Eine bemerkenswerte Studie aus Österreich konnte zeigen, dass es bei der pferdegestützten Therapie zu einer Synchronisation der Herzfrequenz zwischen Pferd und Mensch kommt – aber nur, wenn sie emotional miteinander verbunden und vertraut waren.
Pferde werden auf vielfältige Weise für therapeutische Zwecke eingesetzt, wo sie im Rahmen der sogenannten ,pferdegestützten Therapie’ (EAT = equine-assisted therapy) einen positiven Effekt auf Gesundheit und Wohlbefinden der behandelnden PatientInnen ausüben, wie mittlerweile zahlreiche Studien nachgewiesen haben. Die Fortschritte, die mit pferdegestützter Therapie bei mentalen oder physischen Beeinträchtigungen erzielt werden können, sind bisweilen erstaunlich – und oft auch durch keine anderen medizinischen Behandlungen erreichbar.
Ein zentraler Erfolgsfaktor ist dabei emotionale Verbundenheit zwischen Klient und Therapiepferd: Diese Verbundenheit ist nicht nur ein motivierender Faktor – der Klient bzw. die Klientin freut sich, zum Pferd zu kommen – sondern hat auch messbare Auswirkungen auf physiologische Parameter, wie eine aktuelle Studie österreichischer ForscherInnen zeigt.
Konkret wurde untersucht, welche physiologischen Prozesse in der pferdegestützten Therapie zwischen Klient, Therapiepferd und Therapeut ablaufen. Gemessen wurden dabei Herzfrequenz (HR), Herzfrequenzvariabilität (HRV) und Cortisolspiegel (ein Stresshormon) vor, während und nach einer standardisierten Therapiesitzung. Insgesamt absolvierten sie vier Sitzungen im Rahmen der Untersuchung – je zwei mit und zwei ohne Pferd. Für die Tests standen insgesamt vier Therapiepferde – zwei Stute und zwei Wallache – zur Verfügung. Alle vier Pferde gehörten der Rasse Criollo an und hatten ein Durchschnittsalter von 14,8 Jahren und eine durchschnittliche Arbeitserfahrung von 9,4 Jahren im therapeutischen Umfeld.
An der Studie nahmen zehn junge Frauen im Alter zwischen 16 und 27 Jahren (Mn = 21,8, SD = 3,39) teil. Sie hatten zwischen fünf und 19 Jahre Erfahrung mit pferdegestützter Therapie (Mn = 12,8, SD = 4,71) und bei ihnen war eine leichte (N = 5) bis mittelschwere (N = 5) geistige Beeinträchtigung diagnostiziert worden. Im demografischen Fragebogen konnten die Klientinnen ihr Lieblingspferd angeben, das sie seit Jahren kannten und mit dem sie regelmäßige Therapiesitzungen hatten. Wenn das Lieblingspferd der Klientin eines der vier für die Studie ausgewählten Pferde war, wurde der Klientin ihr Lieblingspferd zugeteilt (N = 5). Wenn das Lieblingspferd nicht verfügbar war, wurde ein anderes Pferd nach dem Zufallsprinzip ausgewählt (N = 5). Dieser Zeitplan wurde entsprechend den Ressourcen und Anforderungen der EAT-Einrichtung erstellt, um zwei Gruppen von Klienten mit zwei unterschiedlich intensiven Graden der Beziehung zum Pferd auszuwählen.
Die Ergebnisse der Auswertungen waren auf den ersten Blick wenig spektakulär: Während einer Therapiesitzung gab es keine signifikanten Veränderungen der Herzfrequenz, der Herzfrequenzvariabilität und des Cortisolspiegels des Klienten. Es gab auch keinen Unterschied zwischen Therapiesitzungen mit oder ohne Therapiepferd, außer während der Phase des EAT-Protokolls, in der eine konkrete Aufgabe bewältigt werden musste (,challenge phase', konkret ein Hindernisparcours, der zu durchreiten bzw. in der Kontrollbedingung zu Fuß zu durchqueren war): Hier zeigte sich, dass die Klienten bei der Interaktion mit dem Therapiepferd eine signifikant niedrigere Herzfrequenz aufwiesen. Die Herzfrequenz zwischen Therapeut und Klient sowie zwischen Therapeut und Pferd korrelierte signifikant. Dieser Effekt war noch stärker ausgeprägt, wenn die Therapeuten mit einem vertrauten Pferd interagierten. Die Herzfrequenzen von Klienten und Pferden korrelierten ebenfalls – aber wieder nur, wenn es sich bei dem Pferd um das vertraute und bevorzugte Pferd des Klienten handelte. Auch hier bestätigte sich, dass die Beziehung bzw. die emotionale Verbundenheit zwischen Mensch und Pferd darüber entschied, ob es zu einer messbaren Synchronisation der Herzfrequenzen kam.
Das Resümee der AutorInnen war daher eindeutig: „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Beziehungsintensität ein wichtiger Faktor für den Synchronisationsprozess ist. Darüber hinaus kann der Einsatz von Pferden im therapeutischen Kontext bei jungen Erwachsenen mit geistiger Beeinträchtigung zu einer verringerten Herzfrequenz bei der Bewältigung einer Herausforderung führen."
Die ForscherInnen weiter: „Der Faktor Beziehung scheint nicht nur aus menschlicher Sicht wichtig zu sein, sondern auch für die beteiligten Pferde. Mit einer engen Mensch-Pferd-Beziehung zeigten Pferde eine signifikant niedrigere Herzfrequenz und weniger Stress. Im Vergleich zu einem unbekannten Pferdeführer zeigten Pferde bei der Interaktion mit einem vertrauten Pferdeführer eine geringere Stressreaktion in der HRV. Auch die Art der Interaktion war entscheidend für die Veränderung der HRV der Pferde [91]. Die Bedeutung der Beziehung für das Wohlbefinden und der Übereinstimmung der Tiere hat Auswirkungen auf die tägliche EAT-Praxis, um den Klienten eine sichere und qualitativ hochwertige Umgebung zu bieten."
So spannend und bemerkenswert die Resultate dieser Pilot-Studie auch sind, so dürfe man sie zum aktuellen Zeitpunkt nicht überbewerten, wie die AutorInnen betonen: So war u.a. die Anzahl der Teilnehmenden (zehn Klientinnen, vier Pferde, eine Therapeutin) sehr begrenzt, was die Aussagekraft einschränkt. Auch die vertraute Umgebung, in der das Versuchs-Setting stattfand, könnte ein limitierender Faktor sein. Weitere Untersuchungen mit größeren Stichproben und erweiterten Messmethoden wären daher wünschenswert, um die Bedeutung der Mensch-Tier-Beziehung in der pferdegestützten Therapie noch besser und umfassender zu verstehen.
Dennoch lieferte das gewählte Versuchs-Setting bemerkenswerte Einblicke und Ergebnisse, wie die AutorInnen unterstreichen: Dies sei die erste Studie, die Messungen von Therapeut, Pferd und Klient in der EAT-Therapie einbezieht – und die Ergebnisse zeigen „eine hohe Synchronisation zwischen den Herzschlägen von Pferd und Therapeut", so die AutorInnen. Zukünftige Forschungsarbeiten sollten dem potenziellen Nutzen von EAT unter Berücksichtigung der wechselseitigen Einflüsse und der Beziehung zwischen Klient, Therapeut und Pferd noch eingehender untersuchen, so die ForscherInnen zusammenfassend.
Die Studie „Heart rate and salivary cortisol as indicators of arousal and synchrony in clients, therapy horses and therapist in equine-assisted therapy" von A. Naber, L. Kreuzer, R. Zink, E. Millesi, R. Palme, K. Hediger und L.M. Glenk ist in der Mai-Ausgabe 2025 des Fachjournals ,Complementary Therapies in Clinical Practice' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.