News 

Rubrik
Zur Übersichtzurück weiter

Atemwegsinfektionen unter Sportpferden: 10 % sind "stille Ausscheider"
11.10.2022 / News

Nicht zu unterschätzen: Immerhin 10 % der untersuchten Turnierpferde wurden in einer aktuellen US-Studie als „stille Ausscheider" von Atemwegserregern identifiziert.
Nicht zu unterschätzen: Immerhin 10 % der untersuchten Turnierpferde wurden in einer aktuellen US-Studie als „stille Ausscheider" von Atemwegserregern identifiziert. / Symbolfoto: Archiv Dr. Reinhard Kaun

In einer US-amerikanischen Studie wurde festgestellt, dass häufige Atemwegserreger, insbesondere das gefürchtete equine Herpesvirus-1 (EHV-1) in klinisch gesunden Sportpferden in beachtlichem Maße zirkulieren: Nahezu 10 % der untersuchten Pferde waren betroffen.


Pferde, die in der Lage sind, Viren ohne klinische Erkrankung auszuscheiden, werden als „stille Ausscheider“ (,silent shedders') bezeichnet – das heißt, sie zeigen selbst keine klinischen Krankheitssymptome und gelten daher als gesund, tragen aber die krankheitserregenden Viren latent in sich, können diese auch weitergeben und sind somit auch eine mögliche Quelle für Krankheitsausbrüche.

Derartige virale Ausbrüche bei Reitturnieren haben negative Auswirkungen auf die gesamte Pferdebranche, sie verursachen nicht nur erhebliches Leid bei den betroffenen Tieren, sondern auch enorme wirtschaftliche Kosten – durch die Absage von Veranstaltungen, durch die Aufwendungen für die Behandlung erkrankter Pferde, verlorene Trainingszeit, die Einhaltung von Quarantäne-/Isolationsprotokollen usw.

Abigail Wilcox und ihre KollegInnen der Universität von Kalifornien in Davis (USA) haben in einer aktuellen Studie das Phänomen und die mögliche Rolle der „stillen Ausscheider" bei der Krankheitsübertragung unter die Lupe genommen. Sie untersuchten die Prävalenz häufiger und weiterer weniger charakterisierter Atemwegserreger bei klinisch gesunden Turnierpferden – um einen Überblick zu erhalten, wieviele Pferde als „stille Ausscheider" und damit potentielle Krankheitsüberträger in der Turnierpferdepopulation vorhanden sind.

Die ForscherInnen hielten einleitend fest, dass es oft mehrere Gründe für derartige Ausbrüche von Atemwegserkrankungen gibt, die mitunter schwer nachvollziehbar sind. So hänge die Rate der „stillen Ausscheider" für Atemwegserreger stark vom Alter und der Verwendung der Pferde sowie vom spezifischen getesteten Erreger ab, wobei die gemeldeten Häufigkeiten zwischen 0 und 4% liegen.

Auch Transport- und Wettkampfstress können die Anfälligkeit für Atemwegserreger erhöhen oder sogar dazu führen, dass latente Virusinfektionen wieder „aktiviert“ werden. Dies, so die AutorInnen, wird in Populationen junger Sportpferde verstärkt, von denen bekannt ist, dass sie eine höhere Anfälligkeit für Krankheitserreger der Atemwege aufweisen. Es wird spekuliert, dass derartige „stille Ausscheider“ während des schweren Ausbruchs in Valencia, Spanien, im Jahr 2021 sowie einem weiter zurückliegenden Ausbruch in Ogden (USA) im Jahr 2011 zur Verbreitung von EHV-1 beigetragen haben.

Das Forscherteam konzipierte die Studie um eine einzigartige Gelegenheit herum,  die nach einem Krankheitsausbruch in mehreren Regionen Kaliforniens im Frühjahr 2022 auf das equine Herpesvirus-1 untersucht wurden. Bei den Ausbrüchen hatten einige Pferde auch neurologische Probleme gezeigt.

Behördlich angeordnete Tests lieferten Abstriche von dieser Population gesunder Sportpferde, von denen normalerweise keine Proben genommen würden. Alle wurden während einer erforderlichen Quarantäne- und Testphase gemäß den vom US-Pferdesportverband (United States Equestrian Federation) vorgeschriebenen Anforderungen für die Rückkehr in den Turniersport gesammelt.

Insgesamt wurden 639 Nasenabstriche von 484 klinisch gesunden Sportpferden für die molekularbasierte qPCR-Testung eingereicht. Insgesamt wurde bei 340 Pferden ein Abstrich, bei 133 Pferden zwei Abstriche und bei 11 Pferden drei Abstriche eingereicht. Zum Zeitpunkt der Probenentnahme befanden sich 406 der Pferde in Kalifornien, 45 in Washington, 19 in Nevada, 13 in Arizona und 1 in Oregon.

79 Abstriche von 47 Pferden waren positiv auf einen häufigen Erreger der Atemwege. 24 dieser Abstriche von 21 Pferden waren positiv für EHV-1; 18 Abstriche von 16 Pferden waren positiv für Streptococcus equi subspecies equi; 9 Abstriche von 9 Pferden waren positiv für EHV-4; 8 Abstriche von 6 Pferden waren positiv für das equine Rhinitis-B-Virus; und 4 Abstriche von 4 Pferden waren positiv für Pferdeinfluenzavirus.

Alle getesteten Nasenabstriche waren negativ für das equine Rhinitis-A-Virus. Die wöchentliche Häufigkeit positiver Ergebnisse reichte von 5,0 bis 17,9 %, was einer Gesamthäufigkeit von 9,9 % entspricht, was darauf hindeutet, dass „stille Ausscheider“ in Sportpferdepopulationen in einer erheblichen Häufigkeit und Stabilität vorhanden sind. Der Spitzenwert von 17,9 % trat in der dritten Testwoche auf. Danach nahm die Nachweishäufigkeit für häufige Atemwegserreger rasch ab und erreichte in Woche fünf 8,8 %.

Auch weitere „weniger charakterisierte“ Atemwegserreger waren vorhanden, so das Studienteam: Insgesamt waren 215 Abstriche von 183 getesteten Pferden positiv für EHV-5; 209 Abstriche von 180 Pferden waren positiv für EHV-2; und 188 Abstriche von 176 getesteten Pferden waren positiv für Streptococcus zooepidemicus. Die Nachweishäufigkeit für diese Atemwegserreger blieb in den verschiedenen Testwochen ähnlich: „Während weniger charakterisierte Atemwegserreger bei den Studienpferden häufig nachgewiesen wurden, ist ihre Rolle bei klinischen Erkrankungen noch immer weitgehend unklar“, sagten die Forscher. „Die Positivitätsraten waren während der Studienwochen relativ konstant, was darauf hindeutet, dass diese Krankheitserreger von den Ausbruchsbedingungen nicht betroffen waren.“

Das Studienteam sagte, dass häufige Erreger von Atemwegsinfektionen wie das Pferdeinfluenzavirus (EHV-4) und das equine Rhinitis-B-Virus mit einer von ihnen als niedrig, aber stabil bezeichneten Häufigkeit innerhalb der bekannten Bandbreiten gefunden wurden, während EHV-1 in ebensolchen oder sogar darüberliegenden Häufigkeiten nachgewiesen wurde.

Die erhöhte Häufigkeit von EHV-1-positiven Abstrichen sei erwartet worden, so die AutorInnen, da nach dem Ausbruch eine größere Übertragungshäufigkeit auftrat. Streptococcus equi subspecies equi wurde ebenfalls häufiger gefunden als zuvor berichtet, wenngleich viele Fälle in Clustern auftraten (50 % dieser positiven Pferde stammten aus nur zwei Ställen).

Die AutorInnen sagten, dass stille Ausscheider von Atemwegserregern ohne qPCR-Tests nicht identifizierbar sind. Im Übrigen haben sich die Bekämpfungs- und Eindämmungsmaßnahmen des US-Pferdesportsverbands bzw. der FEI als sinnvoll und effektiv erwiesen: „Obwohl es nicht das Ziel dieser Studie war, die Wirksamkeit der USEF-Protokolle betreffend den Wiedereinstieg in den Turniersport zu bestimmen, hatte die Strategie, Pferde auf EHV-1 zu testen, zwei offensichtliche Vorteile: Sie identifizierte stille EHV-1-Ausscheider und hinderte EHV-1-qPCR-positive Pferde daran, an der nächsten Veranstaltung teilzunehmen.“

Die Gesamtstrategie der Quarantäne- und EHV-1-qPCR-Tests bei klinisch gesunden Pferden sei somit erfolgreich bei der Eliminierung zusätzlicher EHV-1-Ausbrüche mit neurologischen Erkrankungen geweseb, so die AutorInnen. Sie habe eine sichere Rückkehr in den Turniersport ermöglicht, ohne dass bei nachfolgenden Events in Kalifornien Ausbrüche von Atemwegserkrankungen gemeldet wurden.

Die Effekte weiterer Biosicherheits-Maßnahmen wie die Einschränkung des Kontakts von Pferd zu Pferd und eine Überwachung der Körpertemperatur, die eingeführt wurden, um das Übertragungsrisiko für Pferde zu verringern, die von den Shows zurückkehren, „wurden in dieser Studie nicht bewertet, sollten aber bei künftigen Untersuchungen einbezogen werden“, so die AutorInnen.

Die Studie „Frequency of Detection of Respiratory Pathogens in Clinically Healthy Show Horses Following a Multi-County Outbreak of Equine Herpesvirus-1 Myeloencephalopathy in California" von Abigail Wilcox, Samantha Barnum, Cara Wademan, Rachel Corbin, Edlin Escobar, Emir Hodzic, Stephen Schumacher und Nicola Pusterla ist am 8. Okt. 2022 in der Zeitschrift ,pathogens' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen