärztliche Leistungen. Während großteils die Erhöhungen als durchaus gerechtfertigt empfunden wurden (immerhin gab es seit dem Jahr 1999 keine grundlegenden Anpassungen), hat sich an einem scheinbar nebensächlichen Detail eine lebhafte öffentliche Diskussion entzündet: nämlich der Einführung einer pauschalen Hausbesuchsgebühr, die fortan von Pferdebesitzern bei jedem Tierarztbesuch zu bezahlen ist (geregelt in der Ziff. 40 der GOT).
Die FN griff das Thema in einer Aussendung vom 12. Jänner 2023 auf – und sprach dabei wörtlich von einer „falschen Einordnung" des Pferdes durch die Bundestierärztekammer (BTK), wonach das Pferd als nicht-landwirtschaftliches Nutztier gelte und daher auch die pauschale Hausbesuchsgebühr in Rechnung zu stellen sei. Dies bezeichnete die FN als „fehlerhaften Auslegung": Für sie ist das Pferd eindeutig ein landwirtschaftliches Nutztier – weshalb die Hausbesuchsgebühr wieder zurückgenommen werden müsse. Generalsekretär Soenke Lauterbach wörtlich: „Die FN hat bereits Gespräche mit der BTK geführt und fordert eine Klarstellung beziehungsweise Anpassung der fraglichen Punkte. Außerdem führen wir Gespräche mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Schließlich liegt die GOT in dessen Verantwortungsbereich und das BMEL muss auch die bindenden Vorgaben machen.“
Diesem Vorstoß – der in der Pferdeszene und in Fachmedien (u. a. im Pferdesportmagazin St. Georg) verständlicherweise auf große Unterstützung getroffen ist – dürfte wohl bis auf weiteres kein Erfolg beschieden sein. Denn mittlerweile hat die BTK in einer Mitteilung auf ihrer Website klargestellt, dass es sich keineswegs um einen Fehler oder ein Versehen gehandelt habe, sondern die Einordnung des Pferdes als nicht-landwirtschaftliches Nutztier in der GOT durchaus bedacht und bewusst vorgenommen worden ist. In konkret genannten Ausnahmefällen könne jedoch auf die Hausbesuchsgebühr verzichtet werden, so die BTK.
Hier die bemerkenswerte Klarstellung der Bundestierärztekammer e. V. in voller Länge:
Hausbesuchsgebühr bei Pferden (Ziff. 40 GOT)
„Aufgrund der insb. in der Zeitschrift St. Georg verbreiteten Behauptung, dass alle Pferde
landwirtschaftliche Nutztiere sind und die Ziff. 40 GOT ein Fehler sei, sieht sich die BTK zu einer
Klarstellung gezwungen:
Die von Bundestierärztekammer (BTK) und Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt)
bestehende AG „GOT“ hat sich in diversen Telefonkonferenzen mit der Frage der
Hausbesuchsgebühr beschäftigt. Die AG möchte betonen, dass sie kein Gremium ist, welches
befugt ist, ein Gesetz rechtssicher zu kommentieren. Bei unklaren Formulierungen wird diese
Aufgabe den Gerichten zufallen. Nach Auffassung der AG ist die Gesetzeslage aber zurzeit
eindeutig:
Bei der GOT handelt es sich um eine Verordnung der Bundesregierung. An diese müssen
sich die Tierärzt:innen zwingend halten. Dazu gehört auch die Ziff. 40.
Die BTK ist ein Verein der Landes-/Tierärztekammern und keine Körperschaft öffentlichen Rechts.
Der Gesetzgeber hat die GOT erstellt und beschlossen. Die Preise beruhen auf einer
wissenschaftlichen Studie, die das BMEL in Auftrag gegeben hat, um die tierärztlichen Leistungen
zu bewerten. Änderungen der GOT kann nur der Gesetzgeber vornehmen. Nach Auskunft des
Federführenden Ministeriums (BMEL) sind derzeit keine Änderungen geplant. Selbst wenn
Änderungen geplant wären, würde das Gesetzgebungsverfahren eine Weile dauern, da
Änderungen auch durch den Bundesrat müssen. Bei Ziff. 40 handelt es sich zudem nicht um einen
Fehler, sondern um eine Position, die seit dem Entwurf der Studie im Entwurf enthalten war, und
die alle Stakeholder zuvor zur Stellungnahme erhalten haben.
Die Überwachung der Einhaltung der GOT obliegt den Landes-/Tierärztekammern als
Körperschaften öffentlichen Rechts. Diese müssen Verstöße gegen die GOT ahnden!
Alle Praxen, die Hausbesuche machen, auch mobile Praxen – Niedergelassene wie auch Ketten –
sind verpflichtet, diese Gebühr zu berechnen. Die Ausnahme von dieser Regel sieht der
Gesetzgeber lediglich bei landwirtschaftlichen Nutztieren vor. Laut Auffassung der AG „GOT“
kann nur bei diesen 3 Ausnahmen (Aufzählung nicht abschließend) ein Pferd als landwirtschaftlich
gehaltenes Tier eingestuft werden (und somit muss keine Hausbesuchsgebühr berechnet werden):
– Stutenhaltung zur Milchgewinnung
– Pferdehaltung zur Fleischgewinnung (ist nicht identisch mit Eintragung als LM-Tier im
Equidenpass)
– Zuchtstute im landwirtschaftlichen Betrieb.
Eine VVVO-Nummer haben auch viele Tierarztpraxen, und auch ein LM-Status eines Pferdes heißt
nicht, das dieses landwirtschaftlich gehalten wird. Falls die Zuchtstuten als landwirtschaftliche
Nutztiere einzustufen sind, gelten auch deren Fohlen (Nachzucht) für die Dauer des Verbleibs in
dieser Landwirtschaft als landwirtschaftlich gehaltene Tiere.
Eine anteilige Berechnung ist im Gegensatz zum Weggeld nicht vorgesehen; die Gebühr muss je
Besitzer/in erhoben werden. Eine mögliche Ausnahme wäre dann denkbar, wenn z.B. der
Stallbesitzer eine/n Tierärztin/Tierarzt beauftragt, alle Pferde in seinem Stall zu impfen und er auch
die Gesamtrechnung begleicht.
Auch Tierärzt:innen müssen im Übrigen ihre Angestellten angemessen bezahlen, insbesondere
am Abend und am Wochenende. Aufgrund der gestiegenen Praxiskosten und des
Personalmangels ist es schwierig genug, z.B. einen funktionierenden Notdienst aufrecht zu erhalten."
Weitere detaillierte Infos zur Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) findet man auf dieser Seite der Bundestierärztekammer e.V.