Vor wenigen Tagen sorgte ein gestürztes Fiaker-Pferd in der Wiener Innenstadt für einige Aufregung – insbesondere das Verhalten der beteiligten bzw. hinzugekommenen Fiaker wurde medial heftig kritisiert. Auch der Experte kommt zu dem Urteil, dass hier nicht optimal reagiert wurde – und plädiert u.a. für verpflichtende Notfallübungen.
Am Samstag (21. Jänner) sorgte ein Fiaker-Zwischenfall für Aufregung – ein Fiakerpferd war gegen 13.00 Uhr in der Wiener Innenstadt an der Ecke Tiefer Graben/Heidenschuß am glatten Asphalt ausgerutscht und auf der Straße liegengeblieben. Für besondere Empörung sorgte das Verhalten eines hinzugekommenen Fiakerfahrers, der mehrmals versuchte, das am Boden liegende, noch eingespannte Pferd mit Schlägen auf die Kruppe zum Aufstehen zu bewegen, wie auf einem Handy-Video (siehe unten) zu sehen ist. Der Kutscher selbst wirkte dabei weitgehend rat- und hilflos.
Die herbeigerufene Polizei sperrte schließlich den Unfallort ab, nach etwa 15 Minuten konnte das Pferd wieder aus eigener Kraft aufstehen. Nach Marco Pollandt, dem Sprecher der Wiener Qualitätsfiaker, geht es dem gestürzten Pferd mittlerweile wieder gut, es sei nach dem Zwischenfall tierärztlich untersucht worden und habe keinerlei Verletzungen davongetragen. „Wichtig ist, dass Vorfälle immer restlos aufgeklärt werden und deren Ursachen richtig eingeordnet werden“, so Pollandt.
Dem können wir nur zustimmen – und haben aus diesem Grund den Tierarzt, Sicherheitsexperten und gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. Reinhard Kaun um eine Analyse des Geschehens, wie es auf dem Unfall-Video zu sehen ist, gebeten. Hier seine Ausführungen:
Kommentar zum Fiaker-Zwischenfall
Solange es Pferde gibt, wird es vorkommen, dass Einzelne ausrutschen oder aus anderen Gründen zum Liegen kommen. Entscheidend ist, dass die Verantwortlichen wissen, was in solchen Fällen zu tun ist – dies sollte man von Fiakern eigentlich erwarten.
Im vorliegenden Fall wäre nach meiner Ansicht folgende Vorgangsweise einzuschlagen gewesen, wobei diese Reihenfolge von Bedeutung ist.
– Man soll nie versuchen, Pferde im Geschirr aufzutreiben!
– Sicherung des Kopfes in gestreckter Kopf-Halshaltung des liegenden Pferdes – Helfer bleibt immer am Pferd
– Sicherung und Fixierung des stehenden Pferdes – Helfer bleibt immer bei diesem Pferd
– Lösen der Stränge vom Ortscheit des liegenden Pferdes
– Lösen der Innenleinen vom Gebiss und Fixieren beider Pferde mit den Außenleinen
– Öffnen der Leinenschnalle am Handstück – beide Pferde können jetzt mit den Außenleinen verwahrt werden.
– Beim Lösen der Innenleinen den – manchmal wertvollen – Leinenring nicht verlieren!
Idealerweise kann die Unfall-Stelle mit einem Trassierband rundherum abgesperrt, Gaffer wegweisen – ein liegendes Pferd benötigt zum Aufstehen etwa 6-8 m freie Bahn vor sich, dabei muss das Pferd mit einer Longe oder der Leine sicher unter Kontrolle bleiben.
Ich bin der Meinung, solche Notfallszenarien müssten zweimal jährlich unter Aufsicht Kundiger von allen Fiaker-Fahrern geübt werden, nur so kann man den vermeintlichen Tierschützern den Wind aus den vollen Mündern nehmen, wenn sie mit aufgeblähten Backen heiße Luft produzieren.
Am Wagen müsste verpflichtend mitgeführt werden:
– Unterlegdecke für den Pferdekopf
– Zwei Führstricke, 1 Longe
– Warndreieck
– Verbandszeug
– Handschuhe für Hilfsperson
– Trassierband
Univ.Lektor VR Mag. Dr. Reinhard Kaun
Fachtierarzt für Pferdeheilkunde em.
Fachtierarzt für physikalische Therapie & Rehabilitationsmedizin em.
Allgemein beeideter & gerichtlich zertifizierter Sachverständiger
http://www.pferd.co.at | http://www.pferdesicherheit.at